Professor Dr. Dr. hc. Hermann Lübbe zählt zu den einflußreichsten Philosophen in der Bundesrepublik. Zuletzt sind von ihm folgende Bücher erschienen: Vom Parteigenossen zum Bundesbürger. Über beschwiegene und historisierte Vergangenheiten. München, 2007; Die Zivilisationsökumene. Globalisierung kulturell, technisch und politisch. München, 2005; Religion nach der Aufklärung. München, 2004; Modernisierungsgewinner. Religion, Geschichtssinn, Direkte Demokratie und Moral. München, 2004.
Nie war eine Gegenwart vergangenheitsinteressierter als unsere eigene. Je moderner wir leben, umso ausgreifender entwickeln sich kulturell Tendenzen der Selbsthistorisierung. Exemplarisch heisst das: Die Zeitabstände zwischen den Feiern zur Erinnerung an ein- und dasselbe Ereignis verkürzen sich. Universitätsjubiläen des grossen Stils, zwischen denen früher viele Jahrzehnte liegen durften, werden heute bereits nach Ablauf von zwei Lustren abermals fällig1. Auch für das Gymnasium Ulricianum, die Schule Rudolf Euckens zu Aurich in Ostfriesland, gilt das: Es versteht sich von selbst, dass diese regional berühmte Anstalt im Jahre 1996 ihrer Gründung 350 Jahre zuvor in einer langen Reihe von Veranstaltungen feiernd gedachte und in einer Festschrift überdies ihre Geschichte vorstellte2. Fünfzig Jahre zuvor hatte man sich natürlich auch schon, unbeschadet der Notlagen ein Jahr nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs, zu einer würdigen Feier versammelt3. Neu ist, dass inzwischen sogar die rundzahlige Wiederkehr des Datums der Verleihung des Nobelpreises an einen Schüler des Gymnasiums als Anlass für eine Erinnerungsveranstaltung ausreicht. In der immerhin sechseitigen Überblicks-Chronologie, die der 1996er Festschrift vorangestellt war, hatte man angemessener Weise die „Gründung des Schülerrudervereins ‚Argo’“ im Jahre 1905 notiert oder auch die Aufnahme der ersten Mädchen in die „Sexta“ im Jahre 1923. Rudolf Euckens Nobel-Ehrung 1908 hingegen blieb unerwähnt – wie denn auch im Übrigen die Festschrift diskreterweise vermied, die Namen ihrer Schüler ausdrücklich zu nennen, die durch herausragende Lebensleistungen bekannt geworden sind.
Nobelpreisverleihungen werden gefeiert, seit es sie gibt, also seit 1901. Neu also ist, dass jetzt auch Erinnerungen an diese Preisverleihungen als Feieranlässe gelten. Darauf stellt man sich 2008 nicht nur in Aurich ein. Im Leibniz-Saal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, zum Beispiel, ehrt man am 12. Dezember Paul Ehrlich und Elie Metchnikoff. Das Department of Immunology des Max-Planck-Insitute for Infection Biology zu Berlin richtet eine Konferenz zur Vergegenwärtigung der wissenschaftshistorischen Leistung der beiden genannten Nobelpreisträger des Jahres 1908 aus4. Der Bekanntheitsgrad des Nobelpreises selbst ist heute ungleich grösser als der Bekanntheitsgrad vieler seiner Träger. Das erlaubt es, Veranstaltungen zur Erinnerung an Nobelpreisverleihungen für die Neuvergegenwärtigung der Leistungen von Persönlichkeiten zu nutzen, die im öffentlichen Gedächtnis kaum noch präsent sind. Eben das gilt auch für Rudolf Eucken.
Es ist ein Charakteristikum totalitärer Systeme, dass sie ihre Hand möglichst auf alles Bedeutende legen, sofern es nicht als ideologisch „untragbar“ zu verfemen und auszusondern war. Zwingende Gründe, die Werke Rudolf Euckens in den Giftschrank zu tun, hatte die nationalsozialistische Kulturzensur nicht. Das Bild Rudolf Euckens in der deutschen Öffentlichkeit verblasste in den dreissiger Jahren kraft Desinteresses. Befragt, wer denn unter den jüngeren Philosophen gegenwärtig der wichtigste sei, hätten wir als Schüler damals am ehesten Nietzsche genannt. Im Schülerverein „Amicitia“, der literarische Interessen kultivierte, wurde die Philosophie sonst kaum beachtet, wohl aber in mehreren Vorträgen die Lehre Nietzsches, und von der Redeweise der „Umwertung aller Werte“, die ja damals auch in der politischen Realität eine Entsprechung hatte, fand ich mich, fünzehnjährig, beeindruckt. Sprüche dieser extremen Art sind also bei Nietzsche, nicht aber bei Eucken zu finden. Dazu will passen, dass im Schulunterricht von Rudolf Eucken nach meiner Erinnerung nicht die Rede war. In der Aula hing immerhin ein Eucken-Protrait. Aber die Bekanntmachung damit fand beiläufig auf Nachfrage statt, und auch auf dem Stützgebälk des Tonnengewölbes der Aula, das mit kanonischen Sinnsprüchen europäischer Tradition beschriftet war, fand sich ein Eucken-Zitat nicht, wohl aber ein Ungemeinspruch Nietzsches.
In diesen Nachrang hinter Nietzsche befand sich Eucken also schon vor dem Ersten Weltkrieg in seiner eigenen Schule versetzt, so dass das Desinteresse, dem seine Philosophie in den dreissiger und vierziger Jahren anheim fiel, als solches nicht einmal auffiel. Hätte man während der Diktatur der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Eucken explizit und öffentlichkeitswirksam ideologiepolitisch abgeurteilt, so hätte allein das schon in der zweiten deutschen Demokratie, spätestens in den fünfziger Jahren, eine Neuvergegenwärtigung seines Lebenswerkes bewirken müssen. Stattdessen verblieb Eucken fortdauernd im Schatten des Publikumsinteresses. Sogar noch gelegentliche Eucken-Artikel in der ostfriesischen Presse belegen das. „Weltweit in Vergessenheit geraten“ – so titelte ein sehr guter „Beitrag zur Wirkungsgeschichte“ der Philosophie Euckens aus der Feder von Jens Aden in den Ostfriesischen Nachrichten5. Als Kuriosum passt dazu der Bericht über eine Sitzung des Auricher Schul- und Kulturausschusses im Sommer des Jahre 1991, in der ein Antrag auf Errichtung eines Denkmals für Rudolf Eucken zu verhandeln gewesen wäre. Stattdessen fanden sich die Ausschussmitglieder mit den „geistigen Höhenflügen“ einer Vorlesung über die „Gedankenwelt“ Rudolf Euckens konfrontiert, den erst ein Antrag zur Geschäftsordnung zu beenden vermocht habe: „Bloss weiter in der Tagesordnung!“6.
Zum Glück gibt es Institutionen professionalisierter Vergangenheitsvergegenwärtigung, die heute ihre Arbeit einigermassen unabhängig vom massenmedial manifesten Wandel des Publikumsinteresses tun können – so die Ostfriesische Landschaft, die in ihrer seit 1993 sich fortsetzenden Sammlung von biographischen Artikeln über ostfriesische Persönlichkeiten selbstverständlich auch Rudolf Eucken neu vorstellen liess, und das angemessenerweise sogleich im ersten Band dieser Sammlung7. Im Übrigen ist unübersehbar, dass es heute die Nobelpreisträgerschaft Euckens ist, die sein Lebenswerk erinnerungspflichtig macht – so 2007 sogar in Breslau8, und so auch heute für das Auricher Gymnasium 2008 mit diesem öffentlichen Vortrag. Noch einmal also: Die Publizität des Nobelpreises ist es, die heute mehr als alles andere die Aufmerksamkeit auf Rudolf Eucken lenkt. Es hat aus heutiger Perspektive gesehen keine Evidenz, dass Rudolf Eucken mit diesem Preis auszuzeichnen war. Man muss es historisch erklären.
Unbeschadet des hohen Ansehens, das Alfred Nobel als Stifter des seither nach ihm benannten Preises genoss, war zu beginn des 20. Jahrhunderts die öffentliche Geltung und sonstige Publizität des Preises selbst ungleich geringer als heute. Daraus folgt selbstverständlich nicht, dass man damals bei der Auswahl preiswürdiger Kandidaten weniger anspruchsvoll als heute hätte sein können und deswegen schliesslich an den heute so gut wie unbekannten ostfriesischen Professor in Jena geraten sein mochte. Das Prestigegefälle verlief damals umgekehrt. Rudolf Eucken erreichte mit seinen Reden und Schriften im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts weit über die deutschen Grenzen hinaus Europa, ja er fand damals im „Auslande verhältnismässig mehr Anerkennung … als in Deutschland“9. Der Name des Autors Rudolf Eucken hatte international und in den skandinavischen Ländern zumal Berühmtheit. Er war somit geeignet, das Ansehen des jungen Preises seinerseits zu steigern. Das ist für das Verständnis der Verleihung des Preises an Rudolf Eucken wichtig. Erklärungsbedürftig bleibt, wieso denn fachlich Rudolf Eucken überhaupt als Preisträger in Frage kam. Einen Nobelpreis für Philosophie gab es ja nicht. Das Werk Rudolf Euckens wurde mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Autoren, die nicht Autoren so genannter Schöner Literatur sind, ist freilich in der Geschichte des Nobelpreises immer wieder einmal vorgekommen und in seiner Frühgeschichte sogar häufiger als später. Zu den frühesten Nobelliteraten gehört bekanntlich der Schleswiger Jurist und Altertumswissenschafter Theodor Mommsen. Er erhielt den Preis bereits im Jahre 1902, und man darf auch heute noch finden: Zu Recht. In der Geschichte der deutschen Literatur repräsentiert die Gelehrtenprosa des 19. Jahrhunderts eine eigene grosse Epoche, und sogar für die Wissenschaftsprosa bedeutender Naturforscher gilt das – von Hermann von Helmholtz bis zu Ernst Mach. Auch unter den Historikern findet man bedeutende Stilisten in grosser Zahl, so dass insoweit die Auszeichnung Theodor Mommsens sogar einen Charakter von Zufälligkeit hat. Ohnehin spielt ja in der Geschichte vieler Preise der Zufall eine bedeutende Rolle, nämlich überall dort, wo die Anzahl würdiger Preiskandidaten ungleich grösser ist als die Zahl der zu verleihenden Preise, und in der Geschichte des Nobelpreises hat sich diese Disproportionalität aus etlichen indisponiblen Gründen sogar noch verschärft. Aber je stärker der Zufall hier mitspielt und in Relation zur wachsenden Zahl preiswürdiger Kandidaten sekundäre Faktoren den Ausschlag geben, umso grösser ist zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass die Ehrung jeweils einen unzweifelhaft Würdigen trifft – so zum Beispiel 1953 unter den Historikern Winston Churchill, der als glänzender Stilist in seiner Geschichte des Zweiten Weltkriegs, wie Caesar den Gallischen Krieg, eine wichtige Epoche der Weltgeschichte beschreibt, die er in Siegerrolle zuvor selber mitgeprägt hatte.
