Brüssel ist ums Eck rum, Kaffee und Croissants gibt es hier wie dort, aber Ursula von der Leyen fast hauptnah zu erleben – und das im Kreise von Europa-affinen Menschen – das schafft Stephan Meier im Café Luitpold wie zu alten Zeiten. Das Gefühl, dabei zu sein, die Lebensfülle aktiv mitzugestalten, die Präsidentin der EU Kommission nicht nur zu begleiten, sondern ihr auch Gedanken zu Europa live übermitteln zu können, sodaß diese politisch wirksam werden, das verscheucht Isolation und Einsamkeit und macht Platz für Visionen, wie sie es selbst betont. Ihr Motto: „Seid mutig! Identität kann einem niemand nehmen. Ohne Angst vor Diskriminierung zu leben. Und das Leben aus den Augen der Kinder zu sehen.“
Wenn das nicht nur Schlagworte sein sollen, dann werden wir auch die drei Hauptpunkte ihrer Rede zum Investitionsschub hinterfragen müssen: die Daten „Industriedaten sind Gold wert“, Technik und künstliche Intelligenz und die Fragen zur Infrastruktur. Wie bekannt: Die Digitalisierung in allen Lebensbereichen bietet unglaubliche Chancen und geht Hand in Hand mit einer dramatischen Änderung von vielen uns vertrauten Kommunikationsparametern. Beschleunigung ist das Stichwort, das noch vor einigen Jahrzehnten in dieser Form undenkbar gewesen wäre. Ursula von der Leyen spricht von einer neuen Vitalität – auch wenn Corona uns fast einen Strich durch die Rechnung macht. Da dieses Monopoly noch weitergespielt wird, kennen wir die Sieger nicht. Aber eins dürfte feststehen: Die Werte in Europa sind über Jahrhunderte prägend gewesen und ebenso zeitlos wie hoch aktuell. Und diese Tradition in einem neuen Glanz erscheinen zu lassen, das dürfte die Herausforderung und die Aufgabenstellung der heutigen Zeit sein. Geschichte bietet eine Plattform, die viele Wurzeln aufspürt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede kultureller Entwicklungen verständlich macht und auch auf Fragen der Gegenwart mögliche Antworten gibt. Historische Ursachen des Rassismus sind ein Komplex, der interdisziplinär aufgearbeitet und digital formatiert in mehreren Sprachen gesellschaftlich relevante Impulse setzen wird. So werden wir uns in Europa näher kommen und den Gemeinsinn auf humanistischer Basis stärken. Bildung und Ausbildung hängen eng mit den Lebensprozessen zusammen, sodaß die Inhalte neu aufzubereiten sind. Wo die PCs und deren Programme entscheiden, da dürfen die medialen und crossmedialen Informationen zur Wissenschaftsgeschichte, Kunst, Kultur, Technik und Design nicht fehlen. Diese Bausteine sind ein Gemeinschaftswerk und werden alle Investitionen rechtfertigen. Hier geht es um Veränderungen, die mit den digitalen Transformationen eine bessere Welt ermöglichen. Wenn Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage Europas davon spricht, dann ist dies mit Pilotbeispielen ad hoc umzusetzen. Weder Corona noch sonstige unerwartete Probleme sollten und davon abhalten, mit gutem Beispiel voranzugehen. Das hat die Präsidentin so eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die menschliche Dimension mit der Kraft von Emotionen, Wissen und Tatendrang eine Vorreiterrolle innerhalb von Europa ermöglicht. Die Finanzierung von grünen Produkten und Projekten haben hier eindeutigen Vorrang: Neues Ziel ist es, die Luftverschmutzung um die Hälfte zu reduzieren.
Daß mit Gesundheit, Wohlbefinden und Arbeit für alle ein möglicher Entschleunigungsprozess eingeläutet werden kann, wurde zwar nicht angesprochen. Aber das Themenspektrum solch einer Rede ist so umfangreich, daß auch hier der Wunsch im Kreis der anwesenden Besucher/ innen nicht zu überhören war: Weniger ist mehr. Das lässt Vieles leichter und überschaubarer erscheinen, auch wenn Europa erst einmal als ein dickes Geflecht erscheint, das zu entwirren und der heutigen Zeit angepasst zu systematisieren ist. Dann wird sich der humanistische Geist so konkretisieren wie es die Präsidentin zur Lage der EU wegweisend formulierte.
Dieses Gedankengut bietet den Spielraum, den Literaten, Künstler, Wissenschaftler und Bohemians bereits 1888 nutzten, als sie sich im Münchner Café Luitpold getroffen haben. Heute ist es der Bildschirm, der uns an einem Ort mit Palmen zusammenführt, aber auch via streaming viele Menschen teilhaben lässt. So sind die Influencer heute nicht mehr wegzudenken. Und wenn der Gedanke Europa intensiviert und weitergetragen wird, dann dürfte Brüssel als digitaler Schauplatz und die EU Präsidentin ihre Wirkung nicht verfehlen. Fazit: Keine Eintagsfliegen. Und Stephan Meier weiterhin eine gute Hand als Kulturmanager, der mutige Zeichen setzt.