Plotin und Krause – Gemeinsamkeiten und Differenzen

1. Einleitung

Analysiert man den philosophiegeschichtlichen Diskurs, findet man viele ausgezeichnete Arbeiten, die sich dem Neuplatonismus Plotins näherten. Gerade in den letzten zwanzig Jahren beschäftigt man sich intensiver mit der Philosophie Plotins. Die Auseinandersetzung mit der Philosophie Plotins zeigt, daß im Zeitalter der Postmoderne ein erneutes Interesse an metaphysischen Fragen besteht.

Zu erwähnen ist der Münchner Philosoph Werner Beierwaltes1, der ein profunder Kenner der plotinischen und neuplatonischen Tradition ist. Zu den Autoren, die sich mit dem Neuplatonismus Plotins auseinandersetzen, zählen in erster Linie auch Jens Halfwassen2 und Christoph Horn.3 Werner Beierwaltes und Jens Halfwassen legten in letzter Zeit Studien zum Verhältnis zwischen Neuplatonismus und deutschem Idealismus vor. Das Hauptaugenmerk lag auf Strukturvergleichen, die neuplatonische Elemente im Denken Schellings und Hegels freilegten. Nicht zu vergessen ist Hans Michael Baumgartner4, der den Einfluß des Neuplatonismus auf den späten Fichte untersuchte.

In Forscherkreisen ist man sich weitestgehend einig, daß es nicht die Interpretation des Neuplatonismus Plotins gibt, da sein „System“ Modifikationen unterlag. Einig ist man sich auch darüber, daß der Neuplatonismus Plotins die abendländische Tradition beeinflußte. Dieser Einfluß beginnt mit Proklos, Boethius, Pseudo-Dionysius Areopagita, Scotus Eriugena, Nikolaus von Kues und reicht bis ins 20. Jahrhundert hinein. Der 1781 in Eisenberg geborene Philosoph Karl Christian Friedrich Krause hatte weit weniger Glück. Krause, und dies kann man als Manko betrachten, zählt immer noch zu den Randerscheinungen des deutschen Idealismus. Krause starb bereits 1832 in München als verarmter Privatdozent. Eine akademische Laufbahn wurde ihm versagt, obwohl er sehr früh als Privatdozent in Jena neben Schelling und Hegel seine philosophische Karriere begonnen hatte. Diese endete spätestens mit Krauses Weggang aus Jena im Herbst des Jahres 1804.

Krause verstellte sich die Karriere sicherlich auch durch seine Kritik an der Deutschen Loge, deren Mitglieder damals die Politik beeinflußten und einen großen Druck auf die sogenannten universitären Berufungskommissionen ausübten. Krause sah in der Humanitätsidee der Logen die Keimzelle eines gesellschaftlichen Bundes, die seiner Idee der Weltgemeinschaft ähnelte. Ihn störte das Sektierertum der Logen. Er teilte weder die Immunität der Logen noch deren hermetisches Verschlossensein, das nur Eingeweihten einen Zutritt erlaubte. In seiner Schrift „Die ältesten Urkunden der Freimaurerbrüderschaft“ verlieh er der Kritik nachhaltig Ausdruck.

Krause ist ein Systemdenker, seine Philosophie läßt sich als ein ganzheitliches und systematisch aufgebautes Wissenschaftssystem lesen. Trotz der Wissenschaftlichkeit, die den gängigen Systementwürfen des deutschen Idealismus nicht nachstand, wurde ihm eine breite Rezeption in Deutschland versagt. Erst in jüngster Zeit kam es zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem ,verborgenen' Philosophen Krause. In Spanien war dies anders, denn dort gehörte die Philosophie Krauses zum fundamentalen Bestandteil der politischen, sozialen, anthropologischen, religiösen, ästhetischen und rechtlichen Neuorientierung des 19. Jahrhunderts. Unter dem Schlagwort „Krausismus“ erlebte die Philosophie Krauses in Spanien eine Renaissance. Philosophen und Dichter, der prominenteste von ihnen ist sicherlich Unamuno, eigneten sich Krauses Gedankengut an. Heutzutage beschäftigt sich der spanische Philosoph Enrique M. Ureña mit Krause.5

Einen maßgeblichen Anteil an der Neuentdeckung Krauses in Deutschland haben Klaus-Michael Kodalle6 und Peter Landau.7 Kodalle hat sich mit einem Sammelband dem Denker Krause genähert. Landau widmete eine Vielzahl von rechtsphilosophischen Aufsätzen der Philosophie Krauses. Von einer Krauserenaissance in Deutschland kann trotz des Engagements beider Denker nicht gesprochen werden, da der Name Krause in akademischen Studien und Publikationen nicht auftaucht. Die Nichtberücksichtigung Krauses ist nicht gerechtfertigt. Gerade für Philosophiestudenten, die sich die Philosophiegeschichte aneignen wollen, empfiehlt sich ein Rekurs auf Krauses philosophiegeschichtliche Abhandlungen, die er in seinen Hauptwerken, dem „System der Philosophie“ und den „Grundwahrheiten der Wissenschaft“, abhandelt. Krause war aber nicht nur ein aufmerksamer Leser der Philosophiegeschichte, die er kritisch und dennoch objektiv beurteilte, sondern ein eigenständiger Denker mit einer eigenen Philosophie.

