Tuatha De Danann – die geheimnisvollen Götter des alten Irland

die keltisch-irische Erdgöttin Anu / Anann – eine Göttin des Wohlstandes, der Fruchtbarkeit, des Reichtums und aller Annehmlichkeiten

Fairy Fort - ein Elfenfort. Bildquelle: Thomas Ritter

Ich bin schon oft nach Irland gereist, denn ich habe mich die Insel verliebt, in ihre nebelumhüllten, ewig grünen Hügel, und die uralten, geheimnisvollen Ruinen. Hier verläßt man rasch den sicheren Boden der modernen, anerkannten Geschichtsschreibung, und wagt sich in das magische Schattenreich der irischen Folklore. Da bin ich ihnen dann auch zuerst begegnet – den Tuatha de Danann.

Geschichten über die Danann wurden schon in ferner Vergangenheit über Generationen mündlich von Sängern und Barden weitergegeben. Später zeichneten christliche Mönche diese Überlieferungen auf, in ihrem Bestreben, die Geschichte Irlands zu erfassen. Ihre Texte sind natürlich durch den christlichen Glauben und die Doktrin der katholischen Kirche gefärbt. Ebenso sind sie geprägt vom Können oder Unvermögen der Mönche bei der Übersetzung aus dem Altirischen ins Latein und dem Wunsch, die Mäzene ihrer Arbeit zufrieden zu stellen. Was wir heute von diesen Überlieferungen kennen, ist daher ein unentwirrbares Gemisch aus Fakten und Fiktion. Die Mythen sind so phantastisch, so bizarr, daß sich die Wissenschaft verständlicherweise auf den bequemen Standpunkt zurückzieht, alle Geschichten über die Tuatha de Danann für bloße Erfindungen zu erklären, die jeglicher Realität entbehren. Ich bin kein Wissenschaftler, und muß mir daher um meine akademische Reputation keine Sorgen machen, wenn ich sage, daß es auch in Bezug auf die Tuatha de Danann keinen Rauch ohne Feuer gibt.

Tuatha de Danann (gesprochen Thoo-a day Du-non) wird allgemein übersetzt als „Stamm der Danu“. Die Historiker stimmen darin überein, daß es sich dabei um eine ihrer Göttinnen gehandelt hat, möglicherweise um die keltisch-irische Anu / Anann, denn Irland wird in der Dichtung häufig auch als „Land der Anann“ (íath nAnann) bezeichnet, was darauf schließen lässt, daß Anu eine Erdgöttin ist oder als das Land selbst angesehen und verehrt wurde. Wahrgenommen wurde Anu als eine Göttin des Wohlstandes, der Fruchtbarkeit, des Reichtums und aller Annehmlichkeiten. Doch die Tuatha de Danann kamen viel eher nach Irland als die Kelten. So kann sich der Name auch auf Ihren Anführer (oder Anführerin) sowie auf das Land bezogen haben, aus dem die Tuatha de Danann ursprünglich kamen. 

In den Überlieferungen werden als eine gottähnliche Rasse mit übernatürlichen Fähigkeiten beschrieben. Sie eroberten und beherrschten Irland vor über viertausend Jahren. Gemäß einiger antiker Dokumente, bekannt als die Annalen der Vier Meister (Annála nag Ceithre Maístrí, zusammengestellt von Franziskaner Mönchen zwischen 1632-1636 nach älteren Texten), regierten die Danann von 1.897 v. Chr. Bis 1.700 v. Chr.. Das ist eine erstaunlich kurze Periode, verglichen mit den zahllosen Geschichten, die über sie kursieren. Ursprünglich sollen die Danann aus vier mythischen Städten im hohen Norden stammen – Murias, Gorias, Falias und Finias, gelegen in Lochlann, dem heutigen Norwegen.

Diese Überlieferung sorgte dafür, daß etliche Forscher in den legendenumwobenen Tuatha de Danann Bewohner des ebenso legendären Hyperborea sahen. Das ist ein sagenhaftes, von den antiken griechischen Geographen weit im Norden lokalisiertes paradiesisches Land. Seinen Bewohnern wurde eine besonders enge Verbindung mit dem Gott Apollon und dessen Kult nachgesagt. So beschreibt Pindar (ca. 522–446 v. Chr.) die Hyperboreer als ein gesegnetes Volk, das weder Alter noch Krankheit kennt und sich mit Tanz, Gesang, Flöte und Leier ganz dem Dienst der Musen hingibt. Allerdings sei es „weder zu Schiff noch zu Fuß“ möglich, dorthin zu gelangen, nur Göttern und Helden gelinge die Reise.