Philosophen sind gesamthaft vier Mal mit dem Literaturnobelpreis geehrt worden, und Rudolf Eucken war der erste unter ihnen. Ihm folgte neunzehn Jahre später Henri Bergson. Diese Bergson-Ehrung bestätigte zugleich das gute Recht der Ehrung Euckens im Jahre 1908 zuvor. Bergson gehörte zu den Verehrern Euckens in Frankreich, hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg die Übersetzung des Eucken’schen Buches „Der Sinn und Wert des Lebens10 ins Französische veranlasst, und er verfasste dazu sogar ein Vorwort11. 1950 erhielt dann Bertrand Russell, der grosse britische Mathematik-Philosoph, den Literaturnobelpreis – freilich nicht für seinen Beitrag zur Begründung der mathematischen Logik, vielmehr für seine literarisch kompetente und publikumswirksame Gesamtdarstellung der Philosophie des „Westens“ sowie als kultur- und sozialkritisch wirksamer Moralist. 1964 wurde dann auch noch Jean-Paul Sartre der Nobelpreis zugesprochen. Unzweifelhaft hat sich Sartre auch in seinen im engeren fachlichen Sinne philosophischen Werken als grosser Autor erwiesen. Aber ein literarisches Genie, der mit seinen Stücken Theatergeschichte gemacht hat, ist ja Sartre ausserdem. Kraft seines weltweiten Ruhmes konnte er dann sogar noch mit seiner Weigerung, den Nobelpreis anzunehmen, einigen Effekt machen.
Mit Rudolf Eucken beginnt also eine kleine Reihe bedeutender Philosophen, die auch als Literaten nobelpreisgekrönt worden sind. Indessen: Als Stilist hält Eucken einen Vergleich mit den später Geehrten nicht aus. Auch wenn es sich darum handelte, über die exemplarisch genannten Professoren Helmholtz und Mach hinaus die Reihe der grossen Wissenschaftsprosaisten deutscher Sprache zu verlängern, so würde einem Eucken, neben DuBois-Reymond oder Treitschke zum Beispiel, nicht einmal einfallen wollen. Er schreibt ein gymnasial wohlgeschultes Deutsch, das in der Sicherheit seiner Beherrschung leserfreundlicher Hypotaxen Prägungen durch die Kunst der Übersetzung lateinischer Prosa verrät. Von literarischen Prätentionen sind Euckens Texte gänzlich frei, was ihnen zu Gute kommt, und soweit Eucken, statt seine Philosophie vorzutragen, sich erzählerisch äussert, autobiographisch zum Beispiel, schreibt er gefällig. Seine „Lebenserinnerungen“ bereiten Lesevergnügen, und seine Kunst, die Fülle kulturgeschichtlich und sozialgeschichtlich, auch politisch signifikanter Details narrativ zu ordnen, ist respektabel. Aber überraschend sorglos schreibt er doch auch, und man stutzt, im Bericht über „Land und Leute“ Ostfrieslands bereits auf den ersten zwei Seiten der Charakteristik „eigentümlich“ sechs Mal zu begegnen12. Seine Deutsch-Lehrer hätten das in Aufsatztexten am Rand mit der Mahnung „Wechsel im Ausdruck!“ kommentiert. Dazu passt die Ungeniertheit, mit der sich Eucken auch in seinen philosophischen Texten Wiederholungen gestattet. Gewiss: Wer Wichtiges zu sagen hat, muss sich wiederholen, und auch die Texte der Klassiker deutscher Philosophie sind wiederholungsträchtig – von Kant bis Fichte. Wiederholungen sind tatsächlich nötig, wenn es sich um die Neuvergegenwärtigung der Kontexte handelt, die in jeweils nächsten Schritten die Einführung neuer Konzepte und Theoreme nahe legen, ja erzwingen. Just solche „Anstrengung des Begriffs“, wie Hegel das nannte, und darüber hinaus die Bemühung, Deskriptionen und Argumentationen auf ihre theoretischen Quintessenzen zu bringen, fehlen in den spätern philosophischen Arbeiten Euckens nahezu vollständig. Das verleiht seinen publikumswirksamen Büchern eine stilistische Qualität, die sich durch die Lizenz charakterisieren liesse, die sie ihren Lesern einräumen –: Sie lassen sich ohne grosse Verluste „diagonal“ lesen. Stets hat man es mit den allergrössten Themen zu tun. Von Gott und Welt ist buchstäblich die Rede, von Leben und Tod, von Kultur und Natur und von Tugend und Tat. Aber nach über dreihundert, gar vierhundert Seiten der Lektüre einschlägiger Philosophie fühlt man sich schliesslich wie nach einer allzu lang geratenen guten Predigt – erhoben bei nur geringer Verbesserung eigener Weltkenntnis.
Ein Schöpfer von Sprachkunstwerken war also in der Person Rudolf Euckens nicht zu ehren. Entsprechend war diese Ehrung – anders als neunzehn Jahre später die Zuerkennung des Nobelpreises für Literatur an den Philosophen und grossen Stilisten Henri Bergson13 – nicht unumstritten. Immerhin wurde auch Algernon Ch. Swinburne vorgeschlagen und mit ihm ein bei den Freunden der Lyrik in aller Welt bekannter Dichter – hochgeschätzt, wenn auch wegen seiner ästhetischen Avantgardismen nicht populär. Populär aber war in unüberbietbarer Weise die schwedische Schriftstellerin Selma Lagerlöf, die überdies mit ihrer Geschichte von Gösta Berlings Saga schwedisches Leben bekannt gemacht hatte und den Bücherfreunden unter den Kindern mit Nils Holgersons wunderbarer Reise auf dem Rücken der Wildgänse ein Buch geschenkt, das zu einem Klassiker der Jugendliteratur werden sollte. Dass überdies auch noch Elisabeth Förster-Nietzsche als Kandidatin fungierte, ging auf den Aussenseiter-Vorschlag einiger Deutscher zurück, die anstelle des bereits verstorbenen Friederich Nietzsche immerhin seine Schwester geehrte sehen wollten. In der Person Nietzsches hätte man es in der Tat mit einem Autor zu tun gehabt, den man als Meister eines ebenso anspruchsvollen wie mühelosen Gebrauchs deutscher Sprache mit Schopenhauer und in einigen Hinsichten sogar mit Heine vergleichen kann. Aber die Verdienste Elisabeth Förster-Nietzsches als seine Biographin und eigenwillig-beflissene Promotorin boten dafür kein literaturpreiswürdiges Äquivalent. Sie kam nicht in Betracht. Auf Swinburne’s esoterische Lyrik reagierten die Mitglieder des Preiskomitee teils enthusiasmiert, teils befremdet. Selma Lagerlöfs Preiswürdigkeit war allseits unumstritten und hatte überdies die öffentliche Meinung Schwedens für sich. Dennoch entschied sich das Komitee schlussendlich für Rudolf Eucken14. Dafür dürfte die Unterstützung des Vorschlags Eucken durch Vitalis Norström ausschlaggebend gewesen sein. Norström, Professor in Göteborg, repräsentierte in Schweden wie kein anderer die jüngeren kulturphilosophischen Traditionen Deutschlands. Näherhin war ihm die Religionsphilosophie Rudolf Euckens wichtig geworden15. Über die Rezeption dieses Buches in Schweden entwickelt sich zwischen Norström und Eucken ein Freundschaftsverhältnis, das bis zum Tode Norströms im November 1916 dauerte. Sogar der schwedische König, so erzählte Eucken, soll sich „eingehend“ mit seiner religionsphilosophischen Hauptschrift und überhaupt mit seinen „Bestrebungen“ beschäftigt haben16. Kurz: Norströms Vorschlag, Rudolf Eucken zum Preisträger zu erheben, hatte eine innerschwedische Vorgeschichte, und man folgte ihm17. Die darüber hintangesetzte Verleihung des Nobelpreises an Selma Lagerlöf erfolgte im Jahr darauf, in welchem Swinburne starb und somit ungekrönt in die Literaturgeschichte einging. Elisabeth Föster-Nietzsches Kandidatur blieb indiskutabel.
