Wovon Autoren träumen: Eine Buchbesprechung

Petra Hartmann, Monika Fuchs (Hg.): „Autorenträume“. Ein Lesebuch. Mit einem Geleitwort von Tanja Kinkel. 336 Seiten, 16,90 Euro, Verlag Monika Fuchs, Hildesheim 2013. ISBN 978-3-940078-53-7

Ich geb ja gerne zu, einer von den 57 Textliefernden für dieses stramme, einmalige Lesebuch zu sein, das den Traumtitel zu Recht und nicht von ungefähr trägt. Mein Beitrag heißt „Ja nun“. Ich schicke voller Ehrgeiz, mich gedruckt zu sehen, ein Huhn mit seinem (quasi: meinem) Manuskript auf Türklopftour – wohin? Natürlich zu Verlagen. Sie sind es ja, ohne die ein Autor kein Autor ist. Der eine lehnt ab, der andere … Ja nun. Ein Huhn hat`s nicht leicht und stöhnt und ächzt. Am Ende klappt`s dann doch noch, mit dem Gedruckt-werden. Wenn auch nicht voll und ganz, es genügt ja schon in Teilen. Jeder fängt mal klein an. Muss ja nicht gleich die ganze Chose losgehen. Man(n) ist ja schon mit dem Bisschen zufrieden.

So wie ich sehen das auch viele der anderen Autorinnen und Autoren, die es mit mir schafften, aus mehr als 300 Manuskript-Zusendungen an die Hildesheimer Verlegerin Monika Fuchs, die den Autorenträume-Wettbewerb in Form einer „literarischen Umfrage“ ausschrieb, ausgewählt worden zu sein. Jede Einsendung konnte nicht berücksichtigt werden – sonst wär ja ein Schinken, Ziegelstein draus geworden, der unverkäuflich und unverdaulich zugleich gewesen wäre. Immer schön schlank bleiben. Das Buch ist dennoch dick und rund genug, so wie es da liegt und in seiner ganzen prachtvollen Umfänglichkeit einlädt, darin zu blättern und zu schmökern, mal vorne, mal hinten, mal mittig. Kein Buch, das man von Seite 1 bis zum letzten Buchstaben liest. Man wählt aus. Delektiert sich an „traumhaften“ Autorenwünschen, an Autorensehnsüchten, an Autorenjammer gelegentlich auch, oft sogar an Autorenhochgefühlen, auf jeden Fall an Autorenerlebnissen der Zustimmung und Ablehnung, der qualvollen Arbeit des Schreibens ebenso wie der befriedigenden Sortierung und Niederlegung von Gedanken – selten in lyrischer Form, meist in Prosa.

Das ist ein Buch, welches , bei tausend Möglichkeiten, hinter die Kulissen des Schreiballtags zu blicken, in allererster Linie die im Titel Angesprochenen angeht und – weiterbringt. In der Tat steckt in manchem dieser schönen, von Petra Hartmann jeweils ganz wunderbar leichtfüßig und gescheit eingeführten Texte ein potentieller Literaturpreisträger. Jedem Text folgen ein paar Zeilen zum Verfasser. Über mich steht zum Beispiel – aber, das ist ganz und gar unwichtig, denn wer diesen Text liest, kennt mich, nehm ich mal an, sowieso, weiß, dass ich für diese Publikation (immer noch, wenn auch schon 74 Jahre alt) schreibe und immer wieder froh bin, einen Autorentraum realisiert zu sehen, den nächsten übrigens in eben diesem Verlag. Aber, das weiß jeder Autor: Über ungelegte Eier wird kein Wind gemacht, so wie man sich auch über ungeborene Kinder gern Schweigen hüllt. Zu erleben derzeit bei den britischen Young Royals, die gar nicht wissen wollen, ob`s ein Mädel wird oder ein Junge, was sie da in ihrer Fleischeslust zustande gebracht haben.

Übers lustvolle Zustandebringen von Texten, kleinen Gedichten oder ganzen Büchern, ist in diesem Lesebuch viel zu erfahren. Über Nöte beim Anfangen. Über Unsicherheiten beim Enden. Über Höhen und Tiefen, die ein schreibender Mensch durchschreitet, der etwas zu erzählen hat. Eitel Wonnen sind das nicht immer. Jeder Journalist kennt Schreibhemmungen. Schreibtiefs. Schreibblockaden. Auch davon ist die Rede in dem Lesebuch. Und immer wieder von der Sorge um das zur Welt gebrachte „neue Leben“: Wird es einen „Stall“ finden, der ihm „Herberg“ gibt? Wird es Anklang finden, der für den Autor nicht weniger wichtig ist – oder vielleicht gar entscheidender – als das Honorar, das ihm zufließt.

Die Krux jedes Schreiberlings, pardon, das ist ein bisserl tiefgestapelt, aber ich für meine Schreib-Person fühle mich manchmal schon recht geknechtet (auch im Sinne von gepiesackt) von meinen Ideen, Gedanken, die da zu Papiere drängen oder ins Word-Programm gehackt werden, wollte sagen: Die Krux beim Schreiben ist ja, dass man selbiges meist nicht als Broterwerb in sein Leben installiert. Ein kleines Zubrot ist es oft, was den Autor freut, na klar. Ein Otfried Preußler ist keiner so schnell. Von der Sorte, die es auf mehrere Millionen verkaufter Exemplare gebracht haben, gibt`s auf der Welt vielleicht hundert. Die leben, oft nicht schlecht, manchmal sogar in Saus und Braus, vom Erlös ihrer Romane, Koch- und Kinderbücher, Reiseberichte und sofort, in den seltensten Fällen: von ihren lyrischen Ergüssen. Auch davon ist in diesem Lesebuch, ganz viel, die Rede.

Die wenigsten Autorennamen werden der geneigten Leserschaft dieses herrlichen Schatzes an Statements zwischen Buch und Lesen, Text und Leser geläufig sein. Ein Name ist die Ausnahme: Tanja Kinkel. Sie schreibt am Ende ihres Geleitwortes über sich: „ … geboren 1969 in Bamberg, studierte Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und erhielt diverse Literaturpreise, Stipendien in Rom, Los Angeles und an der Drehbuchwerkstatt in München. Sie ist im PEN-Präsidium, veröffentlichte fünfzehn Romane, die in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt sind; unter anderem `Die Puppenspielerin`, `Götterdämmerung`, `Venuswurf`, `Säulen der Ewigkeit`, `Im Schatten der Königin` und `Das Spiel der Nachtigall`“. Außerdem erfahrbar: Dr. Tanja Kinkel ist Schirmherrin der Bundesstiftung Kinderhospiz und rief 1992 die Kinderhilfsorganisation „Brot und Bücher e. V.“ ins Leben.

Von jedem verkauften „Autorenträume“-Buch geht 1 Euro an dieses Hilfswerk. Eine verdienstvolle, allen Applaus verdienende Geste des kleinen Hildesheimer Verlags. Über ihn und sein Programm, aber auch über Hintergründe und Ergebnisse zum Thema „Autorenträume“ kann man sich unter www.verlag-monikafuchs.de, www.autorentraeume.de und www.petrahartmann.de sowie über das Hilfswerk der bayerischen Autorin Tanja Kinkel unter www.brotundbuecher.de schlau machen. Dort sind weitere Infos zu haben, egal ob für etablierte oder für werdende Autorinnen und Autoren, nicht zuletzt für deren unverzichtbares Publikum.

Über Hans Gärtner 502 Artikel
Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.

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