Das Buch der Invasionen (Lebor Gebála Érénn, verfaßt um 1150) beschreibt dann auch in einem Gedicht, daß die Tuatha de Danann in „fliegenden Schiffen“, umgeben „von dunklen Wolken“ auf dem Luftweg nach Irland kamen. Sie landeten auf dem „Eisernen Berg“ (Sliabh an Iarainn) im heutigen Co. Leitrim, worauf „sich die Sonne verdunkelte und eine Finsternis für drei Tage auf dem Lande lastete“. So war es den damaligen Einwohnern Irlands, der Fir Bolg, auch nicht möglich, festzustellen, ob die Danann vom Himmel kamen oder von der Erde stammten.

Eine spätere Version der Geschichte läßt die geheimnisvollen Gefährte der Danann dann zu Segelschiffen werden. Die Finsternis soll von den Schwaden schwarzen Rauchs herrühren, die entstanden, als die Ankömmlinge ihre Schiffe verbrannten. Damit sollen sie ihre Absicht kundgetan haben, in Irland bleiben zu wollen. Offenbar waren die Mönche, welche das Lebor Gebála Érénn zusammenstellten, hier mit etwas konfrontiert, das weit über ihr Begriffsvermögen hinausging. So bleibt die Frage – kamen die Tuatha de Danann vom Himmel oder über das Meer?

Sie sahen auf jeden Fall vollkommen anders aus als die kleinwüchsigen, dunkelhäutigen Einwohner des damaligen Irland. Die Danann werden immer als hochgewachsen, mit rotem oder blondem Haar sowie mit blauen oder grüßen Augen und von blasser Hautfarbe beschrieben. Es ist interessant, daß Archäologen weltweit Hinweise auf die Überreste kleiner Kolonien eben solcher Menschen aus der Zeit der Ankunft der Tuatha de Danann in Irland gestoßen sind. Ausgrabungen in der chinesischen Provinz Xinjiang förderten Mumien von rothaarigen und blonden Menschen zutage, die dort vor viertausend Jahren lebten. Die außergewöhnlich gut erhaltene Mumie des ägyptischen Edlen Yuya, der etwa 1.400 v. Chr. lebte, zeigte, daß er blonde Haare und ein nordisches Aussehen hatte, ebenso wie seine Frau Thuya. Sie war übrigens Tutanchamuns Urgroßmutter.

Um die Herrschaft über Irland zu gewinnen, kämpften die Danann gegen Irlands damalige Einwohner, die Fir Bolg in der Schlacht von Moytura. Während dieses Kampfes verlor der Hochkönig der Danann, Nuada Argetlam (gesprochen Noo-tha Or-geth-lam) seinen rechten Arm. Er überlebte, mußte jedoch die Königswürde abgeben, denn nach ihren Regeln durfte ein König der Danann keinen körperlichen Makel aufweisen.

Sein Arzt Dian-Cecht jedoch ersetzte die verlorene Gliedmaße durch einen komplett beweglichen künstlichen „Arm aus Silber“. Später sorgte Dian-Cecht’s Sohn Miach, ebenfalls Arzt, dafür, daß die Haut auf dem künstlichen Arm nachwuchs. So erlangte Nuada seine körperliche Unversehrtheit und damit auch die Königswürde wieder. Auch hier haben wir es mit einer seltsamen, sehr fortgeschrittenen (möglicherweise nicht irdischen) Technologie zu tun. Ist dies die allererste Beschreibung einer funktionierenden Prothese, eines bionischen Roboterarms, der vor Jahrtausenden transplantiert wurde?

Es heißt, daß die Danann besondere Ausrüstung mit sich führten, vier Talismane von spezieller Kraft. Sie werden im Folgenden beschrieben.

Das Schwert des Lichtes

Es ist auch als Claiomh Solais (gesprochen Clee-uv Shull-ish) bekannt. Einst fertigte es der berühmte Schmied Uiscias in der nördlichen Stadt Findias. Nuada brachte es nach Irland. Kein Feind konnte dem Schwert entkommen, so es einmal gegen ihn gezogen war, heißt es in den Überlieferungen. Das Schwert leuchtete dabei wie eine „weiße Fackel“. Diese Beschreibung erinnert an die legendären „Lichtschwerter“ der beliebten „Star Wars“ Filme. Haben wir es hier also mit einer Art futuristischer Waffe zu tun?

