Kurz vor dem Dorf Bierbaum zweigt ein Weg nach rechts ab. Nach drei
Kilometern erreicht man eine tausendjährige Eiche, die als der älteste Baum
Österreichs gilt. Wir befinden uns in
der südlichen Steiermark, in der Grenzregion zu Ungarn und Slowenien. Bekannt
für heilsame Thermen und kräftigendes Kürbiskernöl.
In Bierbaum leben 236 Menschen. Wird ein Dorf hier als bieder bezeichnet, „ein
biederes Dörfl“, so gilt dies als rechtschaffen und ehrsam. Doch wurde Bierbaum schon 1968 vom Nachbarort Bad Blumau übernommen, wo die
Biederkeit in der Architektur überwunden wurde.
Blumau ist einer der bekanntesten Thermalorte Europas, gestaltete hier doch Friedensreich
Hundertwasser das Bad mit seinen bunten Linien und unendlichen Spiralen als
Kunstwerk. Bad Blumau verfügt seither
über rund 1.600 Einwohner.
Nur acht Kilometer von Bierbaum entfernt liegt Fürstenfeld, einst berühmt
geworden durch ein populäres Lied, in dem der Aufenthalt im sittenlosen Wien
brennendes Heimweh auslöst: „Wien hat mi gor
ned verdient. will ham nach Fürstenfeld” (Wien hat mich gar nicht
verdient, Ich will heim nach Fürstenfeld).
Populäre Nachbarin
Die bekannteste Einwohnerin von Bierbaum ist Monika Unger. Eigentlich war
es Monika Unger bestimmt, als brave Hausfrau für herzige Kinder zu sorgen. Wie es in Bierbaum seit Jahrhunderten der
Brauch ist. Doch die dramatischen Zeitläufte in Österreich sahen eine andere Bestimmung
für Monika Unger vor. Sie soll für 14
Jahre im Gefängnis verwahrt werden. Das Urteil lautete auf Hochverrat.
Noch im Februar 2015 soll Monika Unger ein Schreiben an das Bezirksgericht
Fürstenfeld unterzeichnet haben mit „Ich grüße Sie in Liebe“. Dann wurde sie als sogenannte „Staatsfeindin“
erkannt.
Monika Unger war als Energetikerin tätig. Eine Berufung, die in dieser
Grenzregion zu Südosteuropa respektiert wird, die als alte Kraftlandschaft
gilt, wo noch Rutengänger nach verborgenen Energielinien suchen, was in
Österreich auch im Waldviertel, im Salzkammergut und in Osttirol gerne
praktiziert wird.
Die Verwandlung
In ihrem Umfeld kamen zahlreiche Personen mit dem Problembereich Enteignung
durch eine Methode von Sachwalterschaft in Berührung. Zentrale Forderung von Monika Unger war
deshalb: In Österreich hätten „sämtliche
Gerichte, Staatsanwaltschaften und die gesamte Justiz, ihre Arbeit sofort
einzustellen“.
Da die Probleme in Wien nicht mehr lösbar erschienen, kam Monika Unger auf
die Idee, den Staat Steiermark unabhängig zu machen und künftig, in rechtlicher
Selbstständigkeit, in einem „Staatenbund Österreich“ zu agieren. Am 26. Oktober 2015, dem österreichischen
Nationalfeiertag, gründete Monika Unger
die dafür notwendige Organisation, den Versammlungsrat für das
„Völkerrechtsgebiet Staat Steiermark“ mit einer Deklaration, die am Hauptplatz
in Graz verlesen wurde. Damit darüber die notwendige Debatte geführt werden
kann, gab Monika Unger ein Onlinejournal heraus: „Die Österreich Rundschau:
Journal für Wahrheit, Freiheit und Offenheit“.