Alfred Nobel, der Preisstifter, hatte verfügt, der Preis solle der Auszeichnung ‚idealistischer Gesinnungen’ dienen. Dem entsprach tatsächlich das damals bereits vorliegende Oeuvre Rudolf Euckens in idealer Weise, und wenn nicht in glanzvoller literarischer Gestalt, so doch leserfreundlich, bestsellerfähig und überdies leicht übersetzbar. Es wäre also jetzt mitzuteilen, was man sich denn unter einer „idealistischen Gesinnung“ vorzustellen habe, und näherhin: Wie sich diese Gesinnung im Werke Rudolf Euckens ausprägt. Der Versuch, das mitzuteilen, ist der mit Abstand anspruchvollste Teil dieser Erinnerung an den Nobelpreisträger Rudolf Eucken, und ich möchte versuchen, dabei ohne jene ‚geistigen Höhenflüge’ auszukommen, an deren aufmerksamkeitstötender Wirkung, wie berichtet, bereits 1991 ein Vorschlag zur neuerlichen Ehrung Euckens im Auricher Schul- und Kulturausschuss scheiterte18.
Das Wort „Idealismus“ ist heute im Umgangsdeutsch nicht mehr gebräuchlich und im Bildungsdeutsch ebensowenig. Verständlich ist es gleichwohl geblieben – in der Wendung zum Beispiel, die totalitären Bewegungen nationalsozialistischer wie internationalsozialsozialistischer Prägung hätten den „Idealismus der Jugend missbraucht“. Diese Wendung will zugleich wissen, dass „Idealismus“ im Ablauf der Lebensalter jugendspezifisch sei. Das passt zum historischen Faktum, dass die auffälligste deutsche Jugendbewegung, die sich zu Euckens Lebenszeit um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert erhob, sich dem „Idealismus“ verpflichtet wusste. Prominente deutsche Philosophen wirkten als Inspiratoren und Führer dieses Bewegung – Paul Natorp zum Beispiel mit seinem „Sozialidealismus“, der die Erziehung zur „Gemeinschaft“ als „ewige Aufgabe“ der Jugendbildung herausstellte19.
Als deutscher Gross-Klassiker dieses Erziehungsidealismus galt damals Fichte, und noch zu meiner eigener Schüler-Zeit wurde bei feierlichen Anlässen gern ein Satz zitiert, der zwar nicht von Fichte selbst stammt, aber zu seiner Wirkungsgeschichte gehört. Der Satz lautet: „Und handeln sollst Du so als hinge von Dir und Deinem Tun allein das Schicksal ab der deutschen Dinge und die Verantwortung wär’ Dein!“ Die Situation, in die man sich damit hinein versetzt, ist zwar vollendet fiktiv. Aber der gute Wille erhebt sich zu schlackenloser Selbstlosigkeit und in eben diesem Sinn zum „Idealismus“. Man könnte zur Ultrakurzcharakteristik des Idealisten auch Heinrich Heine zitieren: „Weder durch Furcht noch durch Eigennutz“ zu lenken20.
Das hört sich gut an. Aber ohne Zusatzauskünfte wissen wir nicht, mit wem wir es eigentlich bei einem Menschen, auf den diese Charakteristik passen würde, zu tun haben. Es kann sich um einen Helfer handeln, der mit dem Risiko, das eigene Leben zu verlieren, ein anderes rettet. Idealist – das ist auch der Held, der den Kampf mit der Tyrannei aufnimmt, und schliesslich der ideologische Fanatiker in seiner schrankenlosen Selbstaufopferungsbereitschaft auch noch. Alsdann setzt der politische Idealismus im Extremfall sogar Potenziale der Gewalt frei und legitimiert sie. Es liegt in Deutschland nahe, sich bei einer Neuvergegenwärtigung des Neu-Idealismus an diese Zusammenhänge zu erinnern. Der Eucken’sche Aufruf, „mit aller sinnlichen Gebundenheit“ zu brechen und eine Subjektivität auszubilden, die sich ganz „auf sich selber stellt“, will uns in „eine andere Welt“ führen21. Sogar vom „Übermenschlichen im Menschen“ ist die Rede und von der Notwendigkeit „eines Zusammenschlusses der Streiter für eine echte Geisteskultur zu einer Gemeinschaft“22. Liest man überdies, die Deutschen hätten „Fremdes…oft zu bereitwillig aufgenommen“ – „von den westlichen Völkern“ zum Beispiel „politische Ideale“ einer „Demokratie“, die „sehr verschieden“ sei von derjenigen, die „wir gemäss unserer Art fordern“ müssten23 – so glaubt man zu sehen, auch Rudolf Eucken bewege sich auf jenen deutschen Sonderwegen, die schliesslich in die Katastrophe des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs führten. Allerlei Textstellen, die diesen Eindruck zu bestätigen schienen, liessen sich anführen – zum Beispiel die Wendung, erst widergewonnener Selbstgewissheit sei es möglich, „der ganzen Umwelt den Kampf“ anzusagen24. Ein „Bruch“, so heisst es radikal, mit bisherigen Lebensverhältnissen sei nötig. Der „Abbruch“ dieser Verhältnisse verlange „Entscheidung und Tat“, und gegen das ‚Alte’ sei das ‚Neue’ „immerfort aufrecht zu erhalten, immerfort durchzusetzen“25 usf.
Das klingt wie die Beschwörung einer Ausnahmelage, in der es ums Ganze geht, die uns alles abverlangt und die uns, sofern wir uns ihr gewachsen zeigen, uns von Grund auf verwandeln wird. Den Entwurf der neuen Lebensordnung, die aus der Entscheidung zum besseren Selbst hervorgehen müsste, finden wir bei Rudolf Eucken nicht. Aber damit waren ja in Deutschland zwischen den Kriegen andere Intellektuelle und insbesondere auch die politischen Ideologen unter ihnen längst beschäftigt. Die politischen Parteien formierten sich, die keine Frage nach dem Woher und Wohin offen liessen und sich entsprechend im Monopolbesitz ihrer jeweiligen Antwort wussten – links wie rechts. Nicht, dass sich die Philosophie Rudolf Euckens damit inhaltlich in Verbindung bringen liesse. Aber für seine heutigen deutschen Lesern liegt es nahe zu vermuten, dass er mit dem hohen Predigtton seiner Aufbruchs- und Erweckungsphilosophie seinen Hörern und Lesern, bei den jugendlichen unter ihnen zumal, jenes Gewissheitsverlangen intensivierte, das später die modernen Grossideologien zu bedienen wussten. Dem entspricht, dass das gegenwärtig mit Abstand sich am häufigsten bekundende Interesse am Werk Rudolf Euckens seinen Beiträgen zu den mannigfachen publizistischen Bemühungen deutscher Philosophen, Historiker und sonstiger Intellektueller gilt, den Ersten Weltkrieg als einen Kultur- und Weltanschauungskampf zu deuten. Von diesem Interesse war auch schon meine eigene Darstellung Eucken’scher Philosophie im Kontext der „Ideen von 1914“26 geleitet. Inzwischen gibt es zu diesem Thema eine umfassende, um nicht zu sagen: Eine erschöpfende Literatur partiell erstrangiger Qualität27. Naheliegenderweise steht in dieser Literatur die Suche nach den Besonderheiten deutschen ‚Beisichselbstseins’, wie Rudolf Eucken es nannte28, das sich im Ersten Weltkrieg als selbstisolationsträchtig erweisen sollte und in der Katastrophe des Zweiten Weltkrieg sein Ende fand. Die Wirkungszusammenhänge, die man hier zu sehen bekommt, sind real. Aber Formen distanzwahrender Teilhabe an ihnen gibt es auch. Das gilt unter den deutschen Weltkriegsphilosophen für Georg Simmel wie für Max Scheler, für Ernst Troeltsch ohnehin und auch für Rudolf Eucken. Man sieht es, wenn man gegenwärtig hält, dasss ja die Geltung Rudolf Euckens, wie sie sich in der Verleihung des Nobelpreises an ihn bekundet, bereits vor dem Ersten Weltkrieg ihrerseits eine Weltgeltung war. Das bedeutet: Rudolf Eucken wird man nur dann gerecht, wenn man seine Kulturphilosophie als eine Expression von intellektuellen Erfahrungen mit Modernisierungsprozessen versteht, in denen die lesende Zeitgenossenschaft weltweit eigene Erfahrungen wieder fand – in Schweden wie in den Niederlanden, in Frankreich wie in den USA, in einigen Hinsichten in Grossbritannien sogar und in Kreisen modernisierungsbesorgter Asiaten auch noch29. Zivilisationskritik ist im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts tatsächlich ein schwergewichtiges deutsches Thema, und Rudolf Eucken ist ein damals herausragender Repräsentant dieser Zivilisationskritik30. Aber die Selbstkritik der Moderne ist so alt wie diese selbst und somit auch die Reichweite ihrer Verbreitung, und auch in ihrer „neuidealistischen“ deutschen Gestalt, die ihr Eucken verlieh, erkannte man sich anderswo wieder, und Eucken durft sogar sagen, dass sein „Wirken“ „im Ausland verhältnismässig mehr Anerkennung fand als in Deutschland“ und überdies „mehr Wärme und mehr Unbefangenheit“ in der Zuwendung zu seiner Philosophie31. Entsprechend muss man bei einer Neuvergegenwärtigung der Philosophie Rudolf Euckens sich auch auf diejenigen Inhalte beziehen, die unbeschadet ihrer deutschkulturellen Prägung sich als international aneignungsfähig erwiesen haben. Deutscher Neuidealismus international – das ist das Thema.
