Der Voltaire unterstellte Ausspruch „Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt“, gilt bis heute in aufgeklärten Ländern als das Prinzip der Meinungsfreiheit. Noch wagt es kein öffentlich bezahlter Demokrat, diesen Satz anzuzweifeln, ihm gar zu widersprechen.
Der moderne demokratische Staat bietet seinen Bürgern Freiheiten, darunter die Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit bedeutet, dass die geäußerte Meinung nicht unterdrückt oder verfolgt wird, wenn sie der Form nach einer Meinung entspricht. Der Inhalt der Meinung ist irrelevant.
Das bedeutet, dass Verbrecher dasselbe Recht haben, ihre Meinung zu äußern, wie unbescholtene Bürger. Da Medien demokratischer Staaten das Außergewöhnliche verbreiten, hat in der Demokratie die Meinungsfreiheit des Verbrechers einen höheren Wert als die Meinungsfreiheit des Anständigen.
Demokratische Staaten wenden unsaubere Tricks an, um aus höheren Interessen Meinungsfreiheit einzuschränken. Der Produzent des Mohammed-Filmes wurde in den USA wegen Vergehen gegen Auflagen verurteilt, sein Film wird aus dem Verkehr gezogen werden. Wie bei Al Capone, der nicht wegen begangener Morde, sondern wegen Steuerhinterziehung einsaß.
Diese Vorgehensweise befriedigt unter Demokraten lediglich Pragmatiker und Etatisten. Für die anderen Demokraten bedeutet dies die Einschränkung der Meinungsfreiheit, ähnlich in Staaten, die einer Ideologie anhängen, welcher von der liberal-marktwirtschaftlichen Demokratie abweicht.
Wird die Meinungsfreiheit im Sozialismus oder im Islam eingeschränkt? Ein überzeugter Sozialist und ein gläubiger Muslim werden die Frage vehement verneinen. Jede Meinung, die dem Aufbau des Sozialismus, dem Ruhm des Propheten dient, wird gefördert. Jede Meinung zum Schaden des Sozialismus oder des Islams wird unterdrückt. Da der Sozialismus und der Islam in ihren jeweiligen Herrschaftsgebieten das Gute verkörpern, bedeutet diese Haltung, dass das Gute unterstützt, das Böse unterdrückt wird.
Darin unterscheidet sich die ideologische von der demokratischen Meinungsfreiheit. In der ideologischen Gesellschaft wird die Freiheit nach dem Inhalt beurteilt und verurteilt, in der unideologischen beliebigen Gesellschaft zählt allein die Form.
Ist es vorstellbar, dass in unserer Demokratie die Meinungsfreiheit nach ideologischen Gesichtspunkte gewährt werden wird? Widerspricht dies der Aufklärung, die vor 300 Jahren begann? Lässt sich die ideologische Einschränkung der Meinungsfreiheit mit Voltaires Antisemitismus begründen?
Unser demokratisches Staatsverständnis basiert auf die Aufklärung, welche wiederum auf die christliche Religion beruht, auch wenn Atheisten es bevorzugen, dass die Aufklärung vom Himmel gefallen sei. Das Christentum wiederum basiert auf das Judentum. Was sagen jüdisches Recht und jüdische Ethik zur Meinungsfeinheit?
Nach dem Talmud verbessert der Gerechte die Welt, während der Böse die Schöpfung vernichtet. Der Böse wird nur durch Wort und Tat des Gerechten aufgehalten. Der Talmud gesteht dem Gerechten mehr Rechte zu als dem Bösen, wozu die Meinungsfreiheit zählt. Das Judentum verhält sich erwartungsgemäß ideologisch.
Die aktuellen Ereignisse in islamischen Ländern haben falsche Erwartungen geweckt. Um den Lebensstandart in der westlichen Welt zu bewahren, wird die demokratische Rechtsprechung sich den politischen Gegebenheiten anpassen. Welcher materieller oder ideeller Nachteil würde uns unbescholtenen Bürger in der Demokratie ereilen, wenn die Meinungsfreiheit nach Inhalt und Sprecher beurteilt und gewährt werden würde? Unsere Demokratie erlaubt Freiheitseinschränkungen an Verbrechern. Das Voltairesche Tabu wird fallen, dass Meinungsfreiheit davon ausgenommen ist: zur Stärkung der Demokratie und zur Schwächung der Beliebigkeit.
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