TerrassenTalk Jedermann

Tobias Moretti und Valery Tscheplanowa. Foto: Pressebüro der Salzburger Festspiele/Anne Zeuner
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Die Neubesetzungen im Jedermann-Ensemble zusammen mit Regisseur Michael Sturminger und Schauspiel-Leiterin Bettina Hering. Fotos: SF/Anne Zeuner

(SF, 4. Juli 2019) Wie sie sich in ein Liebespaar verwandeln – schnell und langsam gleichzeitig, wie sich die Chemie zwischen Buhlschaft und Jedermann, zwischen Valery Tscheplanowa und Tobias Moretti entwickele, das sei so faszinierend zu beobachten, sagt Regisseur Michael Sturminger am vierten Probentag mit seinem neuen Ensemble des Jedermann. „Diese Rolle bietet man mir niemals an“, hatte Valery Tscheplanowa noch vor Kurzem gedacht, nachdem sie sich so viele Jahre nur mit schwerer Literatur auseinandergesetzt hatte. Nun aber fühle sie sich befreit und empfinde es als etwas Kostbares, sich in dieser Rolle einzig und allein dem Buhlen um den Jedermann widmen zu dürfen. In Vorbereitung auf diese „größte kleine Rolle“ mit 30 Sätzen habe sie sich intensiv mit der Rezeption des Stückes beschäftigt. „99 Jahre Aufführungsgeschichte! Das ist einfach etwas Einzigartiges! Besonders haben mich die Anfänge beeindruckt und die Sprechkunst der Schauspieler, die auf dem Domplatz völlig ohne Verstärkung aufgetreten sind“, sagt die Schauspielerin. Die Abdrücke, die die Schauspieler hinterlassen haben, seien faszinierend. In den vergangenen Wochen sei sie oft auf die alte Sprache und auf das Thema Emanzipation angesprochen worden. „Der Text ist alt und ich lasse ihn dort, wo er ist“, sagt sie. Und durch die Knappheit der Sprache könne man sogar oft noch besser durch Gesten und Bekenntnisse etwas auf der Bühne darstellen. „Die Szenen der Buhlschaft sind privat, ich empfinde sie daher nicht als emanzipatorisch, das ist etwas Gesellschaftliches, und das wird hier nicht verhandelt“, sagt Valery Tscheplanowa.

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Tobias Moretti und Valery Tscheplanowa.

Wenn er sich etwas wünschen dürfte – dann doch bitte eine Premiere ohne Regen, sagt Tobias Moretti, der seine neue Buhlschaft präsentierte. „Ich freue mich auf Valery! Sie ist eine aufregende Schauspielerin mit großem Risiko.“ Es ist das dritte Jahr, in dem Tobias Moretti die Rolle des Jedermann übernimmt. Durch die acht Umbesetzungen im Ensemble ergebe sich eine völlig neue Situation, meint er, dadurch vermeide man eine Routine, die sich nun einschleichen könne. Gleichzeitig vermisse er aber auch die Schauspieler des vergangenen Jahres, deren Zusammenarbeit er sehr lobt. Wer anfange, sich mit dem Jedermann auseinanderzusetzen, der merke schnell, wie viel Möglichkeiten darin stecken, das Stück von immer neuen Seiten zu beleuchten. „Natürlich hat man das Gefühl im ersten Jahr bereits alles ergründet und alles ausgereizt zu haben“, sagt er. Doch im zweiten Jahr habe er gemerkt, dass alles konkreter werde und sich konsequent weiter entwickeln ließe. Regisseur Michael Sturminger pflichtet ihm bei. „Es ist Teil des Stückes, dass sich die Besetzung weiterdreht“, sagt er.

Ob er im dritten Jahr Angst vor Wiederholung habe, fragt Schauspiel-Leiterin Bettina Hering, die den TerrassenTalk moderiert. – Er habe generell Angst vor Wiederholung, antwortet der Regisseur. „Es ist so wichtig für das Theater, den Anspruch zu haben, Dinge immer neu zu denken, neu zu hinterfragen und neu zu ergründen.“ Die Erwartungen an das Stück seien enorm: Der Ort habe Wünsche, die Tradition habe Wünsche, die Stadt habe Wünsche und vor allem die 30.000 Zuschauer in jedem Jahr haben Wünsche an das Traditionsstück. „Mich selbst interessiert ein Theaterabend dann am meisten, wenn er mich überrascht; wenn neue Wahrhaftigkeiten gefunden werden können und Augenblicke, die uns berühren“, sagt Michael Sturminger.

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Die Neubesetzungen im Jedermann-Ensemble. Hinten: Helmut Mooshammer, Björn Meyer, Falk Rockstroh, Markus Kofler, Michael Masula, Michael Sturminger; Vorne: Gregor Bloéb, Tobias Moretti, Valery Tscheplanowa und Tino Hillebrand (v.l.).

