„Es gibt nichts, das so absurd wäre, als das es nicht einige der alten Philosophen behauptet hätten, wie Cicero sagt (der selber einer von ihnen war). Und ich glaube, daß in der Naturphilosophie kaum etwas gesagt worden ist, das so absurd wäre wie das, was nunmehr aristotelische Metaphysik genannt wird, oder etwas, das mit der Regierungsgewalt unverträglicher wäre als vieles von dem, was Aristoteles in seiner Politik gesagt hat, oder etwas, das weniger Kenntnisse verriete als ein großer Teil seiner Ethik.“ – Thomas Hobbes, Leviathan –
1. Einleitung
Die Gedankenwelt des Aristoteles wie der gesamten griechischen Antike ist grundverschieden von der der Neuzeit und Moderne. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass Aristoteles einen Begriff des Politischen (als Gemeinschaftsideal) hat, dem in der modernen – durch die Aufklärung bestimmten – politischen Philosophie nichts mehr entspricht.[1]
Um diesen fundamentalen Unterschied deutlich zu machen, der durch den Entwurf einer jeweils spezifischen Anthropologie und Methode gekennzeichnet ist, möchte ich in diesem Beitrag Aristoteles als Exponenten der antiken Philosophietradition, die bis ins Mittelalter hinein (natürlich jeweils bestimmt durch die Interpretationsabsicht der verschiedenen Rezipienten) bestimmend war, mit Thomas Hobbes kontrastieren, der als der Vertreter einer neuen Welt- und Gesellschaftssicht gelten kann, die sich in seiner politischen Philosophie deutlich zeigt und die mit der Aristotelischen Konzeption von Glück, dass sich immer im menschlichen Zusammenleben realisiert, vollkommen inkompatibel, bzw. inkommensurabel ist.[2]
Es ist bekannt, dass Hobbes Aristoteles in nahezu allen seinen Schriften heftig kritisiert und abgelehnt hat.[3] Dieser Antiaristotelismus resultiert und besteht nicht nur in Hobbes´ von Galilei inspirierter naturwissenschaftlicher Methode oder in seiner Feindschaft gegen die rhetorische Macht der antiken Schriftsteller in zeitgenössischen politischen Diskussionen, die er z. B. im „Behemoth“ verantwortlich für den Zerfall des Staates macht[4], sondern er ist grundlegend in seinem Denken angelegt und hat seine lebensweltlichen Wurzeln in der Gesellschaft in der er lebt, einer sich herausbildenden „Eigentumsmarktgesellschaft“, wie Crawford B. Macpherson sie nennt.[5]
Diese grundlegende Differenz soll in diesem Artikel an einem Begriff des Aristoteles, der Pleonexia – des „Mehrhabenwollens“ – deutlich gemacht werden, der für die grundlegend andere Betrachtung des Menschen, seiner vernünftigen Ziele und seines Glückes bei Aristoteles und Hobbes paradigmatisch stehen kann. Während für Aristoteles – und später Epikur, die Stoa usw.[6] – die Pleonexia das Grundübel schlechthin ist, ist sie für Hobbes (und die moderne „Eigentumsmarktgesellschaft“ schlechthin) Antrieb und Motiv aller Handlungen, die weder ethisch noch moralisch zu hinterfragen oder zu dämonisieren ist, sondern als faktisch in der Natur des Menschen gegeben und nur hinsichtlich etwaiger negativer Folgen einzuhegen ist, welche Aufgabe seit Hobbes der – wie auch immer konstituierte – Staat (der Leviathan) zu übernehmen hat
Um diesen Unterschied deutlicher herauszustellen, werde ich zuerst auf die Rolle der Pleonexia bei Aristoteles eingehen, sodann versuchen, das Mehrhabenwollen – die aristotelische Pleonexia – als die grundlegende Triebfeder des menschlichen Handelns und der Staatenbildung in Thomas Hobbes` Leviathan hervorzuheben und am Ende ein kurzes Resümee ziehen.
2. Die Pleonexia bei Aristoteles
Um uns dem Problemfeld der Pleonexia bei Aristoteles zu nähern, sei als erstes eine kurze Definition von Pleonexia gegeben:
„pleonexia / Mehrhaben(wollen) (πλεονεξία; lat. avaritia) ist ein Begriff, der sich aus ´mehr` (pleon) und ´haben` (echein) zusammensetzt. Während er von Herodot bis Platon auch das ungerechte Streben bedeutet, mehr zu haben als gerecht, bezeichnet er bei Ar. nicht subjektiv die ungerechte Haltung, sondern objektiv das ungerechte Zuviel an Glücksgütern. Weil er kein Streben, sondern ein angestrebtes Übermaß meint, so daß einige ´nach Pleonexien streben` (EN IX 6, 1167b10 f.), ist die seit den christlichen Kommentatoren gebräuchliche Übersetzung mit ´Habsucht` oder ´Selbstsucht` nicht ganz exakt.“[7]
Aus dieser Beschreibung wird deutlich, dass bei Aristoteles die Pleonexia, das Mehrhabenwollen, in den Bereich der Ungerechtigkeit rückt. Die Gerechtigkeit ist für Aristoteles die höchste aller Tugenden, da sie für das harmonische und geregelte Zusammenleben essentiell ist. Die Gerechtigkeit ist für Aristoteles so wichtig, dass er ihr in der Nikomachischen Ethik (EN) eine eigene, lange Abhandlung widmet (Buch V), in der es heißt:
