Da staunt der Fachmann – und der Laie wundert sich (auch der, der gerade diese Zeilen schreibt). Da wird unser Papst also bald 85 Jahre alt, und absolviert ein Programm, das selbst einen Jungspund ins Schwitzen bringen würde. Denn wenn Benedikt XVI. auftritt, richten sich die Augen und die Ohren auf ihn. Da heißt es, konzentriert zu sein. Die richtigen Worte zu finden. Zwei Mal hat der Papst in den letzten Tagen über schwierige Themen frei gesprochen – erst zu „seinen“ Seminaristen, dann zu den Priestern der Diözese Rom. Aber das war noch lange nicht alles. Hier nochmals eine knappe Zusammenfassung:
Am 15. Februar hielt Papst Benedikt eine „lectio divina“ – so nennt das der Vatikan – vor den Priesteramtskandidaten der römischen Seminarien. Es ging, ausgehend vom heiligen Paulus, um die Erneuerung des Denkens, mit der sich der Christ dem „Geist dieser Welt“ immer wieder entzieht. Nachdem er am Tag darauf mehrere neue Botschafter fremder Staaten empfangen hatte, fand dann in der Synodenaula des Vatikans eine Zusammenkunft der Reflexion und des Gebets mit über hundert Kardinälen statt. Das verlangt höchste Aufmerksamkeit, wie tags darauf auch das öffentliche Konsistorium, bei dem der Papst – wie dann wieder einen Tag später beim feierlichen Dankgottesdienst – alles andere als oberflächliche Ansprachen hielt. Aber auch beim Empfang für die Kardinalsfamilien und Verwandten der neuen Purpurträger musste der Heilige Vater ganz für seine Gäste da sein. Es folgten die Generalaudienz mit der Mittwochskatechese und am gleichen Abend die Eröffnung der Fastenzeit auf dem Aventin – nochmals hatte der Papst zu predigen. Und am nächsten Morgen schon warteten die Priester Roms auf eine der großen Ansprachen Benedikts – der Papst hielt sie wieder frei und ohne Manuskript. Nicht zu vergessen die vielen Begegnungen und Gespräche zwischen den öffentlichen Terminen, wie sie in diesen Tagen des Konsistoriums nun einmal nicht zu vermeiden sind. Ich kenne weitaus jüngere Zeitgenossen, denen es schon mulmig wird, wenn sie ein Mal öffentlich einen Vortrag halten müssen.
Das einmal als Antwort auf die unseligen Mediengerüchte, der Papst sei krank und kümmere sich nur noch darum, seinen Nachfolger zu installieren. Geht ja auch gar nicht – den wird eines Tages ein Konklave wählen. Wahrscheinlich eines fernen Tages. Es mag sein, dass sich Papst Benedikt irgendwann etwas zurücknehmen wird. Um sich zu schonen. Aber noch weicht dieser Mann keiner Aufgabe aus. Wenn diese Ausgabe bei unseren Leserinnen und Lesern ist, bereitet sich der Papst auf die anstrengende Reise nach Mexiko und Kuba vor.
„Vaticanleaks“ ist das inzwischen sattsam bekannte Stichwort, unter dessen Überschrift von den verschiedensten Aktionen zu lesen war, mit vertraulichen Dokumenten aus dem Vatikan Skandalberichte über Intrigen und Machtkämpfe hinter den heiligen Mauern zu provozieren. Offensichtlich haben manche ein Interesse daran, das Lehramt dieses Papstes hinter reißerischen Schlagzeilen zum Schweigen zu bringen. In dieser Ausgabe haben wir zwei Ansprachen Benedikts XVI. etwas mehr Raum als sonst gewidmet, um zu zeigen, wie der Papst die Kirche auf das „Jahr des Glaubens“ vorbereitet. Denn das ist das große Thema – und nicht die Frage, wie der Toilettenpapierlieferant für den Vatikanstaat an seinen Auftrag herangekommen ist oder das vatikanische Geldinstitut schon in die „weiße Liste“ der Banken aufgenommen wurde. Man darf sich nicht beirren lassen, wenn die säkularen Medien ihre Sicht des Vatikans und des deutschen Papstes präsentieren. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das erlebt man hier – zweihundert Meter vom Apostolischen Palast entfernt – Tag für Tag. Es ist eine überreiche Verkündigung, mit der Papst Benedikt seiner Kirche unter die Arme greift. Sie muss man hören – und nicht das Geknarze und Geknarre unserer lieben Kolleginnen und Kollegen.
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