Tod in Venedig – der plötzliche Herztod von Richard Wagner

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Richard Wagner ist am Nachmittag des 13. Februar 1883 in Venedig gestorben. Es war ein plötzlicher Herztod, vermutlich durch einen Herzinfarkt. Richard Wagner hatte über längere Zeit verschiedene Körpersymptome, vor allem Verdauungsprobleme. Über die Krankheiten von Richard Wagner ist wenig bekannt. Seine Leiche ist nicht obduziert worden, so dass die Todesursache nicht vollkommen geklärt ist.

Seit November 1881 in Italien

Im Herbst 1881 entschied sich Richard Wagner, mit seiner Familie von Bayreuth nach Italien umzuziehen. Dies vor allem wegen des günstigeren Klimas und wegen diffuser Gesundheitsprobleme. Zuerst war er in Sizilien, zuletzt in Venedig. Zwischendurch erfolgte eine Reise nach Bayreuth, wo am 26. Juli 1882 seine Oper „Parsifal“ uraufgeführt wurde.

Ehestreit und Eifersuchtsszene am Morgen des Todestages am 13. Februar 1883

Zwei Personen, die sich am Todestag in der Villa Richard Wagners in Venedig aufhielten, bezeugten einen heftigen Streit zwischen Cosima und Richard Wagner: ihre Kinder Isolde und Siegfried. Durch die Liebesaffäre mit der attraktiven Pariserin Judith Gautier, die sich immerhin über fast zehn Jahre mit einem leidenschaftlichen Briefwechsel und persönlichen Begegnungen hinzog, war Cosima Wagner sehr sensibilisiert. Nun war seit 1882 eine weitere Rivalin aufgetaucht, die Sängerin Carrie Pringle. Sie war bereits bei der „Parsifal“-Uraufführung als Blumenmädchen auf der Bühne. Wagners Faszination für diese Sängerin war bereits in Bayreuth Cosima nicht verborgen geblieben und Anlass für erhebliche Dissonanzen. Nun sollte Carrie Pringle auf Wagners Wunsch hin nach Venedig zum Vorsingen kommen. Dies hat zu dem heftigen Streit zwischen Cosima und Richard Wagner geführt. Ihr gemeinsamer Sohn Siegfried Wagner hat in seinen Erinnerungen eine Szene wie folgt beschrieben:

„Nie vergessen werde ich, wie meine Mutter zur Tür hinausstürzte. Eine Gewalt leidenschaftlichen Schmerzes drückte sich darin aus; dabei stieß sie sich so stark an einem halbgeöffneten Türflügel, dass dieser fast zerbrach.“ (Siegfried Wagner, zit. n. Monika Beer 2013).

Siegfrieds Schwester Isolde und die mit der Wagnerfamilie befreundete Schriftstellerin Henriette Perl haben die Streitszene ebenfalls beschrieben.

„Ekstatische Zuckungen – Liebe – Tragik“ – die letzten geschriebenen Worte Richard Wagners.

In den Tagen vor seinem Tod und auch am Todestag arbeitete Richard Wagner an einem Manuskript mit dem Titel „Über das Weibliche im Menschlichen“. Durch seinen plötzlichen Herztod blieb diese Schrift unvollendet, die jedoch durchaus ein zentrales Lebensthema von Richard Wagner aufgriff. Der letzte Satz in diesem Manuskript lautete: „Gleichwohl geht der Prozess der Emanzipation des Weibes nur unter ekstatischen Zuckungen vor sich. Liebe – Tragik.“

Der Arzt: „Psychische Aufregungen“ hätten den Tod beschleunigt.

Als der zu Hilfe gerufene Arzt Dr. Friedrich Keppler in der Wagnerschen Villa eintraf, war Richard Wagner bereits tot. Durch seine körperliche Untersuchung stellte der Arzt den Tod fest.

Er teilte dann die Todesnachricht den Kindern Richard Wagners mit, die vor der Tür bange ausharrten. Der Arzt hat die Vermutung ausgesprochen, „psychische Aufregung“ hätten den Tod beschleunigt (zit. n. Reininghaus 2008).

Starb Wagner an einem „gebrochenen Herzen“?

Wenn die Vermutungen des Dr. Kessler zutreffen, so kann im Kontext der vorher stattgefundenen Eifersuchtsszene und des Streites gefragt werden, ob Richard Wagner an einem „gebrochenen Herzen“ gestorben ist. In der neueren kardiologischen Fachliteratur wird zunehmend häufig das „Broken-heart-Syndrom“ diskutiert. Damit wird ein akuter Herzanfall im Zusammenhang mit akutem Stress und psychischen Belastungen bezeichnet, der in bestimmten Fällen zum plötzlichen Herztod führen kann. Da bei Richard Wagner keine Obduktion vorgenommen wurde, muss diese Frage offenbleiben. Nach Dietmar Seifert hatte Wagner eine koronare Herzerkrankung (Seifert 2013).

