Dass der Tierschriftsteller Horst Stern, geboren 1922 in Hinterpommern, noch unter den Lebenden weilt, hätte man im Jahr 2017 nicht für möglich gehalten. Denn es war recht still um ihn geworden, nachdem er sich 1984, enttäuscht von der Wirkungslosigkeit seines journalistischen Arbeitens, auf die Insel Irland zurückgezogen hatte, um Romane und Novellen zu schreiben. Sein letztes Buch, ein Gedichtband, erschien 1994.
Über sein Privatleben vor 1945 gibt es kaum Informationen. Er wuchs bei seiner Mutter, der Tochter eines Schmiedes, in Gollnow/Kreis Naugard auf, seinen Vater kannte er nicht. In Gollnow besuchte er das humanistische Gymnasium, dann heiratete seine Mutter, die geschieden war, noch einmal und zog mit Mann und Sohn nach Berlin. Dort bekam Horst Stern wegen „sehr guter Leistungen in der Schule“ ein Stipendium. Mit der Mittleren Reife wurde er 1938, was er später bedauerte, von der Schule genommen und begann auf Anraten seines Stiefvaters eine Banklehre.
Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war, wurde er zum „Reichsarbeitsdienst“ eingezogen und später zu den Fallschirmjägern. Eingesetzt in Nordafrika, geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde in die Vereinigten Staaten gebracht. Entlassen 1948, arbeitete er zunächst als Dolmetscher beim amerikanischen Militärgericht in Ludwigsburg bei Stuttgart und schrieb später Gerichtsreportagen für die „Stuttgarter Nachrichten“.
In der Redaktion dieser Zeitung begegnete Horst Stern um 1950 Wolfgang Bechtle, der über Tiere schrieb und sich ein Gehege mit einheimischen Tieren eingerichtet hatte. So wurde er, nachdem er 1955 aus der Redaktion ausgeschieden war, zum Journalisten, der über Tiere schrieb, allerdings geschah das auf Umwegen. Zunächst betreute er mehrere Zeitschriften und schrieb nach 1960 mehr als 50 Schulfunksendungen über Tiere für den „Süddeutschen Rundfunk“ in Stuttgart. Der Einstieg ins Fernsehen dauerte länger, seine ARD-Erfolgsserie „Sterns Stunde“ (über 20 Episoden), mit der er sich Feinde bei Jägern und Förstern machte, lief zwischen 1971 und 1979 und verschaffte ihm hohe Einschaltquoten. Als er ausgerechnet am Heiligen Abend 1971 in einer Sendung über den Rothirsch dazu aufrief, diese Tiere wegen der von ihnen verursachten Waldschäden verstärkt abzuschießen, wurde im Jahr darauf, nach heftigen Diskussionen im Bayerischen Landtag und im Bundestag, das Jagdgesetz geändert, und er wurde mit der Ehrendoktorwürde der Universität Hohenheim ausgezeichnet.
Zum Jahresende 1978 wurde dann der Zweiteiler „Tiere in der Pharmaforschung“ gesendet, was ihm Schmähbriefe von Zuschauern einbrachte. Nach Ausstrahlung seiner letzten TV-Sendung „Bemerkungen über Gemsen“ wurde die Serie eingestellt. Horst Stern soll sich „enttäuscht von der mangelnden Wirkung meiner Berichterstattung“ gezeigt haben. Erst 1997 hat er sich noch einmal für SPIEGEL-TV bereit erklärt, über den vom Borkenkäfer befallenen Bayerischen Wald zu sprechen. Da aber lebte er schon über ein Jahrzehnt in Irland, von wo er im Jahr 2000, nunmehr als Rentner von 78 Jahren, nach Passau übersiedelte.
Im Jahr 2001 befand ein Gremium von Dokumentarfilmern, dass Horst Stern in seiner 40jährigen Karriere „niemals ein justiziabler Fehler unterlaufen“ wäre, und zog als Fazit seines Journalistenlebens, „dass der Mensch sich offensichtlich als Krone der Schöpfung begreift und alle anderen Lebewesen seinen Nützlichkeitserwägungen unterordnet.“
An seinem 95. Geburtstag am 24. Oktober erlitt Horst Stern das Schicksal aller Kritiker, die die Ausrottung von Tieren und Pflanzen durch den Menschen anprangern: Er wurde beklatscht, belächelt und dann vergessen! Als er 1972 für sieben Jahre für den Landkreis Lindau am Bodensee zum Naturschutzbeauftragten gewählt wurde, sagte er in seiner Antrittsrede: „Wenn Sie einen Naturschutzbeauftragten suchen, wie Sie ihn haben, dann lassen Sie die Finger von mir. Mit mir kriegen Sie nichts als Ärger. Ich werde die Dinge bei m Namen nennen.“ Mitten im Amt gründete er 1975 mit anderen Mitstreitern den „Bund für Umwelt und Naturschutz“ mit heute 585 000 Mitgliedern. Diese Initiative wird immer mit seinem Namen verbunden bleiben, auch wenn alle Warnungen, die er in Büchern und Filmen ausgestreut hat, nicht beherzigt wurden. Die Felder und Wälder um uns, früher ein Hort der Erholung, sind vergiftet und von Schädlingen befallen, die Massentierhaltung von Schweinen und Hühnern schreitet munter voran, die Insekten sind zu drei Vierteln vernichtet und mit ihnen die Vögel. Insofern ist Horst Stern mit dem, was er wollte, schrecklich gescheitert!
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