Volkswirte verteidigen die Schuldenbremse

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Ökonomen an deutschsprachigen Universitäten befürworten mehrheitlich die Schuldenbremse, die die Kreditaufnahme durch den Staat begrenzt. Daran ändern auch historisch niedrige Zinsen sowie Forderungen nach höheren Investitionen in die Infrastruktur und in den Klimaschutz nichts. Das zeigt das aktuelle Ökonomenpanel, eine regelmäßige Befragung von ifo Institut und F.A.Z. Teilgenommen haben 120 Wirtschaftsprofessoren.

„In der öffentlichen Debatte ist der Eindruck entstanden, dass die Ökonomen die Schuldenbremse loswerden wollen. Unsere Ergebnisse bestätigen das nicht“, sagt Niklas Potrafke, Leiter des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie. Man dürfe die Schuldenbremse auch nicht für fehlende öffentliche Investitionen verantwortlich machen. „Fehlende öffentliche Investitionen haben andere Ursachen als die Schuldenbremse“, sagt Clemens Fuest, Präsident am ifo Institut.

Für die Länder sind ausgeglichene Haushalte vorgeschrieben; für den Bund ist in normalen Zeiten ein Defizit in Höhe von 0,35 Prozent vom nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) erlaubt, also rund 12 Milliarden Euro, in schlechten Zeiten noch etwas mehr. Politiker sollen so besser mit den begrenzten Mitteln haushalten und in Abschwüngen trotzdem einen Spielraum für konjunkturstabilisierende Impulse haben. 64 Professoren rieten dazu, die Schuldenbremse grundsätzlich beizubehalten. Nur eine Minderheit von 31 Professoren will die Regelung abschaffen, mit „Teils-teils“ antworteten 17. Eine absolute Mehrheit von 52 Prozent ist überzeugt, dass der Rückgang der Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren ohne die Schuldenbremse signifikant geringer ausgefallen wäre. Die größte Übereinstimmung gibt es in der Frage, ob die Schuldenbremse für Maßnahmen des Klimaschutzes aufgehoben werden sollte. Nur 24 Prozent der teilnehmenden Ökonomen halten das für gerechtfertigt. Zwei Drittel sind dagegen.

Die Auswirkungen der Schuldenbremse auf öffentliche Investitionen sind hingegen umstritten. 37 Prozent der Ökonomen glauben, dass die Schuldenbremse im wahrsten Sinne des Wortes bremst, also zukunftsgerichteten Staatsausgaben im Wege steht. 41 Prozent teilen diese Bedenken nicht, 18 Prozent sind unentschieden. Vor allem aber die Frage der „schwarzen Null“ spaltet die deutsche Ökonomenzunft. Die teilnehmenden Professoren beurteilen dieses strenge Haushalten mehrheitlich skeptisch. 48 Prozent sind dagegen, nur 34 Prozent sind dafür, die „schwarze Null“ beizubehalten, 18 Prozent wollen sich nicht festlegen.

„Die schwarze Null hat eine nicht zu unterschätzende Symbolkraft“, findet Silke Übelmesser, Professorin an der Universität Jena und Mitglied im Beirat des Stabilitätsrats, der die Haushaltsführung von Bund und Ländern überwacht. Die Riege der Kritiker ist im Ton deutlicher. Von „Ideologie“ und einem „Lügengespinst in der Finanzpolitik“ ist die Rede, meist mit Verweis auf die gegenwärtige Konjunkturflaute, die höhere Ausgaben erforderlich mache, und den Investitionsstau. „Wie kann man es wagen, den Kindern zuliebe keine Schulden zu machen und ihnen dafür eine kaputte Umwelt zu hinterlassen?“, fragt der frühere „Wirtschaftsweise“ Peter Bofinger. Karl Morasch von der Universität der Bundeswehr München nennt den rigorosen Verzicht auf Neuverschuldung „ökonomisch nicht begründbar“.

„Schuldenbremse ja, schwarze Null nein“, meint hingegen der Braunschweiger Ökonom Franz Peter Lang. Ein Großteil der Wissenschaftler kommt zu einem ähnlich differenzierten Urteil, ein staatliches Defizit weder gänzlich zu missbilligen, noch eine uferlose Verschuldung gutzuheißen. „Die Schuldenbremse wird uns vor allzu übertriebenen Überbietungswettbewerben bei Rente und sozialer Sicherung bewahren“, sagt Christian Hagist von der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Friedrich Heinemann, Steuerfachmann am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, verweist zudem auf politische Widerstände, die der Umsetzung schon heute finanzierbarer Vorhaben oft entgegenstünden.

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