Krause gibt immer wieder zu erkennen, daß zwei philosophische Strömungen sein Denken beeinflußten. Zum einen prägte ihn die griechische Metaphysik von ihren Ursprüngen bis ins Mittelalter hinein. Zum anderen lehnte er sich an die Philosophie sowohl des Kritischen Idealismus Kants als auch an den deutschen Idealismus Jenaer Prägung an. Es wäre dennoch verfehlt, Krause als Eklektiker zu bezeichnen, da Krause weder nur philosophisches Gedankengut adaptierte noch sich mit den traditionellen philosophischen Positionen zufriedengab.

Mit der spekulativen Begründung der Welt aus Gott, die der Kosmologie des Neuplatonismus und des Mittelalters nahesteht, steht Krause auch in der Tradition von Leibniz und Wolff,8 wenngleich er mit seiner Ethik die Nachfolge Kants und dessen transzendentaler Ethik antritt. Mit Shaftesbury und Kant verbindet Krause die Idee einer übergreifenden Staatengemeinschaft. Alle Menschen sollen sich, so die Intention Krauses, zu einem großen Individuum vereinigen, um die Idee Gottes auf Erden zu realisieren. Die Idee vom Reich Gottes, die Krause von der augustinischen civitate dei entlehnt, wird zu einem Ideal, das sich die Menschheit, so Krause, aufzugeben hat, damit ein friedliches Miteinander möglich wird. Die Idee des Menschheitsbundes, die Krause in seinem Werk „Das Urbild der Menschheit“ (1811) entwickelt, das mehrere Auflagen erfuhr und Krause hinlänglich bekannt werden ließ, erlangt im modernen europäischen Staatenbund wieder an Aktualität. Nicht umsonst sah der Krauseinterpret Ernst Benz in seinem Aufsatz „F. W. J. Schelling und C. Ch. F. Krause in Spanien“ in der Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 6 (1954), S. 226-248, die Idee der UNO durch Krause bereits vorweggenommen.

Krauses Philosophie ist aktueller als man gemeinhin denkt. Fragen und Probleme, die sich aus der veränderten Weltsicht des 21. Jahrhunderts heraus ergeben, sind Krause zwangsläufig unbekannt, dennoch greift er bereits Fragen und Problemen vor fast zweihundert Jahren voraus, die heute die philosophische Reflexion immer noch prägen. Im Hinblick auf Krauses Ethik und auf seine Rechtsphilosophie wird dies deutlich. Aus Krauses Philosophie läßt sich sowohl eine Metaphysik des Anderen, die heute mehr den je Konjunktur hat – man denke hier an Emanuel Levinas – als auch eine Theorie der Verantwortung – ein Beispiel hierfür ist Hans Jonas' Buch „Das Prinzip Verantwortung, Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation“9 bereits ableiten.

Krause fordert nicht nur die Gleichstellung zwischen Mann und Frau, den Schutz des ungeborenen Lebens, die Trennung von Kirche und Staat, eine ökologische Präventivethik, die Aufhebung der Leibeigenschaft sowie die Aufhebung des Adels, des Königtums, des Zölibats u.ä., sondern ihm geht es in erster Linie um die Alltagstauglichkeit philosophischer Theoreme.

Den wohl nachhaltigsten Einfluß in der Philosophiegeschichte sicherte sich Krause durch eine Wortschöpfung – den Panentheismus. Damit greift er nicht nur die Debatte der Tübinger Stiftler um das en kai pan auf, sondern bezieht sich auf eine panharmonische Kosmologie, wie man sie beispielsweise bei Plotin findet. Wenn sich Krause dem Problem von Einheit und Vielheit zuwendet, steht er unweigerlich in der neuplatonischen Tradition Plotins.

