Repressionen gegen Klimaaktivisten sind die neue Form der Wissenschaftsverleugnung

Bericht von CIVICUS

klimawandel globale erwärmung umwelt katastrophe, Quelle: TheDigitalArtist, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig
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JOHANNESBURG – Regierungen und die maßgeblichen Verursacher von Umweltverschmutzung haben ihre Taktik von der Verleugnung der Klimawissenschaft auf die Unterdrückung von Klimaaktivismus hin verlagert, wobei die Industrieländer des globalen Nordens im Jahr 2023 verstärkt gegen Klimaschützer vorgingen, so die internationale zivilgesellschaftliche Allianz CIVICUS in einem am Donnerstag veröffentlichten neuen Bericht.

In ihrem 13. Jahresbericht zur Lage der Zivilgesellschaft zeigt CIVICUS auf, dass die gezielte Bekämpfung von Klimaaktivismus im Jahr 2023 ein globales Phänomen war, von Razzien gegen Klimaaktivisten quer durch Europa über Beschränkungen der Zivilgesellschaft durch die Behörden in den Arabischen Emiraten während der COP28 bis hin zu den Verhaftungen von Demonstranten gegen die East Africa Crude Oil Pipeline in Uganda.

Unsere Recherchen im letzten Jahr haben gezeigt, dass beim Thema Klima Repression die neue Art der Verleugnung ist“, sagte Andrew Firmin, Mitverfasser des Berichts und Leiter der Forschung zum Klimaaktivismus bei CIVICUS. „Während die Zeit zunehmend knapp wird, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, sollten Regierungen und Großverschmutzer eigentlich mit Klimaaktivisten zusammenarbeiten, anstatt zu versuchen, sie mundtot zu machen.“ 

Der Bericht zur Lage der Zivilgesellschaft befasst sich mit dem Aktivismus weltweit im Jahr 2023 und analysiert die Ereignisse des Jahres aus der zivilgesellschaftlichen Perspektive. Der Bericht basiert auf über 250 Interviews und Artikeln, die CIVICUS in über 100 Ländern und Gebieten veröffentlicht hat.

Neben den Feststellungen zum Klimaaktivismus geht der Bericht auch auf die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Bewältigung von Konflikten, der Reform des Weltordnungssystems, dem Schutz der Demokratie und der Stärkung der Rechte zur Gleichstellung der Geschlechter ein.

Während des gesamten Jahres 2023 hat die Zivilgesellschaft praktikable, auf die Menschen ausgerichtete Lösungen für die dringendsten Probleme der Welt angeboten“, erläuterte Mandeep Tiwana, Leiter der Abteilung Evidenz und Engagement bei CIVICUS. „Doch immer wieder zogen es internationale Institutionen und die politischen Führungen vor, Aktivisten ins Abseits zu stellen, anstatt mit ihnen zusammenzuarbeiten, um positive Veränderungen zu erreichen. Wenn die Menschheit die zahlreichen, sich überschneidenden Krisen unserer Zeit überwinden möchte, wird man auch die Zivilgesellschaft einbeziehen müssen.“

Einer der beunruhigendsten Trends des Berichts zum Klima ist die zunehmende Unterdrückung von Klimaaktivisten in den Ländern des globalen Nordens, in denen es lebhafte Protestbewegungen gibt.

In den USA erschoss die Polizei in Atlanta den Aktivisten namens „Tortuguita“, der sich gegen die geplante Abholzung eines Waldstücks wehrte, das dem Bau einer Polizeiausbildungsstätte weichen sollte.

In Europa gingen die deutschen Behörden mit Hilfe von Gesetzen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gegen die Last-Generation-Bewegung vor, indem sie unter anderem die Kommunikation überwachten, Hausdurchsuchungen durchführten, Laptops beschlagnahmten und Bankkonten einfroren. Die Polizei vertrieb außerdem unter Anwendung von Gewalt Demonstranten, die gegen die Erweiterung eines Tagebaus protestierten.

In den Niederlanden setzte die Polizei bei einer Demonstration gegen Subventionen für fossile Brennstoffe Wasserwerfer ein und nahm rund 2.400 Menschen fest. Italienische Aktivisten beklagten sich über den zunehmenden Druck der neuen rechtsextremen Regierung, die ein Gesetz gegen Klimaproteste mit zivilem Ungehorsam eingeführt hat.

Unterdessen wandte die britische Polizei neue Gesetze zur Einschränkung des Demonstrationsrechts an, um Demonstranten, die ein Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe forderten, in Haft zu nehmen. Zudem wurden in etlichen australischen Bundesstaaten Anti-Protest-Gesetze erlassen, die friedliche Klimaaktivisten ins Visier nehmen und inhaftieren.

Das harte Vorgehen gegen Klimaschutzbewegungen in den Industrieländern muss aufhören“, forderte Firmin. „Es ist ein gefährliches Hindernis für die Bewältigung der Klimakrise. Es gefährdet auch lang gehegte Rechte auf Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.“

Trotz der Repressionen konnten die Klimaaktivisten im Jahr 2023 dank beharrlicher und kreativer Aktionen, von Straßenblockaden bis hin zur Störung von wichtigen Veranstaltungen, zahlreiche Erfolge erzielen. Bei der COP28 führte der intensive Druck der Zivilgesellschaft während des gesamten Jahres dazu, dass die Staaten die Notwendigkeit einer Verringerung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen anerkannten.

Im Jahr 2023 haben sich darüber hinaus juristische Maßnahmen als erfolgreiche Instrumente im Kampf gegen den Klimawandel erwiesen. In Belgien, Deutschland und im US-Bundesstaat Montana waren junge Aktivisten erfolgreich, die vor Gericht geltend machten, die staatliche Förderung fossiler Brennstoffe verletze ihr Recht auf eine gesunde Umwelt.

Die Repression nimmt zu, doch die Zivilgesellschaft gibt nicht auf, und ohne sie wäre die Klimasituation noch viel schlimmer“, so Firmin. „Aktivisten müssen ihre Bewegungen weiter ausbauen und die Politiker dazu drängen, angesichts des Ausmaßes der Klimakrise jetzt zu handeln.“

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