Dass der beste Freund gleichzeitig der Teufel und der Bruder sein kann, sei doch eine spannende Entdeckung, sagt Tobias Moretti. Sein Bruder Gregor Bloéb verkörpert die Rollen von Jedermanns gutem Gesell und vom Teufel. Als großes Geschenk habe Michael Sturminger diese Begebenheit empfunden: „Wie respektvoll und vorsichtig die beiden aufeinander zugehen, ist spannend“, sagt der Regisseur. Plötzlich aber merke man die Verbundenheit der Brüder auch im Spiel. Und eben diese Verbundenheit spüre auch er selbst, sagt Gregor Bloéb. Zumindest wenn er den Gesellen spiele. Den Teufel habe er noch nicht geprobt. Ob sie schon einmal zusammen auf der Bühne standen, fragt der Regisseur. „Ja“, lächelt Gregor Bloéb. „Mit 16 Jahren das letzte Mal.“

Auf die vielbeschriebene Magie des Domplatzes freut sich Falk Rockstroh am meisten. Er verkörpert den Glaube und er habe großen Respekt vor dieser Aufgabe, sagt er. Die beiden Vettern seien in diesem Jahr deutlich verjüngt und fast schon Neffen, sagt Schauspiel-Leiterin Bettina Hering. Björn Meyer spielt den Dicken Vetter, Tino Hillebrand den Dünnen Vetter. „Es ist ein großes Glück, Teil dieses Ensembles zu sein“, sagt Helmut Mooshammer, der den armen Nachbar verkörpert. Dem pflichtet auch Markus Kofler bei, der auf dem Domplatz als Koch zu erleben sein wird. Er war im Jahr 2000 Teil der Tischgesellschaft und sei seitdem fasziniert vom Jedermann. Michael Masula, der die Rolle des Schuldknecht übernimmt, war 2002 schon einmal bei den Festspielen, damals mit einem Stück auf der Perner-Insel. Und er denke mit Freude an diese Zeit zurück: „Diese Zeit gehört sicher zu den schönsten zusammenhängenden acht Wochen meines Lebens“, sagt der Schauspieler.

Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929)

Jedermann

Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes (1911)

Wiederaufnahme

Michael Sturminger Regie

Renate Martin, Andreas Donhauser Bühne und Kostüme

Wolfgang Mitterer Komposition

Jaime Wolfson Musikalische Leitung

Stefan Ebelsberger, Hubert Schwaiger Licht

Jakob Barth Videodesign

Andreas Heise Choreografie

Angela Obst Dramaturgie

Peter Lohmeyer Stimme des Herrn / Tod / Der Spielansager

Tobias Moretti Jedermann

Edith Clever Jedermanns Mutter

Gregor Bloéb Jedermanns guter Gesell / Teufel

Markus Kofler Der Koch

Helmut Mooshammer Ein armer Nachbar

Michael Masula Ein Schuldknecht

Martina Stilp Des Schuldknechts Weib

Valery Tscheplanowa Buhlschaft

Björn Meyer Dicker Vetter

Tino Hillebrand Dünner Vetter

Christoph Franken Mammon

Mavie Hörbiger Werke

Falk Rockstroh Glaube

Ensemble 013

Premiere: 20. Juli 2019

weitere Vorstellungen: 21., 25., 28. Juli, 3., 9., 11., 13., 14., 17., 21., 23., 26., 28. August 2019

Domplatz, bei Schlechtwetter im Großen Festspielhaus

Die Darstellerinnen der Buhlschaft seit 1920

Johanna Terwin                     1920, 1921

Dagny Servaes                      1926-1937

Grete Zimmer                        1946

Elfe Gerhart                            1947

Maria Becker                         1948, 1949

Judith Holzmeister                 1950, 1951

Lola Müthel                            1952

Heidemarie Hatheyer             1953-1955

Martha Wallner                       1956-1959

Sigrid Marquardt                    1960

Ellen Schwiers                       1961, 1962

Maria Emo                             1963

Anna Smolik                           1964

Eva Kerbler                            1965, 1966

Nadja Tiller                             1967, 1968

Christiane Hörbiger                1969-1972, 1974 (28.7., 4., 11., 15., 18.8.) eingesprungen für die erkrankte Senta Berger

Nicole Heesters                      1973

Senta Berger                          1974-1978, 1980-1982

Christine Buchegger              1979

Marthe Keller                          1983-1986

Elisabeth Trissenaar              1987-1989

Sunnyi Melles                         1990-1993

Maddalena Crippa                  1994-1997

Sophie Rois                            1998

Dörte Lyssewski                     1999-2001

Veronica Ferres                     2002-2004

Nina Hoss                               2005, 2006

Marie Bäumer                        2007

Sophie von Kessel                 2008, 2009

Birgit Minichmayr                   2010-2012

Brigitte Hobmeier                   2013-2015

Miriam Fussenegger              2016

Stefanie Reinsperger             2017, 2018

Die Darsteller des Jedermann seit 1920

Alexander Moissi                    1920, 1921, 1926-1931

Paul Hartmann                       1932-1934

Raul Lange                             1932 (28.8.)

Attila Hörbiger                        1935-1937, 1947-1951

Ewald Balser                          1946

Will Quadflieg                         1952-1959

Walther Reyer                        1960-1968

Ernst Schröder                       1969-1972

Curd Jürgens                         1973-1977

Maximilian Schell                   1978-1982

Klaus Maria Brandauer          1983-1989

Helmuth Lohner                     1990-1994

Gert Voss                               1995-1998

Ulrich Tukur                           1999-2001

Peter Simonischek                 2002-2009

Nicholas Ofczarek                 2010-2012

Cornelius Obonya                  2013-2016

Tobias Moretti                        seit 2017

Philipp Hochmair                   2018 (9., 11., 12., 14., 16.8.) eingesprungen für den erkrankten Tobias Moretti)