Susanne Klein: Kein Mensch braucht Führung. Mehr Erfolg durch Selbstverantwortung, Gabal, Offenbach 2019, ISBN: 978-3-86936-903-7, 29, 90 EURO (D)
Die digitale Transformation ist für jedes Unternehmen unerlässlich und sorgt für neue Herausforderungen auch im Management. In den Führungsetagen sind Umdenken und neue Fähigkeiten gefragt, traditionelle Strategien der autoritären und hierarchischen Führung von Mitarbeitern gehört der Vergangenheit an. Neben der Arbeitsgestaltung werden zunehmend auch Führungs- und Strukturprinzipien von Organisationen überdacht. Ohne agile Denk- und Verhaltensmuster hat es jedes Unternehmen schwer, sich langfristig am Markt zu halten.
Die Führungscoachin Susanne Klein legt in diesem Buch dar, wenn Unternehmen im Wettbewerb bestehen wollen, müssen nicht zuletzt die immer noch stark verbreiteten Führungsprinzipien des Industriezeitalters abgelöst werden. Der neuen Realität der Transformation sind die alten streng hierarchischen Führungsmodelle nicht gewachsen. Eine straffe Organisation, konsequente Arbeitsteilung und ein Fokus auf Effizienz bringen Unternehmen ihren Kunden nicht mehr näher: „Es gelingt auf der Basis dieser Methoden nur noch unzureichend, Menschen durch eine hohe Komplexität zu navigieren. Wir brauchen neue Ideen und Ansätze und vor allem experimentierfreudige Unternehmensleitungen.“ (S. 16) Dagegen setzt sie auf Eigeninitiative, Vertrauen und Selbstverantwortlichkeit und stellt, die These auf, dass Selbstführung als Kernkompetenz zukünftig mittlere Führungsebenen ersetzen wird. Selbstführung besteht für sie aus den vier Elementen Selbstwahrnehmung, Selbstkontrolle, Kollaboration und Metaebene. Dieses Ganze wird flankiert von Unternehmenscoachs, die dafür sorgen, dass sich der Einzelne gut entwickelt und das Team optimal zusammenarbeiten kann. Dies alles wird im ersten Teil beschrieben.
Der zweite Teil besteht aus Überlegungen und 20 Alternativen, die in einzelnen Kapiteln dargestellt werden. Sie stellt zum Beispiel dar, dass Kontrolle passiv macht, die Motivation reduziert und stellt den Dreiklang von Autonomie, Vertrauen und Selbstverantwortung dagegen: Vertrauen entsteht, wenn Kontrolle eingestellt wird. Sie stellt außerdem fluide Communities als Zukunftskonzept vor, die durch mehr Kommunikation untereinander, projektbegleitende Chats oder die Nutzung des Intranets bestimmt sind. Als Zeitgeistphänomene stellt sie ferner Minimalismus und Fokussierung vor, der oberflächliche, alles bedienende Arbeitsstil hat ausgedient. Die neuen Werte wie Maßhalten und Umweltverträglichkeit sprechen die Kunden von heute an. Jedes Kapitel wird am Ende mit den wichtigsten drei Aussagen zusammengefasst. Im Anhang findet man noch Quellen, Literatur und weitere Empfehlungen, Informationen über die Autorin und ein Register.
Die Autorin trifft den Nerv der Zeit. Alle neuen Methoden werden vorgestellt und dann Thesen entwickelt, was tatsächlich für eine agile Transformation wichtig ist. Leitsätze werden so mit Leben gefüllt und ermöglichen eine Vorstellung, wie die agile Transformation gemeistert werden kann. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn sich Unternehmensleitungen für diese Vorschläge offen zeigen. Zusätzliche Experteninterviews zu verschiedenen Teilbereichen dieser Transformation und Selbstführung wären allerdings von Vorteil gewesen.