Obwohl Krause den Neuplatonismus als Niedergang oder als Verfallsgeschichte bezeichnet, die den Philosophien von Platon und Aristoteles nachsteht, ist sein Plotinbild durchgängig positiv besetzt. „Zugleich muß aber erwähnt werden, daß Plotinos redlich bemüht war, Schwärmerei, Wahnsinn und Wahneifer zu vermeiden, schon indem er auf Logik und Dialektik großen Fleiß wandte.“10

Folgt man der Beurteilung der Philosophie Plotins durch Krause, dann zeigt sich, daß Krause mit Plotin übereinstimmt, wenn er wie dieser die Bedeutung der Einheit hervorhebt. Krause weist darauf hin, daß die Lehre „von der Einheit des Subjektes und des Objektes der intellektualen Anschauung“ mit den „neuen deutschen philosophischen Schulen übereinstimmt […].“ Kant hat „diese Einheit als Forderung und Grundbedingung für die absolute“, für den „endlichen Geist unerreichbare Wissenschaft erkannt“. Fichte fand sie in der Grundschauung Ich. Schelling erkannte „die intellektuale Anschauung des Absoluten zugleich als das Prinzip der menschlichen Wissenschaft“ an.11 Krause stimmt mit Plotin überein, da auch für Krause Gott der Anfang und das Ziel aller Philosophie ist.

Trotz einer Vielzahl von Parallelen zwischen Plotin und Krause gibt es bislang keine einzige Arbeit, die dem Verhältnis zwischen beiden nachgeht – ein Strukturvergleich fehlt, wenngleich Hans-Christian Lucas,12 der Spanier Rogelio Garcia-Mateo13 und Siegfried Wollgast14 auf Parallelen zwischen beiden Denkern hingewiesen haben. Leider blieb es nur bei einem Hinweis.

Unsere These ist die folgende: Krause steht in der Tradition des Neuplatonismus Plotins. Er greift Probleme der spätantiken Philosophie auf und verbindet diese mit dem eigenen Denken. Vor diesem Hintergrund läßt sich die philosophische Hinterlassenschaft Krauses als originäre Synthese zwischen Neuplatonismus und deutschem Idealismus interpretieren, denn er sucht nach einer Verbindung zwischen traditioneller Metaphysik und Transzendentalphilosophie.

Mit dem vorliegenden Aufsatz versucht sich der Autor der Thematik „Plotin und Krause“ anzunähern. Nur unter dem gesonderten Blickwinkel, neuplatonische Elemente im Denken Krauses freizulegen, wird sich der Thematik angenähert. Zwischen beiden Denkern gibt es viele Parallelen aber auch viele Differenzen, die hier im Einzelnen nicht alle berücksichtigt werden können.

Das Verhältnis zwischen Plotin und Krause möchte ich in einer Folge von drei Schritten nachzeichnen. Im ersten Schritt steht die metaphysische Fundierung im Mittelpunkt. In einem weiteren Schritt werde ich mich dem Begriff der intellektuellen Anschauung annähern. Im dritten Schritt geht es mir speziell um den Aufstieg des endlichen Ichs zu Gott.

2. Die metaphysische Fundierung

Der spekulative Idealist Krause betont wie Plotin die Stellung und die Bedeutung der Metaphysik. Die absolute Ausgangs- oder Quelleinheit Gottes wird für beide Denker zum Dreh- und Angelpunkt der spekulativen Frage. Krause folgt Plotin, wenn er die Welt aus einem absoluten Urgrund deduziert. Wie für Plotin – das Eine – ist für Krause der absolute Gott, den er terminologisch als Orwesen bestimmt, ein indifferentes Eines, das als Prinzip der Einheit und der Vielheit gedacht wird. Dieses Absolute – Krause spricht im Gegensatz zu Plotin von einem persönlichen Gott – ist der allmächtige, allwissende, unendliche und liebende Weltgrund, der die Welt in sich hat. Krause begreift diesen Gott als Alleinheit, da alles in Gott ist und nichts außer ihm. Gäbe es anderes außer Gott, dann wäre dieser nicht das Prinzip von allem. Im Unterschied zu Plotin bestimmt Krause Orwesen als einen Gott der Immanenz, während Plotin am transzendenten Einen festhält.

Wenn Gott als immanenter, so Krause, nicht mit der Welt zusammenfällt, muß er ein transzendenter sein. Gott als transzendentes Wesen bestimmt Krause als Urwesen. Orwesen als Immanenz und Urwesen als Transzendenz sind für Krause nicht zwei Götter, sondern nur unterschiedliche Modi des Einen Gottes. Wenn er vom einen Gott spricht, teilt er Plotins Auffassung einer einheitlichen Begründung der Welt aus dem einen Gott.

Mit der Bestimmung Gottes als Urwesen steht Krause in der Nachfolge Plotins, denn das Eine Plotins ist wie Urwesen außer und über der Welt, anders formuliert: jenseits derselben.15 Als transzendenter ist Gott der Grund der Welt, ohne mit ihr zusammenzufallen. Er fungiert als die oberste Einheit, die sich in die unendliche Vielheit der Welt, d.h. in den unendlich/endlichen Kosmos hinein differenziert. Dieser absolute Grund, den Krause nicht wie Plotin als causa sui bestimmt, ist der unerkennbare Grund.

Krause stimmt mit Plotin überein, wenn er behauptet: „Gott vermag der endliche Geist zu schauen […], aber nicht vermag er, Gott zu durchschauen in der unendlichen Tiefe der Gottheit.“16 Wenn Krause mit der Bestimmung Gottes als Transzendenz Plotins Idee der göttlichen Hypertranszendenz aufgreift, distanziert er sich von dieser Bestimmung Gottes, wenn er Gott als Immanenz begreift. Das Vermittlungsproblem zwischen kosmos intelligibilis und kosmos sensibilis, das bei Plotin bedingt durch die reine Transzendenz des Einen als epekeina tes ousias nur gelöst werden kann, wenn sich das unbestimmte Zweite auf den Grund der Einheit hin bestimmt und sich im Akt der Unbestimmtheit als Bestimmtheit konstituiert, umgeht Krause von vornherein. Gott ist bereits die Welt, selbst wenn er, wie es die Funktoren des außer und über verdeutlichen, nicht die Welt ist. Der Gott Krauses ist zwar jenseits der Welt, er ist zugleich in der Welt. Das außer, über und das in schließen sich bei Krause nicht aus, wenn die Selbstbestimmung Gottes als ein Akt gedacht wird, in dem sich Gott als immanenter zugleich als transzendenter und vice versa bestimmt.

Wenn Gott, so Krause, als einheitliches Wesen die Vielheit in sich setzt, hat er sich als einheitlicher Grund immer schon in die Vielheit hinein vermittelt. Mit dieser Konzeption Gottes umgeht Krause die strikte Trennung zwischen dem Einen, dem Nous und der Weltseele, wie sie Plotin in den „Enneaden“ vornimmt. Es bedarf, so Krause, keiner zweiten oder dritten Hypostase, die die Differenzierung Gottes in die Welt hinein ermöglicht.

Gott ist für Krause nicht nur der indifferente Ursprung, sondern das die Differenz ermöglichende Prinzip. Zwar hält Krause am Indifferenzpunkt fest, er hypostasiert diesen nicht wie Plotin, dessen Philosophie bekanntlich in einer mystischen Theorie kulminiert. So schreibt Plotin: „Da wir nicht imstande sind, dessen [ dem Einen, Herv., S. G.] habhaft zu werden, was eigentlich von Jenem ausgesagt werden müßte, lassen wir es mit der Aussage über Es bewenden. Im eigentlichen Sinne aber läßt sich nichts finden, was wir über Es, geschweige denn von Ihm aussagen könnten; denn alles, auch das Herrlichste und Erhabenste, ist später als Jenes.“17 Das Ziel der plotinischen Philosophie ist es, alle sprachlichen und ontologischen Bestimmungen vom Einen fernzuhalten, denn das Eine ist kein Sein,18 kein Seiendes,19 nicht Seiendheit, nicht Wesenheit,20 nicht Existenz,21 nicht Leben,22 nicht Denken,23 nicht Selbstbewußtsein24 und nicht Geist.25 Es entzieht sich jeder Beschreibung.

Zwar wird durch die metaphysische und durch die negativ dialektische Methode, d.h. durch den Ausschluß aller positiven Bestimmungen vom Einen deutlich, worauf Plotin hinauswill, nämlich auf einen radikalen Prinzipienmonismus. Die Welt, die ein Produkt des Einen sein soll, ist aus dem Einen jedoch nicht ableitbar. Die radikale Differenz, die Plotin zwischen dem Einen und der Welt aufmacht, führt zur Frage: wie kann sich das Eine in die Welt hinein vermitteln, wenn es jenseits von allem ist. Plotin konnte diese Frage nicht lösen. Systematisch ist die von Plotin aufgestellte Differenz zwischen Einem und Welt nicht plausibel. Aus philosophiehistorischer Sicht kann man Plotin verstehen, da er im Anschluß an Platon nach einer absoluten Metaphysik sucht und sich als „Vollender“ des platonischen Erbes begreift.26

Krause kann sich ebensowenig wie Hegel mit der mystischen Philosophie Plotins anfreunden. Daher nimmt es nicht wunder, daß Krause dem Absoluten positive Attribute wie Unendlichkeit, Gutheit, Schönheit, Liebe, Güte, Vollkommenheit, Heil,27 Harmonie u.ä. zuschreibt, denn Gott ist, „das sich unendlich der lebenbeschränkten endlichen Wesen erbarmende Wesen, – unendliches heiliges Erbarmen“.28 In der deduktiven Explikation des Absoluten, die Krause im zweiten Teil der „Vorlesungen über das System der Philosophie“ (1828) vornimmt, kommt Krauses affirmative Theologie zum Ausdruck.

Die Ent-rückung des Einen, und dies hat Krause wie Hegel29 deutlich gesehen, gefährdet die Annäherung an den absoluten Grund und letztendlich die Identifikation mit demselben. Für Plotin und für seine Philosophie des Aufstieges zum Einen, in der sich der Mensch auf den Urgrund – das Eine – bezieht, den Plotin als Wesensgrund des Menschen versteht, ist die Ent-rückung oder das ekstatische Aus-sich-Heraustreten des Menschen in die intelligible Welt hinein eine notwendige Voraussetzung des Transformationsprozesses. Diese Ent-rückung, diese Ek-stasis und letztendlich die henotische Identifikation mit dem Einen wird durch das Verstandesdenken – die diskursive Verstandesseele – und durch das Vernunftwissen – das intellektuelle noetische Wissen des Nous – vorbereitet. Der Akt der Transformation steht jedoch über dem Verstand und über dem Denken. Genaugenommen ist es ein Akt, der sich unmittelbar ereignet.

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Plotin und Krause findet sich, wenn man auf das Konzept der Entfaltung Gottes in die Welt hinein reflektiert. Für Krause basiert – ähnlich wie für Plotin – die Selbstauslegung des Absoluten auf der Freiheit und Notwendigkeit desselben. Krauses Absolutes offenbart sich aus freiheitlicher und aus notwendiger Bestimmung in die Welt, wenn es sich in diese hinein differenziert, ohne die endliche Freiheit der Subjekte aufzuheben. Das Absolute differenziert sich als Notwendiges in Freiheit, wobei es die Welt als freiheitliche und als notwendige setzt. Während die freiheitliche Entfaltung Gottes bei Krause unproblematisch ist, da er von einem persönlichen Schöpfergott ausgeht, stellt sich für Plotin folgendes Problem: wie kann aus einer ontologischen Substanz, die über dem Sein liegt, von einer freiheitlichen Entfaltung gesprochen werden? Wenn man Plotins Philosophie nicht mehr als Emanationssystem interpretiert, sondern von der Freiheit und vom freien Willen des Einen ausgeht, „denn die Wesenheit des Guten ist wahrhaft Wille seiner selbst, das nicht bestochen und auch nicht durch die eigene Anlage verleitet ist, sondern sich selber frei wählt; es gibt ja auch gar kein anderes Ding, daß er zu diesem hätte hingezogen werden können“30, zeigt sich – sieht man einmal von den immanenten Schwierigkeiten des Freiheitsbegriffes ab, die sich aus der negativen Theologie Plotins ergeben – eine Parallele zu Krause. Beide bestimmen das Göttliche als Freiheit, selbst wenn Plotin die Freiheit des Einen durch ein gleichsam (oion) einschränkt.

Im Hinblick auf die Freiheit und die Notwendigkeit des Einen wird aber auch ein Unterschied zu Krauses Gottesbegriff deutlich. Für Krause reicht Gott bis in die Welt hinein. „Gott also ist die Vorsehung gemäß seinem Lebengesetz und seiner Lebenordnung. Und da ferner Gott in dem Einen Leben mit heiliger Freiheit des Willens, also unbedingt sittlich oder moralisch, seine Wesenheit als das Gute zeitlich darbietet, so ist Gott die heilige unbedingt sittliche oder moralische Vorsehung. Da nun Gott als Vorsehung hinsichts des ganzen Gliedbaues der endlichen Wesen frei herab und hereinwirkt in das Leben aller endlichen Wesen, so kann bildlich gesagt werden, daß Gott als Vorsehung sich zu den endlichen Wesen herab oder hernieder läßt.“31 Gott ist für Krause nicht nur der unbegründete Grund seiner selbst, sondern das kosmologische Prinzip.

Die Explikation Gottes in die Welt hinein denkt sich Krause ähnlich wie Plotin als ein Abstiegsprozeß auf unterschiedlichen Stufen, wenngleich er nicht mit Hypostasen arbeitet sondern mit Potenzen.