Der Plan von Monika Unger fand bei zahlreichen Betroffenen richterlicher
Willkür entschiedene Zustimmung. Die
Zahl der Mitglieder wurde von den österreichischen Behörden auf rund 1.000
Personen geschätzt. Laut dem
Tätigkeitsbericht der Bundesstelle für Sektenfragen für 2017, der dem
österreichischen Parlament im Oktober
2018 vorgelegt wurde.
Nach den Angaben von Monika Unger zählte ihr Verein bereits rund 2.600 Mitglieder. Monika Unger betonte in Vorträgen: „Alles sei friedlich abgelaufen, ohne Demonstrationen, ohne Gewalt“. Ihre Gruppe sei prinzipiell gegen Gewalt.
Mit ihren Vorträgen versuchte sie, weitere Mitglieder zu gewinnen, die sie von ihrer Idee eines unabhängigen Staates Steiermark überzeugen wollte. Offenbar wurden ihre Vorträge von den österreichischen Behörden mit zunehmender Besorgnis betrachtet.
Die Verhaftung
Am 20. April 2017 erklärte der damalige Justizminister Wolfgang
Brandstetter, dass die „Staatsverweigerin“ in der Nacht festgenommen wurde,
gemeinsam mit 25 Anhängern ihrer Bewegung „Staatenbund Österreich“. An 37
Standorten wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die Organisation von Monika Unger wurde mit
dieser Aktion aufgelöst.
Demnach waren 454 Einsatzkräfte der Polizei „zum Großeinsatz ausgerückt“. Zu den Verhafteten zählte auch Jakob
Stückelschweiger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Rang eines
Gruppeninspektors, der nach eigenen Angaben bei Veranstaltungen für die
Sicherheit von Monika Unger sorgen wollte.
Brandstetter betonte in einer Presseaussendung die Leistung der
österreichischen Justiz:
„Die
Staatsanwaltschaft hat monatelang akribisch ermittelt und hat den Grundstein
für diesen Erfolg gelegt. Einmal mehr stellt die Justiz unter Beweis, wie
handlungsfähig sie ist.“
Gemeinsam mit Innenminister Wolfgang
Sobotka wurde von Justizminister Brandstetter noch bemerkt: „Wie gut die Zusammenarbeit der beiden
Ressorts funktioniert“.
(Wolfgang Brandstetter und Wolfgang Sobotka: Presseaussendung des
Bundesministeriums für Justiz, 20. 4. 2017).
Allerdings fiel Justizminister Brandstetter im Juli 2017 noch mit einer
weiteren Presseaussendung auf, in der erklärt wurde, dass er Michael O’Flaherty, den Direktor der Europäischen
Grundrechteagentur, „zu einem
Gedankenaustausch“ traf. Im Gespräch
ging es um die Einhaltung von Grundrechten in Österreich.
Laut der Presseaussendung hätte Brandstetter dargestellt, dass diese „im Rahmen der österreichischen Reform der
Sachwalterschaft mustergültig berücksichtigt werden.“
(Bundesministerium für Justiz, Presseaussendung vom 7. Juli 2017)
Was Brandstetter dem Direktor der Grundrechteagentur dabei verschwieg, das ist
die exakte Bedeutung der Mustergültigkeit: Willkürliche Enteignung soll damit
ermöglicht werden. Wie Brandstetter damit
auftritt, so würde er diese Prinzipien der Enteignung durch eine entwickelte
Methode von Sachwalterschaft gerne auch „mustergültig“ in weiteren Staaten
Mitteleuropas etablieren.
Dafür waren Beamte seines Justizministeriums in 14 Ländern tätig. Bilaterale Gespräche mit seinen Amtskollegen wurden von Brandstetter unter anderem 2010 in Montenegro, 2014 in Serbien und der Ukraine, 2015 in Griechenland und Moldawien, sowie 2017 in Albanien geführt. Österreichische Profiteure könnten dann auch am Balkan agieren.
Der Prozess
Monika Unger wurde in die Justizanstalt Graz-Jakomini gebracht. Seither
getrennt von ihrem Mann und ihrer Tochter, die inzwischen, zwei Jahre später,
16 Jahre alt wurde.
Am 15. Oktober 2018, somit rund 18 Monate nach der Festnahme, begann der
Prozess gegen Monika Unger und 13 weitere Mitglieder des „Staatenbundes
Österreich“ am Landesgericht für Strafsachen in Graz. Laut dem Bericht der
österreichischen Bundesstelle für Sektenfragen: „Unter einem Großaufgebot von Polizei und Beamtinnen bzw. Beamten in
Zivilkleidung“.
(Bundesstelle für Sektenfragen: Tätigkeitsbericht
2018, S. 80)
Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautete auf „Hochverrat“. Demnach habe Unger
versucht: „Ein eigenes Staatsgebilde nach
ihren Vorstellungen zu errichten und habe es dabei geschafft, immerhin etwa
2.700 Sympathisierende um sich zu scharen“.
In ihrer Verteidigungsrede bezeichnete Monika Unger staatliche
Institutionen in Österreich als „kriminelle
Vereinigung“ und „Mafia“. Ziel des „Staatenbundes“ sei, „dass es allen Menschen gut geht“. Ihr
Motto sei: „Wahrheit, Licht und Liebe“.
Das Urteil
Bis Weihnachten 2018 wurden 24 Prozesstage abgehalten. Nach mehr als drei
Monaten Prozessdauer wurden schließlich am 25. Januar 2019 die Urteile
gesprochen. Monika Unger wurde wegen „versuchter Bestimmung zum Hochverrat“ zu
14 Jahren Haft verurteilt. Der Begriff „Bestimmung zum Hochverrat“ ist ein
wörtliches Zitat aus dem Prozessbericht.
Auch Jakob Stückelschweiger, der ehemalige Gruppeninspektor der Polizei, der
Monika Unger bei ihren Vorträgen begleitete, wurde schuldig gesprochen: 10
Jahre Gefängnis für Hochverrat.
Alle 14 Angeklagten wurden wegen der Bildung einer staatsfeindlichen Verbindung
verurteilt. Für die weiteren angeklagten Mitglieder des „Staatenbundes
Österreich“ wurden Strafen in der Höhe von 9 Monaten bis zu drei Jahren Gefängnis beschlossen. Laut der Erklärung der Richterin hätten
die Angeklagten versucht: „Die Republik in ihren Grundfesten zu
erschüttern“.
Die Strafen gegen Monika Unger und Jakob Stückelschweiger sind nicht
rechtskräftig. Die Verurteilten legten
Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil ein.
Der Pflichtverteidiger
Der Staatsanwalt
erklärte in seiner Einleitung, so kann man es in einem Prozessbericht lesen: „Dass selbst Staatsverweigerer in einem
Rechtsstaat zum
Glück das Recht
auf eine gute Verteidigung haben“.
Der Staatsanwalt bezog sich damit auf die Pflichtverteidiger, die die
Angeklagten vor Gericht vertreten sollten.
Doch Monika Unger beurteilte mit Kritik den Pflichtverteidiger, der ihr
zugewiesen wurde.
Tatsächlich dürfte die Skepsis berechtigt gewesen sein. Denn auf eine Anfrage,
die im Juni 2019 die Haftbedingungen von Monika Unger klären sollte, antwortete Rechtsanwalt
Christian Riesemann aus Graz, der Monika Unger eigentlich ernsthaft vertreten
sollte:
„Ich beziehe mich auf Ihre E-Mails und halte fest,
dass es mir aufgrund der mich treffenden anwaltlichen
Verschwiegenheitsverpflichtung nicht möglich ist, Ihre Fragen zu beantworten”.
(Dr. Christian Riesemann: Email vom 1.
7. 2019)
Das ist ein eigentümliches Verständnis von anwaltlicher Verschwiegenheit, die
Rechtsanwalt Riesemann zum Ausdruck brachte.
Denn es wäre im Sinne seiner Mandantin Monika Unger gewesen, dass
geklärt wird, unter welchen Bedingungen sie in Haft gehalten wird und in
welcher Verfassung sie sich befindet.
Da das Urteil eigentlich noch bekämpft wird, hätte der Rechtsanwalt doch eine
Stellungnahme zum Urteil abgeben sollen. Es wäre sinnvoll gewesen, diesen
Standpunkt mit genauen Zitaten aus dem Urteil zu belegen. Weitere Anfragen, die
dies erläuterten, blieben von Dr. Riesemann unbeantwortet. Auch auf die Frage
nach dem Termin der Berufungsverhandlung gab der Rechtsanwalt keine
Auskunft. Aufgrund dieses Verhaltens
muss man davon ausgehen, dass die Berufung von Rechtsanwalt Riesemann nicht
seriös vorbereitet wird.
Die Berufungsverhandlung
Die weitere Beurteilung soll am Obersten Gerichtshof erfolgen, der sich
im Wiener Justizpalast befindet. Laut Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen, der im Juli
2019 bereits der neuen Bundeskanzlerin und Verfassungsgerichtshof-Präsidentin
Brigitte Bierlein vorgelegt wurde, ist mit den „höchstgerichtlichen Entscheidungen nach Meinung von Experten frühestens
mit Jahresende zu rechnen“.
(Bundesstelle für Sektenfragen: Tätigkeitsbericht 2018, S. 87)
Auf die Anfrage nach dem diesbezüglichen Termin antwortete die
Pressesprecherin des Landesgerichts für Strafsachen Graz:
„Das Urteil
wurde am 25.02.2019 abgefertigt und allen Parteien zugestellt,
die Fristen für die Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel wurden verlängert,
die Akten werden noch im Laufe des Monats Juli 2019 an den Obersten Gerichtshof
übermittelt werden“.
(Landesgericht für Strafsachen Graz,
Pressesprecherin, Schreiben vom 25. 6. 2019)Raimund Wurzer von der Medienstelle des Obersten Gerichtshofes bestätigte
auf Anfrage, dass der Akt noch nicht eingelangt ist und befand dazu:
„Das Verfahren gegen Monika Unger ist
noch nicht am Obersten Gerichtshof anhängig. Die Angeklagte wurde mit Urteil
des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 25. 1. 2019 zu einer mehrjährigen
Freiheitsstrafe verurteilt. Da im Verfahren mehrere Rechtsmittel erhoben
wurden, befindet sich der Akt nach wie vor beim Erstgericht. Er wird dem
Obersten Gerichtshof nach Einlangen der Rechtsmittelbeantwortungen vorgelegt
werden“.
(Raimund Wurzer, Medienstelle des Obersten Gerichtshofes, Email vom 27. 6.
2019)
Demnach werden die Akten erst rund 6 Monate nach dem
Urteil am Landesgericht für Strafsachen in Graz dem Obersten Gerichtshof
vorgelegt. Das ist eine Verzögerung, die keinesfalls erklärbar ist, denn das
Urteil wurde bereits Ende Februar ausgefertigt.
Der Türhüter
Für Fragen des Strafvollzugs ist die Medienstelle des österreichischen Bundesministeriums für Justiz zuständig,. Damit auch für Anfragen, die einen Besuch bei Monika Unger ermöglichen sollen, der für eine Reportage benötigt wird.
Ein solcher Besuch bei Monika Unger wird nicht gewährt. Selbst die
Auskunft, in welcher Justizanstalt Monika Unger aktuell sich befindet, wird
nicht gegeben. Britta Tichy-Martin, die
Leiterin der Stabsstelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums für Justiz, das im Dezember 2017 in Bundesministerium für
Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz umbenannt wurde, zeichnete ihr
Antwortschreiben „Für den Bundesminister“ und erklärte:
„Aus Persönlichkeits- und Sicherheitsgründen können wir über den genauen Ort
der Unterbringung ebenso wenig Auskunft geben.
Es wird daher um Verständnis gebeten, dass eine Offenlegung des
Aufenthaltsortes von Monika Unger sowie die Gewährung eines Interviews nicht
genehmigt werden kann“.
(Mag. Britta Tichy-Martin, Leiterin der Stabstelle für Kommunikation und
Öffentlichkeitsarbeit BMVRDJ, für den Bundesminister gezeichnet, Schreiben vom 4. 7. 2019).
Man sollte davon ausgehen, dass Monika Unger noch immer in der
Justizanstalt Graz-Jakomini sich befindet, doch offiziell wollen die Türhüter
der österreichischen Justiz den Aufenthaltsort nicht nennen.Gemäß den Erklärungen der
Justizbehörden wird Monika Unger demnach
an einem unbekannten Ort in Gefangenschaft gehalten.
In der Strafkolonie
Pressesprecherin Britta Tichy-Martin erklärte in Ihrem Schreiben auch
ausführlich, weshalb ein Interview mit Monika Unger abgelehnt wird. Demnach dient der Strafvollzug dem Zweck,
„den Verurteilten zu einer
rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten
Lebenseinstellung zu verhelfen und soll ihn abhalten, schädlichen Neigungen
nachzugehen. Der Strafvollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung
zugrundeliegenden Verhaltens aufzeigen (…), davon ist bei Interviews generell nicht auszugehen und kann leider auch
im konkreten Fall nicht davon ausgegangen werden“.
(Mag. Britta Tichy-Martin, für den Bundesminister gezeichnet, Schreiben vom 4. 7. 2019).
Der „Unwert des Verhaltens“ waren
wohl die Vorträge, die Monika Unger hielt. Ein weiteres Interview würde damit
die „schädlichen Neigungen“ einer
solchen Öffentlichkeitsarbeit nochmals befördern. Offenbar soll in der österreichischen
Strafkolonie das Grundrecht auf Meinungsfreiheit durch tiefe Brandmarkungen
exorziert werden.
Die Hungerkultur
Die österreichische Bundesstelle für Sektenfragen setzte, laut ihren
Tätigkeitsberichten für die Jahre 2016 bis 2018, wie es genannt wurde, einen „Medienschwerpunkt“ beim „Staatenbund
Österreich“. Die Tätigkeit von Monika
Unger wurde dafür als „staatsfeindlich“ definiert. Doch musste Ulrike Schiesser von der Bundesstelle für Sektenfrage in einer Stellungnahme zugeben, dass der
Ursprung des „Staatenbundes Österreich“ in Erfahrungen mit Verletzungen des
Eigentumsrechts begründet ist, die von Monika Unger auch thematisiert wurden:
„Ungers
Hetze gegen das österreichische System der Sachwalterschaft verweise jedenfalls
darauf, dass einige ihrer Anhänger selbst von einer solchen betroffen seien“.
(Reisinger, Werner: „Es gibt keine staatlichen Richter“, in: Wiener Zeitung,
19. 4. 2017)
Ulrike Schiesser nannte dabei Ungers Ausführungen polemisch eine „Hetze gegen das österreichische System der
Sachwalterschaft“. Hätte Schiesser
die Berichte der österreichischen Volksanwaltschaft zur Grundlage ihres
Befundes genommen, so hätte sie bemerken müssen:
„Viele Personen
beschwerten sich auch darüber, dass nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt
werde, selbst wenn hohe Einkünfte, Pensionen und Ersparnisse vorhanden sind,
oder dass über das Eigentum der betroffenen Personen von Sachwalterinnen und
Sachwaltern eigenmächtig verfügt werde“.
(Bericht der Volksanwaltschaft 2016, Bd. Kontrolle der öffentlichen Verwaltung,
S. 139f).
Das ist somit, wie es Schiesser nennt das „österreichische
System der Sachwalterschaft“. Es sollen skrupellos alle Vermögenswerte geplündert
werden. Es mangelt den Betroffenen an
den notwendigsten Geldern für „Essen,
Kleidung, Heizung, Medikamente“ (Bericht der
Volksanwaltschaft 2010, S. 127).