Dazu eignet sich in der Absicht, die Sache kurz und zugleich anschaulich zu machen, die Präsentation der neuidealistischen „Weltanschauung“ Euckens vor dem Hintergrund der konträren „Weltanschauung“ des gleichfalls in Jena lehrenden und seinerseits weltbekannten Zoologen Ernst Haeckel, der wie kein anderer die evolutionstheoretischen Hypothesen Charles Darwin’s in Deutschland weit über die Grenzen der akademischen Einrichtungen hinaus publikumswirksam gemacht hat. Haeckel schrieb bereits in den späten sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine „Natürliche Schöpfungsgeschichte“32 und erhob mit diesem Titel den Anspruch, endlich wissenschaftlich, methodisch diszipliniert und empirisch begründet, uns mit der Entwicklung des Lebens auf der Erde bekannt zu machen und damit den mythisch-fiktiven biblischen Schöpfungsbericht abzulösen. 1899 erschien einer der erfolgreichsten Titel der Wissenschaftskulturgeschichte, Haeckels „Welträtsel“, die endlich gelösten selbstverständlich33. Als „Glaubensbekenntnis eines Naturforschers“ plakatierte Haeckel sein Weltwissen34. Die Gründung des Monistenbundes 1906 wurde als Gründung einer Kirche endlich empiriefähig gewordener Aufgeklärter gefeiert. Wilhelm Ostwald, Professor für Physikalische Chemie und Nobelpreisträger des Jahres 1909, hielt wissenschaftliche „Sonntagspredigten“ zur Hauptgottesdienstzeit. Man war sich sicher, dass die Alt-Gläubigen den Kirchen alsbald davonlaufen würden und projektierte die Neunutzung der Kirchengebäude als Schauhäuser unserer naturgeschichtlichen Herkunft.
Zu dieser Selbststilisierung kulturkämpferisch gesinnter Naturwissenschafter und Mediziner als Neugläubige einer Anti-Kirche verhält sich der seinerseits kulturkampfbereite Widerstand Altgläubiger genau komplementär. Der erste Deutsche Katholikentag in Frankfurt am Main diente nicht zuletzt der Errichtung eines antidarwinistischen kirchlichen Bollwerks. Der Skandal, den der feiernde Nachruf des prominenten Berliner Physiologen Emil DuBois-Reymond in der Akademie der Wissenschaften auf Darwin auslöste, beschäftigte im Frühjahr 1883 das Preussische Abgeordnetenhaus über zwei Sitzungstage35. Das möchte man heute ironisch kommentieren. Den Ernst der Sache erkennt man, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in 20. Jahrhundert tatsächliches oder vermeintliches naturwissenschaftliches Wissen im Kontext der Ideologien totalitärer Parteien den Status eines kanonisierten Weltbildes erlangte. An der Universität Jena war, sogar schon vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, die erste deutsche Professur für Rassenkunde eingerichtet worden und mit H.F.K. Günther besetzt36, und in der DDR, im Herrschaftsbereich des marxistisch-leninistischen Internationalsozialismus also, verteilte man zum Konfirmationsäquivalent der Jugendweihe das vom jeweiligen Einheitsparteiführer bevorwortete Buch „Weltall, Erde, Mensch“37 als Parteiweltbildbibel.
In diesem grossräumig skizzierten Scenario von Kulturkämpfen um das richtige Weltbild hat auch der Weltanschauungsphilosoph Rudolf Eucken seinen wohlbestimmbaren Ort – zunächst als Antipode Ernst Haeckels am Platze Jena und darüber hinaus im weitgespannten Wirkungsbereich dieser beiden publizistisch kompetenten Weltbildpropagandisten. Auf die Seite des kirchenoffiziellen Anti-Darwinismus, der Schöpfungsglaube und Evolutionstheorie für unvereinbar hielt, schlug er sich nicht. Überhaupt war er der zivilisatorischen Entwicklung einschliesslich der dramatischen Fortschritte der Naturwissenschaften und der Technik gegenüber stets aufgeschlossen. Im Frühstadium seines Studiums an der Universität Göttingen erwog er, statt „Philologie“ doch lieber „Naturwissenschaft und Mathematik“ zu studieren – passend zur Vorliebe für die „Algebra“ schon im Schüler-Alter sowie zum „Stoffhunger“ eines Realienliebhabers, der „regelmässig morgens um 5 Uhr“ aufstand und kraft seiner Fähigkeit, kontingente Informationen zu ordnen, in der Lage war, mit Sinngewinn „ganze Bände eines Konversations-Lexikons rasch“ durchzulesen. Dass er dann doch wieder „den Geisteswissenschaften“ sich zuwandte, beruhte zunächst auf den Zufälligkeiten motivierender Anerkennung früher studentischer Leitungen auch auf diesem Feld38. Für die Evidenzen der Wohlfahrt, wie sie erst mit der modernen Zivilisation möglich wurden, blieb er zeitlebens aufgeschlossen und wusste, dass ohne die unwidersprechlichen Lebensvorzüge dieser Zivilisation ihre Dynamik gar nicht erklärbar wäre. Eucken rühmt auch die ‚technischen Erfindung’, die, zum Beispiel, „den Verkehr unermesslich erleichtern, die wirtschaftliche Arbeit beleben, die bisherige Produktionsart verändern“ und so eine nie zuvor gekannte „Hebung des wirtschaftlichen, politischen und sozialen Zusammenseins“ bewirken. Er rühmt mit Alexander von Humboldt, der mit seinen Vorlesungen in der Berliner Singakademie „die bildende Kraft“, die neben den Geisteswissenschaften eben auch die Naturwissenschaften hätten, „weitern Kreisen“ zugänglich gemacht hätten39. Er besuchte sogar Industrieausstellungen, so 1870 die in Kassel40, er erkannte die politisierenden Wirkungen des Problems „der Verteilung der Güter“, schätzte das „Selbstständigwerden des Arbeiterstandes“ als ‚beträchtlichen Gewinn für das Ganze der Menschheit’ ein41, hielt es gerade deswegen für nötig, „dem orthodoxen Marxismus“ zu „widersprechen“42, möchte gleichwohl die Aufgabe, die marxistische Ökonomie „technisch zu prüfen“, den „Nationalökonomen“ überlassen43 – als überantwortet er bereits hier diese Aufgabe seinem Sohn Walter, der ja später als einer der Gründer des so genannten „Ordo-Liberalismus“ hervorgetreten ist, den wirtschaftspolitisch in der Frühgeschichte der Bundesrepublik wie kein anderer Ludwig Ehrhardt repräsentierte. Damit lässt sich zugleich die Meinung verbinden, dass auch Rudolf Eucken in seinen eigenen, freilich nie scharf hervortretenden politischen Optionen zu einem moderaten nationalen Liberalismus neigte. Dazu passt die Verehrung, mit der im Hause Eucken von Friedrich, dem Kaiser des Jahres 1888, gesprochen wurde, der als Studienfreund des Schwiegervaters von Rudolf Eucken, Arnold Passow, auch Eucken selbst zugewandt war44.
Das alles muss man mitsehen, um zu sehen, was Euckens zivilisationskritischer Einspruch gegen die anti-religiöse Weihe kulturell und politisch bedeutet, mit der spektakulär wie in keinem anderen Fall Ernst Haeckel und seine monistischen Kulturkampfgenossen das seinerzeit verfügbare wissenschaftliche Wissen zur massgebenden Weltanschauung zu erheben suchten. Wahr ist, das Euckens Einspruch konzeptuell weniger prägnant ist – unbeschadet seiner frühen Studien zur aristotelischen Philosophie analytisch anspruchslos, phänomenologisch anschauungsschwach und rhetorisch, statt argumentativ schlagend, im Ton säkularisierter Predigten klagend. „Was wäre eine Religion, die im Menschen nur ein Naturwesen sähe, nicht an ein Mehr in ihm glaubte und dies Mehr zu beleben suchte“45 – ein solcher Satz ist in seiner „positivismus“-kritischen, anti-monistischen Positionalität deutlich, das aber doch ohne erfolgreiche Bemühung einer Veranschaulichung jenes „Mehr“, die damals oder auch heute noch einem „Naturalisten“ einleuchtend machen könnte, wieso die Religion als kulturelle Lebensmacht durch erfolgreiche Bemühungen zur Emendation und Erweiterung unseres „positiven“, nämlich jeweils methodisch restringierten hypothetischen Wissens von der Welt, in der wir leben, weder widerlegt noch bestätigt wird. Ist der Mensch, so fragt Eucken, „ein gleichgültiges Stück eines seelenlosen Naturmechanismus, ein blosser Punkt neben Punkten, oder vermag er ein Mitarbeiter und Träger einer neuen Welt zu werden?“46 Diese Frage erreicht rhetorisch Gleichgesinnte, aber darüber, wie denn die „neue Welt“, um die sich alle Welt damals bemühte, auszusehen habe, las man doch bei den Positivisten, Monisten und sonstigen Weltanschauungsbündlern einschliesslich der bereits zur Partei gewordenen Sozialisten Genaueres.
Zusammenfassend gesagt: Rudolf Euckens philosophischer Neuidealismus ist, statt eine neue Weltanschauung, in Wahrheit eine emphatische Ermunterung, sich von Exzentrikern und intellektuellen Umwertern altvertrauter und fortdauernder, also klassischer Werte nicht verblüffen und irritieren zu lassen. Neue Tugenden werden über die ohnehin längst bekundeten hinaus selten benötigt. Die Moral lehrt, dass man sich ein Gewissen zu machen habe. Aber zugleich darf man das Zugeständnis, „unsere ganze geistige Entwicklung“ sei „ein grosser Irrtum“ gewesen, nicht leichtfertig machen. Man solle sein „Volk und seine Geschichte nicht … verleugnen“, müsse aber „vieles an Gleichgültigkeit und Trägheit … überwinden“47 etc. usw.
