Warum die wachsende „Nicht-Kommunikation“ 
der größte kommunikative Super-Gau unserer Zeit ist

internet whatsapp smartphone kommunikation telefon, Quelle: LoboStudioHamburg

Es ist ein Zeitgeist, der aus dem Nichts kommt, ein explodierender Gegentrend zum aktuellen Info-Overkill auf allen Kanälen: einfach nicht kommunizieren, Kommunikation verweigern, auf Emails nicht antworten, SMS & WhatsApps im Nichts verlaufen lassen! Von Stefan Endröß.

Macht nichts? Schadet nicht? Weit gefehlt: Dieser aktuelle Verweigerungs-Trend der stillschweigenden „Nicht-Kommunikation“ führt zum größtmöglichen Super-Gau unserer Gesellschaft: Statt Dialog, Austausch und Inspiration bewirkt die wachsende Verneinung des klassischen Kommunikationsverhaltens aus Frage & Antwort, Info, Aussage & Feedback die völlige Loslösung von zwischen-menschlichem Miteinander. Letztlich eine inhaltsfreie Zone. All das, was im sozialen Respekt wichtig ist, geht verloren.

Haben wir das Sprechen verlernt? Und das Antworten? Oder warum vernachlässigen wir die Kultur des Kommunizierens auf so schreckliche Weise? Wohin wird das führen? Es ist zu einer Art verstecktem Zeitgeist geworden, normale kommunikative Fragen, Mails, Anrufe, WhatsApps, einfach nicht mehr zu beantworten. Einfach alles ins „Unbeantwortet“-Fach zu legen, einfach Stille. Ist das ein Zeichen kommunikativer Überforderung? Böser Wille? Ein Ausdruck bewussten Wegduckens? Oder aus welchem Hintergrund heraus entsteht dieses neue Verhaltensmuster?

Das erlebt man immer öfter in der Arbeit, aber auch im Privaten. Menschen antworten einfach nicht mehr. Sie stellen sich taub, stumm, abwesend. Dabei hat das gar keine Logik: Gute Kommunikation ist meistens die Lösung für viele Probleme: zuhören, sich informieren, eine klare, kurze Antwort geben. Das zeigt Respekt, Perspektive, und unsere Werte als Mensch. So einfach ist das. Wegschauen und weghören führt hingegen ins Nichts. Ins digitale Nirwana. Ins menschliche Abseits. Natürlich kann es sein, dass eine Anfrage überflüssig ist, unbrauchbar, – oder stört. Aber wenn sie von einem Menschen kommt, rechtfertigt sie grundsätzlich auch eine aktive Rückantwort. Im Alltag, wie im Beruflichen. Erst wenn die künstliche Intelligenz, Algorithmen, und Computer ganz offensichtlich die Kommunikation übernehmen, werden sich die Regeln ändern. Aber unter uns Menschen?

Was hat zu dieser aktiven Nichtstun-Reaktion geführt? Fordert der aktuelle Info-Overkill auf allen Kanälen seine Opfer? Zu viel Info, zu viel Botschaften, zu viele Nachrichten, die nicht mehr auf menschliche Kommunikation zurückzuführen sind? Scheint alles dadurch zu durcheinander, zu unklar? Und deswegen beschließen die Menschen, sich lieber komplett zu verschließen? Schluss zu machen mit all diesem kommunikativen Hin & Her, diesen scheinbar immerwährenden kommunikativen Chaos-Momenten. Schluss, aus, basta!
Augen & Ohren zu, und alles, was an Anfragen, Mails oder Messages hereinkommt, einfach links liegen lassen, so als gäbe es das Ganze nicht. Weg ducken! Als wäre eine Mail nie angekommen, eine Frage, eine Info, eine Nachricht nie übermittelt. Alles bleibt in der verschlossenen Schublade. Einfach zur Seite gelegt. Basta, Schluss, aus.

Damit wäre unser soziales, gesellschaftliches, menschliches Miteinander am Ende. Definitiv. Es entsteht eine Art kommunikatives Messie-Verhalten. So wie ein Messie in seiner Wohnung alles an Dingen irgendwie liegen lässt, die bei ihm eintreffen, sie ins Eck wirft – und letztlich komplett den Überblick verliert, so wie all seine Rechnungen in der Ablage landen & alle Briefe irgendwo im Regal, so geht es wohl immer mehr Menschen, beruflich wie privat, im digitalen Super-Kommunikations-Zeitalter: als Kommunikations-Messies inmitten des Kommunikations-Tsunamis. Sie schließen die Türe und wollen in Ruhe gelassen werden.

