Wilhelm Schmid, Glück, Alles, was Sie darüberwissen müssen, und warum es nicht das Wichtigste im Leben ist.Frankfurt/Main 2007. 80 Seiten. ISBN: 978-3-458-17373-1. Preis 7.00Euro.

Unermüdlich publiziert Wilhelm Schmid, der eine außerplanmäßige Professur an der Universität Erfurt innehat, eine Vielzahl von Büchern, die um die Thematik Leben, Lebenskunst, gesunder Menschenverstand und um den stoischen Selbstverzicht kreisen.

Schmids kleines Buch mit dem Titel Glück, das eigentlich um den Begriff des Sinns erweitert werden müßte, ist eines jener philosophischen Bücher, die einem breiten Publikum zu empfehlen sind. Hier verzichtet er weitgehend auf den philosophischen Überbau, den er in gesonderten Publikationen mit dem Titel Philosophie der Lebenskunst – Eine Grundlegung und Auf der Suche nach einer neuen Lebenskunst – Die Frage nach dem Grund und die Neubegründung der Ethik bei Foucault im Suhrkamp-Verlag bereits vorgelegt hat. Die Philosophie der Lebenskunst ist ein philosophisches, ganz dem akademischen Denken verpflichtetes Buch, das den Glücksbegriff in all seinen geschichtlichen Facetten nach­zeichnet; Glück, Alles, was Sie darüber wissen müssen, und warum es nicht das Wichtigste im Leben ist, ist demgegenüber ein handliches Kompendium, das dem Leser verspricht, sich für einen Augenblick aus der Hektik des Lebens heraushalten zu können, eine „kleine Atempause inmitten der Glückshysterie“ einzulegen, ein Rastpunkt in der gebotenen Kürze zu sein.

Die Suche nach dem Glück (pursuit of happiness), so weiß der gesunde Menschenverstand zu berichten, ist der Menschennatur eingeschrieben. Wo sich das Glück einstellt, will man seine Ewigkeit bewahren, wo es sich verweigert, gerät der Mensch in Wertkrisen, in Resignation und Depression. Umgekehrt macht zuviel Glück unglücklich. Daher gelte es, so Schmid, nicht die Maximierung des Glücks anzustreben, sondern die „Optimierung“. „Das Glück in einer Art von Dauerlust zu suchen erscheint sogar als der sicherste Weg, unglücklich zu werden.“

Glücksmomente gibt es viele, eine Tatsache, die jeder, der zumindest jene Hoffnung in sich trägt, das Moment des Glücklichseins wahrzunehmen, bestätigt. Doch auch beim Glück zeigt sich eine Hierarchie. Von vielen Glücksrittern wird das sogenannte „Zufallsglück“ begehrt. Jedoch bleibt dieses in einer befremdlichen Unverfügbarkeit. „Das Leben wird nicht automatisch schon besser gemeistert mit einem unverhofften Zufallsglück, das zwar die äußeren Bedingungen des Lebens verbessert, aber die innere Bereitschaft, am Leben zu arbeiten, eher verschlechtert. Auch aus diesem Grund kann ein Zufallsglück sich im Laufe der Zeit noch als Unglück erweisen, ein Unglück aber umgekehrt als Glück“.

Auch das „Wohlfühlglück“, das auf die Ganzheit eines momenthaften Glücksgefühls aus ist, vermag letztendlich einem Begriff des Glücks, den Schmid als „Fülle des Glücks“ definiert, nicht standzuhalten. Die „Fülle des Glücks“ ist hier nicht das Vermeiden von Unlust, sondern dieses Glück nimmt Leiden und Schmerz ganz bewußt in sich auf. Das höchste Glück erweist sich damit als das Aushalten von Negativitäten. Im Unterschied zum „Zufalls“- und „Wohlfühlglück“ offenbart sich das „Glück der Fülle“ als ein durchreflektiertes, das „die immer aufs Neue zu findende Balance in aller Polarität des Lebens, nicht unbedingt im jeweiligen Augenblick, sondern durch das gesamte Leben hindurch“ vollzieht. „Zufalls“- und „Wohlfühlglück“ sind episodische Glückszustände. Letztendlich kulminiert das „Glück der Fülle“ in einer symmetrisch-harmonischen Balance des Lebens, die die Tragik von Welt und Leben in Gelassenheit erträgt. „Die Symmetrie, die Ausgeglichenheit und Ausgewogenheit läßt sich in aller Regel jedoch nicht synchron, nicht im Moment, sondern eher diachron, durch die Zeit hindurch erreichen.“

Wichtiger als alle Suche nach dem Glück, ist letztendlich für Schmid die Suche nach dem Sinn, denn Glück ist nicht das Wichtigste im Leben. Gerade der Verlust von Sinn, den nicht nur der Autor beklagt, treibt die Sehnsucht nach dem Glück ins Unermeßliche. Wahrhaftes Glück resultiert demgegenüber aus der Ressource Sinn, die sich aus allen Facetten menschlicher Existenz erschließen läßt. Aller äußerlichen Sinnsuche geht dabei die innerliche voraus, die Schmid letztendlich auch im stoischen Ideal des Sich-Findens, in der Akzeptanz des Selbst, in der Ausschöpfung der eigenen Seelentiefe zu finden glaubt.

Sinn und Sinnsuche, und darauf läuft Schmids kleines Buch letztendlich hinaus, zeigt sich im Wechselspiel von Offenheit und Hermeneutik, im tagtäglich zu führenden Kampf gegen das Absurde. Die Suche nach dem Sinn ist unabschließbar. Sinn und Selbstzweifel gehören aber zusammen. Seinen Sinn zu finden, dies die letzte Antwort von Schmid, sei in einer Zeit, die die Sinnfrage oft aus den Augen verloren, einem bloßen Utilitaris­mus geopfert hat, die neue und große Herausforderung. Dabei hilft kein materielles Denken weiter. Denn: „Mit der umstandslosen Verfügbarkeit von Mitteln in jedem Moment entfällt auch die Orientierung auf künftig bessere Verhältnisse, der umfassendere teleologische Sinn. Durch die Fixierung auf die Befriedigung momentaner Bedürfnisse wird die Arbeit über sich hinaus für Andere wie auch für die kommende Generation fragwürdig.“

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2155 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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