Tatsächlich gibt es Lagen, in denen es leider nötig sein mag, so zu reden. Ein grosses Publikum hat es um den Weltkrieg herum gern gehört, und wenn es auch bei weitem nicht alles war, was damals zu sagen war und hätte gehört werden sollen, so steht doch im Rückblick nichtsdestoweniger nichts entgegen zu wünschen, die Leserschaft Rudolf Euckens hätte sogar noch grösser sein mögen. Schliesslich wurde Eucken auch in der ersten deutschen Demokratie, in der Weimarer Republik, nicht zum Fremden. Sogar für seine Religionsphilosophie gilt das. „Positivisten“, „Monisten“, „Materialisten“ – sie stehen bei Rudolf Eucken, historisch zurecht, für die kulturelle und politisch folgenreiche Vorstellung, kulturevolutionär löse das wissenschaftliche Wissen die mythische Inhalte tradierter religiöser Weltbilder ab. In der Tat: Der biblische Schöpfungsbericht lässt sich im cognitiven Ernst nicht gegen die moderne Kosmologie und Evolutionstheorie verteidigen. Wer es, wie die so genannten „Creationisten“ in den USA oder auch die Zeugen Jehovas anderswo, dennoch tut, erscheint uns als ein kulturevolutionäres Relikt. Man erwartet freilich eine Erklärung, die uns verständlich macht, wieso diese Biblizisten sich zu halten vermögen, und Rudolf Eucken ist einer der Philosophen, die wirkungsreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts darauf beharrt haben, dass die Religion ein kulturelles Medium menschlicher Lebensverbringung ist, dessen Nötigkeit zu den Fortschritten des wissenschaftlichen Wissens sich grundsätzlich indifferent verhält und mit diesen Fortschritten in seiner Nötigkeit sogar aufdringlicher wird. Bezogen auf die „Schöpfung“ heisst das: Gelernt zu haben, dass unsere Erde, statt ihrer biblischen guten fünftausend Jahre, nach heutigem Kenntnisstand millionenmal älter sei, erhöht ja noch die Krassheit des existentiellen Faktums, dass man sich jeweils derzeit gänzlich ungefragt auf dieser Erde befindet, und „Religion“ nennen wir die Kultur, in der die Unausweichlichkeit unseres Einvernehmens mit dem gänzlich emanzipationsresistenten Faktum zu sein, statt nicht zu sein, gelehrt und gelebt wird.
So simpel hat Rudolf Eucken das nicht zu sagen riskiert. Er sagt stattdessen zum Beispiel: „Zur Religion drängt ein Verlangen nach mehr Tiefe und Festigkeit des Lebens, nach innerer Selbstständigkeit gegenüber dem Gewirr der Welt und nach Erhebung über das kleinmenschliche Getriebe. Ein Edleres und Höheres möchte der Mensch in seinem eigenen Wesen beleben und damit einem fremden, ja feindlichen Dasein überlegen werden“48. So oder so: Da der zivilisatorische Wandel mit Zuwachs an Wissen und Können an der Indisponibilität des Faktums, sich im Dasein schlicht vorzufinden, gar nichts ändert, ändert sich auch an der Nötigkeit einer Kultur des richtigen Umgangs mit diesem Faktum gar nichts, und nach jenem Abgesang auf die Religion darf man entsprechend mit ihrem ‚Wiedererwachen’ rechnen49. Das ist heute bekanntlich sogar in globalen Dimensionen zu einem kulturtheoretischen Thema ersten Ranges geworden50. Alt und zugleich nie vollständig veraltet – das ist der Zeitmodus, in der die Religion jeweils präsent ist und Rudolf Eucken zieht daraus in einer Ansprache an die Adresse sächsischer Theologen die Konsequenz, dass just die unbefangene Öffnung dem Neuen gegenüber das Unvergängliche sichtbar mache. „So lassen Sie uns, verehrte Herren, gemeinsam wirken nach bester Kraft, … rastlos arbeiten“ in der Überzeugung, dass „von dem Alten, das altert, lassen muss, wer das Alte festhalten will, das nie altert“51.
Es kommt hier nicht auf die Details der Eucken’schen Religionsphilosophie an. Interessanter sind seine das Christentum betreffenden kulturphilosophischen und kulturpolitischen Reflektionen und Optionen. Es sind Reflexionen und Optionen eines Liberalen. „Liberal“ – das heisst hier: Im Interesse der Zukunft der religiösen Kultur bei einer entschiedenen Trennung von Kirche und staatlich-politischer Ordnung engagiert. Die „Festhaltung des Christentums“, so schreibt er überraschend entschieden, müsse „mit einer verneinenden Stellung zu den Kirchen zusammen gehen“52. „Die Zusammenschmiedung der Kirche mit dem Staat“ erzeuge heute „ungehörigen Druck“, und der Fall Jatho, dass heisst das Disziplinarverfahren gegen einen evangelischen Pfarrer zu Köln gemäss einem neuen kirchlichen, polemisch gern so genannten „Irrlehregesetz“, diente auch ihm als Exempel53. Noch besser versteht man den religionspolitischen Gehalt dieser Liberalität, wenn man sie mit Euckens Ablehnung der bismarck’schen Kulturkampfpolitik in Verbindung bringt, die ihrerseits mit seiner Kritik an den Sozialistegesetzten einhergeht54. Über Konfessionsgrenzen hinweg bewegt er sich unbefangen, die gemeinsamen altkirchlichen Voraussetzungen der neuzeitlichen christlichen Kirchen waren von den Kirchenvätern bis zu Thomas von Aquin Gegenstand seiner historischen Interessen und Studien. Sein Christentum war ein Kulturchristentum bürgerlicher Prägung, nationalpolitisch und sozialpolitisch zukunftsbereit, im Verhältnis zu alterungsresistenten Traditionen herkunftstreu, durch die Geschichtsgewissheit der intellektuell bereits etablierten neuen Gross-Ideologien, weil doch die „Menschheitsgeschichte … kein Reich der Vernunft“ sei55, nicht verführbar, innerlichkeitsstabilisiert auch gegenüber den Zweifeln an der Zukunftsfähigkeit Deutschland am Ende des Ersten Weltkriegs, entsprechend mit Zuversicht auf eine enge „Verbindung seelischer Innerlichkeit und unermüdlicher Arbeit“ für den Neubeginn vertrauend56, dabei zugleich den Blick nach Aussen lenkend57 und das zumal auf die USA58. So, ungefähr, darf man, befremdlich anmutende und historisch erklärungsbedürftige Passagen des „Neuidealismus“ beiseite lassend, diejenigen Züge dieses „Idealismus“ zusammenfassen, die tatsächlich nahelegen, sie mit der „Kulturtheologie“ Ernst Troeltsch’ in Verbindung zu bringen als eine damit „verwandte Philosophie“59. Troeltsch selber gehörte zu den Lesern Rudolf Euckens, rezensierte dessen Buch „Der Kampf um einen geistigen Lebensinhalt“60, fand darin die nötige und „beginnende Reaktion gegen die Zeitrichtungen“, und abermals muss man weltanschauungshistorisch auf Haeckel verweisen, gegen den in Erinnerung zu bringen war, dass und wieso mit den Fortschritten des wissenschaftlichen Wissens von der Welt, in der wir leben, die religiöse Thematisierung dieser Welt und unseres Lebens in ihr keineswegs gegenstandlos wird61. Auch Friederich Meinecke äusserte sich ähnlich bewundernd: Rudolf Eucken habe „wesentlich mitgeholfen, das geistige Klima um die Jahrhundertwende zu veredeln“. Meinecke rezensierte ihn auch in der Historischen Zeitschrift, besuchte ihn und korrespondierte mit ihm62. Das und anderes mehr legt es nahe, auch Rudolf Eucken dem partiell in der erläuterten Weise kulturprotestantisch63 geprägten Kreis der Persönlichkeiten zuzuzählen, die die bürgerliche Kultur in die Weimarer Republik transferierten, und das in der Absicht, diese Republik lebensfähig zu machen. Dazu will passen, dass es in der Heimatstadt Euckens der demokratisch und vernunftrepublikanisch engagierte Bürgermeister Karl Anklam war, der den Ratsbeschluss veranlasste, der in den späten zwanziger Jahren die schönste und längste Allee der Heimatstadt Eucken vom „Neuen Weg“ zur „Rudolf-Eucken-Allee“ machte64.
Die Philosophie Rudolf Euckens markiert Fronten in weltanschaulichen Auseinandersetzungen. Aber der Grad der Politisierung dieser Auseinandersetzungen bleibt gering. Parteienbildend wirkt er nicht. Er hält sich vielmehr im moderaten Kontext bürgerlicher Kultur, wirkt vereinsbildend, sammelt „Geister“65, will durch Neuvergegenwärtigung geltungsgeschwächter Traditionen die Gegenwart zukunftsfähiger machen, vermeidet Polarisierung durch Anerkennung des guten Recht von Meinungen, die erst durch Übertreibung und Einseitigkeit sich widerspruchsbedürftig gemacht haben. Man kann sagen: Rudolf Eucken wirkt als Publizist auf die Weltanschauungskämpfe vortotalitärer Bürgerlichkeit liberalisierend durch Bekräftigung kommunitärer Selbstverständlichkeiten akademischer und bürgerlicher Kultur, und eben das liess ihn ja auch international rezipiert und gefeiert sein. Moralismus, dass heisst die Praxis der Ersetzung der Weltanschauungskritik durch moralische Disqualifikation der Anhänger anderer Weltanschauung, ist ihm fremd und damit Correctnesswächtertum ebenso. Exemplarisch spiegelt sich das in seinem Artikel zum achtzigsten Geburtstag seines Jenenser Kollegen und weltanschaulichen Hauptgegners Ernst Haeckel. Sein eigener ‚entschiedener Gegensatz … zum naturalistischen Modismus’ sei bekannt. Aber das hindere ihn doch „in keiner Weise, die wissenschaftliche Bedeutung Haeckels vollauf anzuerkennen und Persönlichkeit aufrichtig hochzuschätzen“. „Jeder bedeutende Mensch“ sei eben „mehr … als ein Parteiprogramm“. Den „seelenlosen Mechanismus“ in der monistischen Naturbetrachtung kenne man. Haeckel jedoch, als „eine ausgeprägt künstlerische Begabung“, habe allein schon durch seine Kunst, die Schönheit der Natur sichtbar zu machen, diese „zu einem Gegenstand religiöser Verehrung“ werden lassen, so dass er sich „Spinoza und Goethe nahestehend fühlen“ dürfe. Für seine „unermüdliche, grossartige, dabei durchaus uneigennützige Tätigkeit“ schulde ihm die Universität Jena Dank66.
