Seit Jahren widmet die Pasinger Fabrik ihre Aufmerksamkeit Städten innerhalb und außerhalb Europas, die sich durch ihre Sonderstellung speziell auf künstlerischem Gebietauszeichnen. Neapel und Shanghai waren Schwerpunkt von zwei erfolgreichen Festivals. Istanbul wird im kommenden Herbst das nächste Ziel einer außergewöhnlichen Reise durch eine Kultur werden, die vielen noch fremd wirkt.
Unter dem Motto „WIEN IST ANDERS“ startet nun eine hochkarätige Veranstaltungsreihe, die den Münchner Westen bis zum 19.06.2016mit einem bunten Programm aufmuntern wird.
Der Überbegriff „Wien ist anders“- wie der langjährige Leiter der Ausstellungsabteilung Thomas Linsmayer in seiner brillanten Eröffnungsrede erklärte – ist nichts anderes als die „ironische Übernahme des Fremdenverkehrs-Klischees-Titels“ der Donau-Metropoleund gleichzeitig eine hochaktuelle Anspielung auf den jüngsten Wahlausgang in Österreich, bei dem Wien das einzige Bundesland war, das nicht „blau“, sondern sozialistisch gewählt hat.
Thomas Linsmayer ist auch Kurator des Projekts zusammen mit dem Wien-Experten, Kurator und Publizist Elmar Zorn, dessen Bestreben in der von ihm betreuten Ausstellung war, eine Auswahl von Werken der Malerei unter dem Aspekt eines „anderen Wiener Blickwinkels“ zu zeigen. Und „anders“ sind die Maler, die er für die beeindruckende Werkschauausgesucht hat. Ein „Paradoxon gemeinsam“ haben nämlich Joanna Gleich und Drago Prelog, denn sie sind „gleichermaßen in Wien bekannt und im Ausland wenig bekannt“,„echte Wiener und dennoch im Ausland geboren“: Joanna Gleich in Oberschlesien/Polen und Drago Prelog in Slowenien. Das „Farbabenteuer“, das Joanna Gleich bietet -so Linsmayer weiter – „ gehört wohl zum Besten, was in der zeitgenössischen Malerei aufzufinden ist.“ Mit ihren „oft aus schweren, mächtigen Farbblöcken und Pinselhieben aufgebauten Kompositionen“, die gleichzeitig eine „leichte, rokokohafte Luftigkeit ausstrahlen“ „ hat sie eine „neue Bildgrammatik der Übertragung von Architektur und Natur ins Abstrakte erfunden, die dem „Farbenspektrum“ eine neue, frische Dreidimensionalität abgewinnt. Obwohl bei vielen prominenten Ausstellungen vertreten, gilt sie immer noch als „Geheimtipp“, der es zu entdecken gilt.
Ein „Mitgestalter“ der Entwicklung der Wiener Avantgarde ab den 50er Jahren ist wiederum Drago Prelog, der an der Wiener Akademie für Bildende Künste zunächst mit einem „für ihn bezeichnenden Lehrauftrag für Schrift und Schriftgestaltung“ lehrte. Später war er dort auch Professor für Malerei. Drago Prelog gilt in Wien als „Ausnahmemaler“ aus vielerlei Gründen. Er ist der erste, der in etwa 50 Arbeiten eine „Autobiographie in Gemälden verfasst“, die – „anders als die meisten autobiografischen Werke“ – frei von Selbstbezogenheit und Eitelkeit wirkt. Experimentierfreude auf höchstem Niveau kennzeichnet sein Schaffen: Zeit seines Lebens beschäftigt er sich u.a. auch mit „Schrifttheiten“ und drückt sein Talent auch in sehr innovativen „Umlaufbilder“ aus, die im „Herumgehen um die quer liegende Leinwand geschaffene Farblinien und Spuren“ hervorbringen, „so dass ein Bild kein oben und unten und keinen gewöhnlichen Rand hat wie das normale Tafelbild “.Sehr experimentell sind die vor etwa 50 Jahren entstandenen Werke von Prelogs Künstler-Freund E. Taghe alias Erich Brauner, die auf seinem Wunsch in die Schau aufgenommen wurden. Prelog verwaltet den Nachlass des begabten Wiener Malers, der als junger Mann 1967 aus existentiellen Gründen freiwillig aus dem Leben schied. Einbezogen in die Schau – ebenfalls auf Prelogs Vorschlag – ist der jüngere Herwig Kienzl aus Feldbach/Steiermark, der in seinen Aquarellen die Schlange mit den schillernden Farben und den ornamentalen Mustern ihrer Haut thematisiert. Als dritter Kurator tritt der andere„echte“ Wiener, Schauspieler, Clown, Regisseur, Autor und Nestroy-Preisträger Markus Kupferblum, der das Rahmenprogramm maßgeblich speziell in den Sparten Literatur und Theater mitgestaltet hat. Wie „viele excellente Wiener Künstler und Intellektuelle“ ist er – so Lindsmayer – „jüdisch, was in Wien nicht problemlos ist“. Am 10.06. wird er mit seiner Kompanie „Die Wolkenpumpe“ im 100-Jahre-DADA-Jahr 2016eine „dadasophische Ehrerbietung“ an Raul Hausmann, den einzigen Dadaisten Österreichs präsentieren. Als besondere Attraktion bei der Vernissage trat mit seinem Akkordeon Stefan Sterzinger auf, der „wohl interessanteste und radikalste Wegbereiter des Neuen Wiener Lieds“ auf, der das Publikum mit Collagen und vertonten Kurzgeschichten aus seinem Repertoire begeisterte.
Pasinger Fabrik – www.pasinger-fabrik.de
Programm (Auswahl)
AUSTELLUNG in der Galerie 1-3
12.05. bis 19.06.2016- Di-So 16-20 Uhr – Eintritt 2, – /1,- €
FILMABEND: „VOR DEM GESETZ“ – EINE KAFKAESKE SZENENFOLGE ÜBER DIE ÖSTERREICHISCHE WIRKLICHKEIT
So 15.05. 20 Uhr Kleine Bühne Eintritt 5 €
WINTERREISE – EIN GEWALTMARSCH
Ein Film von M. Kupferblum
LESUNG – Di 24.05. – Kleine Bühne, Eintritt 15,-
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG – DRAMATISCHES SCHAUSPIEL VON ÖDON VON HORVÀTHvon Christa Posch –
WIENERLIEDERABEND – Di 7.6., 20 Uhr–Eintritt 14, – € /erm.:10, – €
ES WIRD EIN WEIN SEIN UND WIR WERDEN NIMMER SEIN
mit Reiner Hiby und Gerhard Polacek
THEATER – Fr 10.06. , 20 Uhr – Galerie 1 Eintritt 18, – € /erm.: 15 €
DIE WOLKENPUMPE -EINE DADASOPHISCHE EHRERBIETUNG AN RAOUL HAUSMANN
FINISSAGE-MATINEESo. 19.6.11 Uhr Galerie 1 –
LESUNG der Theaterautorin Lydia Mischkulnig
Anschl. PODIUMDISKUSSION:
„Ein anderes Wien für ein anderes Europa?“
Eintritt frei –
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