„Vil besleg und auch perlein und edelgestein …“ – In Landshut-Heiliggeist prunkt der Reichtum der bayrischen Herzöge des 15. Jahrhunderts

Wie sie doch alle hießen, die bayrischen Ludwigs des frühen und hohen Mittelalters: „der Kelheimer“, „der Strenge“, „der Gebartete“, „der Bucklige“, „der Reiche“. Letzterer steht heute noch, als Denkmal halt, auf dem Landshuter Dreifaltigkeitsplatz. Da schaut er sich das Treiben der Heutigen an, die hier parken und shoppen und schlendern und – fotografieren. Unter anderem auch ihn, einen der „reichen“ Herzöge von Bayern-Landshut: hochgewachsen, stolz und hehr. Schließlich gründete er 1472 die hiesige Universität.

Siebiger „reiche“ Ludwig war der Papa vom Georg. Der folglich auch nicht arm war. Und noch weniger minderbemittelt war er, als er im Jahr 1475, im frostigen November, seine schwerreiche Braut zum Altar der St. Martins-Kirche führte: Hedwig, Königstochter aus Polen. Die vermutlich kein Wort Deutsch konnte. Hätte sie ja schon mal lernen können auf ihrem 1500 Kilometer langen Weg ins Niederbayrische. Sie hatte`s wohl nicht bequem genug gehabt auf dem Holzbankerl ihres Reisewagens, um den Kopf in ein Lehrbuch (falls ein solches seinerzeit schon existierte) zu stecken. Ihr Herz war ohnehin voller Sehnsucht nach ihrem Schorschi. Die beiden heirateten in Landshut so prunkvoll und festlich und kostspielig, dass daraus ein derart weltbekanntes (wenn auch noch keineswegs weltkulturvererbbares) Historienspektakel mit viel Volk, Musik und Dischingderassabum wurde, das man noch heute nachspielt: die „Landshuter Fürstenhochzeit“. Abertausende aus allen Windrichtungen finden sich, wenn sie (alle vier Jahre) erneut gefeiert wird, in Niederbayerns Hauptstadt ein – zu einem Geschichtstheater und Historienschauspiel. „Vil besleg und auch perlein und edelgestein“ war damals an den Kleidern der Haupt-„Darsteller“ gesehen worden. Das belegen Aufzeichnungen des Hans Oringen aus jenem Jahr, das das „Goldene Jahrhundert“ krönen sollte.

Dieser Epoche bayrischer Geschichte ist die Ausstellung in Landshut-Heiliggeist gewidmet. Herzöge hatten damals das Sagen, ob „bärtig“ oder „streng“, „bucklig“ oder eben „reich“ – oder alles zusammen. Sie saßen in ihren Residenzstädten Straubing, Ingolstadt, München und eben, vor allem, in Landshut. Obwohl: München überrundete das seinerzeit 10 000 Seelen zählende Städtchen im Nordosten an Bedeutung, sehr bald schon auch einwohnerzahlenmäßig. Da half auch nicht, dass der Landshuter „Dom“ viel schöner gebaut und ausgestattet war als die Frauenkirche.

Allen vier Residenzstädten gab man in Landshut, mal ausführlicher, mal weniger stark belegt, die Ehre. Stadtmodelle sind zu sehen, steinerne Wasserspeier, eiserne Rüstungen, Gedenk-Steine, Skulpturen, Gemälde, Handwerks-, kirchliches und Alltagsgerät. Weltliches und Frommes im Wechsel, alles beschriftet. Spannend wird es eigentlich erst in der „Dunkelkammer“, wo, im Gegensatz zur kalten spätgotischen Hallenkirche des Hanns von Burghausen, über die der Heilige Geist seine schützenden Flügel breitet, immerhin 10 Grad Wärme sind – für viele kostbare Details der ganzen Schau, vor allem liturgischer, aber auch genealogischer Art: die „Ingolstädter Gnad“, das Silberkreuz von Waltensberger, der Stab des Weihbischofs Schönhofer – all dies und mehr aus Bayern-Landshuts „Goldenem Jahrhundert“, ausgeliehen von Passau, München, Burghausen, ja sogar aus London und Paris.

Aus der Bibliothèque Nationale de France stammt eine Miniatur (um 1470) mit Musikanten um einen Reisewagen herum. Der könnte Modell gestanden haben für den Kobelwagen der edlen Polin Hedwig. Eine Nachbildung in Originalgröße fürs Landshuter Hochzeitsspektakel kann kein Ausstellungsbesucher übersehen. Ob er weiß, dass das linke Wappen, das vorne ein vergoldeter Löwe hält, das polnische ist? Sollte er annehmen, dass die Frauengewänder aus dem „Goldenen Jahrhundert“ stammen, irrt er. Nicht ein einziges Damenkleid aus Landshuts Vorzeige-Epoche ist erhalten.

Der zu dieser Ausstellung erschienene Katalog, herausgegeben und mitgetextet von Museumsleiter Fritz Niehoff, kann das Gesehene bis hinein in Haarspalterisches vertiefen: ein üppig bebilderter Prachtband, den man sich mitnehmen sollte. „Das Goldene Jahrhundert der Reichen Herzöge“ – diese Ausstellung ist bis 1. März geöffnet, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Mit Führungen, Künstlergesprächen, Vorträgen, Sammlerdiskussionen. Infos auf www.landshut.de)

Foto
Landshuts „Reicher Herzog“ Ludwig, der 1472 die Universität gründete – als Denkmal auf dem Dreifaltigkeitsplatz (Foto: Hans Gärtner)

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.

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