Susanne Müller-Wolff, Ein Landschaftsgarten im Ilmtal,Die Geschichte des herzoglichen Parks in Weimar,Böhlau Verlag, Weimar, Wien 2007, 384 Seiten, Preis 49,90 Euro,ISBN: 978-3-412-20057-2.

Daß Gärten, insbesondere englische Landschaftsgärten, nicht aus der Mode gekommen sind, wie Goethe einst noch kritisch in einem Gespräch mit Carl August Varnhagen von Ense bemerkte, zeigt nun eine Ausstellung in Wien, die sich unter dem Titel: Oasen der Stille, Die großen Landschaftsgärten in Mitteleuropa mit dieser Thematik auseinandersetzt, die vom 6. Juni bis 18. November 2008 im Liechtenstein Museum in der Wiener Rossau zu sehen ist.

Nicht nur in Österreich wurde Gartengeschichte geschrieben, sondern gerade auch im Thüringer Raum sind Gartenanlagen zu finden, die als kleine Juwele der Gartenkunst betrachtet werden können, wie eine neue Publikation, die 2007 im Böhlau-Verlag erschien, nunmehr unterstreicht.

Zentrales Thema der Dissertationsschrift von Susanne Müller-Wolff ist der Landschaftsgarten in Weimar – der Park an der Ilm, den sie aus dem Blickwinkel der Kunsthistorikerin analysiert. Um es bereits hier zu sagen: Es ist ein gut recherchiertes und sehr gut ausgestattetes Buch, das aufwendig und mit einer Vielzahl von Bildern gestaltet wurde, was auch dem Umstand zu verdanken ist, daß es großzügig von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen und Thüringen finanziert worden ist.

Müller-Wolff zeichnet nicht nur die Geschichte des herzoglichen Parks an der Ilm nach, gibt Einblicke in seine Entstehungsgeschichte, sondern nimmt auch Stellung zum ästhetischen Diskurs. Kunstgeschichtliche Detailanalysen und Einblicke in die Ästhetikdiskussion des ausgehenden 18. Jahrhunderts verschmelzen im Buch miteinander, das, was nicht zu übersehen ist, seine Vorbilder in den hervorragenden Büchern von Adrian von Buttlar Der englische Landsitz 1715-1760, Symbol eines liberalen Weltentwurfs, (Mäander-Verlag, Mittenwald 1982) und Michael Gamper Die Natur ist republikanisch, Zu den ästhetischen, anthropologischen und politischen Konzepten der deutschen Gartenliteratur im 18. Jahrhundert (Königshausen & Neumann, Würzburg 1998) hat.

Der Garten an der Ilm wäre ohne Goethes wirkmächtigen Einfluß undenkbar gewesen, ein Umstand, dem auch Müller-Wolff immer wieder Rechnung trägt, wenn sie sowohl Goethes jugendliche Spielerei für die Gartenkunst als auch seine veränderte Welt- und Kunstsicht nach der Italienreise beleuchtet, wobei sie Goethes Gehaltsästhetik der sensualistischen Wirkungsästhetik Hirschfelds gegenüberstellt.

Selbst wenn über den Dichter und den Weimarer Gelehrten eine Vielzahl von wissenschaftlichen Arbeiten vorliegen, ist die spannungsreiche Auseinandersetzung Goethes mit der Gartenkunst mit Ausnahme der Schriften von Werner Busch, Ernst Osterkamp, Michael Niedermeier, Erwin Redslob und Ulrich Müller weitestgehend unterbelichtet. Goethes Verhältnis zur Gartenkunst wird nach wie vor, und daran war er selbst nicht unbeteiligt, als Episode in seinem Leben begriffen.

Um so mehr erfreut es, daß Müller-Wolff in ihrem Buch Ein Landschaftsgarten, Die Geschichte des herzoglichen Parks in Weimar Goethes Weimarer Zeit und die Genese des Parks, der wie sie ausdrücklich betont, eine Schöpfung von Carl August ist, nachzeichnet. Dabei wird ebenso das freundschaftliche Verhältnis des Frankfurter Bürgersohn und promovierten Juristen zum jüngeren Herzog bedacht, das als Beginn einer ästhetischen Erziehung gedeutet wird, als auch sein eigenes Natur- und Kunstverständnis ausgeleuchtet. So sehr Müller-Wolff dabei Goethes Schriften Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil, seinen Triumph der Empfindsamkeit, das gemeinsam mit Schiller und Meyer verfaßte Werk Über den Dilettantismus, die Briefe analysiert, bleibt die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Schriften zu historisch, wird letztendlich nur das wiederholt, was aus der Goetheforschung hinlänglich bekannt ist. Auch Müller-Wolffs weiträumige Auseinandersetzung mit der Gartenästhetik in der Nachfolge von Christian Cay Lorenz Hirschfeld findet sich in aller tiefgreifenden Ausführlichkeit bereits bei Michael Gamper, der auch dann immer wieder die Schriften des der Kantischen Philosophie verpflichteten Gartentheoretikers Johann Christian August Grohmann in den Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Studie rückte.

Als profunde Kennerin und fundierte Kunstwissenschaftlerin entpuppt sich Müller-Wolff, die davon ausgeht, daß sich Goethes verändernde ästhetische Natursicht anhand seiner Stellung zur Gartenkunst nachweisen läßt, dort, wo sie die Veränderung der barocken Anlagen in einen nach englischem Vorbild geschaffenen Landschaftspark nachzeichnet, wo sie die einzelnen Staffagen beschreibt, den Tiefurter Park, den Musenhof der Herzogin Anna Amalia, in den Blick rückt, die Einflüsse der bedeutenden Landschaftsszenarien von Gotha und Wörlitz auf die Gestaltungsmaßnahmen in Weimar untersucht. Auch daß sich die Gestaltungsmaßnahmen im Ilm-Park eigentlich einer Katastrophe verdanken, der verheerende Schloßbrand im Jahr 1774 nötigte nicht nur den jungen Herzog, Ausweichquartiere zu suchen, in die er sich, wie in das Borkenhäuschen und später in das Römische Haus, zurückziehen konnte, wird als auslösendes Ereignis der Arbeit vorangestellt. Damit einher geht, wie Müller-Wolff betont, ein Strukturwandel der höfischen Geselligkeit, die wie bereits Goethe bemerkte, die Lust am Landleben genoß.

Kurzum: Für alle Freunde der Weimarer Klassik und für die enthusiastischen Gartenbesucher, die einen gründlich tiefergreifenden Einblick in die Geschichte des Ilm-Parks gewinnen wollen, sei dieses Buch empfohlen.

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2155 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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