Lugh’s Speer

Diese Waffe wurde aus feinster Eibe von Esras in der nördlichen Stadt Gorias geschaffen. Lugh nutze den Speer, um seinen Großvater Balor, den tyrannischen König der Riesen, in der zweiten Schlacht Moytura zu töten. In einigen Versionen der Geschichte benutzt er dazu allerdings eine Schleuder, was an die Geschichte von David und Goliath denken läßt. Lugh‘s Speer und der mysteriöse Lúin Celtchair sollen identisch sein. Demnach handelte es sich dabei um eine lange, außergewöhnlich scharfe Lanze, von deren Spitze „ feurige Funken, so große wie Hühnereier“ sprühten. Um den Schaft des Speers und seinen Träger vor Schaden zu schützen, mußte der Speer in einen Kessel, gefüllt mit einer geheimnisvollen Flüssigkeit, getaucht werden. In der „Destruction of Dá Derga’s Hostel“, einer mythischen Erzählung aus Ulster, heißt es, der Lúin Celtchair sei während der zweiten Schlacht von Moytura entdeckt worden, also jener Schlacht, in der Lugh Balor tötete. Dieser Speer kann also jene Waffe gewesen sein, die Lugh gegen seinen Großvater führte.

Eingang in den Hügel von Newgrange. Bild: Thomas Ritter

Dagdas Kessel

Dieses Gefäß ist auch als der „Kessel der Fülle“ bekannt (Coire Ansic in Irisch, gesprochen Kwee-ra On-sik). Es wurde einst von Semias in der nördlichen Stadt Murias hergestellt. Wir wissen nicht viel über diesen Kessel, außer daß er „die Kraft hatte, Tote zu neuem Leben zu erwecken“, und „niemand hungrig von ihm ging“. Diese Beschreibung weist Parallelen zu den mittelalterlichen Geschichten des heiligen Grals auf. Dr. Ulf Erlingsson hingegen ist der Meinung, das gewaltige Steinbassin, welches im östlichen Durchgang des zentralen Hügels von Knowth, einem Teil des Komplexes von Newgrange im Valley of Boyne gefunden wurde, sei Dagdas Kessel, und würde eine Karte von Atlantis darstellen, so wie es einst von Platon beschrieben wurde. Woher hatten die Danann dieses Wissen? Waren sie Atlanter?


Lia Fáil

Der Stein des Schicksals wird auch der Krönungsstein genannt. Morfessa aus Falias fertigte ihn, die Danann brachten ihn später mit nach Irland, wo er auf dem Hügel von Tara im heutigen Co. Meath istalliert wurde. Die Legende erzählt, daß der Stein jedes Mal vor Freude laut aufschrie, wenn der rechtmäßige König seinen Fuß auf ihn setzte. Der Widerhall dieses Schreis soll im ganzen Land zu hören gewesen sein. Später wurde der Stein in zwei Teile von Cuchullain gespalten, als er weder ihn noch sein Protégé zum Hochkönig von Irland erklären wollte. Eine Hälfte des Steins kam ins befreundete Schottland, wo dieser Stein als Stone of Scone bei der Krönung der schottischen Könige diente. Von den Engländern nach London gebraucht, diente er dem gleichen Zweck, letztmalig im Jahr 1953 bei der Krönung von Elisabeth II.. Erst 19996 wurde der Stone of Scone an Schottland zurückgegeben. Eine Legende vermeldet jedoch, daß dies nicht der echte Krönungsstein sei. Diesen hätten die Schotten einst vor dem Raub beschützt, und ihn in einem Versteck am Fluß Tay verborgen, wo er noch heute liegt. Ein Stein mit einer Stimme ist wohl etwas zu phantasievoll, um wahr zu sein. Doch möglicherweise handelt es sich hier um eine Verwechslung. Vielleicht fungierte der Stein lediglich als eine Art Bühne für den neuen König, dessen Stimme dann durch eine Art frühes Mikrofon verstärkt wurde. 

Tir na Nog, das Land der Ewigen Jugend, gilt gemeinhin als die Heimat der Danann. Es konnte auf dem Seeweg erreicht werden, westwärts über den Atlantik, oder aber durch geheime Passagen in den Hügeln der Sidhe (gesprochen Shee). An diesen Orten sind die Schleier zwischen den Dimensionen dünn, und können leicht überwunden werden. Der interessanteste Aspekt dieses magischen Reiches ist allerdings nicht die Ewige Jugend, Schönheit, Freude und Fülle, sondern das Vergehen der Zeit. Unerbittlich verrinnt sie im Reich der Sterblichen – in Tir na Nog scheint sie derweil still zu stehen. Die Geschichte von Oisin, dem Sohn Fionn Mac Cumhall’s, und seiner Freundin Niamh aus der Anderwelt, illustriert dies perfekt. Nach vielen Jahren im magischen Reich der Anderwelt wünschte Oisin, in seine Heimat zurückzukehren, doch nur, um festzustellen, daß dort inzwischen mehr als 300 Jahre vergangen waren. Als er von seinem Pferd stieg, und sein Fuß irische Erde berührte, griff die Zeit unerbittlich nach ihm, und er starb da als alter Mann.

Die Idee eines paradiesischen Landes, wo niemand altert, findet sich auch in östlichen Ländern.

