In der dynamischen und oft undurchsichtigen Welt der Verhandlungen tritt ein Phänomen immer häufiger auf: Ghost Negotiating. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form der Verhandlungsunterstützung, die besonders in schwierigen, komplexen und wichtigen Situationen zum Tragen kommt. Es beschreibt die Praxis, bei der eine dritte Partei – klassischerweise im Hintergrund agierend – die Gespräche indirekt beeinflusst, ohne dabei selbst anwesend zu sein. „Gerade in Fällen von Unternehmensübernahmen oder auch im politischen Kontext kommt diese Praktik immer wieder gerne zum Einsatz“, erklärt Ralf Elcheroth, Geschäftsführer der Negtar GmbH sowie Experte für Mediation und Verhandlungen. „Dabei umfasst der Prozess selbst eine Vielzahl von Aktivitäten, bei denen eine unsichtbare Hand die Prozesse für eine Seite lenkt. Dies kann in Form von Beratung, Coaching oder sogar durch direkte Instruktionen an eine der Parteien erfolgen.“ In der Regel handelt es sich bei der dritten Partei um einen erfahrenen Verhandlungsführer, einen Anwalt oder auch einen entsprechenden Berater, der sich im besten Fall in der behandelten Thematik auskennt.
Ruhe bewahren und Expertise ausstrahlen
Externe Experten können wertvolle Einblicke und strategische Ratschläge aus ihrer bisherigen Erfahrung bieten, um auch in schwierigen Situationen bestmöglich zu reagieren. Zwar besitzen Unternehmen eine bestimmte fachliche Kompetenz, scheitern aber häufig an der Verhandlung selbst. So sind die Beteiligten der Auftragsparteien manchmal zu stark emotional involviert, weshalb eine neutrale Position die Objektivität zurück in die Gespräche bringt und dabei hilft, in aufbrausenden Situationen rationale Entscheidungen zu treffen. Aber auch die allgemeine Taktik beziehungsweise Strategie kann stark von der für die Gegenseite unsichtbaren Hand profitieren, die im Hintergrund die Fäden zugunsten des Auftraggebers zieht. Der Verhandlungsexperte weiß: „Wichtig bleibt in diesem Zusammenhang selbstverständlich, dass die andere Partei nicht das Gefühl entwickelt, hinters Licht geführt zu werden. Sonst stehen die Verhandlungen schnell auf wackligen Beinen. Somit spielt das komplexe Thema der Psychologie eine wichtige Rolle für Ghost Negotiators.“ Hier braucht es im besten Fall auch ein entsprechendes Training, damit die unternehmerischen Verhandlungsführer sich mental auf ihre Aufgabe vorbereiten können. Kleidungsstil, Gestik, Mimik sowie der allgemeine Sprachstil sollten für den Auftritt beispielsweise angepasst werden. Das Outfit oder auch der Schmuck sollte ebenso wie die gewählten Worte denen des Gegenübers entsprechen.
Weitverbreitetes Phänomen
Im Finanzkontext tritt Ghost Negotiating gerne bei Fusionen und Übernahmen auf, bei denen Unternehmen in geheimen Gesprächen den Austausch von Informationen anstoßen und Verhandlungen führen. Hier geht es darum, eine Vereinbarung in Form einer Win-win-Lösung zu erzielen, bevor die Geschäftsführer beispielsweise die Übernahme der Öffentlichkeit ankündigen. Während dieser Prozesse greifen Unternehmen oft auf externe Berater zurück, die nicht selbst am Verhandlungstisch sitzen, aber die Gespräche trotzdem zugunsten der eigenen Seite leiten. Währenddessen findet vor politischen Gesprächen mit anderen Nationen vermehrt ein Strategiemeeting mit entsprechenden Länderexperten sowie ehemaligen Diplomaten statt, die im weiteren Verhandlungsgeschehen in der Regel jedoch keine offizielle Rolle einnehmen. „Allgemein geht es bei Ghost Negotiating nach einer ersten Situationsanalyse und einer klaren Formulierung der Position sowie der Ziele im nächsten Schritt um den Verhandlungspartner“, verdeutlicht Elcheroth. „Welche Agenda verfolgt er, welche Forderungen hat er und nach welchen Motiven handelt er wahrscheinlich? Wer sein Gegenüber, dessen Verhandlungsstrategie und besonders dessen Ängste und Bedenken kennt, besitzt ein gewisses Maß an Macht.“ Im Eigentlichen kommt es dann zur schrittweisen Anpassung der Strategie und zur klaren Setzung von Mindestzielen. So lassen sich die eigenen Vorstellungen mit der entsprechenden Hilfe optimal umsetzen.