Bevor wir uns Krauses Verständnis von der Explikation Gottes zuwenden, wollen wir Plotins Nouskonzept freilegen. Die dynamische oder harmonische Selbstdurchdringung der sich reflektierenden zweiten Hypostase, dem Nous, versteht Plotin als Leben. Das noetische Sich-Durchdringen von Sein und Denken, von Noeton, Noesis und Nous wird für ihn zur noologischen Struktur triadischer Selbstbezüglichkeit. Das Sein ist das Denken und vice versa. Die triadische Selbstdurchdringung von Sein und Denken als Leben sichert dem intelligiblen Nous seine dynamische Identität. Der Selbstbezug als Differenzierung und Synthesis der geeinten und geschiedenen Onta, die selbst Eide sind, ist nicht potentieller Natur, sondern eine aktuale Selbstbestimmung, die Plotin als Ewigkeit bestimmt. Die Bedingung der Selbstdifferenzierung als intelligible Selbstbestimmung ist für Plotin die Einheit des Einen, auf dessen Einheit hin sich der Nous bestimmt, um sich als unendliche intelligible Vielheit noetisch zu erfassen. Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Onta sichert ihnen im intelligiblen Nous ihre Selbständigkeit und Identität, wobei sie sich als unterschiedliche auf die Gesamtidentität des Nous beziehen und als einzelne die Gesamtheit des Nous repräsentieren. Jedes einzelne Eidos ist für sich betrachtet Identität seiner unendlichen Eide, die es als allgemeine Idee unter sich subsumiert. Jedes einzelne Eidos ist gemäß der intelligiblen Struktur des Gesamtnous als Identität der Identität und Nichtidentität aufgebaut.

Wenn dem Einen Vielheit nicht zugesprochen wird, kann das Eine die Differenz nicht an sich und nicht in sich selbst haben. Die Differenz als Identität ermöglichende Bestimmung beschränkt sich auf den Nous, der als Identitätsprinzip der Ideen zugleich das Differenzprinzip seiner Selbstbestimmung ist. Wenn die Differenz im Nous gesetzt wird, ist der Nous nicht absolute Differenz, obwohl die einzelnen Onta oder Eide im Verhältnis der Differenz zueinander stehen, sondern eine relative. Die strukturelle Bestimmung des Nous ist Einheit in der Differenz. Ohne Differenz gäbe es weder die intelligible Mannigfaltigkeit der Ideen noch das noetische Selbstbestimmen als Identität der Identität und Nichtidentität. Die Trias von Sein, Leben und Zu-Denkendem fungiert dabei als die immanent dialektische und harmonische Selbstbestimmung des Nous, denn das Sein bedarf der Andersheit, dem Denken, um sich als aktuales Leben zu vollziehen. Die Kategorien, die diesen Denkprozeß ermöglichen, bestimmt Plotin als das intelligible Sein, als die Einheit und als die Andersheit, als die Ruhe und als die Bewegung, die als Magista gene die dialektische Selbstbestimmung ermöglichen. Plotin verortet die Kategorien nicht im Prinzip, sondern im Prinzipiat, wobei man wieder die Frage stellen könnte: wie läßt sich ein Prinzipienmonismus rechtfertigen, wenn die Kategorien erst an abgeleiteter Stelle deduziert werden? Ohne diese Frage zu beantworten, da sie über unser Untersuchungsfeld hinausgeht, ist nicht zu übersehen, daß es sich bei der Einführung der Kategorien im Nous um eine spekulative Ableitung der Kategorien handelt, denn die Explikation des Nous gründet sich auf der kategorialen Deduktion: besser, als Konstitution der Kategorien.

Krause sieht dies anders. Er verlagert im Unterschied zu Plotin die Kategorien in das Prinzip Gottes als Orwesen. Damit entgeht er dem Problem Plotins, die Kategorien aus einem Prinzip abzuleiten, das nicht das Absolute ist. Krause spricht, wenn er von Kategorien redet, zumeist von „Wesenheiten“, die sich an oder in Gott finden. Ohne die höchst komplizierte Kategorientafel Krauses hier näher zu erläutern, die sich in ihrer formalen Aufgliederung an die Wissenschaftslehre von Fichte anlehnt, lassen sich zwei unterschiedliche Kategorienarten hervorheben, die als primäre und sekundäre Kategorien beschreibbar sind. Primär sind all jene Kategorien, die unmittelbar am Absoluten selbst gefunden werden. Sekundär all jene, die sich im Absoluten befinden.

Im folgenden wollen wir der Selbstentfaltung des Absoluten bei Krause nachgehen. Hierbei wollen wir auf das oben zum Nous Erarbeitete zurückzugreifen. Unsere These ist die folgende: Krause übernimmt vom plotinischen Nouskonzept sowohl den Harmonie- als auch den Trinitasgedanken.

