Vor über 400 Jahren gelang dem spanischen Autor Miguel de Cervantes mit seinem „Don Quijote“ der literarische Durchbruch. Seither sind die zumeist überzeichneten Abenteuer des fahrenden Ritters, die allesamt scheitern, aus der Weltliteratur nicht mehr wegzudenken. Ob der Kampf gegen die Windmühlen, Hammelherden oder der „blutige“ Kampf mit einigen Schläuchen roten Weins – Dichtung und Wirklichkeit brechen in aller Radikalität auseinander. Einst gedacht als herbe Parodie auf die Ritterromane der Zeit überzeichnet Cervantes mit seinem Protagonisten, mit seinem „Hidalgo“ aus der Mancha, die Wirklichkeit und macht sie zum Ort zwischen Realität und Ideal. Sowohl das Spiel mit der Illusion als auch das Leitmotiv, dass Menschen unglaubhaften Dingen doch Glauben schenken, bilden die Tiefendimension des Romans. Doch mit der Person von Sancho Panza entwirft Cervantes einen Gegenpart zum Größenwahn des Ritters, stellt dem Idealisten das Realitätsprinzip gegenüber und verdeutlicht so wie die Welt der Ideen mit der der Realität doch korrespondieren. Die Doppeldeutigkeit erweist sich als Kompositionsprinzip, das Interpretationen offen lässt.
Während Cervantes das Spiel zwischen Realität und Wirklichkeit in die Offenheit bringt, ist der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein „Don Quijote“ vom anderen Kaliber. Der einstige Autor von Kinderbüchern, der sich selbst als „pragmatischen Idealisten“ versteht, verbleibt als politischer Akteur nicht im Spannungsrahmen von Ideal und Wirklichkeit, sondern wird zusehends zu einem idealistischen Fundamentalisten, der die Wirklichkeit radikalisiert und ganz im Sinne des grünen Transformationsgedankens die Realität zugunsten seiner Ideale aufhebt. Jenseits des gesunden Menschenverstandes – gepaart mit dem ideologischen Anspruch der Weltrettung – konstruiert er mit seiner Klima- und Heizungspolitik, verbunden mit dem dezenten Hauch von Kriegstreiberei, Vetternwirtschaft, Lobbypolitik und Klimahysterie einen grünen Messianismus auf, der „Don Quijotes“ Größenwahn an Maßlosigkeit radikal übersteigert.
Während der Protagonist von Cervantes zu Ende seines Lebens einsieht, dass die Welt der Ritterromane nicht das Bild der Wirklichkeit zeichnet und sich letztendlich von der literarischen Idiotie der Verblendung verabschiedet, bleibt Habeck in der Ideologie seiner jugendlich-undifferenzierten Narrative gefangen und erweist sich eben nicht als „pragmatischer Idealist“, sondern als idealistischer Pragmatiker, der sich vom Realitätsprinzip verabschiedet und sich mit seiner Verbotskultur, nicht in den Diskurs mit seinen Untertanen begibt und anstelle des Gespräches das Maulkorbprinzip stellt. Habeck wird im 21. Jahrhundert zusehends zum „Ritter der traurigen Gestalt – Realitätsverlust und permanente Überforderung inklusive.
Doch anders als das berühmte Vorbild der Weltliteratur, hat Habeck kein Korrektiv wie Sancho Panza, sondern sich ein Gefüge von Funktionären im Parteiapparat geschaffen, die seine Vision von der großen gesellschaftlichen Transformation apodiktisch der Welt verordnen. Und während Don Quijote für seine Verblendungen buchstäblich am eigenen Leib bestraft wurde, und im Scheitern gesellschaftlich irrelevant blieb, birgt Habecks schöne neue Klimawelt die Gefahr, eine ganze Industrienation in den finanziellen Ruin, Hauseigentümer in den Bankrott zu treiben und die auf fossilen Brennstoffen basierende Autoindustrie in das Pferdezeitalter zurück zu katapultieren. Das Reitpferd von Don Quijotes, „Rosinante“, ein klappriger Gaul, lässt grüßen – Willkommen in der grünen Zukunft.