Im Rahmen des OnlineKongresses „Politischer Dialog Brüssel: EU-Vorhaben zu nachhaltigen Lieferketten – Auswirkungen für Unternehmen“hat die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. vor den negativen Folgen von überzogenen Sorgfaltspflichten für Unternehmen entlang der Lieferketten gewarnt. vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt: „Es darf nicht sein, dass Initiativen zur Einführung von Sorgfaltspflichten für Unternehmen zu erheblichem bürokratischem Aufwand führen und Vorgaben erlassen werden, die in der Praxis nicht erfüllbar sind, für deren Einhaltung Unternehmen aber zur Verantwortung gezogen werden sollen.“
Die vbw hat die Veranstaltung in Kooperation mitder Vertretung des Freistaats Bayern bei der EU durchgeführt und dabei zusammen mit Spitzenpolitikern aus dem EU-Parlament und Unternehmensvertretern diskutiert, welche Herausforderungen für bayerische Unternehmen aus dem geplanten Vorschlag der EU-Kommission zu nachhaltigen Lieferketten entstehen. Sie sieht vor allem das Problem, dass Unternehmen über die erste Zulieferstufe hinaus die Einhaltung von Menschenrechten und Sozialstandards garantieren sollen. „Die Sorgfaltspflichten müssen klar auf die erste Zulieferstufe begrenzt werden, das ist realistisch. Darüber hinaus wird es jedoch mangels direkter Vertragsbeziehungen schwer bis unmöglich, entsprechenden Einfluss auszuüben“, so Brossardt. Die vbw unterstützt die Einhaltung von Menschenrechten sowie von Sozial- und Umweltstandards, fordert aber eine ideologiefreie Herangehensweise. Zudem mahnte sie an, dass die Einführung von Sorgfaltspflichten nicht zu Protektionismus führen darf, wenn dadurch Wirtschaftsbeziehungen zu einzelnen Ländern unmöglich werden.
Des Weiteren kritisiert die vbw Überregulierung, wenn die Vorgaben auch Handelsbeziehungen mit Ländern betreffen, in denen die Rechtssetzung und -durchsetzung garantiert ist. „Wir fordern daher eine Positiv-Liste, die solche Länder umfasst“, so Brossardt. Haftung von Unternehmen lehnt die vbw ab. „Es muss völlig klar sein, dass kein Unternehmen für Vorkommnisse zur Verantwortung gezogen wird, die sich außerhalb des eigenen Geschäftsbereichs abspielen“, so Brossardt. Genauso wenig sind Unternehmen nach seinen Worten verantwortlich, wenn es innerhalb der Lieferkette zu Verstößen kommt, die auf staatliches Fehlverhalten zurückzuführen sind. Die vbw fordert zudem, das hohe Engagement der Unternehmen für nachhaltige Lieferketten zu würdigen und die Erfüllung entsprechender Branchenstandards explizit über eine „Safe-Harbour-Klausel“ anzuerkennen. Digitale Lösungen können Unternehmen dabei unterstützen, die Einhaltung von Menschenrechts-, Sozial- sowie Umweltstandards entlang der globalen Lieferketten zu kontrollieren, beispielsweise durch digitale Zertifikate.
Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert ergänzte: „Dass wir dem Schutz der Menschenrechte in den globalen Lieferketten oberste Priorität einräumen, ist richtig und notwendig. Die Regelungen müssen aber auch in der Praxis umsetzbar sein. Das gut gemeinte EU-Lieferkettengesetz darf kein weltfremdes Bürokratiemonster werden. Die bayerische Wirtschaft zeigt bereits heute einen sehr hohen Grad an unternehmerischer Verantwortung. Wenn überzogene oder unklare Vorgaben dazu führen, dass sich unsere Unternehmen aus schwierigen Lieferländern zurückziehen, konterkariert Brüssel das eigentliche Ziel.“