„Deswegen gilt die Gerechtigkeit als die wichtigste aller Tugenden, und weder der Abendstern noch der Morgenstern ist so wunderbar. Auch im Sprichwort heißt es ´In der Gerechtigkeit ist jede Tugend enthalten`. Und sie gilt am meisten als vollkommene charakterliche Gutheit, weil sie die Ausübung der vollkommenen Gutheit ist. Vollkommen aber ist sie, weil der, der sie besitzt, die Tugenden auch in Bezug auf den anderen Menschen gebrauchen kann, und nicht nur für sich selbst. […] Deswegen gilt der Ausspruch des Bias als richtig, dass die Ausübung eines Amtes zeigt, was für ein Mensch jemand ist. Denn wer ein Amt innehat, der ist schon auf den anderen Menschen bezogen und ist schon in Gemeinschaft. […] Die Gerechtigkeit in diesem Sinn nun ist nicht ein Teil der charakterlichen Gutheit, sondern die ganze Gutheit, und die ihr entgegengesetzte Ungerechtigkeit ist nicht ein Teil der Schlechtigkeit, sondern die ganze Schlechtigkeit.“[8]
Als Kriterien der Gerechtigkeit gelten das Gesetzliche und das Gleiche[9], wobei die Gesetze gerade dafür zu sorgen haben, dass jedem der ihm entsprechende Teil zugewiesen wird. Es lässt sich also festhalten, das die Gleichheit zwischen den Bürgern ein wesentliches Kriterium der Gerechtigkeit ist. Aristoteles bestimmt die Gleichheit grob gesprochen über den allen ethischen Tugenden gemeinsamen Begriff des Mittleren:
„Da nun der ungerechte Mensch ungleich eingestellt ist und das Ungerechte ungleich ist, gibt es offensichtlich auch zwischen dem Ungleichen [auf Seiten der beiden Extreme] ein Mittleres. Dies ist das Gleiche. Denn bei jeder Handlungsweise, bei der es ein Zuviel und ein Zuwenig gibt, gibt es auch das Gleiche.“[10]
Über das Mittlere möchte ich an dieser Stelle aufgrund des begrenzten Textraumes nichts weiter sagen, es bleibt hier vorläufig nur zu konstatieren:
1. Die Gerechtigkeit ist für Aristoteles die höchste aller Tugenden, weil sie für das politische Zusammenleben der Bürger einer Polis grundlegend ist.
2. Die Gerechtigkeit kann im wesentlichen als Gleichheit bestimmt werden.
3. Die Gleichheit wird von Aristoteles als Mittleres zwischen zwei Extremen bestimmt.
Dieses Mittlere ist Aristoteles zufolge das Proportionale zwischen vier Gliedern: den Personen und den Sachen, die diesen zugeteilt werden. Die Extreme zwischen dem Mittleren sind, dass der eine zu viel, der andere hingegen zu wenig bekommt.[11] In diesem Rahmen muss die Verurteilung der Pleonexia verstanden werden. Die Pleonexia ist für Aristoteles das Charakteristikum des Ungerechten, da dieser den Grundsatz der Gleichheit, der die Gerechtigkeit ausmacht, verletzt:
„ Als ungerecht gilt zum einen, wer das Gesetz verletzt (paranomos), zum anderen, wer mehr haben will (pleonektes), das heißt eine Einstellung der Ungleichheit hat. […] Da nun der Ungerechte mehr haben will, wird er es mit Gütern zu tun haben, nicht mit allen Gütern, sondern mit denen, auf die sich äußeres Glück (eutychia) und Unglück (atychia) beziehen, mit Gütern also, die als solche immer Güter sind, für einen bestimmten Menschen aber nicht in jedem Fall. Die Menschen erbitten sie in Gebeten und jagen ihnen nach. Das sollten sie jedoch nicht tun, sondern sollten vielmehr erbitten, dass die Dinge, die für sich genommen Güter sind, auch Güter für sie sind, [dann auch] wählen.“
Da die Pleonexia der Gerechtigkeit entgegengesetzt ist, die Gerechtigkeit aber als die höchste und grundlegendste Tugend verstanden wird, ist die Pleonexia nicht nur ein Laster unter anderen: Sie ist „nicht ein Teil der Schlechtigkeit, sondern die ganze Schlechtigkeit.“[12] Die Pleonexia ist nicht nur in ihren öffentlichen Auswirkungen von übel, durch sie wird auch die individuelle richtige Form des Lebens unmöglich, da der Mehrhabenwollende gegen die Besonnenheit verstößt und sich selbst als Person nicht akzeptieren kann.[13] An diesen Beispielen sieht man, dass die Aristotelische Philosophie vor allem von dem Gedanken des richtigen Maßes und der vernünftigen Ordnung bestimmt ist, die sich im wesentlichen auf das Zusammenleben richtet. Da der Mensch laut Aristoteles von Natur aus ein Staatenbildendes Lebewesen ist, das nur als auf andere bezogen lebend gedacht werden kann, ist die Pleonexia als Übertretung des richtigen Maßes die grundlegende Schlechtigkeit, weil sie das individuelle gute Leben unmöglich macht und vor allem: weil der Mehrhabenwollende die politische Gemeinschaft der Bürger gefährdet, die auf der Gleichheit als grundlegender Wert beruht:
„Wenn viele (Verfassungsgeber), selbst solche, die aristokratische Verfassungen einrichten wollen, nicht nur den Reichen größeren Einfluß einräumen, sondern auch den Demos betrügen, dann begehen sie einen schweren Fehler. Denn es läßt sich nicht vermeiden, daß irgendwann im Laufe der Zeit falsches Wohl zu einem tatsächlichen Übel wird. Die Bemühungen der Reichen, sich einen Vorteil zu sichern, ruinieren ja mehr die Verfassung als diejenigen des Demos.“[14]
Abschließend muss hier noch kurz auf Art und Zweck des menschlichen Zusammenlebens bei Aristoteles eingegangen werden: Die Pleonexia ist – wie schon ausgeführt – deshalb die größte Schlechtigkeit, weil sie das Zusammenleben der Bürger in der Polis erschwert, im Extremfall unmöglich macht. Nun ist die Polis für Aristoteles aber die höchste Form der Gemeinschaft, da sie die Autarkie der Bürger sichert. Diese Autarkie besteht nicht nur in der wirtschaftlichen Unabhängigkeit (das entspräche unserem heutigen Verständnis), sondern ist die Grundvoraussetzung für das Gute Leben, wie es in der EN beschrieben wird. Denn für Aristoteles ist etwas dann autark, wenn es um seiner selbst willen und nicht um etwas anderes willen erstrebt wird. Dies trifft auch auf das höchste Ziel des Menschlichen Strebens, die Glückseligkeit, zu.[15] Nur in der Polis ist es dem Menschen möglich, sein ihm eigenes telos zu realisieren: Die Polis ist die Grundbedingung für ein menschliches gutes Leben:
„Endlich ist die aus mehreren Dörfern bestehende vollkommene Gemeinschaft der Staat. Er hat gewissermaßen die Grenze der vollendeten Autarkie erreicht, zunächst um des bloßen Lebens willen entstanden, dann aber um des vollkommenen Lebens willen bestehend.“[16]
Um diesen Gedanken zusammenzufassen kann man sagen, dass für Aristoteles das Ziel des menschlichen Lebens das Führen eines guten Lebens ist, das nur in der Polis erreicht werden kann. Der Mehrhabenwollende gefährdet durch sein extremes auf äußere Dinge gerichtetes Streben die Gemeinschaft, die bei Aristoteles als in sich werthaft konzipiert ist. Damit handelt der gegen die Natur des Menschen und gefährdet das grundlegende Ziel, um dessen willen Menschen zusammenkommen: Das gute Leben.
3. Die Pleonexia – das Mehrhabenwollen – bei Thomas Hobbes
Thomas Hobbes sieht seine Philosophie selbst als einen radikalen Bruch mit der Tradition. Was bisher in der Moral- und Staatsphilosophie geschrieben worden sei, sei wohl hier und da ganz erbaulich gewesen, aber es habe den Menschen nie über seine wahren Triebkräfte aufklären können. Daher betrachtete er seine Philosophie als einen Neuanfang, der erstmals ein wirkliches Verständnis der Notwendigkeit und der Genese eines Staates deutlich machen könne, da „die bisherigen Schriften der Moralphilosophen zur Erkenntnis der Wahrheit nichts beigetragen haben“[17]. Davor sei es der Philosophie wie den öffentlichen Wegen und Straßen ergangen: Jedermann sei auf ihnen umhergewandelt, der eine zum Vergnügen, der andere zum Geschäft, aber gesät worden sei darauf nichts, erst recht nichts geerntet.[18]
Voraussetzung für diese Selbstgewißheit einer neuen Betrachtung der Gesellschaft und des Menschen sowie eines deutlichen Bruches mit der Tradition sind sowohl Hobbes´ Überwältigung durch die resolutiv-kompositive Methode, die er durch Galilei kennengelernt hatte und die er in Ethik und politischer Philosophie anwandte[19], sowie seine Erfahrungen aus dem Europa des 17. Jahrhunderts wie vor allem aus dem Bürgerkrieg in England[20], sowie aus der Beobachtung seiner selbst und der Gesellschaft, die er erlebte: „Die dunklen Schriftsteller der bürgerlichen Frühzeit, wie […] Hobbes […], die dem Egoismus des Selbst das Wort redeten, haben eben damit die Gesellschaft als das zerstörende Prinzip erkannt, die Harmonie denunziert […].“[21]
Daher unterscheidet sich die Hobbes`sche Anthropolgie grundlegend von derAristotelischen. Für Thomas Hobbes ist der Mensch ein zutiefst asoziales Lebewesen. Der Hobbes`sche Staatsentwurf beruht auf der Prämisse, dass das Mehrhabenwollen (die Pleonexia des Aristoteles) der Hauptantrieb aller menschlichen Handlungen ist. Und dies zwangsläufig aus der Daseinsvorsorge her sein muß, um sich vor Schaden zu sichern.[22] Der Mensch ist Hobbes zufolge durch die Pleonexia wesentlich bestimmt.[23]
Wir erinnern uns, dass die Glückseligkeit bei Aristoteles in der Tugend besteht, die als mittlere Haltung bestimmt wird. Auch oben (S. 3) ist kurz angedeutet worden, dass der Tugendhafte dadurch bestimmt ist, sich seinen Affekten und Begierden gegenüber angemessen zu verhalten, und das heißt: weder Zuviel noch Zuwenig zuzulassen. Das glückliche Leben ist nun auch Thomas Hobbes` Thema – allerdings nur im übertragenen Sinn: Es geht bei Thomas Hobbes weniger um ein glückliches Leben (eine Kategorie, die er gar nicht erwähnt, außer in dem folgenden Zitat, aber dort nur, um zu zeigen, dass Aristoteles sich geirrt hat), sondern einzig und allein um ein friedliches Zusammenleben. Doch dazu später mehr. Zuerst möchte ich die Hobbes`sche Definition von Glückseligkeit anführen:
