Die Prägung der Ostdeutschen durch 40 Jahre DDR hat ihre Spuren hinterlassen. Dennoch sind die Unterschiede zwischen Ostdeutschen und Westdeutschen in vielen Bereichen erstaunlich gering und werden immer kleiner. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des ifo Instituts. „Vor allem jüngere Menschen in beiden Landesteilen weisen ähnliche Einstellungen und Verhaltensmuster auf“, sagt Helmut Rainer, Leiter des Forschungsprojekts. „Ältere Menschen in Ostdeutschland, deren Leben noch in der DDR erfolgte, unterscheiden sich demgegenüber stärker von Gleichaltrigen im Westen; oftmals stehen sie auch der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik noch immer eher distanziert gegenüber.“
Rainer fügt hinzu: „Größere Ost-West-Unterschiede gibt es vor allem beim Vertrauen, das Mitmenschen entgegengebracht wird. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Ausländer.“ So ist den Ostdeutschen ein Aussiedler, ein Italiener, ein Türke oder ein Asylbewerber deutlich weniger lieb als Nachbar als den Westdeutschen. Grund hierfür scheinen rational schwer erklärbare Bedrohungsängste, aber auch eine geringe Vertrautheit mit der Nachbarschaft von Ausländern zu sein, was sich in jüngster Zeit auch in fremdenfeindlichen Ausschreitungen in manchen ostdeutschen Regionen niedergeschlagen hat. Joachim Ragnitz, Ko-Autor der Studie fügt hinzu: „Auch das Vertrauen in demokratische Institutionen ist im Osten geringer ausgeprägt. Generell ist die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement und zur Beteiligung an Wahlen in den ostdeutschen Ländern niedriger als in Westdeutschland; die Erwartungen an den Staat (insbesondere an eine Verteilungspolitik) sind weiterhin höher – unter anderem als Reflex auf noch bestehende wirtschaftliche Unterschiede.“ Dies äußert sich auch in den politischen Einstellungen, die im Osten eher dem „linken“ parteipolitischen Spektrum zuzuordnen sind. In der Familie (zum Beispiel Einstellungen zum Rollenverhalten von Mann und Frau) sind die Ost-West-Unterschiede hingegen eher gering und zunehmend durch eine Konvergenz des Westens an den Osten geprägt.
Rainer und Ragnitz ergänzen: „Die Ausgangsfrage ‚Wächst zusammen, was zusammengehört?‘ kann somit an vielen Stellen mit ‚Ja‘ beantwortet werden. Abgeschlossen ist der Annäherungsprozess jedoch noch nicht. Und es muss offen bleiben, ob dies je der Fall sein wird.“
Die Studie für den Beauftragten für die Neuen Länder findet sich hier: