Meine Damen und Herren, intensive Beratungen liegen hinter uns; Sie konnten das ja verfolgen. Es war ein Europäischer Rat mit einer ungewöhnlichen Bandbreite von Themen das hat sich ja eigentlich schon seit Monaten angedeutet, und all diese Themen sind auch von großer Tragweite für die Zukunft Europas. Dabei ging es um die Sicherheit, die Verteidigung, die Außenbeziehungen, die Wettbewerbsfähigkeit dabei vor allem um das Thema Handel, um Innovation und Digitales, um den mehrjährigen Finanzrahmen, heute Vormittag dann um den Brexit und natürlich auch um die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion. Den gestrigen Abend haben wir natürlich mit dem großen und wichtigen Thema Migration verbracht.
Wir haben bei unserer Diskussion über Sicherheit und Verteidigung mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen und hierbei auch noch einmal die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der NATO diskutiert. Wir werden ja in wenigen Tagen wieder hier sein, beim NATO-Gipfel. Die Schlussfolgerungen zeigen, dass wir im Bereich der strukturierten Zusammenarbeit und im Bereich der Verteidigungspolitik ungewöhnlich viel erreicht haben. Angesichts anderer drängender Fragen wird das heute nicht so gewürdigt, aber wenn Sie sich einmal sonstige Zeitprozesse innerhalb der Europäischen Union anschauen, dann sehen sie, dass das schnell, effizient und auch sehr präzise ist.
Dann lag ein weiterer Schwerpunkt gestern Nachmittag auf der Handelspolitik. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird zu Gesprächen in die Vereinigten Staaten reisen. Wir werden von unserer Seite aus alles versuchen, um einen Handelskrieg zu vermeiden, und dafür haben wir Jean-Claude Juncker sozusagen auch den Auftrag mitgegeben, auszuloten, in welcher Art und Weise man hier agieren kann.
Heute Vormittag stand der Reformbedarf für die Wirtschafts- und Währungsunion im Vordergrund. Sie wissen ja, dass wir viele Monate lang die Frage hatten: Wie kommen Deutschland und Frankreich zusammen? – Das ist dann mit der Meseberger Erklärung gelungen. Heute hat es eine erste Diskussion im Kreise der Staats- und Regierungschefs gegeben, basierend auf der Zusammenfassung, die der Eurogruppenvorsitzende, Herr Centeno, wiedergegeben hat. Hier gibt es Einigkeit darüber, dass die Vollendung der Bankenunion voraussetzt, dass wir Risiken im Bankensektor abbauen. Erst dann können wir zu einem gemeinsamen Sicherheitsnetz kommen, also zu dem „common backstop“. Das soll im Rahmen des ESM vorbereitet werden.
Zweitens müssen und wollen wir parallel dazu, also im gleichen Zusammenhang, den Europäischen Stabilitätsmechanismus stärken und ihn in eine Art europäischen Währungsfonds umwandeln. Dieser Währungsfonds bzw. dieser Stabilitätsmechanismus soll in Zukunft die Fähigkeit haben, die makroökonomischen Fähigkeiten der Staaten zu beurteilen, damit Krisen besser vorauszusehen und auch die Schuldentragfähigkeit besser analysieren zu können.
Wir wollen drittens die Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Eurozone stärken; denn wir wissen, dass eine Währung nur dann zusammenbleiben kann, wenn wir auf Dauer auch wirklich Konvergenz und gleiche Schlagkraft garantieren können.
Gestern Abend haben wir dann über das Thema der Migration beraten. Ich darf zusammenfassen, dass wir in den frühen Morgenstunden ein Ergebnis erzielt haben, von dem ich sagen will, dass es ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Wir sind natürlich nicht am Ende des Weges, aber Sie können sich vorstellen, dass die Sichtweisen der Mitgliedstaaten extrem unterschiedlich waren. Dass es gelungen ist, diese Interessen doch in allen Dimensionen, die mit der Migration verbunden sind, zusammenzubinden, ist, glaube ich, für die jetzige Zeit eine adäquate Antwort auf die Tatsache, dass uns die Migration wie kein anderes Thema bewegt und herausfordert.
Wir haben sozusagen ein umfassendes Migrationskonzept entwickelt, das die Außengrenzen und die Kontrolle dieser Außengrenzen umfasst, das das auswärtige Handeln, also das Handeln außerhalb der Europäischen Union, mit einbezieht und das die inneren, internen Aspekte also das, was wir jetzt als Sekundärmigration bezeichnen auch in den Blick nimmt. Eine ganz wichtige Feststellung an der haben wir lange gearbeitet, aber das ist für mich auch ein Kernelement ist, dass die Migration nicht etwa nur für einzelne Mitgliedstaaten eine Herausforderung darstellt, sondern für Europa insgesamt.
Es wird dann noch einmal betont, dass wir seit 2015 viel erreicht haben. Heute haben wir die Seeanlandungen um 95 Prozent reduziert. Aber wir haben uns auch darauf verständigt, dass wir alles tun wollen, damit sich das Jahr 2015 eben gerade nicht wiederholt.
Dann geht es um die einzelnen Aspekte, einmal in Richtung Libyen. Hier ist der europäische Ertrag der Mission Sophia ja nicht nur die Rettung von Menschen in Not, sondern eben auch der Kampf gegen Schleuser und vor allen Dingen die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Wir haben noch einmal betont, dass alle Schiffe, die im Bereich der Seenotrettung tätig sind, auch geltendes Recht einhalten müssen.
Ein anderer Aspekt ist das EU-Türkei-Abkommen. Hier wollen wir alles tun, um dieses Abkommen auch wirklich in allen Facetten umzusetzen. Da war es ein wichtiges Signal, dass wir der Türkei jetzt endlich, sage ich die zweite Tranche, die zweiten 3 Milliarden Euro, überweisen können, natürlich projektbezogen, bezogen auf die Betreuung von Flüchtlingen. Die Türkei leistet hier ja Außergewöhnliches.
Wir lenken den Blick dann auf einen dritten Aspekt, weil wir im Augenblick steigende Anlandungen in Spanien zu verzeichnen haben. Hier wird insbesondere noch einmal darauf verwiesen, dass wir auch Marokko unterstützen müssen. Wir wollen nicht nur Libyen, nicht nur die Türkei, sondern auch und vor allen Dingen Marokko finanziell unterstützen und natürlich auch Spanien helfen.
Es geht dann darum, dass man, um den Weg der Flüchtlinge und Migranten sozusagen in Unsicherheit und Gefährdung zu verhindern und zu verhindern, überhaupt auf See zu sein, sogenannte regionale Ausschiffungsplattformen außerhalb Europas einrichtet. Das geht ich habe das immer und immer wieder betont nur zusammen mit den betroffenen Drittstaaten, nicht über deren Köpfe hinweg. Es geht auch nur zusammen mit dem UNHCR und nur zusammen mit der Internationalen Organisation für Migration; beide haben sich ja heute auch schon dazu geäußert. Außerdem haben wir betont, dass das Völkerrecht in vollem Umfang zu achten ist.
Es geht dann um den anderen Aspekt, nämlich um kontrollierte Zentren innerhalb der Europäischen Union. Hier sollen schnelle Entscheidungen über den Schutzstatus gefällt werden. Das betrifft natürlich Länder, in denen Flüchtlinge direkt und zuerst ankommen, aber Sie kennen auch die Diskussion aus Deutschland anhand des Beispiels der AnKER-Zentren, in denen ja auch eine beschleunigte Abarbeitung der Frage geschehen soll, ob es einen Schutzstatus gibt oder nicht. Hierbei hat eine Rolle gespielt, dass gerade auch die Visegrád-Staaten darauf Wert gelegt haben, dass das freiwillig ist. Wir haben aber gesagt: Das kann nicht ein Präjudiz für die noch zu leistende Vollendung der Dublin-Reform sein, also der Entwicklung eines Dublin-IV-Mechanismus.
Wir werden nicht nur der Türkei die zweite Tranche in Höhe von 3 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, sondern auch den EU-Treuhandfonds für Afrika um 500 Millionen Euro aufstocken. Dass war natürlich gerade für die betroffenen Länder wie Italien und Malta von großer Bedeutung, aber auch für Spanien.
Wir haben dann gesagt: Wir wollen die Migration auch sozusagen an der Wurzel annehmen und die Wurzeln dieser Migration auch in den Blick nehmen. Kein Mensch verlässt leichtfertig seine Heimat. Deshalb sagen wir, dass wir eine neue Partnerschaft mit Afrika brauchen, und zwar auf der Basis der afrikanischen Vorstellungen in der Agenda 2063, wie sie die Afrikanische Union vorgelegt hat. Hierbei geht es neben der klassischen Entwicklungshilfe, die verstärkt werden muss, vor allen Dingen auch um Mechanismen dafür, dass private Investitionen und die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika gestärkt werden. Wir wollen einen verstärkten Austausch zwischen den einzelnen Menschen sowie zwischen den Zivilgesellschaften, und wir wollen gerade auch Frauen und deren Entwicklung in den Blick nehmen, also Dinge, die etwas damit zu tun haben, dass sich Afrika mit dem Partner Europäische Union selbst gut entwickeln kann.
Wir sagen dann, dass wir mit Blick auf die nächste finanzielle Vorausschau natürlich mehr Mittel für den Kampf gegen illegale Migration brauchen.
Wir äußern uns dann zu der Frage der Grenzkontrollen an den Außengrenzen. Hierfür wird Frontex aufgestockt und, wo notwendig, auch ein erweitertes Mandat bekommen. Wir müssen uns auch noch sehr viel stärker mit den Rückführungen derjenigen, die keinen Schutzstatus haben, beschäftigen. Auch das ist klar.