„Hierbei haben wir zu beachten, daß die Glückseligkeit dieses Lebens nicht in der zufriedenen Seelenruhe besteht. Denn es gibt kein finis ultimus, d. h. letztes Ziel, oder summum bonum, d. h. höchstes Gut, von welchen in den Schriften der alten Moralphilosophen die Rede ist. […] Glückseligkeit ist ein ständiges Fortschreiten des Verlangens von einem Gegenstand zu einem anderen, wobei jedoch das Erlangen des einen Gegenstandes nur der Weg ist, der zum nächsten Gegenstand führt. Der Grund hierfür liegt darin, daß es Gegenstand des menschlichen Verlangens ist, nicht nur einmal und zu einem bestimmten Zeitpunkt zu genießen, sondern sicherzustellen, daß seinem zukünftigen Verlangen nichts im Wege steht. Und deshalb gehen die willentlichen Handlungen und Neigungen aller Menschen nicht nur darauf aus, sich ein zufriedenes Leben zu verschaffen, sondern auch darauf, es zu sichern. Sie unterscheiden sich nur im Weg: Dies kommt teils von der Verschiedenheit der Leidenschaften bei verschiedenen Menschen, teils von ihren unterschiedlichen Kenntnissen oder Meinungen, die jeder einzelne von den Ursachen hat, die die begehrten Wirkungen hervorbringen. So halte ich an erster Stelle ein fortwährendes und rastloses Verlangen nach immer neuer Macht für einen allgemeinen Trieb der gesamten Menschheit, der nur mit dem Tode endet.“[24]
Für Thomas Hobbes liegt die Glückseligkeit (sofern es sie unter diesen Bedingungen überhaupt geben kann), also im Gegensatz zu Aristoteles in dem beständigen Fortschreiten von einer Begierde zur nächsten. Der Mensch ist ein ruheloses Tier, da die Vernunft (die bei Aristoteles das regulative Vermögen des Menschen ist, das ihn vor allen anderen Lebewesen auszeichnet) dem Menschen immer diktiert, sich für die Zukunft zu sichern. Was dem Menschen nach Hobbes unverlierbar zukommt, ist die Grundbefindlichkeit des Seins im Immer-weiter des rastlosen Getriebenwerdens: ständige Bewegung auf der Suche nach dem Glück, das eben darin besteht, dass es niemals erreichbar ist. Darum ist das Hobbes`sche Dasein nichts als die immerfort ruhelose Tätigkeit des Willens, welcher sich im Kampf um die Mittel aufzehrt, immer in der vergeblichen Hoffnung dauerhaften Wohlergehens.
Daraus folgt, dass das Leben des Menschen ein beständiges und endloses Verlangen nach der Macht um ihrer selbst willen – resp. der Macht in ihren Ausfaltungen für die Sicherung der Bedürfnisse des Lebens im Naturzustand – ist.
Das einzige Glück im Leben des Hobbes`schen Menschen ist die Freiheit, seine eigenen Bedürfnisse ohne äußere Hindernisse befriedigen zu können.[25] Nichts anderes ist das summum bonum in dem Leben des Menschen, der Abbruch dieses Strebens ist notwendig das summum malum, das was schlechthin Furcht einflößt, der Tod. Die Hobbes`sche Definition des Glückes liest sich wie die von Aristoteles mit umgekehrten Vorzeichen.[26]
Entsprechend ist in dieser deskriptiven Konzeption des Glücks die Pleonexia der Handlungsantriebschlechthin. Der Mensch ist in der Hobbes`schen Anthropologie wesentlich durch sein Mehrhabenwollen gekennzeichnet: Das Streben nach immer mehr ist die Grundvoraussetzung des menschlichen Lebens.
Folglich ist der grundlegende Begriff in der Hobbes`schen Philosophie nicht die Tugend, sondern die Macht. Im 10. Kapitel des Leviathan beschreibt Hobbes die verschiedenen Arten der Macht und kommt zu dem Schluss, dass ehrenvoll allein der Besitz von Macht ist: „Ehrenvoll ist jeder Besitz, jede Handlung oder Eigenschaft, die Beweis und Zeichen von Macht sind.“[27] Da die Machtakkumulation der Grundwert für den Menschen ist, ist auch das schrankenlose Streben nach ihr ein Wert in sich: „Begierde nach großem Reichtum und Streben nach großen Ehren sind ehrenhaft, denn sie sind Zeichen dafür, daß man die Macht besitzt, sie zu erlangen.“[28] Da Macht für Hobbes eine relationale Größe ist, folgt, dass alle beständig ihre Macht erweitern müssen, um mehr Macht als die Übrigen zu haben. Das grenzenlose Streben nach immer mehr Macht (und damit auch der Güter, die dieser Machterweiterung dienlich sind) ist für Hobbes der grundlegende Antrieb aller menschlichen Handlungen. Insofern die Pleonexia das Motiv des menschlichen Handelns ist, ist sie nicht ethisch zu hinterfragen – es bleibt nur festzustellen, das dies so sei. Egoismus und Gewinnstreben sind für Hobbes die natürlichen Konstituanten des Menschen.
