Nun hat sich auch die Bundesregierung „entsetzt“ gezeigt über ein 35 Jahre altes Flugblatt, dem kein Geringerer als Michael Wolffsohn bescheinigt hat, dass es nicht antisemitisch sei. Er schrieb in einem Kommentar für Bild:
„Als Jude wehre ich mich dagegen, dass Denunzianten uns Juden für ihre tagespolitischen Zwecke missbrauchen. Kurz vor den Wahlen in Bayern wollen sie den konservativen Aiwanger und seine Freien Wähler als Nazis und, daraus abgeleitet, Antisemiten abstempeln. Wer konservativ mit „Nazi“ und „Antisemit“ gleichsetzt, ist ahnungslos und verleumderisch. Wer es dennoch tut, lasse uns Juden aus diesem miesen Spiel raus.
Die hysterischen Aiwanger-Kritiker messen mit zweierlei Maß. Konservativen werfen sie jugendliche Dummheiten, Widerwärtigkeiten, Fehler oder Straftaten lebenslänglich vor und fordern noch Jahrzehnte später, also heute, Konsequenzen. Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) gilt als Staatsmann. Dabei hatte er mit 25 Jahren einen Polizisten, also einen Staatsbeamten, brutal verprügelt. Vergeben und vergessen. Weil Joschka grün und Aiwanger konservativ ist?“
Ungeachtet dieser mahnenden Worte und der Tatsache, dass dem Politiker Aiwanger nicht die kleinste antisemitische Äußerung vorgeworfen werden kann, fühlen sich die drei Ampelvertreter bemüßigt, schärfste Forderungen an Aiwanger zu stellen, bis hin zu persönlichen Konsequenzen. Offensichtlich hoffen sie, dass die bayrischen Wähler dafür ihren schwächelnden Parteien bei der Landtagswahl mehr Stimmen geben.
Kanzler Scholz, der sich in der Cum-Ex -Affäre nicht erinnern kann, mit wem er sich 2017 getroffen hat, will von Aiwanger maximale Transparenz, Vorgänge vor 35 Jahren betreffend. So eine Dreistigkeit kann man sich nicht ausdenken. Der Ex-Parlamentarier Fabio De Masi wirft Scholz sogar eine Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss vor.
Scholz könnte für Transparenz sorgen, indem er sein vermutlich noch existierendes Nutzerkonto aus der Zeit als Hamburger Bürgermeister zugänglich macht, aber er tut es nicht. Warum wohl? Von dem Skandal, der sich um Scholz in Sachen LEG-Terminals und damit verbundener mutmaßlicher Geldwäsche ganz zu schweigen.
Was den Antisemitismus betrifft, so hat Scholz mindestens eine Frau in der Partei, die selbst bekannt hat, dass sie in ihrer Jugend antisemitisch unterwegs war. Vergeben und vergessen?
Vizekanzler Habeck wagt es von „Unglaubwürdigkeit“ zu sprechen. Das ist der Mann, in dessen Partei eine unbekannte Menge Israelkritiker und Unterstützer der Boykottbewegung gegen Israel sitzen und die Mitglieder hat, die in ihrer Jugend an offen antisemitischen Straßenkämpfen teilgenommen haben. Grüne, nach meinem Gedächtnis Lokalpolitiker wurden in Thüringen bei Hakenkreuzschmierereien erwischt. Sie hätten damit auf die braune Gefahr aufmerksam machen wollen. Als Sprecherin der Grünen Jugend hat Sahra Lee Heinrich 2015 ein Hakenkreuz mit dem Wort Heil auf Twitter gepostet. Hat Habeck da Konsequenzen gefordert?
Abgesehen davon: Wie glaubwürdig ist ein Minister der in der Familienfilz-Affäre Graichen wie Habeck reagiert hat?
Bleibt noch Christian Lindner, dessen FDP wieder einmal den Einzug in den Bayrischen Landtag verpassen könnte. Er hofft offenbar, ein Sturz von Aiwanger könnte das verhindern, weil FW-Stimmen zur FDP abwandern könnten.
Deshalb mahnt Lindner, Antisemitismus dürfe in Deutschland auf keinen Fall relativiert werden. Es müsse dringend Klarheit über die „bestürzenden“ Vorwürfe geschaffen werden “mit den notwendigen Konsequenzen, die er (Aiwanger) selbst ziehen muss oder der bayerische Ministerpräsident”. Nur hat Aiwanger niemals Antisemitismus relativiert, sich auch vom Inhalt des Flugblatts distanziert, so dass Lindners Einlassung zeigt, dass er offensichtlich keine Probleme mit dem Erwecken falscher Eindrücke hat.
Das scheint ein allgemeines Problem der FDP zu sein. Ich erinnere mich nur an die Ausführungen von FDP-Justizminister Buschmann bei der Pressekonferenz zur Verabschiedung des so genannten Selbstbestimmungsgesetzes. Biologische Männer würden auch künftig nicht in Frauensaunen zugelassen werden müssen. Es gelte nach wie vor das Hausrecht. Umgehend wurde ihm vom Queer-Beauftragten der Bundesregierung Lehmann widersprochen. Männern, die sich als Frauen ausgeben, stünden alle Räume, die Frauen vorbehalten sind, zu. Notfalls sollten sie klagen, das Antidiskriminierungsgesetz würde stärker sein, als das Hausrecht. Widerspruch gegen diese frauenfeindliche Äußerung ist mir nicht bekannt. Die FDP schafft keine Klarheit in dieser Frage.
Wenn die Bundesregierung keine Aufklärung über die aufgeworfenen Fragen liefert, überlasse ich es der Beurteilung meiner Leser, wie glaubwürdig die Forderung der Bundesregierung ist.
Quelle: Vera Lengsfeld