Eine Zeit lang schien es, als würden Dialekte und Mundarten aus der deutschen Sprache immer mehr verschwinden. Wer Dialekte sprach galt als provinziell und altmodisch. Doch aktuell zeichnet sich eine gegensätzliche Entwicklung ab. Sowohl in der Musik, im Fernsehen, aber auch in Schulen werden regionale sprachliche Identitäten immer mehr gepflegt. Ob quatschen, schnacken, schwätze oder babbele – viele Menschen sprechen so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Die regionalen Unterschiede sind zuweilen so groß, dass Außenstehende außer Zischlauten und Gemurmel nichts mehr verstehen. So kann sich ein waschechter Fischer aus Stralsund nicht mit einem gebürtigen Winzer vom Kaiserstuhl in der jeweils ureigenen Sprache verständigen. Aber auch bei unseren Nachbarn in Österreich oder der Schweiz wird gehörig „dialektisch palavert“.
„Ist es nicht aamächelig, das sich schon an zweiter Stelle in diesem Büchlein ein Ääli findet? Denn so ein Ääli führt doch meist zu einem Schmützli und dann ganz gleitig zu einem Gschleik. Und wenn man noch ein bisschen chüderlet und bittibätti macht, kommt dabei gelegentlich ein Bodesuri heraus, aus dem vielleicht einmal ein Schnügel, ein Löli, ein Tüpflischiisser, ein Schutzgatter oder gar ein Plagööri wird, man weiss es nie.“, beginnt Simone Meier im Vorwort des kleinen Büchleins. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Guido Kalberer und der Kultur- und Gesellschaftsredaktion des „Tages-Anzeigers“ Zürich setzen sie ihr erfolgreiches Unterfangen fort und haben Teil 2 ihres vor einem Jahr erschienenen „DIALEKTisch“ herausgebracht. 112 regionale Schweizerdeutsche Begrifflichkeiten, die nicht mehr zum täglichen Wortschatz gehören, sind in diesem Wörterbuch der anderen Art versammelt und erklärt. Mit viel Witz und Charme bieten die beiden Herausgeber einen etwas anderen Beitrag zur Sprachdebatte, der sich nicht nur für Neu- und Urschweizer eignet, sondern gleichfalls Sachsen, Bayern oder Steirern eine überaus charmante Lektüre bietet. Gebunden in herrlich türkisfarbenes Leinen und mit einem knallroten Lesebändchen versehen, gefallen die handlichen 16 x 10 cm auch optisch sehr gut.
Wundervoll lautmalerisch kommen einige Begriffe daher, die man zuweilen sofort in den eigenen Sprachgebrauch übernehmen möchte. „Tüppig“ zum Beispiel bezeichnet das latente Unwohlsein an schwülen Tagen. Ein „süferliger “ Mensch wiederum ist vorsichtig, genau und zögerlich. Und ein „Fläschli“, gefüllt mit „Blöterliwasser“, also mit Cola, Mineralwasser oder dergleichen, nennt man „Gütterli“. Zuweilen ist allerdings Vorsicht bei ihrem Gebrauch angebracht ist. „Bümsi“ gehört dazu. Klingt erst mal nett. Aber gemeint ist eine bestimmte Gattung Frau wie auch das, was sich am besten mit jener anstellen lässt. Ob diese Dame dann lieber „chäch“ oder „finöggeli“ sein sollte, bleibt wohl dem Geschmack des „Glütschlers“ überlassen. Der eine mag halt mehr Körperlichkeit, die sich durch pralle Backen, knackige Wädli und eine stürmische Energie auszeichnet (chäch). Der andere liebt es etwas zarter und feingliedriger, also finöggeli.
„Sodeli“: Ob nun auf der Bank gelesen oder als „Bettmümpfeli“ gebraucht, amüsiert hat dieses Büchlein ungemein. Aber Vorsicht, dass Sie vor Lachen keinen „Hitzgi“ (Schluckauf) bekommen oder vor „Plausch“ (Spaß) fast „vergitzle“ (nervös zappeln). Mir ging es jedenfalls nach der Lektüre „ordeli“. Dafür ein herzliches „Schmützli“ (Küsschen)!
Simone Meier, Guido Kalberer
DIALEKTisch 2: Was Dialekt ist
Dörlemann Verlag, Zürich (Juni 2012)
126 Seiten, Gebunden
ISBN-10: 3908777801
ISBN-13: 978-3908777809
Preis: 18,00 EURO
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