Zur schillernden Vorgeschichte des Russland-Ukraine Krieges im Zusammenhang mit der Nato

unter Missachtung russischer Interessen entwickelte sich alles ganz anders

Bildquelle: Michael Gallmeister

Mit dem Zerfall des Warschauer Paktes und der Sowjetunion entfiel Anfang der neunziger Jahre die Bedrohung, die das Wesen der Nordatlantischen Allianz seit ihrer Gründung im Jahre 1949 bestimmt hatte. Obwohl in mündlicher Vereinbarung ein Konsens eröffnet wurde, das ehemalige dem Warschauer Pakt zugehörige Staaten nicht Mitglied der Nato werden und in diesen keine Nato-Waffen und Militärkräfte stationiert werden, entwickelte sich das alles unter Missachtung russischer Interessen ganz anders.

Zu Beginn des Prozesses der Wiedervereinigung findet man folgendes Angebot Russlands:

“Batenin traf sich mit Joachim von Arnim, dem Leiter des politischen Referats der Botschaft. Dem Fernschreiben zufolge erklärte Batenin, es gebe eine “Frage des nördlichen Ostpreußens” und fügte hinzu: “Dieses Problem werde sich für die Sowjetunion und Deutschland über kurz oder lang stellen.”

Batenin zählte damals zum Reformflügel unter den sowjetischen Militärs; Arnim hielt ihn für einen Geheimdienstler. Der deutsche Diplomat gab sich gegenüber den Avancen aus Moskau verschlossen. Arnim antwortete mit dem Hinweis, die Bonner Haltung sei bekannt: “Bei der Vereinigung gehe es um die Bundesrepublik Deutschland, die DDR und das ganze Berlin.” Wenn die Sowjetunion “Probleme mit der Entwicklung des nördlichen Ostpreußens habe, so sei das ihre Sache”.

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wiedervereinigung-moskau-bot-verhandlungen-ueber-ostpreussen-an-a-695928.html

Dann schon 1991 begann der ukrainische Dialog und die Zusammenarbeit mit der Nato, als die neue unabhängige Ukraine dem „Nordatlantischen Kooperationsrat“ (1991) und dem Programm „Partnerschaft für den Frieden“ (1994) beitrat.

https://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_37750.htm

Parallel dazu wurde im Budapester Memorandum im Zusammenhang mit der Rückführung der Atomwaffen aus Kasachstan, Ukraine und Weißrussland nach Russland (welche aber in den jeweiligen Ländern nicht nutzbar waren, da Russland im Besitz der für den Einsatz der Atomwaffen erforderlichen Freischaltcodes war) eine Unterstützung der Ukraine vereinbart.

Artikel 4 dieses Memorandums bekräftigt erneut die Verpflichtung (reaffirm commitment), unverzüglich den Sicherheitsrat der UN zur Unterstützung der Ukraine einzuschalten, falls diese als Nicht-Nuklearwaffen-Staaten und Teilnehmerin des Atomwaffensperrvertrages mit Nuklearwaffen bedroht würde.

1997 wird der NATO-Russland-Rat gegründet. In diesem Zusammenhang gab es auch die mündliche Anfrage Putins, ob nicht auch Russland Mitglied der Nato werden könne, was hingegen gleich im Vorfeld von der Nato verneint wurde.

In diesem Rat spielte Russland im Vergleich zu seiner Größe eine eher marginale Rolle, da auch kein Vetorecht oder ähnliches für Russland vorgesehen war. So wurden die Sitzungen weniger und Russland zog sich im Laufe der weiteren Jahre immer mehr aus diesem Rat zurück.

2004 finden wir ein seltsames Zitat Putins zu der Frage der Natomitgliedschaft osteuropäischer Staaten:

Der Präsident Russlands, Wladimir Putin, hat erklärt, dass Russland seine Militärpolitik unter Berücksichtigung der Annäherung der Nordatlantischen Allianz an die Grenzen der Russischen Föderation aufbauen werde. “Die Annäherung der Militärinfrastruktur der NATO an die Grenzen Russlands wird von unseren Fachleuten aufmerksam studiert, wir werden unsere Militärpolitik entsprechend ausrichten”, sagte Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz in Nowo-Ogarjowo nach dem Treffen mit dem Kanzler Deutschlands, Gerhard Schröder. Wladimir Putin betonte, dass sich die Beziehungen zwischen der NATO und Russland positiv entwickeln. “Wir haben keine Besorgnis bezüglich der NATO-Erweiterung bekundet. Wir haben unterstrichen, dass die gegenwärtigen Gefahren so sind, dass sie durch die NATO-Erweiterung nicht beseitigt werden.” Er erinnerte daran, dass die russischen offiziellen Persönlichkeiten, die sich mit Verteidigungsproblemen auseinandersetzen, immer deutlich erklärt haben: “Vom Standpunkt der Sicherheit her muss man sich keine übermäßig großen Sorgen wegen der NATO-Erweiterung machen.”

https://www.dw.com/de/putin-russland-wegen-nato-erweiterung-nicht-%C3%BCberm%C3%A4%C3%9Fig-besorgt/a-1162947

Welche Gefahren das auch immer sein mögen.

Folgerichtig äussert sich auch 2005 Russlands Aussenminister Lawrow zur Frage:

Bedeutet das Recht auf Souveränität etwa für Georgien und die Ukraine auch, dass Russland nichts gegen deren Beitritt zur EU und zur Nato hätte?