Plotin versteht unter Harmonie die Vereinigung Verschiedener, Krause wird ihm hierbei folgen. Plotin begreift Sein und Denken als Bestimmungen der intelligiblen Selbstauslegung des Nous. Krause setzt an ihre Stelle die Idee der Vernunft und die Idee der Natur, die er beide als Potenzen des Absoluten, genauer: als unterschiedliche Explikationen desselben versteht. Unter die Idee der Vernunft wird die gesamte geistige Wirklichkeit subsumiert. Die Idee der Natur denkt sich Krause – auch dies ist im übrigen eine Parallele zu Plotin – als organischen und harmonischen Kosmos, der sich selbst organisiert. Die Natur degeneriert nicht zu einem mechanischen Determinismus, sie ist keine tote und depravierte Materie, sondern Leben. Urwesen steht für Krause an höchster Stelle, unter ihm die Vernunft und die Natur als Ideen. Die Vernunft bestimmt Krause als unendliche, die Natur dagegen als endliche, denn in letzterer ist die gesamte materielle Welt als Idee enthalten. Jede der einzelnen Potenzen enthält in sich eine unendliche Fülle von Ideen. Den Abstieg Gottes in die Welt hinein denkt sich Krause nicht wie Plotin als „Herausfall“ aus der Ewigkeit. Er stimmt auch dann nicht mit Plotin überein, wenn er die Materie nicht als Nichts, sondern als eine aus der Idee der Natur entsprungene Subidee versteht, die zugleich schön und anmutig ist.

Vernunft und Natur stehen sich auf der zweiten Stufe der göttlichen Selbstoffenbarung als differente gegenüber. Ihr gemeinsamer Ursprung ist die Einheit Urwesen, aus dem sie entspringen und durch dessen Kraft und Macht sie sich aufeinander beziehen. Die Einheit Urwesens ermöglicht nicht nur die Differenzierung in zwei Potenzen, sondern sichert jeder Potenz ihre Eigenständigkeit und ihr Bezogensein auf die andere Potenz zu.

Während Plotin das Sein und das Denken als strukturimmanente Bestandteile der Selbstkonstitution des Nous versteht, verlegt Krause die Vernunft und die Natur in die Welt hinein. Vernunft und Natur sind nicht nur die Entäußerungen Urwesens, sondern sie sind die kosmologischen Entfaltungsprinzipien des Einen Prinzips. Die Vernunft ist nicht mit der Natur identisch wie das Sein kein Denken ist, sondern das Andere der Natur. Der Gegensatz, den Vernunft und Natur als Bestimmungen des Absoluten bilden, ist wie beim Sein und beim Denken im intelligiblen Nous kein absoluter Gegensatz, sondern ein relativer. Wäre er ein absoluter, dann würden sich die beiden Bestimmungen in Urwesen ausschließen. Dieser Ausschluß würde die Einheit des Prinzips negieren, das die beiden Bestimmungen als vorausliegende Einheit setzt.

Wie Plotin sucht Krause nach einer Synthese zwischen den Differenzen. Während sie Plotin im Denkakt findet, den er als Leben bestimmt und dem er die Funktion der synthetischen Vereinigung Differenter zuweist, findet sie Krause in einer dritten Potenz – der Menschheit. Die Menschheit ist die synthetische Vereinigung, da sie die Vernunft und die Natur als Einheit enthält. Die Idee der Vernunft ist eine rein ideale Bestimmung, die der Natur eine rein reelle Bestimmung. Krause weiß, und hier kommt seine Anthropologie ins Spiel, daß das Endliche nur als Vereinigung von Idealität und Realität bestimmt wird, denn jedes Wesen besteht einerseits aus einer geistigen Natur, andererseits aus einem Leib. Analog zum strukturellen Aufbau der Idee der Menschheit ist jeder einzelne Mensch ein synthetisches Wesen, wenn er die differenten Bestimmungen von Vernunft und Natur am Ort seiner Endlichkeit als Geist und Leib verbindet.

Vernunft und Natur bei Krause stehen sich wie Sein und Denken im plotinischen Nouskonzept als dialektische gegenüber. Zwar ist die Vernunft nicht die Natur und vice versa, die Vernunft bedarf aber zu ihrer Selbstbestimmung der Natur. Innerhalb der reinen Vernunft, aus der Krause alle Kategorien des Denkens und die Denkoperationen wie den Beweis, das Urteil und den Schluß erst ableitet, gibt es eine triadische Struktur. Jede Potenz in Gott, d.h. nicht nur die Vernunft, sondern auch die Natur und die Menschheit sind nach dem triadischen Prinzip aufgegliedert und strukturiert. Am Anfang steht die These, ihr zur Seite die Antithese und letztendlich – als die Verbindung von beiden – die Synthese. Die Synthese ist ihrem Inhalt nach die reichste, denn in ihr wird das Unterschiedliche so verbunden, daß das Unterschiedene als Einheit gedacht wird. Einheit und Verschiedenheit, Thesis und Antithesis werden letztendlich in der Synthesis ,aufgehoben'. Wenn weder die These noch die Antithese unvermittelt nebeneinander bestehen, ist es das Ziel der krauseschen Dialektik, das Unterschiedliche miteinander harmonisch zu versöhnen. Die dritte Potenz – die Menschheit – versteht Krause als synthetisch-harmonische Potenz des Absoluten. Sie spiegelt die Mannigfaltigkeit des Absoluten in seiner Entäußerung wider und erweist sich damit als die Bestimmung des Absoluten, in der sich die Idealität und die Realität miteinander verbinden.

