Auch die AfD muss lernen

deutschland fahne flagge bundesland thüringen, Quelle: jorono, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig
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Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben gezeigt, dass die Wähler klüger sind und weiter denken, als die Parteien. Sie haben in aller wünschenswerten Deutlichkeit gezeigt, dass es ein „weiter so“ in der Politik nicht geben kann, weder in der Landes- noch in der Bundespolitik. In Thüringen statteten die Wähler die AfD mit einer Sperrminorität aus, zeigten aber gleichzeitig, indem sie Björn Höcke das Direktmandat verweigerten, dass sie von der Partei erwarten, ihre Wagenburgmentalität zu verlassen und zu pragmatischer Politik überzugehen. In Sachsen, wo die CDU und die AfD fast Kopf an Kopf durch die Ziellinie gingen, konnte die Sperrminorität vorläufig nur verhindert werden, weil die ursprüngliche Sitzverteilung nachträglich verändert wurde.

In Thüringen kann die AfD jetzt bei der Besetzung von Richter-und Staatsanwaltsstellen indirekt ein Wörtchen mitreden. Das ist auch gut so. Und sie kann verhindern, dass die Verfassung zu Ungunsten politischer Mitbewerber verändert wird.

Auch in Sachsen wird es für die Koalition, wie immer die aussehen mag, schwieriger, denn die Sperrminorität ist nur einen Sitz entfernt. Mit pragmatischen Politikangeboten der AfD könnte sich das noch ändern. Die AfD sollte nun unbedingt eine Initiative starten, dass aus der EuGH Entscheidung, dass deutsche Staatsanwaltschaften weisungsgebunden und nicht unabhängig sind, Konsequenzen gezogen werden. Staatsanwaltschaften unterstehen als Beamte ihrem Dienstherrn, also den Justizministerien von Bund oder Ländern. Das muss sich ändern.

In Thüringen kann der AfD der Parlamentspräsident nicht verweigert werden. Wenn die anderen Parteien das dennoch versuchen, haben sie aus ihrer Niederlage nichts gelernt. Auch die AfD muss lernen. In der Partei herrschte bislang der Glaube, das rechtsradikale Klientel bevorzugt bedienen zu müssen. Das machte Äußerungen wie die der Brandenburger innenpolitischen Sprecherin Lena Korté möglich, dass Migranten von öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen werden. Dazu hat die Partei einen Entschließungsantrag gestellt und durchgesetzt, dass eine Sondersitzung des Landtages in Potsdam stattfand. Das war willkommenes Wasser auf die Mühlen aller AfD-Gegner. Die Aktion wird der AfD viele Stimmen gekostet haben.

Leider konnten sich die Spitzenkandidaten auch nicht dazu durchringen, in der Öffentlichkeit eine Erklärung abzugeben, dass sie fest auf dem Boden des Grundgesetztes stehen, egal, was der Verfassungsschutz ihnen auf politische Weisung hin bescheinigt. Dass der AfD die Regierungsbildung bzw. – beteiligung verweigert werden würde, war schon vor der Wahl klar. Sie hätte es im Wahlkampf den Gegnern so schwer wie möglich machen müssen, die Partei als rechtsextrem abzustempeln. Leider ist das unterblieben. Äußerungen von Björn Höcke, die CDU hätte noch nie deutsche Interessen vertreten, oder sein Tweet mit dem Aufruf an Deutsche und Thüringer, sich an Terrorakte wie in Solingen nicht zu gewöhnen, waren kontraproduktiv, denn es gibt jede Menge Migranten, die inzwischen ein willkommener und unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft sind, die er damit außen vor lässt. Kein Wunder, dass ihm vorgeworfen wird, eine Deutschland den Deutschen-Politik betreiben zu wollen. Es geht in Zeiten der globalen Freizügigkeit nicht mehr um biologische Abstammung, sondern darum, die Gesetze und die Lebensweise der Bevölkerung des aufnehmenden Staates anzuerkennen. Nur wer den freiheitlichen Rechtsstaat nicht akzeptiert, oder sogar bekämpft, hat hier nichts verloren.

