Bayern ist ein beliebter Filmstandort in Deutschland. Sie sind als Wirtschaftsministerin auch für die Film- und Medienpolitik verantwortlich. Was macht ein Medienminister?
Den Medienstandort Bayern stärken! Wir müssen die Innovationskraft der hiesigen Medienunternehmen sichern. Die Digitalisierung hat den Medien enorme Fortschritte gebracht. Folge davon ist ein harter globaler Wettbewerb. Der hat Auswirkungen auf alle bayerischen Medienunternehmen. Ich will, dass der bayerische Markt und seine Akteure international sichtbar sind. Das geht nur, wenn die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Ich setze mich vor allem für unsere kleinen und mittleren Unternehmen ein. Vielfalt ist wichtig.
Der Marktanteil deutscher Filme ist innerhalb des internationalen Wettbewerbs zurückgegangen. Warum?
Der Marktanteil deutscher Filme in Deutschland unterliegt Schwankungen. Im Jahr 2014 ist der Anteil deutscher Produktionen auf 26,7 Prozent gestiegen bei 32,1 Millionen Besuchern. Das ist das zweitbeste Ergebnis für die deutsche Produktion seit dem Rekordjahr 2009. Ziel muss es sein, den Marktanteil noch mehr zu steigern. Dazu müssen wir national und international erfolgreiche Kinofilme produzieren. Deshalb auch ein eigener neuer Fördertopf für internationale Co-Produktionen.
Gibt es ein neues Bewusstsein für den Bayerischen Film, den Bayerischen Heimatfilm und warum denken Sie könnte dieser ein Exportschlager werden?
In unserer Zeit ändert sich Vieles immer schneller – da werden authentische bayerische Filme, die mit dem Genre des Heimatfilms spielen, auch immer beliebter. Oft sind das Geschichten, die unmittelbar mit dem Ort und der Sprache verknüpft sind. Durch diese Einmaligkeit sind bayerische Filme auch unnachahmlich. Zum Exportschlager können sie werden, wenn sie universelle Wahrheiten aussprechen und menschliche Bedürfnisse ansprechen.
Wie steht die Medienbrache innerhalb der Bayerischen Wirtschaft da?
Die Medienbranche ist ein starkes Stück der Bayerischen Wirtschaft. Allein in der Region München macht die IuK- und Medienbranche 18,3Prozent des gesamten Umsatzes aus. Und auch abseits dieser Zahlen ist sie ein wichtiger Treiber für neue Trends im Digitalbereich. Spieleentwickler haben z. B. wiederholt Anwendungen im technischen Umfeld vorbereitet.
Welche Herausforderung stellt das Internet für den Film dar?
Der Kinofilm muss das Internet in seine Erzählweise und Produktion integrieren. YouTube z.B. ist schon heute der wichtigste Verbreitungsweg für Trailer von Kinofilmen. Der Kinofilm soll aber zugleich sein eigenes Format verteidigen. Dies kann er, wenn er gut, spannend und relevant ist. Das Internet bringt für den Kinofilm natürlich auch Gefahren mit sich, Stichwort „Internetpiraterie“. Deshalb ist der Schutz des Urheberrechts und seiner Durchsetzung die anstehende Herausforderung auf nationaler und europäischer Ebene.
Was haben wir unter Medienkompetenz zu verstehen?
Medienkompetenz heißt zunächst, die verschiedenen Mediensysteme und deren Inhalte zu kennen und zu reflektieren. Es bedeutet aber auch, die Inhalte entsprechend kritisch zu nutzen. Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Die große Zahl an Angeboten und deren vielfache Verknüpfung stellen hohe Anforderungen an die Vermittlung von Medienkompetenz.
Was ist ein Medienführerschein und was ist unter Netzneutralität zu verstehen?
Mit dem Medienführerschein vermitteln wir unseren Schülerinnen und Schülern die Grundlagen für den kritischen Umgang mit den Medien. Der Medienführerschein Bayern wird von der Staatsregierung gefördert und ist eine echte Erfolgsgeschichte. Bis jetzt wurden über 150.000 Urkunden an die Absolventen verliehen.
Netzneutralität bedeutet, dass Datenpakete im weltweiten Netz grundsätzlich gleich behandelt werden. Die Netzneutralität steht für Freiheit und Fortschritt des Internet. Sie ist deshalb ein hohes Gut. Wenn wir darüber diskutieren, ob wir beispielsweise Notfalldiensten oder sonstigen für die Allgemeinheit wichtigen Diensten im Internet Vorfahrt geben, darf die Datenautobahn für den normalen Nutzer nicht zum Standstreifen werden.
