Im Alter von 24 Jahren wurde Martin Philipp Opfer einer brutalen Gewalttat. Er selbst war vorher jahrelang im Freizeitsport als Ringer aktiv und hat für seinen Sportverein zahlreiche überregionale Ringkämpfe siegreich absolviert.
Er wurde von einer größeren Gruppe gewalttäter Schläger traktiert und ins Koma geprügelt. Vier Wochen Intensivstation im Koma und eine Hirnoperation prägten seinen Krankheitsverlauf.
Jahre nach der schrecklichen Gewalttat folgte die juristische Aufarbeitung, die für das Gewaltopfer sehr ernüchternd und frustrierend verlief.
Brutale Gewalt
Nach einem Ringkampf war Martin Philipp in seinem 24. Lebensjahr mit Sportskameraden noch in einer Diskothek. Beim Verlassen dieser wurden sie von einer größeren Schlägertruppe nach Mitternacht überfallen und niedergeschlagen. Nachdem er als das Hauptopfer bereits am Boden lag, traten mehrere Täter mit ihren Stiefeln auf seinen Kopf ein. Martin Philipp blieb bewusstlos und schwer verletzt am Boden liegen, während die Peiniger weiterhin auf ihn einschlugen.
Lebensretter am Tatort
Seine Sportskameraden konnten ihm nicht mehr helfen, weil sie selbst verletzt waren. Einer stürzte sogar in eine Glasscheibe, was er glücklicherweise ohne größere physische Schäden überlebte. Ein anderer hatte Knochenbrüche. Durch einen glücklichen Zufall kamen zwei US-Soldaten in Zivil vorbei, die sich schützend auf Martin Philipps leblosen Körper legten, um ihn vor weiteren Attacken zu schützen. Passanten riefen die Polizei und den Notarzt. Die Täter flüchteten. Martin Philipp erlitt einen Schädelbasisbruch mit Hirnblutungen. Es folgten vier lange Wochen auf der Intensivstation. Während dieser Zeit lag er im Koma und wurde am Gehirn operiert. Seine besorgte Mutter besuchte ihn täglich, während er in einer existenziellen Gratwanderung zwischen Leben und Tod beatmet wurde. Glücklicherweise war die neurochirurgische Behandlung erfolgreich und er erwachte wieder aus dem Koma. Es folgte eine wochenlange, stationäre Rehabilitation und er fand wieder schrittweise zurück ins Leben.
Lebensretter danach
Nach der stationären Rehabilitation begann Martin Philipp wieder stufenweise mit seiner Berufstätigkeit. In dieser Zeit lernte er eine junge Frau kennen, von der er sich besonders verstanden fühlte und die ihm viel Halt und Lebensmut vermittelte. In seinem Buch nannte er diese Frau seinen „Engel“. Nach einer der zahlreichen Verabredungen bekam er überraschenderweise keine Antwort mehr. Er wandte sich an die Mutter der jungen Frau und musste erfahren, dass sie an einer Meningitis gestorben ist. Wieder hatte das Schicksal zugeschlagen.
Das Trauma – die Zeit davor und die Zeit danach
In seinem Buch wird spürbar, dass Martin Philipp erlebnismäßig zwischen der Zeit vor dem Trauma und der Zeit danach unterscheidet. Das Gewalttrauma veränderte schlagartig sein Leben. Der mühsame Weg der Traumabewältigung charakterisiert „die Zeit danach“. Dabei konnte er immer wieder auf Menschen zurückgreifen, die ihm bei der Traumabewältigung unterstützten. Dies waren zum Beispiel sein verständnisvoller Chef am Arbeitsplatz, seine Sportskollegen und schließlich eine neue Liebe zu seiner jetzigen Ehefrau, die er bald heiratete und mit der er zwei gemeinsame Kinder hat. Bei der juristischen und sozialrechtlichen Aufarbeitung unterstützte ihn der Sozialverband VdK. Die Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ erteilte ihm eine Rechtsschutzzusage und beglich die Rechnungen seiner Anwältin.
Juristische Aufarbeitung und die Frage nach der Gerechtigkeit
Bei der juristischen Aufarbeitung folgte ein fünf Jahre dauernder, frustrierender Ermittlungs- und Verhandlungsmarathon. In dessen Verlauf stellte sich heraus, dass zwei der Täter viele weitere Straftaten begangen hatten. Sein Fall, die Gewalttat an Martin Philipp, wurde aus juristischer Sicht gegenüber diesen schwereren Straftaten ausgeklammert, weil sie „voraussichtlich nicht weiter ins Gewicht fallen würde“. Im weiteren Prozessverlauf kam es zur Bedrohung von Zeugen, milden Urteilen und der Verschleppung von Schmerzensgeldzahlungen. In einem Prozessbericht in der regionalen Zeitung „Mainpost“ war die Überschrift zu lesen: „Ein Leben für 9000 Euro“.
Martin Philipp gab seinem autobiographischen Buch den Untertitel: „Der letzte Ringkampf für Gerechtigkeit“. Dieser war leider nicht durch Fairness und Gerechtigkeit geprägt.
Individuelles Schicksal und kollektive Herausforderung
Tagtäglich werden unschuldige Menschen wie Martin Philipp Opfer von abscheulichen Gewalttaten. Gewaltprävention und die Unterstützung von Gewaltopfern sind wichtige, kollektive Herausforderungen. Der Autor Martin Philipp schildert eindrucksvoll, in welche Fallstricke ein unschuldiges Opfer geraten kann. Sein Schicksal bietet einen erschütternden Einblick in den Wahnsinn der Normalität. Insofern sind seinem Tatsachenbericht und bewegenden Buch zahlreiche Leser zu wünschen.