Überall in Deutschland, aber auch in anderen hochzivilisierten Ländern, fühlen sich zahlreiche ältere Katholiken in ihrer Kirche nicht mehr recht zu Hause. Aus ihren jüngeren Jahren tragen sie noch ein Bild der Kirche in Erinnerung, die in ihrem Gottesdienst, ihrer Lehre, ihrer Moral Autorität ausstrahlte und sichere Orientierung vermittelte. Um den Preis der Unterordnung unter strenge Gebote und Verbote, zugleich auch mit der Einübung in feste Riten, Gebräuche und Gewohnheiten erhielt der Gläubige die innere Sicherheit, daß er auf dem rechten Weg im Diesseits und auf das Jenseits hin sei. Wer in den Zeiten geistiger, moralischer und politischer Wirren zwischen den beiden Weltkriegen und in der ersten Nachkriegszeit seiner Kirche Glauben und Gehorsam schenken konnte, lebte in einer Gewißheit hinsichtlich des Wahren und des Guten, um die ihn andere beneiden konnten.
Hans Joachim Türk, Wieviel Pluralismus verträgt die christliche Moral?
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