Aber ist das wirklich „Ruhe“? Ist das wirklich die Lösung? Ist es denn nicht herrlich, wenn wir Menschen miteinander sprechen, uns auf dem Laufenden halten, gemeinsam nach Antworten suchen, – und Antworten geben. Hat das nicht einen herrlichen Aspekt, einer mitmenschlichen „Kommunikation auf Augenhöhe“, die einfach, ganz klar, respektvoll, kompetent und wertschätzend die wichtigsten Informationen, Argumente, Meinungen und Einschätzungen untereinander austauscht und uns dadurch voranbringt? Ist das ein Traum, ein Stück Vergangenheit?

Trotz Corona-Erfahrungen – Die Kommunikation ist erneut entgleist

Dabei dachten wir doch noch, spätestens in den Corona-Zeiten, dass wir Menschen durch den zwischenmenschlichen Breakdown und Schock gemerkt haben, wie wichtig diese sozialen, zwischenmenschlichen Werte im Miteinander sind. Ich kann mich erinnern, wie ich davon überzeugt war, dass nun allen klar wird, wie schön es ist, auf die Werte zu achten, die Mitmenschen zu respektieren und ein Miteinander zu finden. Klingt das wie ein Utopia?

Wir sind doch eigentlich genau auf dieses soziale Leben von Grund auf angelegt: in unserer Umgebung, in unserer Nachbarschaft, in einem Stadtviertel ebenso wie auf dem Dorf. Da lernen die Kids in Sport- und Fußballvereinen Werte wie Respekt, Miteinander, Teamgeist & Ehrgeiz im Verbund. Und wir wissen aus unserem christlichen oder jeglichen religiösen Hintergrund, wie wichtig Austausch, gegenseitige Hilfe und Unterstützung als größte Selbstverständlichkeit sind. Wir mühen uns vom Kindergarten an bis zu unserem Umfeld und unter Freunden um genau ein solches Verhalten.

Und dann entgleist diese unsere moderne, werthaltige und so lang erarbeitete Interaktion derart, weil wir vom digitalen, kommunikativen Monster-Prozess-Welle überfordert sind? Weil wir nicht mehr unterscheiden können, wann wir mit einem menschlichen Angesicht kommunizieren, oder mit einem Bot, einem Computer generierten KI-Spam, oder einem personalisiertem Massen-Mailing. Oder nicht mehr unterscheiden wollen. Oder wir eben anfangen, einfach alles über denselben Kamm zu scheren, um uns vermeintlich zu schützen.

Ist das die Wurzel des Problems?

Vermutlich ist es einfach ein riesiges Mißverständnis, eine völlige Fehlinterpretation aus den Lehren von Corona: Weil es durch die Lockdown-Erfahrungen eine Art Erkenntnis-Trend war, sich „back to the roots“ zu fühlen: Man lässt sich nicht mehr auf alles ein! Man geht in Klausur. Man lässt sich nicht mehr drängen und fremd bestimmen? Man nimmt sich vor, Nützliches von Unwichtigem streng zu selektieren – und nicht mehr zum Opfer von aufgezwungenen Prozessen und Abläufen zu werden?

Die Konsequenz & Rückschluss: Man erlaubt sich, einfach auszuschalten, wenn es einem zu viel wird, weil man das Gefühl hat, dies seien Lebens-Werte, auf die man Anspruch habe. Man verweigert jegliche scheinbar überflüssige Kommunikation, weil man glaubt, gelernt zu haben, am wichtigsten sei es, sich um sich selbst zu kümmern. Um seinen Job, seine Familie, und um den kleinen Kreis von Menschen, die man direkt um sich hat. Aber was bedeutet das? Ist das eine sinnvolle

Konsequenz? Oder ein fatales Missverständnis?

