Stolpersteine mit Judenhass

Juedischer Armleuchter, Foto: Stefan Groß

Köln ist eine große und laute Stadt. Hier findet das Herz alles, was es begehrt, und was Ohren und Augen ablehnen. Die Kölner Innenstadt ist größer als manch eingebildete Provinzstadt. Nichtsdestotrotz fahre ich hin, da die Siedlerin Chaya Tal aus Israel einen Vortrag halten wird. Die Einladung erhalte ich per Internet über einen guten Freund. Lediglich eine Telefonnummer wird angegeben. Ich rufe sie an und erfahre die Adresse und den Zeitpunkt des Ereignisses in Köln. Warum die Heimlichtuerei? Man befürchtet Krawalle, wenn Judenhasser und Israelkritiker erfahren, dass die Siedlerin kommt.

Der Vortrag findet im Zentrum Kölns statt. Die Straßen sind belebt und relativ sauber. In den Gehwegen sind viele kleine Pflastersteine eingelassen, die einigen Straßendreck abbekommen haben. Es handelt sich um künstlerisch wertvolle Stolpersteine (120 € das Stückchen), die die Fußgänger darauf aufmerksam machen, dass hier einst Juden gewohnt haben, die vor langer, langer Zeit vertrieben oder umgebracht worden sind.

Für die Nachkommen der Täter sind die schmutzig kupferglänzenden Steine eine stete Mahnung, die mit „nie wieder“ beginnt und mit „sorry“ endet. Nie wieder dürfen Juden (grundlos?) vertrieben oder umgebracht werden. Wir, die Nachkommen der Täter, bürgen mit unserem Leben, dass sich die Ereignisse des Sanctum Tertium Imperium niemals in Köln wiederholen werden. Doch weshalb dann die Heimlichtuerei, um dem Vortrag einer in den Ohren vieler Nichtjuden und auch mancher selbsthassender Juden politisch inkorrekten Jüdin zu lauschen?

Hier muss man unterscheiden. Nichtjuden und selbsthassende Juden garantieren den Juden Kölns mit ihrem Leben, dass sie nie mehr grundlos aus Köln vertrieben oder in Deutschland umgebracht werden. Die Juden, denen man dies verspricht, glauben nicht daran. Sie gehen lieber auf Nummer sicher und lassen die nichtjüdische Umgebung nicht alles wissen, was sie vorhaben. Denn obwohl die zur Demokratie neigende Gesellschaft sich seit dem letzten großen Krieg liberalisiert hat, gibt es immer wieder und immer mehr neue Judenhasser, die meist unter dem Deckmantel der Israelkritik und dem Boykott des Judenstaates Juden physisch und psychisch angreifen, die ihrer Meinung nach sich politisch inkorrekt verhalten. Die Judenhasser, Israelkritiker und Boykotteure werden oft von monotheistischen, arabisch sprechenden Semiten begleitet.

Zu den politisch inkorrekten Juden gehört auch die eingeladene junge Jüdin aus dem (palästinensisch?, arabisch?, jordanisch?) besetzten (befreiten!) Gebieten Israels, die über das sichere und angenehme Leben der dort lebenden Araber referiert, mit denen sie sich fließend, akzent- und fehlerfrei in ihrer Muttersprache unterhalten kann. Ich bezweifle, dass irgend ein Nazi jiddisch gesprochen hat oder irgend ein Kölner Refugee-Wellcome-Biodeutscher türkisch, geschweige den arabisch spricht, und das auch noch fließend und akzentfrei!

Die verschmutzten Stolpersteine in den Gehwegen erzählen somit zwei unterschiedliche, sich widersprechende Narrative: eines für die Nachkommen der Täter und potentiell zukünftiger Täter, ein anderes für die Nachkommen der Opfer und potentiell zukünftiger Opfer. Wer das politisch korrekt abstreitet, möge versuchen, ohne Aufwand und unbemerkt in eine jüdische Einrichtung zu gelangen. Ob Synagoge oder Jüdische Schule, überall sind Polizisten und auffällig unauffällige Bewacher. Um größere Unglücke durch LKWs zu vermeiden, werden nun zusätzliche sauber polierte Poller in den Gehwegen vor den jüdischen Instituten eingelassen, die die verdreckten Stolpersteine verdrängen.

Darin unterscheidet sich das Judentum von allen anderen Religionen:

Die Toten sorgen für die Lebenden!

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Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.