Frau Maischberger, in Ihrer Sendung sind Sie die Fragestellerin. Heute möchten wir die Rollen tauschen und fragen: Welchen Stellenwert haben Demokratie und demokratische Werte für Sie ganz persönlich?
Wie die Luft zum Atmen: überlebenswichtig. Man nimmt sie aber meist als selbstverständlich hin und merkt erst, was fehlt, wenn sie abhanden kommt.
Der Multilateralismus hat uns reicher und sicherer gemacht. Doch Populisten werben offen dafür, nationale Interessen wieder in den Vordergrund stellen zu wollen. Was, wenn sich der Egoismus durchsetzt?
Egoismus ist auf keiner Ebene ein erstrebenswerter Charakterzug. Nicht in Familie, Beziehung, Nachbarschaft, Land. Er darf sich nirgends durchsetzen. Deshalb keine Antwort auf die „Was-wäre-wenn“-Frage.
Politische Talksendungen leben von Kontroversen – sie können Informationen liefern aber auch Lügen verbreiten. Sind Formate wie „Maischberger“ gut oder schlecht für die Demokratie in Deutschland?
Kontroversen sind immer gut für die Demokratie. Gerade heute: Talkshows sind in einer Welt voller Filterblasen einer der wenigen Orte, an denen man mit der Meinung Andersdenkender konfrontiert wird. Eine ausgewogene Besetzung in der Sendung sorgt ja dafür, dass stets sofort widersprochen werden kann – spätestens stellen wir Falschaussagen am nächsten Tag im Faktencheck richtig.
Alle großen politischen Talksendungen haben im letzten Jahr Zuschauer verloren. Spüren Sie eine Verlagerung der politischen Debatte in die sozialen Medien oder einfach nur eine gewisse Talkshow-Müdigkeit?
Wir beobachten über die Jahre eine Wellenbewegung: Stehen wichtige politische Entscheidungen oder Ereignisse im Fokus der Öffentlichkeit, haben auch Talkshows überdurchschnittlich viele Zuschauer. Bewegt sich wenig oder bleibt die politische Kontroverse in einer großen Koalition stecken, sinkt auch das Interesse an der medialen Auseinandersetzung. Außerdem verlagert sich ein Teil der Zuschauerschaft auf die Mediathek. Und ein Teil der Debatte tatsächlich ins Netz.
Egal ob Sandra Maischberger, Anne Will oder Maybrit Illner: Frauen dominieren die „Polit-Talk“-Landschaft der öffentlich-rechtlichen Sender. Sind Frauen die besseren Moderatoren und wenn ja, warum?
Frauen waren in den frühen Fernsehjahren im politischen Fach unterrepräsentiert. Im Moment sind zufälligerweise die Männer unterrepräsentiert. Einen Rückschluss auf die Qualität einer Moderation sollte man in keinem der beiden Fälle ziehen – Frauen waren als Moderatorinnen früher nicht schlechter und sind heute nicht besser als die männlichen Kollegen.
Voraussetzung für Demokratie ist ein demokratischer Diskurs. Dieser wird zunehmend in den sozialen Medien geführt und durch Algorithmen beeinflusst. Wie frei sind wir noch in unserer Meinungsbildung?
Ich lese selbst viel Zeitung und bin für alles, was Qualitätsjournalismus im Netz unterstützt. Qualität meint hier: objektiv berichten, immer die Sichtweise der anderen Seite aufzeigen, nicht nur berichten, was interessiert, sondern auch das, was interessieren sollte. Einer redaktionell kuratierten Auswahl an Nachrichten traue ich mehr, als jeder Timeline im Netz.
Frau Maischberger, seit 16 Jahren ist Ihre Sendung ein fester Bestandteil des Mittwochabends im Ersten. Welcher war Ihr lustigster und welcher Ihr skurrilster Moment in all den Jahren „Maischberger“?
Lustig: als einer meiner Gäste mitten in der Sendung einschlief. Das Thema lautete: „Das Methusalem-Gen“. Eingeladen waren ausschließlich Menschen, die älter waren als 100 Jahre.
Skurril: wenn ein Gast die Sendung verlässt, nachdem und obwohl er die Einladung zum Disput ja ausdrücklich angenommen hatte.
Vielen Dank für das Interview Frau Maischberger!