Die Aufklärung und die Klassik hatten Vernunft, Schönheit, Harmonie sowie die Neubelebung der griechisch-römischen Antike in die Seelen der Menschen gelegt. Die Romantik ihrerseits erstritt sich gegen das Objektive, gegen die Logik des sezierenden Verstandes, das Subjektive zurück. Die Natur, das Gefühl, das Religiöse und das Erhabene waren es nun, die die Menschen fesselten.
Für den Dichter Novalis sollte die ganze Welt gar romantisiert werden – und mit dem großen Maler und Zeichner der nordischen Romantik, Caspar David Friedrich (1774-1840), war das Projekt einer Wirkungsästhetik geboren, dass die Kunst selbst als einen Prozess verstand, in welcher der kreativ Schaffende buchstäblich die Kunst dichtete. Gegen jeden blinden Realismus als bloße Mimesis verstanden, gegen jede Form einer romantisch seligmachenden Gefühlsduselei schuf Friedrich Bildwelten, wo er das Erhabene, das Monumentale und das in der unendlichen Natur durchscheinende Göttliche feierte.
Friedrich und die Gartenkunst
Friedrich, der 2024 seinen 250. Geburtstag feiert, kannte aus seiner Studienzeit die englischen Landschaftsgärten und die Werke des damals bekannten Ästhetikers Christian Cay Lorenz Hirschfeld, der in seinen Schriften für das Ideal des natürlichen Landschaftsgartens warb. Friedrich war von der Idee einer frei sich inszenierten Natur, wie sie der englische Garten spiegelte, von Jugend an fasziniert. Anstelle der barocken Herrschaftsarchitektur rückte die ungezwungene Natur, die nicht nur mit dem alten Gestaltungsvokabular brach, sondern vielmehr die Natur selbst als schöpferische und gestaltgebende Kraft verstand, die durch den Künstler als Mittler auf eine Idealwelt verwies, wo Einbildungskraft, Individualität und Spiritualität ihren Siegeszug feierten. So finden sich in Friedrichs Werken immer wieder Hinweise auf die Gärten und die Gartenkunst seiner Zeit.
In seinem Gemälde „Der Mönch am Meer“ (1810) etwa, das als eines seiner Meisterwerke gilt, ist die rauhe Küste und das unendliche Meer zu sehen, während eine winzige menschliche Figur am Rand verweilt. Dieses Bild erinnert an die Idee eines Gartens, der sich bis zum Horizont erstreckt und den Menschen in die Weite der Natur einbettet. Wie im englischen Garten die Landschaften als Bilder verstanden eine neue Innerlichkeit erweckten, so luden Friedrichs Bildwelten den Betrachter ein, in die Naturschönheit einzutauchen und eine emotionale Verbindung zur Umgebung herzustellen, mehr noch – durch die Anschauung der Natur in das eigene Ich zu tauchen, um das Endliche mit dem Unendlichen zu durchtränken. Sich selbst verstand Friedrich als einen religiösen Menschen, der sein künstlerisches Tun als „Gottesdienst“ und seine Arbeit als „Andachtsübung“ begriff.
Neue Form des Gottesdienstes durch Kunst
Inspiriert vom protestantischen Theologen Friedrich Schleiermacher und dessen Werk „Über die Religion, Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern“ (1799) sah der gebürtige Greifswalder Maler seine Aufgabe darin, Kunst und Religion neu zu verbinden, um seinem Publikum das Göttliche im Eigenen und auch als Eigenstes nahe zu bringen. So suchte Friedrich nach einer subjektiven Form des Gottesdienstes durch Kunst, ohne dabei von einer demütigen Gnadenauffassung zu lassen.
„Die einzig wahre Quelle ist unser Herz, die Sprache des reinen kindlichen Gemütes. Ein Gebilde, so nicht aus diesem Borne entsprungen, kann nur Künstelei sein. Jedes echte Kunstwerk wird in geweihter Stunde empfangen und in glücklicher geboren, oft dem Künstler unbewußt aus innerem Drange des Herzens.“ Gerade in Zeiten eines großen Weltenbrandes, in einer Welt voll Krieg und sinnloser Zerstörung, vermitteln die Bilder Friedrichs, dass es jenseits der Welt der Schrecken doch die Hoffnung auf das Unendliche und das Rettende gibt. Wenn aber die Herzen verkümmern, dann droht der Menschheit Schreckliches.