Nun war Haeckel wie Rudolf Eucken selbst, seinerseits als wissenschaftlicher Autor weltberühmt, so dass man in dem zitierten Geburtstagsgruss eine unter Grossordinarien obligate Respektsbekundung vermuten könnte. In Wahrheit bekundet sich darin Sympathie in bürgerliche Gesittung, die ihn auch frei sein liess, aus gegebenem Anlass seiner eigenen Universität gegenüber zu Protokoll zu geben, dass sie gemäss archivarischer Evidenz erfolgreiche Neuerungen nicht zuletzt Jungwissenschaftlern zu verdanken habe: „Als Anhänger der Reformbestrebungen erscheinen in diesen Akten lediglich Privatdozenten“67.
Das also ist der fanatismusfreie Geist der bürgerlichen Kultur, in die sich die weltanschaulich engagierte Philosophie Rudolf Euckens einfügt. Dazu passt auch Euckens Fanatismusresistenz in einer Affaire universitärer Vaterlandsverteidigung, in die sich die Universität Jena zu Beginn des Ersten Weltkriegs hineingezogen fand. Aus Anlass der Fertigstellung des neuen Jenenser Universitätshauptgebäudes hatte der Vorstand der Gesellschaft der Kunstfreude in Jena und Weimar beschlossen, den Neubau mit einem Bild des Aufbruchs studentischer Freiwilliger in den Krieg des Jahres 1813 auszustatten. Der Auftrag ging an Ferdinand Hodler68. Die Anregung, den Schweizer Hodler, einen der grossen Modernen aus der Zeit um die Jahrhundertwende, mit diesem Sujet zu beauftragen, ging auf Rudolf Eucken zurück, wie der Hodler-Biograph Loosli berichtet69. Eucken selbst, der in der Tat mit Hodler freundschaftlich verbunden war, berichtet, die Universität habe das berühmte Bild der „Anregung“ seiner „Frau zu verdanken“70. Das seit dem Jahre 1908 in der Universität präsente Bild wurde dann 1914 skandalisiert, nachdem Ferdinand Hodler den internationalen Protest gegen die Beschiessung der Kathedrale von Reims, der gegen Deutschland erhoben wurde, mitunterschrieben hatte. Ernst Haeckel, immerhin, soll vorgeschlagen haben, „das Bild aus der Universität zu entfernen und öffentlich zum Kauf anzubieten“71. Stattdessen wurde das plötzlich anstössige Bild verbrettert. Eucken hingegen begnügte sich später damit, Hodler, den „kraftvollen und gedankenreichen Künstler“, durch die politische Ahnungslosigkeit eines Genies zu entschuldigen, das „kaum je eine Zeitung las“. Immerhin sei über diese Affaire die Freundschaft mit einem Manne zu Ende gegangen, den er nichtsdestoweniger „dauernd als einen grossen Künstler deutscher Art“72 in Erinnerung halte.
Fanatismusresistent also, hochgemut, krisenbewusst und den deutschen und europäischen Traditionen verbunden, die gegen die manifesten Krisen aufzubieten gewesen wären, verfassungspolitisch aber konzeptlos und damit in seinen Aufrufen zur „Tat“ gutwillige Handlungsbereitschaft fortschreitend Desorientierter evozierend – das verbleibt als Bild der Wirkungen des Weltanschauungsstifters Rudolf Eucken im Spiegel der Publizistik seiner Weltanschauungsjünger, die in der Zeitschrift „Die Tat“ „Wege zu freiem Menschentum“ suchten73. Zu den ideenpolitischen Visionen des so genannten „Tatkreises“, die in den Spätjahren der Weimarer Republik sich in der Zeitschrift „Die Tat“ manifestieren sollten74 wäre freilich Rudolf Eucken weder fähig noch bereit gewesen.
Wer schliesslich der Weltanschauungsphilosophie Rudolf Euckens überdrüssig geworden ist, sollte sich fragen, was wir denn von diesem Gelehrten und Autor zu erwarten gehabt hätten, wenn er seine Arbeit in der Konsequenz ihrer wissenschaftlichen Anfänge hätte fortsetzen mögen, statt die weltanschaulichen Bedürfnisse eines Publikums zu bedienen, das sich in eine Zeit versetzt fand, die „wirr und wild“ sei, von geistiger Dekadenz geprägt und bedürftig, sich neu im „Ewigen und Wesenhaften der Dinge“ „zu befestigen“75. Die Frage lässt sich beantworten. Ein Teil dieser Antwort müsste lauten: Er wäre zu einem der wichtigsten Erziehungs- und Bildungsphilosophen um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts aufgestiegen. Man hat ihn alsbald zu den herausragenden Theoretikern des Bildungssinns der Geisteswissenschaften gezählt, deren Bedeutung komplementär zu unserer wachsenden Abhängigkeit von den Leistungen der Naturwissenschaft und Technikwissenschaften anwächst76. Tatsächlich hatte sich Rudolf Eucken zur Gymnasialreform in Preussen zu Beginn des letzten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts geäussert, aus der – nicht zuletzt unter dem Druck des kaiserlichen Willens – die Oberrealschule hervorgehen sollte77. Gern wird man auch heute seine Kritik an der bildungspolitisch verbreiteten Neigung lesen, „alle etwaigen Schäden sofort der Schule aufzubürden“78. „Die Stärke der Gegenwart“ läge im „Technischen, Praktischzweckmässigen, Speziellen, in einer staunenswerten Entwicklung aller Verzweigung des Daseins“79. „Auf das Moderne“ könne man schlechterdings „nicht verzichten oder auch nur eine Verkümmerung seiner dulden“80. Je rascher aber die Zeiten sich ändern und wir uns mit ihnen, umso gewisser müssten wir zur sicheren Unterscheidung von Nutzen und Nachteil des Neuen unserer selbst sein, und solche Gewissheit ist stets ein Resultat der Aneignung unserer Herkunftsgeschichte. Philologie – das sei das Medium der Sicherung klassischer Texte, aber erst über die Aneignung ihrer alterungsresitenten Inhalte förderten wir die „Entwicklung geistiger Selbstthätigkeit“81. Mit dem Grad der Modernität des modernen Lebens wachsen zugleich die Ansprüche an die Bildung, die uns dieser Modernität gewachsen sein lassen, wie nie zuvor sind wir dabei auf die vermittelnde Tätigkeit der Lehrer angewiesen und entsprechend gäbe es, schreibt Eucken, „kaum ein besseres Kennzeichen“ für die Bildungskultur einer Gesellschaft als der „Grad, in dem die stille, tiefgreifende aufopferungsvolle Arbeit des Lehrers geachtet wird“82.
So könnte man mit Berichten über die bildungspolitischen Optionen Rudolf Euckens lange fortfahren – von seiner Charakterisierung der Schule als einer Institution zur Förderung der sozialen Emanzipation83 bis hin zu seinem verblüffenden Plädoyer für die „Abschaffung“ des „Maturitätsexamens“84. Aber das gehörte in eine um die Darstellung der Bemühungen Rudolf Euckens erweiterte Historiographie der Gymnasialreform, in der dann auch zu erwähnen wäre, wie sich im Eucken’schen Fall Lebenserfolg mit lebenslang dankbarer Erinnerung an die Schule zu verbinden pflegt – hier also an „Das Auricher Gymnasium“85.
Als wichtigster Beitrag Rudolf Euckens zur modernen Wissenschaftsgeschichte gilt inzwischen sein früher Beitrag zur Theorie und Praxis der modernen Begriffshistoriographie. Seine „Grundbegriffe der Gegenwart“, „historisch und kritisch entwickelt“ zuerst 1878 erschienen86, erregten weit über die Grenzen Deutschland hinaus Aufmerksamkeit und Interesse. Sie weckten freilich auch Erwartungen, die dann Rudolf Eucken durch seine Wende zum Weltanschauungsphilosophen enttäuschte. Politisch-sozialer Realismus ebenso wie begriffsanalytische Prägnanz bekundet sich, zum Beispiel, in Euckens Präsentation des Gleichheitsbegriffs. Als Forderung richte sich Gleichheit gegen rechtliche Privilegien und bereite damit die politische Einebnung der Stände vor. Man erinnert sich, dass später, zwischen den beiden Weltkriegen, prominente Theoretiker mit dieser Einebnung die Vorstellung der Heraufkunft einer Massengesellschaft verbanden – so Ortega y Gasset in seinem berühmten Buch „Der Aufstand der Massen“87 oder auch Karl Jaspers mit seinem berühmten Bestseller „Die geistige Situation der Zeit“88. Bereits im 19. Jahrhundert wusste Eucken es besser: Je mehr in unaufhaltsamem „Demokratismus“ Gleichheit sich durchsetzte, umso mehr müssten neue „Unterschiede zwischen den Individuen hervortreten, desto mehr Gliederung und Abstufung“ einschliesslich ihrer „Spannungen und Konflikte“ würden sichtbar – „greifbar auch in dem parlamentarischen Leben der Gegenwart89. Eucken befindet sich mit dieser Prognose in Übereinstimmung mit dem frühsoziologischen Theoretikern seiner Zeit von Herbert Spencer bis zu Georg Simmel90. Eucken beschreibt so Begriffsbildung und die praktische Orientierung an neuen Begriffen als „einen welterzeugenden Denkprozess“91. Dazu hätte man aus der Feder Rudolf Euckens, statt weiterer wiederholungsreicher neu-idealistischer Manifeste, gern mehr noch gelesen, und überdies auch zusätzliche Mitteilungen seiner Einsicht, dass „Bilder und Gleichnisse in der Philosophie“ „kein blosser Zierrath“ seien, vielmehr Leitmedien der Theorie- und Begriffsbildung92. Selbstverständlich ist der neueren begriffgeschichtlichen Forschung, deren Erträgnisse inzwischen in grossen, sogar abgeschlossenen Lexika dokumentiert sind, Rudolf Eucken als einer ihrer Inauguratoren unvergessen geblieben – so in dem materialreichen Artikel zu Geschichte des Begriffes „Begriffsgeschichte“ im Historischen Wörterbuch der Philosophie93.
