Mythos: das Wort ist mit der geheimnisvollen Sprache eines Schleiers verbunden, den man nur zu bestimmten Zeiten und Anlässen lüften darf. Dahinter verbirgt sich eine schöpferische Kraft, die Identität stiftet und deren Symbole es zu entschlüsseln gilt. Wenn sich nun das Haus der Bayerischen Geschichte, zusammen mit anderen Veranstaltern, an eine Ausstellung wie die in der Benediktinerabtei Ettal mit solch einem Anspruch wagt, dann macht man sich umso gespannter auf den Weg. Erste ganz konkrete Frage: Wie wird man den Ort, wo sich der bayerische Gral offenbart, erreichen? Und – lässt sich diese Art von Expedition von München aus an einem Tag auch mit der König Ludwig II. Ausstellung und einem Vortrag in Benediktbeuern verbinden? Imagination und Logos, das Paar schafft nicht nur Gegensätze. Gibt es denn überhaupt noch Neues zu entdecken oder ist ohnehin schon alles gesagt, wie man gelegentlich von Eingeweihten zu hören bekommt. Der Mythos Bayern als Trendsetter? Eine König Ludwig II. Sympathisantin wie die Autorin lässt sich davon gerne inspirieren.
Der freundliche DB Angestellte bemüht sich, auch wenn er von Ettal noch nie etwas gehört hat. „Wo soll das denn sein?“ Nach einigen clicks hat das Internet die Antwort bereit, und die spannende cross-over Reise mit Bahn und Bus kann tags darauf beginnen. Oberau ist das erste Ziel. Da heißt es Umsteigen, aber bitte, wo um Himmelswillen ist denn die Bushaltestelle? Das fragen sich auch die jungen Wanderer, die zwar nach Ettal wollen, aber nicht in eine Ausstellung. Wer suchet, der findet. Und wie von Geisterhand geführt, erreicht man die Haltestelle, klärt mit dem Busfahrer ab, ob er auch wirklich nach Ettal fährt, was ein Kopfnicken bestätigt. „Und da drüben wohnen die Asylanten“. Und die Sonne brennt auf den wartenden Bus. Bald schlängelt er sich den Berg nach Ettal hinauf. Was König Ludwig II. im Galopp in freier Natur zurücklegte, das lässt sich heute müheloser erreichen. Und schon nach wenigen Minuten liegt das Kloster majestätisch und einladend vor einem. Ein paar Schritte vorbei an den Shops und einem umsichtigen Mönch und man ist ganz nahe am Geschehen.
Das Ticket zum Rundum-Erlebnis wird erworben, und schon beginnt der Zeitflug in eine Welt, deren kostbare Exponate bayerische Geschichte, Sagen, Landschaften und Bauerntheater eindrucksvoll verweben. Persönlichkeiten wie König Ludwig II. oder der bekannte Botaniker Franz Paula von Schrank blicken uns an, und das Rauschen vom Wald und den Bächen wirkt in den Hallen nach. Die Pracht der illustrierten Alpen zeigt in einem Doppelspiel – drausen wie drinnen – was seit Jahrhunderten Bayern charakterisiert. Und die Menschen, in ihren Trachten und mit genetischem Frohsinn zum Feiern, lassen uns Eintauchen in die Gastlichkeit und die Gemütlichkeit, die Bayern schon immer prägen. Dazu gehören wie selbstverständlich der Schuhplattler, die Zithermusik und die Fülle von heimischen Trachten, die, umrankt von Edelweiß, Maßkrügen und Bier, zu den absoluten Highlights in Bayern und weltweit einmaligen Schätzen gehören.
Als Besucherin, die das große Glück hat, alles live erleben zu dürfen, u.a. König Ludwig II. als funkelnden Magneten gleich mehrmals an ausgewählten Plätzen, hat sie eine Idee, wie dieser Zauber potentiell in eine Remythisierung von Wald, Gebirg und Königstraum zu führen wäre. Denn die Ausstellung bietet einzigartrige Module, die eine kulturelle und gesellschaftliche Sprengkraft für eine innovative Plattform in sich bergen, die Bayern national wie international und innovativ noch gegenwärtiger machen wird. Das wäre für viele Menschen im In- und Ausland, die nicht nach Ettal reisen können, eine echte Bereicherung. Und dann gibt’s da noch ein spezielles Know-how zu den Erfindern und Forscher(innen) und deren Leistungen, die dem Mythos Bayern die Note „summa cum laude“ verleihen würde. Moderne Wissenswelten tragen so zur Wertevermittlung für Jung und Alt bei. Die mehrsprachigen Versionen von Kurzfilmen mit einer thematisch kontextualen Vernetzung bieten eine Mediathek, die weltweit zu nutzen wäre. In allen Regionen könnte das Netzwerk aufgebaut werden. Somit würden sich die Investionen für diese Jahresausstellung in mehrfacher Hinsicht für alle Beteiligten lohnen. Die Würfel dafür könnten alsbald fallen. Förderer, Mäzene und Subskribenten haben eine einmalige Chance, ihre Werke weltweit zu präsentieren und die Ausstellung über die Dauer hinaus nachhaltig erlebbar zu machen.
Wie die Suche nach dem Gral König Ludwig II., Richard Wagner und viele Experten beschäftigt hat, so ergibt sich aus „Wald, Gebirg und Königstraum/ Mythos Bayern“ ein schlüssiges Portfolio, das auf den Spuren von Geschichte und deren Dokumentionen neue Perspektiven schafft – wie es im Pavillion im Kloster Ettal mit den Zeichnungen zu den Schlössern von König Ludwig II. beispielhaft gezeigt wird. Auch wenn es andere Optionen geben mag, den Mythos Bayern aufzurollen, so haben die Ideengeber und Realisatoren hier ein Werk geschaffen, das für eine Neu – Orientierung an wertvollem Content einen Quantensprung schaffen kann: Theorie und Praxis im digitalen Zeitalter zu neuen Ufern! Mythos prägt das menschliche Bewußtsein und muß zeitgemäß weitergegeben werden. Den Besuch mit einer zünftigen Brotzeit zu verbinden, ist immer eine Reise wert!
Aufnahmen zum Artikel (C) OMNIS TERRA MEDIA