Die Aufgabe der politischen Philosophie ist es hier nicht mehr, Vorschläge bezüglich des richtigen Lebens zu geben, da die Organisation des menschlichen Zusammenlebens keine ethische Fundierung hat.[29] Ganz im Gegensatz zu Aristoteles ist die Hobbes`sche Staatslehre nicht in eine teleologische Weltsicht eingebettet. Die Frage nach dem richtigen Zusammenleben des Menschen ist hier im Gegensatz zu Aristoteles keine moralisch-normative Frage mehr, sondern eine Frage der prospektivisch gedachten richtigen Staats-Konstruktion, die allein dem Ziele dient, die eventuell selbstzerstörerischen Folgen der Pleonexia (z.B. in einem Bürgerkrieg, den wir uns als Hobbes Lebenshintergrund auch für seine politisch-theoretischen Aussagen stets vor Augen halten müssen) einzudämmen und zu umgrenzen:
„Ferner empfinden die Menschen am Zusammenleben kein Vergnügen, sondern im Gegenteil großen Verdruß, wenn es keine Macht gibt, sie alle einzuschüchtern. Denn jedermann sieht darauf, daß ihn sein Nebenmann ebenso schätzt, wie er sich selbst einschätzt, und auf alle Zeichen von Verachtung oder Unterschätzung hin ist er von Natur aus bestrebt, soweit er sich getraut (was bei weitem genügt, Menschen, über denen keine allgemeine, sie zum Stillhalten zwingende Macht steht, dazu zu bewegen, daß sie sich gegenseitig vernichten), seinen Verächtern durch Schädigung und den anderen Menschen durch das Exempel größere Wertschätzung abzunötigen.“[30]
Anhand dieses Zitates (dem sich noch zahlreiche weitere hinzufügen ließen) wird deutlich, dass gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen von Hobbbes nicht mehr als naturgegeben aufgefasst wird, sondern als künstlicheKonstruktion, als artefactum, das gerade entgegen der menschlichen Natur – die nach Hobbes anthropologischen Prämissen und seinen Erfahrungen des englischen Bürgerkrieges vor allem in Konkurrenz und Machtgier besteht[31] – gebildet werden muss.[32]
In aller Deutlichkeit muss auf die Neuartigkeit dieses Gedankens, aus dem heraus die Konzeption der staatlichen Legitimität und Souveränität per Vertrag, worauf hier nicht eingegangen werden kann, von Hobbes erst verständlich wird, hingewiesen werden: Der Staat, die Ordnung, der Friede, den die Menschen suchen, muss Hobbes zufolge gegen den Menschen und seine natürliche Pleonexia durchgesetzt werden.
Hobbes folgert aus diesen – hier nur umrissenen – Annahmen, dass es einer Zwangsgewalt bedarf, die die Menschen in dem „bellum omnia contra omnes“ – der zwangsläufig folgen müsste, da sich die Menschen in ihrem grenzenlosen Streben nach immer mehr Gütern gegenseitig vernichten würden, weil sie einander Hindernisse wären – in Zaum hält.[33] Dieser Ausgangszustand des Menschen führt bei Hobbes konsequent zum Entwurf eines absoluten, durch keine Gewaltenteilung eingeschränkten Staates mit einem Souverän an der Spitze, der an kein Recht gebunden ist, sondern an den Auftrag, für Ruhe und Sicherheit im Staate zu sorgen:
„Die Aufgabe des Souveräns, ob Monarch oder Versammlung, ergibt sich aus dem Zweck, zu dem er mit der souveränen Gewalt betraut wurde, nämlich der Sorge für die Sicherheit des Volkes. Hierzu ist er kraft natürlichen Gesetzes verpflichtet, sowie zur Rechenschaft vor Gott, dem Schöpfer dieses Gesetzes, und nur vor ihm.“[34]
Den Zweck des Staates sieht Hobbes also im Gegensatz zum Aristotelischen Polisideal nicht mehr in der Realisierung der menschlichen natürlichen Anlagen – ihres je eigenen intrinsischen telos – , sondern allein nur noch in der Ermöglichung des friedlichen Zusammenlebens der Bürger, das nur gegen die Macht-Interessen der Einzelnen durchgesetzt werden kann.
Der Staat ist jetzt ein künstliches Gebilde, eine machina machinarum, der nur zu dem Zweck besteht, das natürliche Mehrhabenwollen des Menschen so weit einzugrenzen, dass – wenn schon kein harmonisches Zusammenleben –, so doch zumindest eine friedliche Koexistenz von vereinzelten Individuen möglich wird. Dementsprechend sichert der Staat die Autarkie ausschließlich im heutigen ökonomischen Sinne: er ermöglicht denAustausch von Waren und die Entwicklung von Gewerbe – also die Entwicklung des jeweils individuellen Gewinnstrebens und der Profitmaximierung.[35]
Hobbes hat das „Mehrhabenwollen“ (die von Aristoteles verurteilte Pleonexia) als Grundantrieb des Menschen als seine natürliche Bedingung gesehen und als faktisch gegeben akzeptiert – und darauf ein neues System der Moralphilosophie wie der politischen Wissenschaft konstruiert, von dem Hegel sagte, das es „über die Natur der Gesellschaft und der Regierungen gesündere Gedanken, als zum Teil noch im Umlauf sind“[36] enthalte.
4. Schluß
„Was vernünftig ist, das ist wirklich;
Und was wirklich ist, das ist vernünftig.
In dieser Überzeugung steht jedes unbefangene Bewußtsein, wie die Philosophie, und hiervon geht diese ebenso in Betrachtung des geistigen Universums aus, als des natürlichen. Wenn die Reflexion, das Gefühl oder welche Gestalt das subjektive Bewußtsein habe, die Gegenwart für ein Eitles ansieht, über sie hinaus ist und es besser weiß, so befindet es sich im Eiteln, und weil es Wirklichkeit nur in der Gegenwart hat, ist es so selbst nur Eitelkeit. Wenn umgekehrt die Idee für das gilt, was nur so eine Idee, eine Vorstellung in einem Meinen ist, so gewährt hingegen die Philosophie die Einsicht, daß nichts wirklicher ist als die Idee. … Denn das Vernünftige, was synonym ist mit der Idee, indem es in seiner Wirklichkeit zugleich in die äußere Existenz tritt, tritt in einem unendlichen Reichtum von Formen, Erscheinungen und Gestaltungen hervor, und umzieht seinen Kern mit bunter Rinde, in welcher das Bewußtsein zunächst haust, welche der Begriff erst durchdringt, um den inneren Puls zu finden und ihn ebenso in den äußern Gestaltungen noch schlagend zu fühlen.“[37]
Warum Hegel zum Schluß dieses Beitrags zitiert?
