Derartige Aktionen widersprechen dem Geist der Demokratie befindet Stefan Groß-Lobkowicz. Ein Kommentar.
Kaum zu glauben, was sich ein Museum in Dortmund erlaubt. Am Samstag bleiben die Türen für Weiße zu – dies zumindest für Besucher der Ausstellung „Das ist kolonial“. Das LWL-Museum Zeche Zollern, im Grubenweg 5, in Dortmund gelegen, ist in der Tat eine Grube. Eine Grube des guten Geschmackes und zudem darüber hinaus ein gelebtes Beispiel wie Cancel Culture hierzulande funktioniert. Es ist geradezu ein Paradigma wie umgekehrter Rassismus praktiziert wird. Sowohl Museum als auch eine Antidiskriminierungsexpertin finden es keiner Kritik würdig, dass Weiße wegen ihrer Hautfarbe ausgegrenzt werden.
Natürlich ist das Diskriminierung
Solche Aktionen sind in der Tat diskriminierend und gießen noch zusätzlich Wasser auf die Mühlen der AfD, die derartige unsinnige Aktionen natürlich als Beweis und damit als gefundenes Fressen für ihre Kritik an der Meinungsdiktatur hierzulande aufblasen und letztendlich für ihre eigene Ausländerphobie instrumentalisieren kann. Daher verwundert es kaum, dass von ihren Funktionären diese Vorgehensweise des Museums als „unfassbar“ kritisiert wird. Auch aus dem Netz feuert es Kritik: „Rassismus Skandal! […] Stellt Euch bitte mal vor, ein Museum hätte Schwarzen den Zutritt verwehrt“, schreibt ein Nutzer unter dem Profilnamen „Heimatgefühl“. „Was wäre hier los?“
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht!
Auch das Argument der Antidiskriminierungsexpertin verfängt nicht, der zufolge es keinen „umgekehrten Rassismus“ gäbe. Natürlich gibt es diesen, und er wird damit zuhöchst anschaulich und realistische Praxis. Und wenn sich Weiße dadurch diskriminiert fühlen, wenn sie in ihrem eigenen Land samstags vom Museumsbesuch ausgeschlossen sind, heißt das keineswegs, dass sie den Wunsch verspüren, die „Leiden diskriminierter Schwarzer zu relativieren“, sondern von einer notwendigen und kritischen Aufarbeitung ihrer eigenen Kulturgeschichte ausgeschlossen werden. Dabei ist das Bewusstsein das Deutschland als einstige Kolonialmacht sehr wohl eine Kultur des Rassismus praktizierte, die in aller Unmenschlichkeit gegen die Menschenrechte verstoßen hatte, kaum mehr vorhanden. Diese daher sehr wohl gebotene Auseinandersetzung mit dem Rassismus in der eigenen Geschichte – zumindest jetzt im Museum zeitweise – zu unterbrechen, kulminiert im Gegenteil. Alte Stereotypen werden neu aufgerollt – und dies nicht ins Positive.
Völlig am demokratischen Diskurs vorbei
Besser wird die ganze Aktion auch dann nicht, wenn die Macher sich damit zu begründen suchen, den Rassismusopfern einen geschützten Raum zum gegenseitigen Austausch zur Verfügung zu stellen. Demokratie beruht auf Diskurs, auf der Durchsetzung der besseren Argumente und Gründe, auf einer menschlich-vernünftigen Urteilskraft, die für das Allgemeinwohl, für Freiheit und Gleichheit jenseits verschiedener Ethnien plädiert. Wer den Diskurs ausschließt, begeht einen unverzeihlichen Fehler. Bereits Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas verstand unter deliberative Demokratie, dass diese auf öffentliche Diskurse und öffentliche Beratungen setzt. Nur durch die Teilhabe der Bürger an öffentlicher Kommunikation und das Zusammenwirken von Deliberation und Entscheidungsprozess garantiert eine freiheitlich-liberales Zusammenleben, das den anderen in seiner Meinung toleriert und jeden, der eines besseren Arguments zugänglich ist. Bei der gewollten Diskursunmöglichkeit in Dortmund, die mit der zeitlich-räumlichen Trennung der Gesprächsteilnehmer einen kommunikativen Bruch präferiert, werden die Teilnehmer bewusst vom Diskurs ausgeschlossen, was das demokratische Prinzip radikal untergräbt. Wer nicht dieses Mindestmaß an demokratischen Gewissheiten als Museumspädagoge verinnerlicht hat, der gehört zumindest nicht an diese Stelle. Und die Antidiskriminierungsbeauftrage sollte ihre Maximen überprüfen, ob sie demokratieanschlussfähig ist. Da spielt auch die Begründung des Museums, dass die Gäste auf diese Aktion verständnisvoll reagieren, keine Rolle. Sie sind einfach nur verunsichert über die Diskreditierung und Verachtung des demokratischen Prinzips und einer Presse, die diese Irrlichterfahrt noch goutiert. Die Ausstellung „Das ist kolonial“ läuft noch bis zum 15. Oktober 2023 – hoffentlich ist sie dann für alle offen.