Lawrow: Das ist deren Wahl. Wir achten das Recht jedes Staates – unsere Nachbarn eingeschlossen –, sich seine Partner selbst zu wählen, selbst zu entscheiden, welcher Organisation sie beitreten wollen. Wir gehen davon aus, dass sie für sich überlegen, wie sie ihre Politik und Wirtschaft entwickeln und auf welche Partner und Verbündete sie setzen.“

Ob der Verweis auf die russischen Minderheiten und deren Behandlung in vielen osteuropäischen, speziell den baltischen Staaten, die eigentliche obige von Putin nicht näher benannte größere Gefahr darstellt?

Die EU aber hat nur Teile der Vereinbarungen mit uns umgesetzt und wichtige Teile noch nicht realisiert.

Welche denn nicht?

Lawrow: Die Frage des Warentransits von und nach Kaliningrad ist ebenso wenig gelöst wie die Frage der russischen Minderheit im Baltikum. In Lettland und Estland werden die Standards für die Rechte von nationalen Minderheiten nicht eingehalten. Dafür sollte die EU sorgen. Wir wollen normale Beziehungen zu beiden Ländern und sind deshalb für einen russisch-baltischen Gipfel, auf dem wir Grenzabkommen mit Lettland und Estland vereinbaren wollen.

https://www.handelsblatt.com/politik/international/handelsblatt-interview-mit-aussenminister-lawrow-russland-oeffnet-ukraine-den-weg-in-die-nato/2460820.html

Der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko versuchte im Februar 2005, mit der NATO einen Aktionsplan abzuschließen, der zur Mitgliedschaft der Ukraine führen sollte. Der Antrag wurde aber nur von einer Minderheit der Bevölkerung unterstützt, es kam zu Protestdemonstrationen und das Parlament der Ukraine beschloss, dass ein Beitrittsgesuch ein landesweites Referendum voraussetze. Russland reagierte mit Warnungen und Drohungen.

https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Ukraine-Charta

2002 wurde der Nato – Russland Rat gegründet, leider ein zahnloser Tiger. Denn, die Bestimmungen räumen weder der NATO noch Russland ein Veto-Recht über die Handlungen der jeweils anderen Seite ein und sind auf ein Konsensprinzip ausgerichtet.

Kurz vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine, nachdem dieser Rat nur noch auf dem Papier existierte, rief auf Initiative Russlands Jens Stoltenberg eine Sitzung des NATO-Russland-Rates zum 12. Januar 2022 ein. Diese letzte Sitzung endete ergebnislos.

https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Russland-Rat

Trotz des bis zum Ende des kalten Krieges funktionierenden INF Vertrages zwischen USA und der Sowjetunion welcher die Vernichtung gegenseitiger nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen vorsah wurde ab 1991 das gegenseitige Misstrauen immer größer, erklärten die USA

Am 1. Februar 2019 erklärten die USA offiziell den Ausstieg aus dem INF-Abrüstungsvertrag.

Am 2. August 2019 erklärten die USA und Russland den INF-Abrüstungsvertrag offiziell als beendet.

https://de.wikipedia.org/wiki/INF-Vertrag

Noch als kleine Anmerkung, beim völkerrechtswidrigen Angriff und Besetzung des Iraks 2003 durch amerikanische Truppen entstand eine Koaliation der Willigen, welche die US gesetzeswidrige Handlung unterstützen. Die Gründe waren, Demokratiesierung des Landes und damit einhergehend Aufbau blühender Landschaften. Das Ergebnis gleicht den Beispielen in Libyen und Afghanistan, zerstörtes Land mit Bandenkriegen ohne jegliche Aussicht auf wirtschaftliche oder politische Genesung und eine Unzahl von Flüchtigen aus diesen Ländern welche nach Westeuropa streben, – “well done” Amerika. Dazu schon 1918 Kritik im Berliner Tageblatt:

Auszug aus dem Berliner Tageblatt 1918

Der Berliner Lokalanzeiger wird dort folgendermaßen zitiert:
“Es machen sich unter anderem auch amerikanischer Einflüsse geltend, denen es gelungen zu sein scheint, die dort vereinigte deutsche Intelligenz von den reinen Friedensabsichten des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Herrn Wilson, zu überzeugen. Wilson brauche nur demokratische Tatsachen in Deutschland, um sein Friedenswerk sofort durchzuführen. Deshalb soll schleunigst bei uns demokratisiert werden, denn Herr Wilson muss natürlich jeden Gefallen getan werden, weil er es so gut mit uns meint, was aus dem Verhalten der Amerikaner an der Westfront, aus der Antwort auf Österreich Friedensnote und aus der Wühlarbeit in Russland mit aller nur wünschenswerter Deutlichkeit hervorgeht.”

So wie genau heute sich die baltischen Staaten blind hinter die Ukraine stellen wegen vermeintlicher US Demokratisierung, welche nichts anderes als ein US Wirtschaftsinteresse darstellt, wegen eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands, so standen sie geschlossen und unterstützend hinter dem völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der USA gegen den Irak mit denselben nicht eingehaltenen Versprechen!

https://de.wikipedia.org/wiki/Koalition_der_Willigen

Dieser Artikel wurde zuerst im Internetmagazin lettlandweit.info veröffentlicht.