Hätte Eucken seine Arbeit zur historischen Analytik der grossen philosophischen Begriffe fortgesetzt und auch auf die Schlüsselbegriffe seiner Weltanschauungsphilosophie angewandt, so hätte es ihn überraschen müssen, dass „Sinn und Wert“, die Feierworte also im Titel seines für die Nobelpreisverleihung ausschlaggebenden Buches94, in der philosophischen Tradition alteuropäischer Prägung eine emphatisch herausgehobene Bedeutung gar nicht hatten. „Wert“ hatte bis ins 19. Jahrhundert hinein seinen Ort nicht in der Ethik, vielmehr in der Ökonomie, und „Sinn“ war bis in das 18. Jahrhundert hinein als Terminus zur Kennzeichnung dessen, was unser Leben zu erfüllen vermag, unbekannt und hatte seinen schlichteren Ort in der Theorie der niederen Erkenntnisvermögen95. Was waren es für Umstände, die aus Begriffen der Ökonomie einerseits und der Theorie subrationaler Erkenntnis andererseits Begriffsedelsteine neu-idealistischer Weltanschauung werden liessen? Wenn der alte Eucken an der Beantwortung dieser Frage noch interessiert gewesen wäre, so hätte er die begriffsgeschichtliche Arbeit des jungen Eucken wieder aufgreifen und fortsetzen müssen.
1 Das habe ich kürzlich am Beispiel der Universität Düsseldorf dargestellt und in seinen kulturevolutionären Gründen plausibel zu machen versucht. Cf. dazu: Hermann Lübbe: Universitätsjubiläen oder die Selbsthistorisierung Wissenschaften. In: Jahrbuch der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 2005/6. Herausgegeben vom Rektor der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Univ.-Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch. Düsseldorf 2006, pp. 53-62.
2 350 Jahre Ulricianum. Festschrift Gymnasium Ulricianum Aurich 1646-1996. Aurich 1996.
3 Bericht über die 300-Jahr-Feier der Staatlichen Oberschule für Jungen Ulricianum in Aurich, 29.-31. August 1946. Aurich 1946.
4 1908-2008. 100th Anniversary of the Nobel Prize „in recognition of their work of immunity“. A Symposium of efis-EJI/Max-Planck-Institute/Sanofi Pasteur. Future Perspectives in Immunology and Infectious Diseases.
5 Ostfriesische Nachrichten Nr. 275 (26. November 1987). Beilage „Heimatkunde und Heimatgeschichte“, Folge 11 (November 1987), pp. 43-44.
6 Petra Manning: Impuls für Geistesleben möglich. Des Schulausschusses Konfrontation mit Euckens Ideenwelt. In: OZ, Nr. 152 (3. Juli 1991), p. 11.
7 Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Herausgegeben im Auftrag der Ostfriesischen Landschaft von Martin Tielke. Erster Band. Aurich 1993, pp. 134-137.
8 Cf. dazu die kenntnisreiche und sehr differenzierte Darstellung von Uwe Dathe: Rudolf Eucken. Philosophie als strenge Wissenschaft und weltanschauliche Erbauungsliteratur. In: Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Herausgeber): Die höchste Ehrung, die einem Schriftsteller zuteil werden kann. Deutschsprachige Nobelpreisträger für Literatur. Veröffentlichungen des Willy Brandt Zentrums für Deutschland- und Europastudien der Universität Wrocław. Dresden 2007, pp. 38-60.
9 Rudolf Eucken: Lebenserinnerung. Ein Stück deutschen Lebens. 2. erweiterte Auflage Leipzig 1922, p. 82.
10 Rudolf Eucken: Der Sinn und Wert des Lebens. Siebente Auflage. Sechsundzwanzigstes und siebenundzwanzigstes Tausend. Leipzig 1920 (zuerst 1907).
11 Henri Bergson: Avantpropos de l’ouvrage ‚Le sens et la valeur de la vie’ de R. Eucken, Paris 1912, in: Henri Bergson: Mélange. Textes publiés et annotés par André Robinet. Paris 1972, pp. 971-973.
12 A.a.O. (cf. Anm. 9), pp. 1-2.
13 Cf. dazu Kjell Strömberg: Kleine Geschichte der Zuerkennung des Nobelpreises an Henri Bergson. In: Henri Bergson: Schöpferische Entwicklung. Ausgabe für den Kreis der Nobelpreisfreunde. Paris, Zürich o.J., pp. 9-14.
14 Cf. dazu Gunnar Ahlström: Kleine Geschichte der Zuerkennung des Nobelpreises an Rudolf Eucken. In: Rudolf Eucken: Philosophische Schriften. Paris, Zürich o.J., pp. 9-17.
15 Rudolf Eucken: Der Wahrheitsgehalt der Religion. Vierte, umgearbeitete Auflage Berlin und Leipzig 1920 (zuerst 1901).
16 Rudolf Eucken, a.a.O. (cf. Anm. 9), p. 79.
17 Zu den Beziehungen zwischen Norström und Eucken cf. Ernst Liljedahl: Norström und Eucken. Ein schwedisch-deutscher Freundschaftsbund. In: Deutsch-schwedische Blätter. Vierteljahrsschrift. Herausgegeben von der Deutsch-Schwedischen Vereinigung, 1. Jahrgang, 2. Heft (November 1920), pp. 41-46, sowie 2. Jahrgang, 1./2. Heft (Oktober 1921), pp. 1-12.
18 Cf. Anm. 6.
19 Paul Natorp: Sozialidealismus. Neue Richtlinien sozialer Erziehung. Berlin 1920.
20 Heinrich Heine: Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (1834). In: Heinrich Heine: Sämtliche Werke in zwölf Teilen. Mit Einleitungen und Anmerkungen herausgegeben von P. Beyer, K. Quenzel und K. H. Wegener. Achter Teil. Leipzig o.J., p. 253.
21 Rudolf Eucken: Der Sinn und Wert des Lebens. Siebente Auflage. Sechsundzwanzigstes und siebenundzwanzigstes Tausend. Leipzig 1920.
22 So Rudolf Eucken in seinem dem zitierten Buch nachgestellten „Folgerungen für die Aufgaben der Gegenwart“, also der Kriegs- und Nachkriegsjahre, a.a.O. p. 159.
23 A.a.O. pp. 162f.
24 A.a.O. p. 68.
25 A.a.O. pp. 73f.
26 Cf. dazu das Kapitel „Die Philosophischen Ideen von 1914“ in meinem Buch „Politische Philosophie in Deutschland“, Basel 1963, pp. 173-238 darin zu Rudolf Eucken pp. 178-188.
27 Exemplarisch seien genannt Wolfgang J. Mommsen (Herausgeber, unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner): Kultur und Krieg: Die Rolle der intellektuellen Künstler und Schriftsteller im Ersten Weltkrieg. Schriften des Historischen Colleges. Kolloquien 34. München 1996, cf. dort zu Rudolf Eucken pp. 84, 107; ferner: Kurt Flasch: Die geistige Mobilmachung. Die deutschen Intellektuellen und der Erste Weltkrieg. Ein Versuch. Berlin 2000, dort zu Rudolf Eucken pp. 15-35; ferner und auch zu Rudolf Eucken ausführlich und wiederholt Peter Hoeres: Krieg der Philosophen. Die deutsche und die britische Philosophie im Ersten Weltkrieg. Paderborn, München, Wien, Zürich 2004.
28 Lebenserinnerungen, a.a.O. (cf. Anm. 9), p. 70.
29 Cf. Rudolf Euckens Bericht über den Besuch des chinesischen Finanzministers bei ihm in jener gelegentlich der Telnahme des Ministers an Verhandlungen in Versaille nach dem Vertragsschluss daselbst, a.a.O. pp. 114f. – Zur Rezeption Euckens in China cf. Thomas Fröhlich: Staatsdenken im China der Republikzeit (1912-1949). Die Instrumentalisierung philosophischer Idee bei chinesischen Intellektuellen. Frankfurt/Main 2000. – Rudolf Eucken wird in diesem Werk neben Bergson und Dewey am häufigsten zitiert.
30 Entsprechend wird ihm auch in der materialreichen Darstellung der Zivilisationskritik in Deutschland, die wir Barbara Beßlich zu verdanken haben, ein wichtiges Kapitel gewidmet (cf. Barbara Beßlich: Wege in den >Kulturkrieg 31 Rudolf Eucken, Lebenserinnerung (cf. Anm. 9) p. 82.
32 Berlin 1868.
33 Ernst Haeckel: Die Welträtsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie. 341.-360. Tausend Leipzig 1918.
34 Ernst Haeckel: Der Monismus als Band zwischen Religion und Wissenschaft (1892). In: Ernst Haeckel: Gemeinverständliche Werke. Herausgegeben von Heinrich Schmidt. Fünfter Band. Vorträge und Abhandlungen. Leipzig, Berlin 1924, pp. 407-444, p. 441.
35 Cf. dazu meine Abhandlung „Wissenschaft und Weltanschauung. Kulturpolitische und erkenntnistheoretische Fronten im Streit um Emil DuBois-Reymond“, in: Hermann Lübbe: Philosophie in Geschichten. Über intellektuelle Affirmationen und Negationen in Deutschland. München 2006, pp. 59-76.
36 Günthers „Rassenkunde des deutschen Volkes“ mit seiner Lehre von den Vorzugseigenschaften der „nordischen Rasse“ war schon 1930 in 15. Auflage erschienen.
37 Ein Sammelwerk zur Entwicklungsgeschichte von Natur und Gesellschaft. Redaktion: Gisela Buschendorf, Horst Wolfgramm, Irmgard Radant. Leipzig 1954, mit einem Vorwort von Walter Ulbricht.
