„Schattenkinder“ von Marcel Bauer

Hatte die Katholische Kirche das Recht Juden zu missionieren, um ihre Überlebenschancen zu steigern?

Schattenkinder-Cover, Quelle: Rhein-Mosel-Verlag

Das hervorragende Buch zeigt, wie Juden, vor allem jüdische Kinder, die Besatzung Belgiens durch die Deutschen während des Zweiten Weltkrieges haben überleben können. Man kann die Frage aufgeworfen, ob die Katholische Kirche das Recht hatte, die Juden zu missionieren, um ihre Überlebenschancen zu steigern. Zumindest im Buch wenden sich die jüdischen Kinder nach dem Krieg erneut dem Judentum zu. Ohne die lebensgefährliche Unterstützung der Katholischen Kirche hätten viele jüdische Kinder die deutsche Besatzung Belgiens nicht überlebt.

Schattenkinder
von Marcel Bauer
November 2020
Taschenbuch 420 Seiten 13,50 €
Rhein-Mosel-Verlag
ISBN-13 : 978-3898014373

1346 werden alle Juden in der Bartholomäusnacht aus dem Rheinland vertrieben. Viele Juden gelangen in die Eifel, oft nach Hellenthal. Seit dem Holocaust sind bis heute die Eifeler Städtchen Münstereifel, Wittlich, Gemünd, Schleiden und Hellenthal mit Ausnahme von Stolpersteinen „judenfrei“. In Kyll, Blumenthal und anderen Städtchen hat es Synagogen gegeben.

Ab 1935 werden Juden in Polen benachteiligt. Viele Juden verlassen Polen in Richtung Belgien. Während des Bombenkrieges müssen Belgier auf Geheiß der deutschen Besatzer nachts zu Hause bleiben, was heute an Corona erinnert.

Was wäre, wenn der Jude Jesus den Nazis in die Hände gefallen wäre? Hätten sie ihn erneut ans Kreuz genagelt? Um unerkannt zu blieben, verwandelt sich der Rabbiner von Lüttich in einen katholischen Priester. 1942 zu Beginn des Seekrieges werden in der Nordsee ungewöhnlich viele Fische gefangen.

Akkurat wird der Alltag der jüdischen Kinder in der Abtei beschrieben.
In der Bibliothek der Abtei prangt Ciceros Satz:
Ein Haus ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele.
Ein Triptychon, gemalt von einem jüdischen Kind:
In der Mitte: Jesu ist so schnell zum Himmel aufgefahren, dass am oberen Rand nur noch seine Füße zu sehen sind. Rechts erscheint die Flucht nach Ägypten: Man sieht nur noch den Schwanz des Esels. Links bleibt das Blatt weiß und leer: Die Unbefleckte Empfängnis!


Die meisten jüdischen Kinder erhalten Taufunterricht. Nach der Taufe werden aus den verfolgten Juden gewöhnliche Jungen, gar Messdiener. Auch der Stoffhase, Pierres Kuscheltier, wird (heimlich) getauft. Dass Pierre und der Hase kein Wort der lateinischen Texte verstehen, macht ihnen nichts aus. Auch in der Synagoge haben die beiden kein Wort verstanden. Im Klingelbeutel finden sich neben Pfennigen, Kieselsteinen und Hosenknöpfen auch kleine Kostbarkeiten wie Glasmurmeln und Lebensmittelmarken. In der Not dient ein weiß getünchter Leichenwagen als Hochzeitskutsche. Viele katholische Priester kommen ins KZ. Kirchenglocken werden ins Reich verschleppt, um sie in Waffen zu verwandeln. Eine Predigt lautet: Auch die Römer waren Besatzer, nämlich Besatzer der Juden.

Zum Ende des Buches wird es erneut spannend. Beschrieben wird der letzte Kampf der Reichswehr auf belgischen Boden. Hier findet Roro der Hase seine neue Bestimmung. Überlebende jüdischen Kinder werden von US-Soldaten auf Waffen untersucht. Hätte es nicht gereicht, die Hosen herunter zu lassen?

Im Raum Lüttich kommen 2.400 belgische Zivilisten durch abgeworfene deutsche Bomben ums Leben. Sie werden sogar mit den deutschen Wunderwaffen V1 und V2 umgebracht.

Fazit: Gemeinsamer jüdischer und katholischer Glaube lautet:
Den wahren Frieden wird erst der Messias bringen.

Das Buch ist es Wert, gelesen zu werden.

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Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.