Können wir wirklich die wachsenden globalen Herausforderungen, ebenso wie die konkreten privaten wie beruflichen Themen, durch den Rückzug ins Kleine bewältigen? Den Rückzug auf uns selbst? Auf das innere Ich und bisschen drumherum, Kollegen, vielleicht paar Freunde & Familie? So eine Art Sektierertum nur noch im unmittelbaren Umfeld und Kreis? Und selbst dort wächst das Misstrauen, Ghosting, Blockieren und Wegschalten, sobald irgendwelche Unklarheiten auftauchen. Nicht sich mehr aussprechen, nicht ausdiskutieren, sondern den Kontakt unterbinden, nicht mehr schreiben, nicht mehr telefonieren.

Was für ein Horrorszenario, das aus dieser aktuellen Kommunikationsverweigerung entsteht. Denn letztendlich führt diese Art Ego-Insel-Bewegung, das Beschränken auf kleine Communities, und auf sich selbst, zum Zerfall jeglichen mitmenschlichen, privaten, geschäftlichen wie gesamtgesellschaftlichen Zusammenhangs. Das kommunikative „Klein-Machen“ führt zum menschlichen Super-Gau: Wir sind alleine. Wir fühlen uns alleine, wir verhalten uns alleine – und wir sind all unseren anstehenden Aufgaben und Themen einfach nicht mehr gewachsen: Weil es so nicht geht!

In diesem Sinne sei klar und deutlich gesagt: Es ist immer Zeit – und es auch „wert“ genug -, eine Frage oder ein Statement zu beantworten, einen Brief, eine Nachricht, eine Mail. Die Antwort kann kurz & bündig sein, sie kann herzlich sein, verständnisvoll, oder einfach sachlich. Aber all das hilft, wieder ein Netz der Kommunikation unter uns allen zu schaffen, dass interagiert. Und durch Interaktion entsteht Aktion. Und durch Aktion entsteht sozialer Austausch – und dadurch ein Vorankommen.

Und es sei noch einmal festgehalten: Genau das ist der Schlüssel für den Erfolg im beruflichen, geschäftlichen Umfeld ebenso wie im privaten. „Networking“ ist in dieser Hinsicht das gern genutzte Schlagwort für ein an sich selbstverständliches, normales Verhalten: wertschätzend miteinander zu kommunizieren. Offene Fragen auszudiskutieren, zuzuhören, Meinungen abzuwägen und dadurch eine eigene Haltung zu entwickeln. So geht Leben! Gegen die Einsamkeit, gegen das Verschließen! Und vor allem auch als Lösung für eine „Vision für unsere Zukunft“ in einer wirklich komplexen Welt aus Krieg, Hass, Hunger, Klimaproblematik, die keine einfachen Lösungen zulässt, von einem, der sagt, wo es lang geht, sondern ein vielfältiges, vielschichtiges, selbstbewusstes Miteinander. Also lasst es uns angehen. Und einfach an- und aussprechen! In Worten, Werten – und Taten!

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Über Stefan Endrös 4 Artikel
Stefan Endrös, Medienmacher, Storyteller, Philosoph, Autor & Keynote Speaker, ist geschäftsführender Gesellschafter von Journal International – The Home of Content, einem der führenden Content-Anbieter und Corporate-Publishing-Unternehmen. Stefan Endrös ist auf der Basis seines langjährigen journalistischen wie strategischen Hintergrunds einer der kreativen Branchenpersönlichkeiten für innovative Marketing-/Content- und Medien-Konzepte im Bereich Kunden-, Business- und Premiumkommunikation. Er ist seit vielen Jahren mit Fach-Publikationen, Expertenbeiträgen, Vorträgen, Seminaren, u.a. “Medientage“, in der Weiterbildung sowie als Buchautor aktiv. Der von ihm initiierte renommierte jährliche „SignsAward – Zeichen setzen in der Kommunikation“ mit den entsprechenden Publikationen gilt als eine Art deutscher „Oscar“ der Kommunikationswelt. In seinen Vorträgen begeistert er sein Publikum mit einer Vielzahl an Praxisbeispielen, worauf es in der Kommunikation der Zukunft ankommt, sowie die Dos and Don‘ts. Er versteht es, das Bewusstsein zu schaffen, wie wichtig es in einer Zeit des Info-Overkills ist, die richtige Kommunikationsstrategie zu haben, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Sichtbarkeit zu erzielen.