Wenn Studenten Angst vor Argumenten haben. – Meinungsfreiheit an der Universität Bonn

Mikrofon, Foto: Stefan Groß

Die Universität Bonn steht für eine gute wissenschaftliche Ausbildung. Sie steht für Toleranz. Sie steht für Vielfalt. Sie ist eine Universität, die Raum für Diskussionen schafft. Sie ist eine Alma Mater, wo Forschung, Respekt und Dialog beheimatet sind. Wissen das alle Studenten noch? Ist Diskussionskultur heute wirklich noch  selbstverständlich an einer deutschen Universität?

Am 16. Mai 2019 konnte man Zeuge einer nicht vorhandenen beziehungsweise unterdrückten Diskussionskultur werden. Das Kulturforum Bornewasser, welches 2018 als Forum für konservative Studenten gegründet wurde, veranstaltete einen Vortrag zum Thema: „Die Arbeit der Demo für alle“. Es referierte der Österreicher Alexander  Tschugguel. Er wollte lediglich informieren – und war bereit zum Gespräch. Und man sollte meinen, dass es an einer deutschen Universität für Studenten normal ist, Informationen zu ertragen – und fair zu diskutieren. Dazu gehört doch schließlich die Fähigkeit, verschiedene Überzeugungen auszuhalten und sich über verschiedene Meinungen auszutauschen.

Doch was an diesem Abend passierte, hatte rein gar nichts mit Diskussionskultur, Respekt und Fairness zu tun. Der Vortrag wurde massiv gestört. Von Linken und Grünen. Kurz vor Beginn des Vortrags stürmten Gegendemonstranten in den Hörsaal 8 der Universität Bonn. Zu dieser Gegendemo hatte nachmittags die grüne Hochschulgruppe aufgerufen.

Bisher konnte man glauben, dass gerade die unterschiedlichen Hochschulgruppen an der Uni Bonn offen für angeregte Diskussionen sind. Anscheinend können und wollen manche heutzutage nicht mehr zuhören und diskutieren, sondern schreien andere, also Andersdenkende, brutal nieder. Es wurde sogar von den Gegendemonstranten dazu aufgerufen „laut zu sein“.

Ist es nicht armselig, wenn man brüllt und stört, statt fair zu sein? Und ist ein solches unkultiviertes Verhalten nicht ein eindeutiges Zeichen von Schwäche? Man konnte bislang der festen Überzeugung sein, dass wir hier in Deutschland (noch) das Recht auf eine freie Meinungsäußerung haben. Argumente der Gegner sind wohl für die sich tolerant nennenden Intoleranten grundsätzlich falsch, weshalb man noch nicht einmal den Anstand hat, sie sich wenigstens einmal anzuhören.

Es ist erschütternd und betrüblich, zumal man ja nur im Dialog miteinander kommunizieren kann. Wer die Geschichte kennt, weiß nur zu gut, was passiert, wenn man niedergeschrien wird – und Niederschreien die Oberhand gewinnt.

Im Hörsaal der Uni Bonn wurden Plakate wie „My Pussy my choice“ oder „Masturbation statt Kommunion“ hochgehalten. Es wurden Sprüche gerufen wie „Hätt Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben“, „Haut ab“, „Nazis raus“ und „Burschenschaftler raus“.

Liebe Gegendemonstranten! Seid Ihr wirklich so intolerant und undemokratisch? Es ist Euch doch ganz egal, worum es bei dem Vortrag ging. Geht es Euch nur darum, alles, was in Euer Weltbild nicht hineinpasst, zu zerstören und kaputt zu machen? Und wo soll Eure brutale Intoleranz einmal enden? Weder Links- noch Rechtsradikalismus sind demokratisch. Echte Demokraten stehen für Demokratie und Freiheit. Diejenigen, die immer so groß und laut für Toleranz kämpfen, sind höchst unglaubwürdig und gefährlich, wenn sie keinen Respekt vor anderen Meinungen haben. Wenn Ihr es (noch) könnt und dürft, dann denkt bitte einmal einen Moment über Freiheit, Respekt, Toleranz, Würde und Dialog nach! Und habt den Mut, Euch Eures eigenen Verstandes zu bedienen. Frei und fair. Warum habt Ihr Eure Chance vertan, Eure Argumente zu nennen? Schade. Wenn Ihr nur schreit, dann erweckt Ihr den Eindruck, als hättet Ihr keine Argumente. Wollt Ihr das?

Der Abend endete mit einem feigen Anschlag. Nach dem massiv gestörten Vortrag wurde die Veranstaltung in private Räumlichkeiten verlagert. Plötzlich flogen Steine. Die Haustür wurde stark beschädigt. Gewalt als „Argument“? Glücklicherweise ist die Tür aus Sicherheitsglas, so dass keinem etwas passierte. Soll das das Land sein, in dem Meinungsfreiheit immer wieder betont und gefordert wird? Oder ist so etwas wie dieses Verhalten der Grünen Hochschulgruppe nicht eher die Zerstörung von Diskussionskultur und Freiheit?

Ihr studiert alle in Freiheit, und man darf doch hoffen, dass ihr Euch einer Diskussion stellen könnt. Wenn Ihr nur wollt. Ihr könnt – hoffentlich – mehr als schreien. Diejenigen, die für ihre legitimen Überzeugungen einstehen und gute Argumente haben, diskutieren bestimmt jederzeit gerne mit Euch – aber in einer normalen Lautstärke.

Also: Studenten brauchen eine friedliche Debattenkultur! Denn nur, wer miteinander redet und dem anderen zuhören kann, kann sich weiterbilden und etwas bewegen. Mit Hass und Gewalt ist keinem geholfen.

Prisca Lohmann, Jahrgang 1998, studiert Geschichte und Germanistik, vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Bonn.

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