Verklärung des „Hofschriftstellers“ Carl Friedrich Glasenapp in seiner sechs Bände umfassenden Biographie

In den Jahren 1894 bis 1911 schrieb Carl Friedrich Glasenapp die umfassendste Wagner-Biographie, die heutzutage vorliegt. Sie umfasst sechs Bände und ist eine Auftragsarbeit der „hohen Frau“ von Bayreuth, Cosima Wagner. Die sechs Bände sind während ihrer zweiten Lebenshälfte geschrieben worden und zahlreiche Wagner-Forscher vermuten, dass Cosima Wagner heftig „mitgeschrieben“ hat, um so zu gewährleisten, dass die Legendenbildung und der Wagner-Mythos genau in ihrem Sinne gestaltet wurden. Wagner-Biographen wie Ulrich Drüner (2016) vertreten diese These. Mehrere Biographen haben sich inhaltlich stark an der Biographie von Glasenapp orientiert, so dass der Wunsch von Cosima Wagner nach einem Wagner-Mythos in ihrem Sinne durchaus in Erfüllung gegangen ist. Die Sterbeszene hat Carl Friedrich Glasenapp wie folgt beschrieben:

„Nach Aufzeichnungen von Daniela von Bülow, der damals 22-jährigen ältesten Tochter Cosimas, küsste Cosima ihren sterbenden Mann – sie hat seinen letzten Athem-Hauch küssend aufgenommen. Danach schloss er ermattet die Augen; sein letzter Blick, der nur Milde, Güte, Frieden war, wurde von ihr, deren Blicke den seinen begegneten, aufgenommen. Georg wollte wahrgenommen haben, dass er zweimal mit den Schultern aufgezuckt habe, was die edle hohe Frau an seiner Seite, die nur besorgt war, dass lautlose Ruhe seinen Schlummer begleitete, nicht bemerken konnte. Noch hütete sie diesen sanften Schlummer, aber er war bereits in ahnungslosem Frieden für ewig entschlafen.“ (Carl Friedrich Glasenapp, zit. n. Monika Beer vom 13.2.1013).

Unspektakuläre Beerdigung in Bayreuth

Der Sarg Richard Wagners wurde kurz nach seinem Tod mit der Eisenbahn nach Bayreuth gebracht. Zwei Sonderwagen für Richard Wagner und seine Angehörigen wurden an den Zug angehängt. Seinem Wunsch entsprechend wurde er in Sichtweite seines ehemaligen Wohnhauses, der Villa Wahnfried, in Bayreuth beigesetzt. Im Vergleich zur Beerdigung von Ludwig van Beethoven war jene von Richard Wagner unspektakulär und im engsten Familienkreis. Die Witwe Cosima sei völlig verstört gewesen, habe alle Feierlichkeiten verboten und wünschte eine einfache Beisetzung. Weniger als 100 geladene Trauergäste wurden zur Villa Wahnfried eingelassen, um der kurzen Einsegnung und Grabsenkung beizuwohnen.

Johannes Vesper (2013) beschrieb das letzte Geleit von Venedig nach Bayreuth wie folgt:

„Im gläsernen Prunksarg, außen umschlossen von einer Bronzehülle, wurde die Leiche auf einer Totengondel mit Gondelkorso von San Marco zum Bahnhof begleitet. Der schwarz ausgeschlagene Salonwagen für Sarg und Familie wurde an den Schnellzug Venedig-München angehängt und in München empfingen tausende von Wagnerianern im Fackelschein den Zug auf dem Bahnhof. Bei der Ausfahrt des Sonderzuges aus dem Münchener Hauptbahnhof spielte das Orchester Siegfrieds Trauermarsch aus der Götterdämmerung. In Bayreuth – überall schwarze Fahnen und Glockengeläut aller Kirchen – wurde der Sarg zur Kirche und dann zum Grab im Garten der Villa Wahnfried geleitet. Eine große Marmorplatte ohne Beschriftung deckt das Grab.“ (Vesper 2013)

Sein Komponisten-Kollege Guiseppe Verdi schrieb zu Wagners Tod:

„Traurig, traurig, Wagner ist tot. Es entschwindet eine große Persönlichkeit! Ein Name, der in der Geschichte der Kunst eine großmächtige Spur hinterläßt.“

Literatur:

Beer, Monika (2013) Wagners Tod in Venedig (Teil I – IV). In Franken vom 13.2.2013 bis 16.2.2013

Drüner, Ulrich (2016) „Richard Wagner – Die Inszenierung eines Lebens“. Blessing Verlag

Perl, Henriette (1883) Wagner in Venedig. In: E.M. Engel (Hrsg.), Publikation in Venezian.

Reininghaus, Frieder (2008) Tod in Venedig. Vor 125 Jahren starb der Komponist Richard Wagner. Deutschlandfunk vom 13.2.2008

Seifert, Dietmar (2013) Richard Wagners koronare Herzkrankheit. Ärzteblatt Sachsen 6/2013, S. 259-261

Vesper, Johannes (2013) Richard Wagner über die Hintertreppe (1). Zu seinem 200. Geburtstag. Musenblätter vom 15.7.2013

Korrespondenzadresse:

Professor Dr. med. H. Csef    

Schwerpunktleiter Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

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Prof. Dr. Herbert Csef, geb. 1951, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytiker. Studium der Psychologie und Humanmedizin an der Universität Würzburg, 1987 Habilitation. Seit 1988 Professor für Psychosomatik an der Universität Würzburg und Leiter des Schwerpunktes Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums. Seit 2009 zusätzlich Leiter der Interdisziplinären Psychosomatischen Tagesklinik des Universitätsklinikums. Seit 2013 Vorstandsmitglied der Dr.-Gerhardt-Nissen-Stiftung und Vorsitzender im Kuratorium für den Forschungspreis „Psychotherapie in der Medizin“. Viele Texte zur Literatur.