Schiesser beweist mit ihrer Aussage, dass die Berichte der
österreichischen Bundesstelle für Sektenfragen bewusst manipuliert wurden, da
der Problembereich Sachwalterschaft seit Jahren bekannt ist. Angegriffen wird
von Schiesser nicht die Korruption im Bereich der Sachwalterschaft, sondern die
berechtigte Kritik daran. Die strafrechtlich relevanten Tatbestände, die im
Bereich der Sachwalterschaft gegeben sind, werden von der Bundesstelle für
Sektenforschung gedeckt, während gleichzeitig die Aussagen darüber
kriminalisiert werden.
Die Donauschlinge
Während Monika Unger in Haft genommen wurde, blieben die Aktivitäten einer
anderen Gruppierung unbeachtet, obwohl das österreichischen Bundesamt für
Verfassungsschutz darauf reagieren müsste.
Im Mai 2017 fand bei der Donauschlinge bei Haibach in Oberösterreich
eine Tagung statt mit dem Titel „Krise
der liberalen Demokratie?“.
Es referierte András Jakab von der Ungarischen Akademie der
Wissenschaften: „Das ungarische Konzept der Umgestaltung“. Christoph Grabenwarter von der Wirtschaftsuniversität
Wien sprach in seinem Vortrag über: „Das polnische Verfassungsgericht als Objekt
der Umgestaltung“. Markus Vašek
stellte in seinem Beitrag die Frage: „Braucht
Österreich eine Ermächtigung zur Suspendierung von Grundrechten?“.
Markus Vašek
ist Mitglied des Jungen Forums der Österreichischen Juristenkommission. Die Tagung wurde organisiert von der
Österreichischen Juristenkommission unter Mitwirkung des Österreichischen
Rechtsanwaltskammertages, der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und
Richter und der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und
Staatsanwälte.
Offenbar wird von diesen Organisationen ernsthaft eine „Suspendierung von Grundrechten in Österreich“ in Erwägung gezogen
und in den Think Tanks der Justiz erörtert. Das bestätigt auch eine Studie, die
bei dieser Tagung erstmals öffentlich präsentiert wurde: „Resilienz des Rechts in Krisenzeiten“. Darin wird die Möglichkeit einer Notstandsverordnung begründet, um die Verfassung und damit
die Grundrechte zu reduzieren oder sogar ganz auszuschalten. Erstellt
wurde die Studie vom Austrian Center for Law
Enforcement Sciences.
Die Aktivitäten dieser Vereinigungen können nur noch als Putschversuch der
Justiz bewertet werden. Offenbar gibt es Bestrebungen in Österreich, die
demokratischen Prinzipien und den Rechtsstaat auszuhebeln. Diese staatsfeindlichen Thesen werden von
Vertretern der österreichischen Justiz vorgetragen.
Der Tagungsort „Donauschlinge“ muss
dabei als einer der üblichen Codes dieser Gruppe aufgefasst werden und soll
wohl eine Allusion sein, die eine Umkehrbewegung bei demokratischen Grundlagen
vermittelt. Wie in einer Geheimgesellschaft agiert man in diesen Kreisen gerne
mit solchen Zeichen. Donauschlinge ist damit ein Symbol, das von den Teilnehmern fraglos verstanden
wird.
Einfluss auf Europa
Gegen Polen und Ungarn, deren Modelle der
„Umgestaltung“ bei dieser Tagung an der „Donauschlinge“ von Referenten vorgestellt wurden,
leitete die Europäische Union inzwischen bereits ein Verfahren nach
Artikel 7 des Vertrages von Lissabon ein, da die Verletzung von Grundrechten in
diesen Ländern dokumentiert und eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit gegeben
ist Das
Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages von Lissabon wurde für
Polen im Dezember 2017 von der
Europäischen Kommission und für Ungarn im September 2018 vom Europäischen Parlament gestartet.