Nicht um zum Schluß noch ein neues Feld, das schwierig genug zu behandeln wäre, zu eröffnen. Sondern weil Hegel – als auch großer politischer Philosoph – Aristoteles wie Hobbes ihr Recht gibt, insofern die Philosophie die Wirklichkeit inGedanken gefaßt in ihrer Zeit darstellt: Es kann meines Erachtens für unser Interesse nicht darum gehen, ihnen aus unseren Standpunkten (für die ich nur unzureichend gerüstet wäre) ihre Grenzen aufzuweisen (methodisch usw.), sondern nur darum, zu klären, wieweit sie Existenzformen des Menschen entworfen haben, die nicht nur wirklich waren (und in Hobbes Fall auch weiter sind), sondern auch unserer gegenwärtigen Existenz und unseren Hoffnungen entsprechen.
Denn was sollte Philosophie sonst unsheute – jenseits von Neurowissenschaften, Ökonomie, Logik und sonstigen Kalkulationswissenschaften, die in Folge alle von Galielei und Hobbes stammen, zu denen aber die wenigsten Menschen Zugang haben – interessieren, wenn sie uns nicht den Weg und die Anstrengung des Denkens über uns und unsere Welt zu zeigen vermöchte, um „den unendlichen Reichtum von Formen, Erscheinungen und Gestaltungen“ mittels der Arbeit am Begriff zu durchdringen, „um den inneren Puls zu finden und ihn ebenso in den äußeren Gestaltungen noch schlagend zu fühlen“ ?
PLEONEXIA/MEHRHABENWOLLEN: dieser Begriff war der Ausgangspunkt dieses Beitrags.
Ich wollte daran deutlich machen, daß zwischen Aristoteles und Hobbes (damit zwischen der Antike und Moderne bzw. zwischen zwei großen Systematikern ihrer Zeit) grundlegende Unterschiede in Hoffnungen und Zielen – wie in den diesen zugrundeliegenden Gesellschaften – bestehen. Sie haben je das begrifflich herausgearbeitet, was für ihre Gesellschaften tragend oder für ihren Bestand gefährlich war. Daß das Prinzip der Bereicherung nicht zum Funktionieren der Gesellschaft und zu einem Guten Leben hinreicht, zeigen die neueren Wirtschaftsdaten und weltweiten Verwerfungen. Daß der Staat als Verwalter unserer Angst nicht genügt, ist offensichtlich.
Was bleibt also als Ergebnis der Bemühung um Klärung? Über die Zeit hinweg bleibt– und stark – die grundlegende Frage der Philosophie nach dem Staunen als Anfang der Philosophie, oder – hier scheinbar abgeschwächt zu einer Besorgnis – die Frage des Sokrates: „[…] daß ich schwanke, ist wohl nichts Wunderbares, und jeder Ungelehrte; wenn aber auch ihr schwanken wollt, ihr Weisen, das ist dann ein großes Unglück auch für uns, wenn wir nicht einmal bei euch zur Ruhe kommen können von unserem Schwanken.“[38]
Diese Unruhe bleibt. Differenzen deutlich zu machen und zu klären, was ein gutes Leben und die Bedingungen dafür sind, bleibt ebenfalls über Gesellschaftsbrüche und Methodenbrüche hinweg und vermag vielleicht sogar über Kulturgrenzen hinweg Verbindungen herzustellen. Damit kann die Philosophie – und insbesondere die Moralphilosophie – beitragen, was sowohl Aristoteles wie Hobbes intendierten: die Welt zu einem gerechter geregelten und friedlicheren Ort zu machen. Mit Sokrates: für Ungelehrte und Weise zugleich.
5. Literatur
Arendt, Hannah: Vita activa oder vom tätigen Leben, München 1998.
Aristoteles: Nikomachische Ethik, Übers. u. Hrsg. Ursula Wolf, Reinbek bei Hamburg 2006.
Aristoteles: Politik, Übers. u. Erl. Eckart Schütrumpf, in: Aristoteles. Werke, Hrsg. Hellmut Flashar, Berlin 1991.
Busche, H.: „pleonexia / Mehrhaben(wollen)“, in: Otfried Höffe (Hrsg.): Aristoteles-Lexikon,
Stuttgart 2005.
Delling, G.:„πλεονέκης“, in: Geriard Friedrich (Hrsg.): Theologisches Wörterbuch zum neuen
Testament, Stuttgart 1959, Bd. VI, S. 266-274.
Frank, Karl Suso: „Habsucht (Geiz).“, in: Theodor Klauser, Ernst Dassmann u. a. (Hrsg.):
Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1986, Bd. XIII, Sp. 226-248.
Hegel, G.W.F.: Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Berlin 1981.
Heger, Rainer: Die Politik des Thomas Hobbes. Eine Studie zur Geschichte der klassischen
bürgerlichen Staatstheorie, Frankfurt/New York 1981.
Hobbes, Thomas: Leviathan, Hrsg. u. Einl. Iring Fetscher, Frankfurt/Main 1966.
Hobbes, Thomas: Vom Bürger, Berlin 1967.
Hobbes, Thomas: Behemoth oder Das Lange Parlament, Hrsg. Herfried Münkler,
Frankfurt/Main 1991.
Horkheimer, Max/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente,
Frankfurt am Main 17. Auflage 2008.
Kersting, Wolfgang: Thomas Hobbes zur Einführung, Hamburg 1992.
Macpherson, Crawford B.: Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt am
Main 1967.
Metzger, Hans-Dieter: Thomas Hobbes und die Englische Revolution, Stuttgart-Bad Cannstatt
1991.
Platon: Hippias minor, Berlin 1989
Reiner, H.: „Geiz“, in: Joachim Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie,
Basel/Stuttgart 1974, Bd. III, Sp. 217-219.
Wolfers, Benedikt: „Geschwätzige Philosophie“. Thomas Hobbes` Kritik an Aristoteles,
Würzburg 1991.
