Mit einem denkwürdigen literarisch-musikalischen Matinee unter dem Titel „Pariser Impressionen“ am 10. Mai stellte die Galerie Thomas Modern im Museumsviertel eine ideelle Verbindung zum Franz-Marc-Museum in Kochel am See her. Auf dem Programm stand ein Reigen ausgewählter Texte französischer Autoren wie Emile Zola, Marcel Proust und Victor Hugo sowie Ausschnitte aus Tagebucheintragungen und Briefen, in denen Franz Marc, Auguste Macke und Paul Klee Eindrücke aus ihrem Aufenthalt in der französischen Kunstmetropole übermittelten, in der sie sich um 1900 aufhielten. Zu hören waren sie aus der bekannten Stimme von Stefan Wilkening, Schauspieler am Residenztheater, der sie abwechselnd zu mehreren musikalischen Interpretationen des „Duo Onda Verde“ einfühlsam vortragen konnte. Allein oder vierhändig spielten Eva Maria-Mai und Alexander Wienand Stücke von Claude Debussy, Alexander Skrjabin, Francis Poulenc und Erik Satie, die die Veranstaltung in einen wahren Genuss verwandelten.
Anlass für der hochkarätige Event war die Ausstellung „Schöne Aussichten. Der Blaue Reiter und der Impressionismus“, die Museumsdirektorin Cathrin Klingsöhr-Leroy am Ende des Konzerts präsentierte. Ähnlich wie in der letzten Schau „Georg Baselitz. Tierstücke – Nicht von dieser Welt“ Ende vergangenen Jahres sind die Kuratoren auch in diesem Fall bestrebt, den Besuchern Ungewohntes zu bieten, ihnen neue Perspektiven zu erschließen. Rückte in den Mittelpunkt der zuerst genannten Schau der Dialog zwischen Franz Marcs Bildern und den Tierbildern von Georg Baselitz, wirkt diese Ausstellung wie fokussiert auf die frühen Jahre des Expressionismus, in denen sich alle Künstler, die die revolutionäre Strömung berühmt machten, mit dem Impressionismus beschäftigten. Gezeigt wird eine Reihe von herrlichen Open-Air-Studien nicht nur von Franz Marc sondern auch von Kandinski, Münter, Macke, Klee und Jawlensky, die sich an den französischen Meistern der ersten 20 Jahre des 20. Jahrhundert orientierten. Aus dem Vergleich mit bedeutenden impressionistischen Werken in der Ausstellung wird sichtbar, wie sehr die Technik und die Motive in den Ölgemälden den Weg ins Neue ebneten. Die z.T. in Oberbayern und in der Umgebung von Kochel bzw. auf Reisen entstandenen Naturbilder stammen aus einer weniger bekannten Zeit vor dem Zusammenschluss des „Blauen Reiters“ und weisen auf einen emanzipatorischen Befreiungsdrang aus traditionellen Vorbildern hin, der kurze Zeit später die Malerei in die Abstraktion führen wird. Zur Ausstellung ist im Schirmer/Mosel Verlag ein von Cathrin Klingsöhr-Leroy herausgegebener Katalog erschienen. Der Schau, die bis zum 19. Juli besichtigt werden kann, folgt unter dem Titel „Ernst Ludwig Kirchner. Energie der Linie“ eine „Studioausstellung“ mit vor Kurzem erworbenen Skizzen und Dauerleihgaben des Graphikers und „virtuosen“ Zeichners. Auch hier Naturszenen
neben Straßenskizzen und energiegeladene Porträts, die sich als Varianten eines einzigen Sujets entpuppen, als neue Sichtweisen des Lebens in seinen mal freudigen, mal dramatischen Facetten, die in einer Gegenüberstellung der Zeichnungen mit unterschiedlichen Medien – Skulptur, Graphik, Malerei oder Weberei – noch offenkundiger werden. Vom 28. Juni bis zum 27. September 2015.
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