Trotzdem ist es nicht akzeptabel, mit welcher Kaltschnäuzigkeit sich die CDU als „stärkste Kraft der Mitte“ zum Wahlsieger erklärt. Ein bisschen Demut gegenüber dem ausgesprochenen Wählerwillen, eine Mitte-Rechts-Regierung zu bilden, wäre angebracht gewesen. Mit der AfD nicht einmal sprechen zu wollen, ist ein Affront gegen ein Drittel der Wähler. Es fällt schwer zu glauben, dass es mit der CDU, die sich anschickt, mit Linken und BSW koalieren zu wollen, die Veränderungen gibt, die sich die Wähler wünschen. Es wird eher eine Dienstwagen und Privilegien-Koalition als eine Regierung, die beherzt die Probleme anpackt.

Zu der Analyse gehört, dass die WerteUnion komplett versagt hat. Sie hat nicht mal eine Stimmenzahl erreicht, für die sie eine Wahlkampfkosten-Erstattung bekommt.

In Thüringen erzielte sie mit 0,4% 6700 Stimmen, in Sachsen 0,3% mit 6469 Stimmen. Das ist verheerend.

Es liegt nicht, wie Hans-Georg Maaßen heute mitteilte, daran, dass die Werteunion von den Mainstream-Medien nicht geliebt wurde, es liegt auch nicht daran, dass zwischen HGM und dem Verfassungsschutz irgendwas mit “rechtsextrem” läuft, was Maaßen natürlich öffentlich anhängt.

Diese Niederlage ist hausgemacht!

Besonders in Thüringen hatte es unter der Leitung von Ute Bergner ein Bündnis der Kleinparteien mit dem Namen „Bündnis für Thüringen” gegeben, das von den Meinungs-Medien durchaus positiv betrachtet wurde.

Anfangs nahm die Werteunion auch am Prozess teil. Damals war das Momentum da. Allerdings hat sich sofort nach der Gründung der WerteUnion-Partei die Haltung verändert.

Der von HGM als Parteichef und Spitzenkandidat favorisierte Albert Weiler hat nicht nur sofort verkündet, dass er nicht mit Bündnis für Thüringen antreten wolle. Er hat, assistiert von seinem Stellvertretenden Vorsitzenden und Listenplatz 2-Kandidaten Tonio Aschoff, dafür gesorgt, dass Ute Bergner aufgab und das Bündnis zerfiel. Außerdem hat er den verdienstvollen Vorsitzenden des WerteUnion-Vereins Thüringen Hans Pistner sowohl in der Partei als auch auf der Landtags-Liste auf die hinteren Plätze verschoben. Damit war von Beginn an der schlimmste Parteienfilz in der WerteUnion etabliert.

Dazu kam die absolute Unfähigkeit, den Wahlkampf zu organisieren. Dieses eklatante Versagen muss Folgen haben. Es kann kein „weiter so“ geben. Weiler und Aschoff müssen von ihren Posten zurücktreten und die Partei neu aufgestellt werden. Wenn das nicht geschieht, braucht die WerteUnion bei der Bundestagswahl nicht mehr anzutreten.

Es besteht nur eine minimale Chance, indem es bis zur Bundestagswahl gelingt, die liberal-konservativen Kleinparteien und Kräfte zu einer gemeinsamen Liste zu vereinen. Das ist zur Europawahl leider erfolglos geblieben und in Thüringen sabotiert worden. Die Quittung liegt jetzt in aller Öffentlichkeit vor. In Sachsen kenne ich mich nicht so gut aus, aber die Lage ist ähnlich, wie in Thüringen. Die WerteUnion wird allein nicht bestehen können. Wenn sie diese Lektion nicht lernt, ist ihr nicht zu helfen.

Quelle: Vera Lengsfeld