Als Ausdruck des Zeitgeistes ziehen uns Architektur und Werke der Literatur und Musik immer wieder von neuem in ihren Bann. Dabei hat Mode und der Kleidungsstil eine eher begleitende, nicht vorrangige Funktion. Wenn wir uns dennoch diesem Phänomen widmen, dann kommen uns in Bayern spontan die Lederhose, das Dirndl und die Tracht ganz allgemein in den Sinn. Diese Schöpfungen kommen aus dem Brauchtum und erfreuen sich steigender Beliebtheit, zu welcher Gelegenheit auch immer, passend. Und gleichzeitig erleben wir spezielle Modetrends in einem ruckartigen Wechsel, der die Labels in einem rasanten Wettbewerb staccatomässig mit den Entwicklungen der High Tech Branche zu bringen scheint. Ob Vintage angesagt ist oder eine Reprise in veränderter Form, das kann aus persönlichen, aber auch PR Gesichtspunkten strategisch eine Rolle spielen. Und viele große Namen rollen vor den Augen ab, darunter verbirgt sich last, but not least auch Martin Margiela ( geboren 1957 in Löwen), von dem man eine ganz vage Vorstellung wie in grauer Vorzeit hat. Da würde man zu gerne näher wissen, wie ein Intellektueller und Avantgardist einst sein Modeimperium aufgebaut, seine Ideen entwickelt und umgesetzt hat.
Und schon lockt einem das DOK.fest München auf eine heiße Spur!
Es gibt einen neuen Film „WE MARGIELA“, der während des Festivals dreimal zu sehen war, das letzte Mal am Sonntag, den 13.Mai vormittags in der Pinakothek der Moderne.
Wenn draussen frühsommerliche Temperaturen und die zauberhaften Düfte von Holunder und Flieder einem die Sinne trüben, dann hat man im Siemens Auditorium der Pinakothek der Moderne das absolute Kontrastprogramm als Highlight erleben können. Denn in diesem Dokumentarfilm ist die Begeisterung und Hingabe für die Tristesse ein Dauerthema.
Nicht-wissend, was der Maestro Margiela will, schafft er eine Anhängerschaft, die seine (ungenannten) Visionen gestaltet, die Gemeinschaft mit ihm erlebt und unter seiner und Jenny Meirens Führung kreative Objekte magischer Anziehungskraft schafft. Er selbst ist nie im Film zu sehen, wie auch sonst im Pariser Geschäftsleben, aber seine Gedanken sind omnipräsent: Er lebt und arbeitet 7 Tage die Woche als unsichtbares Phantom.
Als Designer ist er keinem Trend unterworfen – und doch schafft er eine Mode, die sich umwerfend und faszinierend von anderen Lables unterscheidet. Er schafft dabei das Gefühl für jedermann, einfach dazu zu gehören, ob als jemand vom Maison Margiela Team oder als jemand, der sich ein Teil davon als Kleidungsstück leistet. Freilich geht man nach dem Abspann – verhaltenes Klatschen – in die Mittagssonne hinaus und sucht sogleich, wie man zeitnah so ein Stück erwerben kann, wie man es ad hoc schafft, ein Teil von WE MARGIELA zu werden. Der Film hat zweifelsohne eine Strahlkraft, der man sich kaum entziehen kann. Jetzt möchte man mehr über diesen genialem Modemacher wissen. Denn der Film weckt Interesse und Neugierde, aber beantwortet nicht wirklich die Fragen. „WE MARGIELA“ hat eine verführerische Note, auch wenn dekonstruktive, graue und regnerische Stimmungen überwiegen. „Ein ewig Rätsel will ich bleiben, mir und den anderen“.