38 Rudolf Eucken, Lebenserinnerungen (cf. Anm. 9), pp. 33, 20.
39 Rudolf Eucken: Die Lebensanschauungen der grossen Denker. Eine Entwicklungsgeschichte des Lebensproblems der Menschheit von Plato bis zur Gegenwart. Siebzehnte und achtzehnte Auflage Berlin, Leipzig 1922, p. 502.
40 Rudolf Eucken, Lebenserinnerungen (cf. Anm. 9) p. 51.
41 A.a.O. (cf. Anm. 39), p. 531. – Zu den sozial- und bildungspolitischen Aktivitäten Rudolf Euckens um die Jahrhundertwende insbesonder zugunsten der Volksschullehrerschaft cf. Mathias Steinbach: Ökonomisten, Philanthropen, Humanitäre. Professorensozialismus in der akademischen Provinz. Berlin 2008, pp. 270ff.
42 A.a.O. p. 534.
43 A.a.O. p. 532.
44 Rudolf Eucken, Lebenserinnerung (cf. Anm. 9), p. 76. – Zur Frage eines im Lebenswerk Walter Euckens fortwirkenden intellektuellen väterlichen Erbes cf. Uwe Dathe, Nils Goldschmidt: Wie der Vater, so der Sohn? Neuere Erkenntnisse zu Walter Euckens Leben und Werk anhand des Nachlasses von Rudolf Eucken in Jena. In: ORDO 54 (2003), pp. 49-74.
45 Rudolf Eucken: Zur Sammlung der Geister. Leipzig 1913, p. 94.
46 A.a.O. p. 95.
47 A.a.O. p. 144.
48 Rudolf Eucken: Der Wahrheitsgehalt der Religion. Vierte umgearbeitet Auflage (zuerst erschienen 1901). Vitalis Norstroem gewidmet. Berlin und Leipzig 1920, p. 43.
49 ibid.
50 Cf. dazu das Kapitel „Religion säkularisierungsbegünstigt“, in: Hermann Lübbe: Modernisierungsgewinner. Religion, Geschichtssinn, Direkte Demokratie und Moral. München 2004, pp. 13-95; ferner Hermann Lübbe: Die Zivilisationsökumene. Globalisierung kulturell, technisch und politisch. München 2005, dort pp. 165ff.: „Die andere Seite der Globalisierung exemplarisch: repolitisierte Religion als Konfliktverschärfer“.
51 Rudolf Eucken: Das Wesen der Religion philosophisch betrachtet. Vortrag auf der Sächsischen Kirchlichen Konferenz zu Chemnitz am 17. April 1901. Leipzig o.J., p. 15.
52 Rudolf Eucken: Können wir noch Christen sein? Leipzig 1911, p. 230.
53 A.a.O. pp. 232f.
54 Rudolf Eucken, Lebenserinnerung (cf. Anm. 9) pp. 36f.
55 A.a.O. p. 105.
56 So Rudolf Eucken in seinem „Geleitwort“ zu „Der Deutsche Genius“, Falkenberg/Mark 21922, p. 4.
57 So in seinen „philosophischen Übungen“, „die während des Krieges“ „sowohl die Bedeutung der französischen Philosophie als die der englischen in ihren Hauptwerken zusammenhängend“ behandelten – cf. Rudolf Eucken, Lebenserinnerung, a.a.O. (cf. Anm. 9) p. 101.
58 „… kein unbedingtes Lob“; aber „voll anzuerkennen“ sei „die Energie des dortigen Lebens, die Grosszügigkeit des Unternehmens, die gegenseitige Hilfsbereitschaft, welche das amerikanische Leben durchdringt“, so Rudolf Eucken a.a.O. p. 91 und analog öfters.
59 So bei Hartmut Ruddies: Soziale Demokratie und freier Protestantismus. Ernst Troeltsch in den Anfängen der Weimarer Republik. In: Troeltsch-Studien Band 3: Protestantismus und Neuzeit. Herausgegeben von Horst Renz und Friederich Wilhelm Graf. Gütersloh 1984, pp. 145-174, p. 171.
60 Rudolf Eucken: Der Kampf um einen geistigen Lebensinhalt. Neue Grundlegung der Weltanschauung. 1886.
61 Cf. dazu Shinichi Sato: Ernst Troeltsch und Ernst Haeckel. In: Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft VII. Augsburg 1994, pp. 53-75, p. 73.
62 Cf. dazu die Hinweise bei Shinichi Sato, a.a.O. p. 72.
63 Zum Thema „Kulturprotestantismus“ zusammenfassend Gangolf Hübinger: Kulturprotestantismus, Bürgerkirche und liberaler Revisionismus im wilhelminischen Deutschland. In: Wolfgang Schieder (Herausgeber): Religion und Gesellschaft in 19. Jahrhundert. Stuttgart 1993, pp. 272-299.
64 So nach Gerd-D. Gauger: Aurich in Kaisers Rock und Pettycoats. Aurich 2002, p. 44.
65 Gemäss Rudolf Eucken: Zur Sammlung der Geister. Leipzig 1913.
66 Rudolf Eucken: zu Ernst Haeckels achtzigstem Geburtstag. In: Die Tat. Eine Montasschrift, herausgegeben von Eugen Diederichs und Karl Hoffmann. 5. Jahrgang Heft 12 (März 1914), p. 1264.
67 So nach Matthias Steinbach, Michael Ploenus: Universitätsgeschichte durch die Hintertür. Einführung der Herausgeber. In: Matthias Steinbach, Michael Ploenus (Herausgeber): Ketzer, Käuze, Querulanten. Aussenseiter im universitären Milieu. Jena, Quedlinburg 2008, pp. 9-12, p. 11.
68 Cf. dazu Botho Graef: Hodlers und Hofmanns Wandbilder in der Universität Jena. Jena 21910, pp. 32ff.
69 Ferdinand Hodler. Leben, Werk und Nachlass. In vier Bänden bearbeitet und herausgegeben von C. A. Loosli. Bern 1924, Band eins, p. 157.
70 Rudolf Eucken, Lebenserinnnerung … (Cf. Anm. 9), p. 115.
71 So gemäss dem Leserbrief von Prof. Dr. Hans Tümmler: Der „Fall Hodler“ in Jena. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 146 (27. Juni 1991), p. 11.
72 Rudolf Eucken a.a.O. (cf. Anm. 70), ibid.
73 So prototypisch Otto Braun: Gedanken zu einer Philosophie des Schaffens. In: Die Tat. Wege zu freiem Menschentum. Eine Monatsschrift. Herausgegeben von Ernst Horneffer. 1. Jahrgang. Leipzig 1909/1910, pp. 593-605.
74 Zum „Tatkreis“ cf. Kurt Sontheimer: Der Tatkreis. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 3. Heft/Juli (7. Jahrgang 1959), pp. 249-260.
75 So Rudolf Eucken in seinem „Vorwort zur zweiten und zu den folgenden Auflagen“ in der siebzehnten und achtzehnten Auflage von „Die Lebensanschauungen der grossen Denker. Eine Entwicklungsgeschichte des Lebensproblems der Menschheit von Plato bis zur Gegenwart“, Berlin und Leipzig 1922, pp. III-IV, p. IV.
76 So Rudolf Lehmann in seinem „Anhang“ „Der gelehrte Unterricht bis zum Weltkrieg. 1892-1914“, zu: Friedrich Paulsen: Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart. Mit besonderer Berücksichtigung auf den klassischen Unterricht. Dritte erweiterte Auflage, herausgegeben und in einem Anhang fortgesetzt von Dr. Rudolf Lehmann. Zweiter Band. Berlin und Leipzig 1921, pp. 693-797, p. 711.
77 Cf. a.a.O. pp. 715ff.
78 Rudolf Eucken: Der Kampf um das Gymnasium. Gesichtspunkte und Anregungen. Stuttgart 1891, p. 7.
79 A.a.O. p. 15.
80 A.a.O. p. 18.
81 A.a.O. p. 41.
82 A.a.O. p. 66.
83 A.a.O. pp. 8f.
84 A.a.O. p. 60.
85 So nach dem Titel des einschlägigen Kapitels in Euckens „Lebenserinnerungen“, a.a.O. (cf. Anm. 9), pp. 16-20.
86 Rudolf Eucken: Die Grundbegriffe der Gegenwart. Historisch und kritisch entwickelt. Zweite, völlig umgearbeitet Auflage Leipzig 1893.
87 Deutsch zuerst 1931.
88 Auch dieser Titel erschien deutsch zuerst 1931.
89 Rudolf Eucken, Grundbegriffe, a.a.O. (cf. Anm. 86) p. 211.
90 Zu diesem wissenschaftshistorischen Kontext cf. meine Abhandlung „Ungleichheit in egalitären Gesellschaften“, in: „Freiheit, die ich meine“. Herausgegeben vom Landtag Rheinland-Pfalz. Stuttgart 2007, pp. 181-193.
91 Rudolf Eucken a.a.O. (cf. Anm. 86), p. 17.
92 Rudolf Eucken: Ueber Bilder und Gleichnisse in der Philosophie. Eine Festschrift. Leipzig 1880, pp. 26f.
93 H.G. Meier: Begriffsgeschichte. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Herausgegeben von Joachim Ritter. Band 1. Basel 1971, Sp. 788-808, darin zu Eucken Sp. 793-795.
94 Rudolf Eucken: Der Sinn und Wert des Lebens. Siebente Auflage Leipzig 1920. – Die erste Auflage dieses Werkes erschien 1907.
95 Cf. dazu meinen Essay „Werte modern, alltäglich und feiertäglich“, in: Werte. Was die Gesellschaft zusammenhält. Herausgegeben von Liz Mohn, Birgitte Mohn, Werner Weidenfeld, Johannes Meier. Für Reinhard Mohn zum 85. Geburtstag, Gütersloh 2006, pp. 55-66.
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