Ein breites Bündnis gegen Menschenverachtung und Rassismus rief zur Demo „Ein Europa für ALLE“ auf.
https://www.ein-europa-fuer-alle.de/netzwerk
Ich habe mich sehr gefreut, zum Thema Menschenrechte sprechen zu dürfen. Drei Minuten Redezeit über Inklusion. Ich hätte soviel zu sagen, aber ich musste mich kurz fassen, also nahm ich mir vor, über das zu sprechen, das mich in meinem Gerechtigkeitsempfinden am meisten schmerzt: Die T4-Krankenmorde zu Zeiten der NS-Diktatur sowie die Ausgrenzung und Entrechtung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in der Gegenwart.
Mir gingen die bekannteren Fälle von Jessica Pankow, Markus Igel sowie der Tod von Tonou Mbobda und auch der widerlich menschenverachtende Psychiatriegesetz-Entwurf der CSU im Kopf herum, als ich meine Rede schrieb, aber auch viele Gespräche und Schriftwechsel mit Betroffenen, die ich über meine Aktionen und die Selbsthilfegruppe, die ich leite, kennengelernt habe. (Die Gruppe hat aktuell deutschlandweit 1900 Mitglieder.)
Meine Rede auf der Demo zum Thema Inklusion:
Die soziale Spaltung begann mit Hassreden und Ausgrenzung von Juden und Randgruppen. Es folgten Entrechtung, Zwangsarbeit und die Gaskammern…
Weitgehend unbemerkt von der Bevölkerung sammelte man auch die Menschen mit Behinderungen ein und ermordete sie massenweise in Kliniken. Ärzte nutzten die Wehrlosen skrupellos für Experimente und erforschten, wie man sie möglichst schnell kostengünstig tötet!
Nach Kriegsende blieben die meisten Täter straffrei.
Diskriminierung und Geringschätzung Schwerbehinderter und psychisch Kranker beruhen auf der Zeit der NS-Diktatur. Man schiebt sie gerne in Parallelwelten ab.
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein völkerrechtlich bindender Vertrag, auf dessen Umsetzung wir seit 10 Jahren vergeblich warten.
Schwerbehinderte werden von Behörden durch Leistungsentzug erpresst und „aus Kostengründen“ – gegen ihren Willen – in Heimen untergebracht und um ihr RECHT auf SELBSTBESTIMMUNG betrogen.
In Psychiatrien kommen immer wieder Patienten zu Tode. Gerade starb ein Mann an den Folgen von Misshandlung und Zwangsfixierung, der sich freiwillig ins UKE begab und dort HILFE suchte.
JEDER kann durch einen Unfall innerhalb von Sekunden zu einem Menschen mit einer Behinderung werden, oder durch ein grausames Erlebnis – wie ein Gewaltverbrechen – psychisch krank.
Wirst Du deshalb erwerbsunfähig, geht der Behördenkrieg los. Irgendein Sachbearbeiter, der nicht mal die Gesetze kennt, bestimmt darüber, wie Du leben darfst. Du bist ein Kostenfaktor und wirst zum Bittsteller. Oft spricht man über Dich, aber nicht mehr mit Dir. DU gehörst nicht mehr dazu, Du bist keiner mehr von ihnen, denn DU bist jetzt abhängig und irgendwie „anders“.
In einer Zeit, in der wieder nach Arbeitskraft und Nutzen für die Mächtigen sortiert wird, sind wir die „abgehängten Bürger“, also quasi die neuen „Ballastexistenzen“. Angesichts der dunklen deutschen Geschichte überfällt einen Panik, wenn man die gefühlskalten Machtmenschen der Politik so reden hört.
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden!
Was nutzen uns die schönsten Gesetze, wenn sich in den Behörden kaum jemand daran hält? Wenn Rechtsansprüche verweigert werden? Wenn tyrannisiert, verleumdet, entmündigt, entrechtet, weggesperrt, oder in den Selbstmord getrieben wird?
Wir brauchen dringend ein funktionierendes, unabhängiges Beschwerdesystem mit juristischer Unterstützung, die uns zu unserem RECHT verhilft und uns vor Machtmissbrauch schützt.
JEDER kennt jemanden, der eine Schwerbehinderung, oder ein seelisches Leiden hat, doch kaum jemand ahnt, wie vielen Existenzkämpfen und Demütigungen Betroffene ausgesetzt sind, während Superreiche dem Staat ungehindert Steuergelder in Milliardenhöhe klauen.
Lasst Euch nicht teilen! Wehrt Euch! Wehrt Euch gemeinsam, denn schon morgen könnt Ihr die Nächsten sein, die ausgegrenzt und entrechtet werden.
Lasst uns eine bessere Gesellschaft werden, die Inklusion und Vielfalt lebt!
Direkt nach meiner Rede sprach mich auch eine, für das Europa-Parlament kandidierende, Dame an und erzählte mir von einem regionalen Fall, der entsetzliche Zustände deutlich macht. Wir haben unsere Kontaktdaten ausgetauscht, damit wir dem Opfer gemeinsam helfen können.
150.000 Menschen gingen in Deutschland gleichzeitig in mehreren Städten auf die Straße. Das war ein schönes Zeichen, das Hoffnung macht. Ich bedanke mich bei der wunderbaren Organisation des Bündnisses, insbesondere bei Jenny, Hannes und Birk sowie bei meinem Assistenten Reinhold, der mich bei all meinen Aktionen unterstützt.