Hoffnung aus der Tiefe des Glaubens heraus zu schöpfen – dies war die Lebensmaxime von Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), der von der Hoffnung und dem Glauben getragen, sein Schicksal bis hin zur Selbsthingabe für die gerechte Sache, bis in sein Martyrium hinein, würdevoll annahm. Der evangelische Widerstandskämpfer, Theologe, Schriftsteller und Lehrer besaß weit mehr an Mut als viele seiner Zeitgenossen. Zum 80. Mal jährt sich am 9. April 2025 sein Todestag. Der Mitbegründer der Bekennenden Kirche hatte frühzeitig die grausame Fratze des nationalsozialistischen Systems erkannt und seine unsägliche Unmenschlichkeit gebrandmarkt.
Plädoyer für eine universelle christliche Brüderlichkeit
Als einer der ersten kritisierte er die NS-Rassenideologie und die nationalsozialistische Judenverfolgung, während die große Herde der Deutschen ihre Augen verschloss. Der Pazifist, der gegen die Nazis ohne Waffen mit Worten kämpfte, warnte bereits 1933 vor der Inkarnation des Bösen, das er mit Adolf Hitler in persona identifizierte. In Zeiten, wo die Deutschen in törichter Berauschtheit die Ideologie der Nazis feierten, in selbstvergessener Kriegsbesoffenheit vom tausendjährigen Reich träumten, war es der aus Breslau gebürtige Christ, für den die Friedensthematik, die Menschlichkeit, die Solidarität, die Zivilcourage und die Menschenrechte jenes Fundament bilden sollten, auf das die Kirche in stürmischen Tagen ihr Fundament errichten müsse. Das Prinzip einer universellen christlichen Brüderlichkeit, die über alle nationalen Interessen hinweg Gültigkeit besitzt, wurde für Bonhoeffer zum Credo.
Denken und Tun sind christliche Tugenden
Aktivität statt Passivität, die enge Verzahnung von Denken, Reden und Tun, waren für ihn Tugenden eines Christenmenschen. So ist Gott für ihn nicht mehr der ins Jenseits Entrückte, der Transzendente und Unfassbare, der sich Denken und Sein entzieht, sondern den Glauben an Gott gibt es nur im Diesseits. Anstelle der Gottesferne stellt er dessen Präsenz in die irdische Welt hinein, in der Gott gerade im Leid gegenwärtig und den Menschen besonders nahe ist.
Dem ungerechten Staat ins Rad fallen
Die traditionelle Zwei-Reiche-Lehre lehnte Bonhoeffer ab, denn je „ausschließlicher wir Christus als den Herrn bekennen, desto mehr enthüllt sich die Weite seines Herrschaftsbereiches. […] Die Welt gehört zu Christus und nur in Christus ist sie, was sie ist. Sie braucht darum nichts geringeres als Christus selbst. Seit Gott in Christus Fleisch wurde und in die Welt einging, ist es uns verboten, zwei Räume, zwei Wirklichkeiten zu behaupten: Es gibt nur diese eine Welt.“ Für den Hochschullehrer und geheimen Mitarbeiter der Abwehr unter General Canaris vermag ein Christ gleichzeitig in der Realität Gottes und der Welt zu leben, der Kampfplatz bleibt die Gegenwart. Enttäuscht von seiner protestantischen Kirche, von den „Deutschen Christen“, blieb dem Standfesten und Optimisten nur der Weg in den Widerstand. Denn, wenn der Staat die christliche Verkündigung gefährdet, verneint er sich selbst, schrieb er bereits 1933. Und „wenn die Kirche den Staat ein Zuviel oder ein Zuwenig an Ordnung und Recht ausüben sieht, kommt sie in die Lage, nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen.“
Keine Instrumentalisierung durch rechte Kräfte
Daraus hatte Bonhoeffer auch das Widerstandsrecht abgeleitet und selbst gegen das christliche Gebot „Nicht zu töten“ ausdrücklich den Tyrannenmord Hitlers mit einem „Ja“ legitimiert. Am 17. Januar 1945 schrieb er seinen letzten Brief an die Eltern, im Februar wurde er in das KZ-Buchenwald verlegt und am 9. April 1945 auf persönliche Anordnung von Hitler als „Verschwörer“ des 20. Juli 1944 – ausgezogen und nackt gedemütigt – durch den Strang im KZ-Flossenbürg exekutiert. Der Christ Bonhoeffer war im buchstäblichen Sinne Protestant, der wie einst Martin Luther protestierte. Gegen jede Instrumentalisierung durch dämonische Kräfte wie Donald Trump und die neuen Rechten, die ihn versuchen, für ihre menschenverachtende Ideologie zu missbrauchen, ist allein Bonhoeffer schon durch sein Werk und seinen guten Taten gerechtfertigt und für diese Ideologien daher unantastbar. Seine Mission sah er darin, den Menschen Hoffnung in einer Zeit von „dunklen Mächten“ zu schenken.