[1] Hierbei gehe ich von den das politische und wirtschaftliche Handeln bestimmenden politischen Theorien aus. Daß der Aristotelismus über den Thomismus in der katholischen Soziallehre fortlebt und die Basis deren gesellschaftskritischer und politischer Äußerungen bildet, kann hier ebenso wenig untersucht werden, wie die Frage, inwieweit etwa politische Theorien – und die daraus resultierenden politischen Systeme des 20. Jahrhunderts – , die eine Form von Gemeinschaft in den Mittelpunkt ihres politischen Wollens stellten, oder etwa der Kommunitarismus oder moderne religiös-politische Entwürfe an vormoderne politische Ideen anknüpfen.
[2] Für Hobbes als den deutlichen Beginn eines neuen Denkens in den politischen Wissenschaften sowie seines grundsäztlich anderen Ansatzes und seine Folgen in der Moderne vgl. hier nur: Hannah Arendt, Vita activa oder vom tätigen Leben, München 19981, S. 382 ff.; Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt am Main 17. Auflage 2008, S. 97; Wolfgang Kersting, Thomas Hobbes zur Einführung, Hamburg 1992, S. 45 ff.
[3] Diese Kritik ist so häufig und umfassend, dass ich auf sie nicht im Detail eingehen kann. Siehe dazu die hervorragende Studie von Benedikt Wolfers: „Geschwätzige Philosophie“. Thomas Hobbes` Kritik an Aristoteles, Würzburg 1991.
[4] Vgl. Thomas Hobbes, Behemoth oder das lange Parlament, Hrsg. Herfried Münkler, Frankfurt/Main 1991, S. 14.
[5] Vgl. Crawford B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt am Main, 1967, S. 74 ff.
[6]Dass die Pleonexia nicht nur für Aristoteles, sondern für die gesamte antike Philosophie und Geschichtsschreibung sehr stark negativ besetzt war, zeigt sich daran, dass der Begriff schon bei Herodot und Thukydides abwertend gebraucht wurde, ebenso bei Xenophon, Platon, Epikur u. a. – siehe dazu: G. Delling:„πλεονέκτης“, in: Geriard Friedrich (Hrsg.): Theologisches Wörterbuch zum neuen Testament, Stuttgart 1959, Bd. VI, S. 266-274; Karl Suso Frank: „Habsucht (Geiz).“, in: Theodor Klauser, Ernst Dassmann u. a. (Hrsg.): Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1986, Bd. XIII, Sp. 226-248; sehr knapp auch: H. Reiner: „Geiz“, in: Joachim Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Basel/Stuttgart 1974, Bd. III, Sp. 217-219.
[7]H. Busche, „pleonexia / Mehrhaben(wollen)“, in: Otfried Höffe (Hrsg.): Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005, S. 456.
[8]Aristoteles, Nikomachische Ethik (EN),Übers. u. Hrsg. Ursula Wolf, Reinbek bei Hamburg 2006, 1129b28-1130a10.
[9]Vgl. Aristoteles, EN, a. a. O., 1129a35 f.
[10]Aristoteles, EN, a. a. O., 1131a10 ff.
[11]Vgl. Aristoteles, EN, a. a. O., 1131a10-25.
[12]Aristoteles, EN, a.a.O., 1129b28-1130a10.
[13]Vgl. Aristoteles: EN, a. a. O., 1168b16-19.
[14]Aristoteles: Politik, Übers. u. Erl. Eckart Schütrumpf, in: Aristoteles. Werke, Hrsg. Hellmut Flashar, Berlin 1991, Bd. IX, 1297a6-15.
[15]Vgl. Aristoteles: EN, a. a. O., 1097b8-16.
[16]Aristoteles, Politik, a. a. O., 1252b27-30.
[17]Thomas Hobbes, Vom Bürger, Berlin 1967, S. 61.
[18]Vgl. Thomas Hobbes, Vom Bürger, a. a. O., S. 61.
[19] Vgl. Wolfgang Kersting, Thomas Hobbes zur Einführung, a. a. O., S. 39.
[20] Siehe zu Thomas Hobbes und dem Englischen Bürgerkrieg: Hans-Dieter Metzger, Thomas Hobbes und die Englische Revolution, Stuttgart-Bad Cannstatt 1991.
[21] Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, a. a. O., S. 97.
[22] Vgl. Thomas Hobbes, Leviathan, Hrsg. U. Einl. Iring Fetscher, Frankfurt/Main 1966, S. 95.
[23]„Die meisten, welche über den Staat geschrieben haben, setzen voraus oder erbitten oder fordern von uns den Glauben, daß der Mensch von Natur ein zur Gesellschaft geeignetes Wesen sei, also das, was die Griechen ζῷον πολιτικόν nennen. Auf dieser Grundlage errichten sie ihre Lehre von der bürgerlichen Gesellschaft, als ob zur Erhaltung des Friedens und zur Regierung des menschlichen Geschlechts nichts weiter nötig wäre, als daß die Menschen sich auf gewisse Verträge und Bedingungen einigten, die sie selbst dann Gesetze nennen. Dieses Axiom ist jedoch trotz seiner weitverbreiteten Geltung falsch; es ist ein Irrtum, der aus einer allzu oberflächlichen Betrachtung der menschlichen Natur herrührt. […] Der Mensch sucht also von Natur keine Gesellschaft um der Gesellschaft willen, sondern um von ihr Ehre und Vorteil zu erlangen; dies begehrt er zuerst, das andere nur an zweiter Stelle.“ (Thomas Hobbes, Vom Bürger, a. a. O., S. 76).
[24]Thomas Hobbes, Leviathan, Hrsg. u. Einl. Iring Fetscher, Frankfurt/Main 1966, S. 75.
