Die Groß-Ausstellungsmacher der oberbayerischen Kreisstadt Rosenheim waren noch nie um die Erfindung eines neuen Superlativs verlegen, um ihr Vorzeige-Museum, den Lokschuppen, vollzukriegen. Derzeit wird „die weltweit größte Meeressaurier-Ausstellung“ aufgebaut, wie Lokschuppen-Leiter Peter Miesbeck verspricht. Die Giganten der Meere sind diesen Herbst dran, bis kurz vor Weihnachten, den Besuchern – vom Schulkind bis zum Rentenempfänger – den Atem zu rauben, wenn sie sie weit zurück ins Erdmittelalter und tief hinab auf den Grund der Ozeane führen. Wobei es auch um die Erdentwicklung geht und auch „die großen Aussterbeereignisse“ behandelt werden, „die keiner der Urzeitriesen überlebt hat“.
Wie schon bei den letzten Rosenheimer Pracht-Expositionen wurden auch diesmal keine Kosten und Mühen gescheut, um einerseits ganze Familien mit einem anspruchsvollen historischen oder erdkundlichen Thema zu unterhalten, Schulklassen zu informieren und zu aktivieren und dabei auf wissenschaftlich einwandfreiem Niveau zu agieren. Man holte sich nicht umsonst Bernd Herkner als Kurator, der lange im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt gearbeitet hat und jetzt in Mainz als Paläontologie tätig ist. „Wir zeigen alles, was den neuesten geowissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht“, garantiert Herkner. Das, so gibt er auf Nachfrage kund, ginge so weit, dass auch das für die ganze Familie konzipierte Begleitbuch, das rechtzeitig erscheinen würde, jeder Kritik standhielte.
Mitte August brachten drei Sattelschlepper das in Venetien von einem international besetzten Tema exklusiv gefertigte Ausstellungsgut nach Oberbayern. In Einzelteilen verpackt, werden sie vor Ort – im Lokschuppen und auf dem Freigelände rundum – zusammengebaut. Nahezu jeden Tag steht Herkner mit den Modellbauern in Kontakt. „Jeder einzelne Muskel, jede Bewegung, sogar die Gestaltung der Hautfarbe der Saurier wurde mit dem Wissenschaftler im Detail abgestimmt.“
Um nicht weniger als 22 schwergewichtige Models geht`s bei der Saurier-Schau. Entwickelt nach dem neuesten Forschungsstand. Lebensecht geformt für eine „spektakuläre Zeitreise ins Erdmittelalter“. Produziert wurden sie – nach Entwürfen von oberitalienischen Kunsthandwerkern – von der Firma Prehistoric Minds. Mit deren Planern Simone Maganuco (international anerkannter Paläontologe) und dem Zeichner Davide Bonadonna arbeitete Herkner eng zusammen. Vom Papier weg geht es dann an die Entwicklung virtueller 3D-Modelle am Computer, die auf eine CNC-Fräse übertragen werden, so dass große Styropor-Blöcke entstehen. Mit Ton werden Haut, Augen, Nasenlöcher … ausgearbeitet.
Allein eine Woche brauchte es, um die dicken Pakete aufzuschnüren. „Keine leichte Sache – bei einem Gewicht von bis zu 250 Kilogramm und einer Länge von bis zu 12 Metern.“ So präsentiert sich der Tylosaurus. Angeblich war er ein gefürchteter Meeresboden-Jäger der Kreide-Zeit. Erst wenn er seine Zähne habe, sähe er so richtig furchterregend aus. 600 Arbeitsstunden sind nötig, um ihn in seiner ganzen Schönheit vorzeigen zu können.
Die drei Inszenierungen, in die auch Originale von Versteinerungen – in Nischen farbig ausgeleuchtet – eingebaut werden, werden die Besucher erleben: Trias, Jura und Kreide. Mosasaurier, Pflasterzahnechsen, Riesenseeschildkröten und der Spinosaurus – diese und andere Meeres-„Ungeheuer“ des Erdmittelalters erwarten die Besucher. Sie werden so echt aussehen, dass keiner von ihnen daran denkt, dass sie aus Styropor, Kunstharz und Polyester bestehen. Dafür sorgt die Münchner Gestalter-Agentur Atelier Hammerl & Dannenberg, die für die Ästhetik des Designs zuständig ist.
„Saurier – Giganten der Meere“ bespielen den Lokschuppen vom 26. September bis 13. Dezember.
Foto (Hans Gärtner)
Lass dir ins Auge schauen, großer Spinosaurus!