Inzwischen versucht Wolfgang Brandstetter, der ehemalige Justizminister der
Republik Österreich, deutlich diese Verfahren nach Artikel 7 zu beeinflussen.
Es gelang Brandstetter im März 2018 zum “Sonderberater der Europäischen
Kommission” ernannt zu werden. In dieser Funktion soll Brandstetter die
Qualität der Justizsysteme in Europa und die Rechtsstaatlichkeit beurteilen.
Damit kann Brandstetter versuchen, die Verfahren nach Artikel 7 mit seinen
Gutachten zu manipulieren und damit eventuell auch eine Blockade der Verfahren
bewirken.
Plädoyer für Demokratie
Bevor Monika Unger ins Gefängnis gesperrt wird, müsste dafür gesorgt
werden, dass der österreichische Rechtsstaat in Ordnung ist.
Monika Unger bewegte sich im Bogen der Grundrechte. In den Vorträgen von Monika
Unger gab es keine Aufrufe zur Gewalt, es wurde nach friedlichen Lösungen
gesucht. Ein ordentlicher und
funktionierender Staat muss verkraften, wenn eine Debatte geführt wird über
eine Erneuerung demokratischer Werte.
Auch das Bestreben, eine Region des Landes abzugrenzen, um ein eigenständiges
Staatsgebilde zu gründen, sollte in einer Demokratie selbstverständlich
gestattet sein. Letztlich ist eine
Mehrheit erforderlich, die dafür votiert.
Die Grenzregion in der Südsteiermark wäre prädestiniert für eine solche
Möglichkeit der Autonomie. Dabei sollte aber nie vergessen werden, dass der
Auslöser für eine solche Bewegung der Bankrott des Rechtsstaates in der
bisherigen Bundeshauptstadt Wien ist. Die Tätigkeit von Monika Unger war kein
„Hochverrat“.
Doch gibt es Staatsfeinde in Österreich, wie von der österreichischen Justiz
behauptet wird. Diese Staatsfeinde
erörtern die Abschaffung demokratischer Grundlagen. Es ist eine Juristengruppe,
zu der auch berüchtigte Sachwalter zählen, die bereits wie eine marodierende
Horde durch das Land ziehen und Plünderungen von Vermögen hemmungslos
durchführen. Dabei unterstützt durch eine korrupte Justizbehörde und eine
Richterschaft, die ein Recht auf Amtsmissbrauch und Willkür mit dem Dogma der
„richterlichen Unabhängigkeit“ zu einer Ideologie machte.
Für solche Plünderungen werden die Grundrechte „suspendiert“, wie es auch in
der Tagung bei der „Donauschlinge“ erörtert wurde. Diese Gruppe unterwanderte
systematisch staatliche Strukturen und muss deshalb als staatsfeindliche
Organisation eingestuft werden, die teilweise formelle Strukturen aufweist,
teilweise auch in informellen Treffen bei gesellschaftlichen Ereignissen sich
erkennt.
Deren Mitglieder sind bereits seit Jahren zu verhaften, Hinweise auf
strafrechtlich relevante Tatbestände gibt es zur Genüge und sie wachsen täglich
weiter. Das Bundesamt für
Verfassungsschutz wird bei der „Donauschlinge“ gebraucht – und nicht bei der
tausendjährigen Eiche von Bierbaum.
Man erwartet in Bierbaum, dass ein solch wertvoller Baum erhalten bleibt, über
alle Epochen hinweg. Ihre Eiche soll nicht von Enteignern umgeschlagen werden,
die bedenkenlos einen raschen Profit machen wollen. In Bierbaum ist noch die Auffassung lebendig,
dass das Recht auch Recht bleiben soll.
Links:
Es geschah am helllichten Tage: Plünderungen in
Wien (Tabula Rasa Magazin,
10. 2. 2019)Gefängnis statt Gerechtigkeit: Über die Verfolgung
des jüdischen Autors Stephan Templ (Tabula Rasa Magazin, 26. 12.
2018)