[25]„Freiheit bedeutet genau genommen das Fehlen von Widerstand, wobei ich unter Widerstand äußere Bewegungshindernisse verstehe. […] Und nach dieser genauen und allgemein anerkannten Bedeutung ist ein Freier, wer nicht daran gehindert ist, Dinge, die er auf Grund seiner Stärke und seines Verstandes tun kann, seinem Willen entsprechend auszuführen.“ (Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 163).
[26] Hannah Arendt hat dies im sechsten Kapitel von: Vita activa, a.a.O., S. 318 ff., beeindruckend dargestellt.
[27]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 70.
[28]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 71.
[29]Im Gegensatz zu Aristoteles, für den Ethik und Politik sehr eng miteinander verknüpft sind: Aristoteles bemerkt am Ende der EN (X 10), dass die meisten Menschen durch staatliche Erziehung und Gesetzgebung zum guten Leben erzogen werden müssten. Damit leitet Aristoteles zur Politik über, die von der Frage nach eben dieser Gesetzgebung ausgeht. Da die Polis das in der EN dargestellte gute Leben verwirklichen soll, ist die Politik eine konsequente Fortsetzung der EN: „Da nun unsere Vorgänger das Thema der Gesetzgebung unerforscht gelassen haben, ist es vielleicht besser, dass wir selbst es untersuchen, überhaupt das Thema der Staatsverfassung, damit die philosophische Untersuchung über die menschlichen Dinge so weit wie möglich zu Ende gebracht wird. […] Mit dieser Erörterung wollen wir nun beginnen.“ (Aristoteles, EN, a. a. O., 1181b12-25).
[30]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 95.
[31] „So liegen also in der menschlichen Natur drei hauptsächliche Konfliktursachen: Erstens Konkurrenz, zweitens Mißtrauen, drittens Ruhmsucht.“ (Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 95).
[32]Das Hobbes den Staat als künstliche Konstruktionsleistung des Menschen betrachtet, wird in seiner Einleitung zum Leviathan deutlich, in der sämtliche Themen der Hobbes`schen Philosophie in nuce vorliegen. Deshalb sei sie hier ausführlich zitiert:„Die Natur (das ist die Kunst, mit der Gott die Welt gemacht hat und lenkt) wird durch die Kunst des Menschen wie in vielen anderen Dingen so auch darin nachgeahmt, daß sie ein künstliches Tier herstellen kann. Denn da das Leben nur eine Bewegung der Glieder ist, die innerhalb eines besonders wichtigen Teiles beginnt – warum sollten wir dann nicht sagen, alle Automaten (Maschinen, die sich selbst durch Federn und Räder bewegen, wie eine Uhr) hätten ein künstliches Leben? Denn was ist das Herz, wenn nicht eine Feder, was sind die Nerven, wenn nicht viele Stränge, und was die Gelenke, wenn nicht viele Räder, die den ganzen Körper so in Bewegung setzen, wie es vom Künstler beabsichtigt wurde? Die Kunst geht noch weiter, indem sie auch jenes vernünftige, hervorragendste Werk der Natur nachahmt, den Menschen. Denn durch Kunst wird jener große Leviathan geschaffen, genannt Gemeinwesen oder Staat, auf lateinisch civitas, der nichts anderes ist als ein künstlicher Mensch, wenn auch von größerer Stärke als der natürliche, zu dessen Schutz und Verteidigung er ersonnen wurde. Die Souveränität stellt darin eine künstliche Seele dar, die dem ganzen Körper Leben und Bewegung gibt, die Beamten und andere Bediensteten der Jurisdiktion und Exekutive künstliche Gelenke, Belohnung und Strafe, die mit dem Sitz der Souveränität verknüpft sind und durch die jedes Gelenk und Glied zur Verrichtung seines Dienstes veranlaßt wird, sind die Nerven, die in dem natürlichen Körper die gleiche Aufgabe erfüllen. Wohlstand und Reichtum aller einzelnen Glieder stellen die Stärke dar, salus populi (die Sicherheit des Volkes) seine Aufgabe; die Ratgeber, die ihm alle Dinge vortragen, die er unbedingt wissen muß, sind das Gedächtnis, Billigkeit und Gesetze künstliche Vernunft und künstlicher Wille; Eintracht ist Gesundheit, Aufruhr, Krankheit und Bürgerkrieg Tod. Endlich aber gleichen die Verträge und Übereinkommen, durch welche die Teile dieses politischen Körpers zuerst geschaffen, zusammengesetzt und vereint wurden, jenem „Fiat“ oder „laßt uns Menschen machen“, das Gott bei der Schöpfung aussprach.
Um die Natur dieses künstlichen Menschen zu beschreiben, möchte ich untersuchen:
Erstens, Werkstoff und Konstrukteur; beides ist der Mensch.
Zweitens, wie und durch welche Verträge er entsteht, was die Rechte und die gerechte Macht oder Autorität eines Souveräns sind, und was ihn erhält oder auflöst.“
(Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 5)
[33]Vgl. Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 96.
[34]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 255.
[35]Vgl. Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 96; S. 98; S. 165 – Hieraus folgert Crawford B. Macpherson zu Recht, daß Hobbes Theoretiker einer „Eigentumsmarktgesellschaft“ ist (Crawford Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt am Main 1967, S. 74 ff.)
[36]G. W.F. Hegel, Geschichte der Philosophie, S. 226, zitiert nach: Rainer Heger, Die Politik des Thomas Hobbes. Eine Studie zur Geschichte der klassischen bürgerlichen Staatstheorie, Frankfurt/New York 1981, S. 8.
[37] G.W.F. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Berlin 1981, S. 25 f.
[38] Platon, Hippias minor, 376c, Berlin 1989, S. 24 f.
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.