Thema Urheberrecht: Wie kann man das Urheberrecht schützen?
Ohne Zustimmung des Urhebers darf nichts gehen. Das Gesetz schreibt auch eine angemessene Vergütung vor. Verstöße sind straf- und bußgeldbewehrt. Aber das Internet und die Digitaltechnik haben vieles verändert. Das Internet soll als Vermarktungsmöglichkeit für Kreative im gesamteuropäischen Markt fruchtbar gemacht werden. Dazu werden wir die Rechtsdurchsetzbarkeit verbessern. Der illegale Datenaustausch darf nicht wirtschaftlich nachhaltigen Verwertungsmodellen den Boden entziehen. Die Nutzer brauchen ebenfalls Rechtssicherheit, insbesondere vor böswilligen Abmahnungen.
Droht dem Staat und den Medien eine Gefahr von den Netzanbietern? Bzw. haben Sie Angst vor der Monopolmacht der Netzanbieter?
Natürlich sind Netzanbieter mächtig. Sie verfügen über die Infrastruktur. Wir wollen aber gleichen Zugang zum Internet für alle Bürger. Gegen den Missbrauch von Marktmacht gibt es aber Schutzmechanismen. Vor allem braucht es einen funktionierenden Wettbewerb. Voraussetzung ist der diskriminierungsfreie Netzzugang auf der Vorleistungsebene. Die Bundesnetzagentur achtet darauf, dass die Spielregeln eingehalten werden. Mit der Wettbewerbsentwicklung im deutschen TK-Markt kann man insgesamt zufrieden sein. Das hat zuletzt auch das Sondergutachten der Monopolkommission bestätigt.
Sollten wir unabhängig von Europa an einem nationalstaatlichen Medienrecht festhalten?
Entscheidend ist, dass die relevanten Fragen auf der richtigen Ebene geregelt werden. Medien sind ein wesentlicher Bestandteil der Kultur eines Landes. Bayern ist geprägt durch eine einmalige Medienvielfalt. Daher wollen wir in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU ein Medienrecht, das regionale Besonderheiten berücksichtigt. Dennoch kann man nicht auf einen europaweiten Rechtsrahmen für bestimmte Bereiche verzichten, wie etwa Jugendschutz oder Datenschutz. Das verlangt schon die Wettbewerbsgerechtigkeit für Anbieter aus verschiedenen Ländern.
Medienvielfalt und Demokratie gehören zusammen, welche Gefahren sehen Sie hier?
Stimmt, Medienvielfalt ist ein wesentliches Grundelement unserer Demokratie. Im Zeitalter der Digitalisierung mit weltweit agierenden Medienkonzernen und mit einer Vielzahl von kostenfreien Medienangeboten im Internet hat sich das Angebot vervielfacht, nicht immer aber mit mehr Vielfalt. Eine Gratismentalität bei den Nutzern könnte dazu führen, dass hochwertige journalistische Angebote nicht mehr finanzierbar sind. Ich setze mich daher für ein vielfältiges Medienangebot ein und unterstütze – wo nötig – Angebote finanziell, die für unsere Gesellschaft wichtig sind.
Warum muss die Medienpolitik eine Regulierung der Medienmacht sein? Medienmacht versus Subsidiarität
Medienvielfalt kann bedroht sein, wenn Medienmacht in den Händen weniger Akteure liegt. Aufgabe des Staates ist es, eine Medienordnung zu schaffen, die vielen gesellschaftlich bedeutsamen Kräften eine Stimme sichert. Der Vielfalt an Meinungen in der Gesellschaft muss Rechnung getragen werden. Das bedeutet, dass Regeln für die Unternehmen verändert werden müssen, wo es die Entwicklung verlangt. Ich sehe es als meine Aufgabe, die Medienordnung zu modernisieren und an die im Zuge der Digitalisierung veränderte Realität anzupassen. Dazu gehört z. B. die Schaffung von mehr Freiräumen für deutsche Medienunternehmen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Bei allem Stress als Staatsministerin für Wirtschaft, was tun Sie zum Ausgleich in Ihrer knapp bemessenen Freizeit?
Ab und zu schaffe ich es, bei der Buchlektüre oder einem guten Film zu entspannen. Am liebsten schalte ich aber komplett ab in den Bergen beim Wandern oder Skifahren.
Fragen Stefan Groß
Die schriftliche Version des Interviews lesen Sie im Bayernkurier, Heft, Nummer 2, 2015
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