Wir sagen dann, nachdem wir diese äußere Dimension sozusagen umfassend dargelegt haben, dass die Sekundärmigration auch ein Thema von großer Bedeutung ist; denn sie droht die Integrität des Schengen-Besitzstandes, also die Freizügigkeit, zu gefährden. Deshalb wollen wir hier zwischen den Mitgliedstaaten sehr, sehr eng zusammenarbeiten.
Wir konstatieren dann, dass wir bei der Schaffung eines neuen gemeinsamen europäischen Asylsystems im Grunde in fünf Rechtsakten relativ weit gekommen sind; zwei stehen noch aus. Das bedeutet, dass wir hier noch einen großen Weg an Arbeit vor uns haben. Wir haben jetzt aber erst einmal einen robusten Rahmen geschaffen, in dem wir handeln können, in dem wir Prioritäten gesetzt haben und auch neue Optionen in Blick genommen haben. Ich will übrigens erwähnen, dass gerade auch die britische Premierministerin gestern sehr in dem Geist mitgearbeitet hat, dass Migration auch ein Thema ist, das Großbritannien auch nach dem Austritt aus der Europäischen Union weiter interessieren wird und bei dem wir auch zusammenarbeiten müssen.
Ich hatte ja gesagt, dass ich jenseits der Festlegungen der 28 Mitgliedstaaten daran arbeiten werde, bilaterale oder trilaterale Absprachen zu treffen, solange wir noch keine neue Dublin-Verordnung haben, gerade mit Blick auf die Sekundärmigration. Über das, was ich diesbezüglich erreichen konnte, werde ich vor allen Dingen heute am späteren Abend die Koalitionspartner informieren. Ich möchte Ihnen aber bereits zwei Aspekte nennen.
Es geht dabei einmal um diejenigen, die die deutsch-österreichischen Grenze, an der ja kontrolliert wird, erreichen. Griechenland und Spanien sind bereit, die Flüchtlinge dann, wenn sie einen EURODAC-Eintrag aus Griechenland oder Spanien haben, direkt wieder zurückzunehmen. Im Gegenzug werden wir natürlich darüber reden, wie wir Griechenland und Spanien in der Frage der ankommenden Flüchtlinge unterstützen können, vor allen Dingen auch auf den ägäischen Inseln. Das ist sozusagen eine Maßnahme, die nur dann angewandt werden kann, wenn das an kontrollierten Grenzübergängen stattfindet. Griechenland und Spanien verpflichten sich also das haben wir miteinander besprochen , diejenigen, die dort ankommen, dann auch direkt zurückzuführen. Wir werden auf der anderen Seite mit Griechenland und Spanien daran arbeiten, gerade Flüchtlinge, die im Zusammenhang mit der Familienzusammenführung nach Deutschland kommen, dann auch schrittweise nach Deutschland zu bringen.
Es gibt dann eine zweite Form der Möglichkeit, das gesamte Thema der Sekundärmigration effektiver zu gestalten. Das betrifft all die Bereiche, in denen wir keine Grenzkontrollen haben, was ja die allermeisten in Deutschland sind. Hier haben wir heute den Zustand, dass bei der Dublin-Rücküberstellung im Durchschnitt nur 15 Prozent der Fälle mit unseren Nachbarstaaten funktionieren ich rede jetzt nicht über die Ankunftsstaaten, sondern ich rede über Nachbarstaaten wie Frankreich und andere. Hier haben wir mit einer Vielzahl von Länder vereinbart, dass wir Verwaltungsvereinbarungen abschließen werden das müssen dann die Innenministerien machen, wie auch bei der anderen Sache mit Griechenland und Spanien müssen dann die Details durch die Innenminister geklärt werden; das sind jetzt also politische Absprachen , sodass wir dann effizientere, schnellere Rücküberstellungsverfahren mit einer höheren Erfüllungsrate erreichen.
Dazu schlage ich vor, dass wir das Asylgesetz in Deutschland in § 5 so ändern, dass beschleunigte Verfahren durchgeführt werden können, wie wir das heute schon für Menschen aus sicheren Herkunftsländern haben. Wenn jemand zum Beispiel einen EURODAC-Eintrag aus Frankreich hat, dann ist ja klar, dass das auch ein sicheres Herkunftsland ist bzw. die gleiche Qualität hat. Dann würden wir die Gruppe derer, die solche beschleunigten Verfahren durchlaufen können auch diejenigen, die aus Ländern kommen, mit denen wir solche Verwaltungsvereinbarungen nach Artikel 36 der Dublin-Verordnung abschließen , aufnehmen und in einem sehr schnellen Verfahren und mit einer höheren Effizienz die Rücküberstellungen zwischen den jeweiligen Ländern und Deutschland durchführen. Daran hat sich, wie gesagt, eine ganze Reihe von Ländern beteiligt.
Ich werde darüber dann auch die Koalitionspartner informieren, sodass wir also das haben, was wir insgesamt unter 28 Mitgliedstaaten beschlossen haben, plus noch einzelne Vereinbarungen, die sozusagen deshalb getroffen wurden, weil wir heute noch keine Dublin-4-Verordnung haben, die die Verteilung mit regelt also das, was ich auch vorausgesagt habe.