In Indien und China werden diese Reiche als Shambhala oder Agartha bezeichnet.

Waren die Danann also Unsterbliche? Sicher nicht im Sinne eines unbegrenzten Lebens. Sie konnten in der Schlacht getötet werden, oder an Krankheiten sterben. Doch im Vergleich zu den Einwohnern des alten Irland lebten sie außergewöhnlich lange. Doch gilt dies nicht auch für uns? Würden wir nicht auch alterslos und unsterblich wirken, verglichen mit den Kampfgefährten einer Jeanne d‘Arc oder eines Thomas Müntzer?

Zum Ende ihrer Herrschaft über Irland wurden die Danann in zwei Schlachten durch die Milesier besiegt. Bei ihnen soll es sich um die ersten gälischen Siedler in Irland gehandelt haben, davon gehen zumindest die Historiker aus. Zwischen den neuen Eroberern Irlands und den Tuatha de Danann wurde vereinbart, daß jede Partei die Hälfte Irlands beherrschen sollte. Amergin, König der Milesier, entschied sich für die Hälfte Irlands über der Erdoberfläche, so daß den Danann nur der Rückzug in den Untergrund blieb. Dorthin fanden sie durch die Hügel der Sidhe (gesprochen Shee), geleitet von Manannán, dem Gott des Meeres, der sie vor den Augen der Sterblichen beschirmte, indem er verzauberte Nebel erstehen ließ, bekannt als Faeth Fiadha (gesprochen Feh Fee-oh-a) oder „Mantel des Vergessens“. Im Lauf der Zeit wurden die Tuatha de Danann dann zu dem, was heute das Feenvolk Irlands genannt wird.

Was bleibt von der Magie der Danann?

Ein Flugzeug, das seine Gäste an Bord über tausende Kilometer befördert, ein Lichtschalter, der TV Bildschirm, ein Keyless Card System im Auto oder ein Smartphone – jede nur weit genug entwickelte Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden. Das wußte schon Arthur C. Clarke.

In der Überlieferung wird aus dem Flieger ein Segelschiff am Himmel, umhüllt von dunklen Wolken, aus dem Fernsehgerät wird eine Vision, das Smartphone verwandelt sich in einen sprechenden Stein, der als Orakel die Meinung ferner Götter kundtut

Jene, die diese Dinge kontrollieren, müssen Götter sein – sie schauen aus wie Götter mit ihrem hohen Wuchs, ihrem goldenen Haar, ihren blauen Augen und ihren unglaublichen Waffen. Sie sind alterslos, unsterblich, weise, wunderbar und furchterregend.

Diese „Magie“ der Danann ist nichts anderes als eine von den Einheimischen unverstandene Technologie. Mensch gemacht oder außerirdisch, darüber darf gestritten werden. Vielleicht waren die Danann Überlebende aus Atlantis, die nach einer neuen Heimat suchten, und dabei ihr Wissen und ihre Technik mit sich führten.

Doch möglicherweise kamen sie von weiter her – ich schließe nicht aus, daß wir nicht allein im Universum sind. Ob Aliens oder Besucher aus einer anderen Dimension – dies kann ebenso wenig ausgeschlossen werden. Doch vielleicht war es auch einfach Magie – im besten Sinne des Wortes.

Jeder Wissenschaftler wird mir erklären, daß es keinerlei handfeste Beweise für die Existenz der Tuatha de Danann gibt. Doch es gibt Geschichten über sie – jede Menge sogar. Die Phantasie der Menschen kann nur das ersinnen, was einst existierte.

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Die Mounds von Knowth. Bild: Thomas Ritter
Über Thomas Ritter 110 Artikel
Thomas Ritter, 1968 in Freital geboren, ist Autor und freier Mitarbeiter verschiedener grenzwissenschaftlicher und historischer Magazine. Thomas Ritter hat zahlreiche Bücher und Anthologien veröffentlicht. Außerdem veranstaltet er seit mehr als zwanzig Jahren Reisen auf den Spuren unserer Vorfahren zu rätselhaften Orten sowie zu den Mysterien unserer Zeit. Mit seiner Firma „Thomas Ritter Reiseservice“ hat er sich auf Kleingruppenreisen in Asien, dem Orient, Europa und Mittelamerika spezialisiert. Mehr Informationen auf: https://www.thomas-ritter-reisen.de Nach einer Ausbildung zum Stahlwerker im Edelstahlwerk Freital, der Erlangung der Hochschulreife und abgeleistetem Wehrdienst, studierte er Rechtswissenschaften und Geschichte an der TU Dresden von 1991 bis 1998. Seit 1990 unternimmt Thomas Ritter Studienreisen auf den Spuren früher Kulturen durch Europa und Asien.