Strukturell gesehen wollen Plotin und Krause dasselbe, denn beide streben nach einer Vermittlung von Differentem. Während der intelligible Nous Plotins das Differente als intelligible Reflexion vermittelt, begreift Krause die Selbstvermittlung als Selbstmitteilung Gottes in die Welt hinein. Das Differente ist nicht reflexiv immanent, d.h. nur als immanente Selbstbestimmung zu begreifen, sondern als die Bedingung der Offenbarung Gottes. Krause erweitert das Strukturmodell des Nous, wenn er die Triadik und Dialektik als Entfaltungsweisen des Absoluten begreift.

3. Die intellektuelle Anschauung

Schenkt man den Selbstaussagen Krauses Glauben, dann übernimmt er die Idee der intellektuellen Anschauung von Platon und Plotin, wenngleich er an die Stelle des tradierten Anschauungsbegriffes einen Neologismus – die Wesenschauung32 – setzt.

Krause kritisiert am Begriff der intellektuellen Anschauung das Präfix an, denn damit verbindet sich ein Angeschautes, das gegenständlich vorgegebenen ist. Ist die intellektuelle Anschauung ein Akt, der die Gegenständlichkeit bzw. die Intentionalität auf ein anzuschauendes Gegenständliches ausschließt, dann ist, so zumindest Krause, der Terminus technicus – intellektuelle Anschauung – befremdlich, denn die intellektuelle Anschauung ist als unmittelbare Schau nicht auf die Objektwelt gerichtet, sondern auf das Absolute, das geschaut wird. In Übereinstimmung mit dem Verständnis der intellektuellen Anschauung bei Plotin ist die Schau bei Krause ein Akt intuitiver Kontemplation. Sie ist aber nicht nur seliges Schauen oder Apathie (Seelenruhe) wie bei Plotin, sondern Krause dient die Schau als Grundlage der unmittelbaren Evidenz von Wissen, wenngleich sie als indifferenter Vollzug nicht Wissen, sondern nur die Bedingung des Wissens ist. Die Anschauung ist zeitlos, sie geschieht, bzw. vollzieht sich im Augenblick. Sie ist weder reflexiv noch kann sie mit den Mitteln der Vernunft gedeutet werden. Bestimmt man die Indifferenz der Schau als formalen Vollzug eines intellektuellen Anschauungserlebnisses, hinter das nicht zurückgegangen werden kann, dann zeigt sich eine Parallele zwischen Plotin und Krause, denn für beide ist die unmittelbare Vereinigung die höchste Erkenntnis als Nichterkenntnis. Trotz dieser Gemeinsamkeit darf ein Unterschied nicht übersehen werden. Dieser wird deutlich, wenn man auf den Vollzug des Anschauungserlebnisses blickt. Plotin stellt die intellektuelle Anschauung, die er einmal als absolutes Anschauungserlebnis mit der noetischen Reflexion gleichsetzt und das andere Mal als henotische Vereinigung und als Identifikationsakt mit dem absoluten Einen begreift, an das Ende des Aufstieges zu Gott hin. Sie ist das alleinige Telos der philosophischen Reflexion. Die unmittelbare Identifikation als Berührung und Verschmelzung mit dem überseienden Grund und Ursprung ist für Plotin die höchste Form der mystischen Ekstase, die ein endliches Ich im Akt der Selbsttransformation anstrebt. Wurde diese Identifikation einmal erreicht, dann sucht das nichtreflexive Ich, dieses Erlebnis immer wieder anzustreben. Wird die Identifikation mit dem Einen zum Bestimmtheitsprinzip endlich-unendlicher Selbstauslegung, dann reicht das Denken und das sogenannte „Überdenken“ aus, um zum Einen zu gelangen. Im Gegensatz zur Philosophie Krauses liegt das Hauptaugenmerk Plotins nicht auf der Praxis, sondern auf der Theoria. Die vita activa wird der vita contemplativa subordiniert,33 denn das Subjekt will im transformativen Akt nicht seine Endlichkeit, sondern nur seine Unendlichkeit bejahen, die ihm im endlich-praktischen und moralisch-sittlichen Leben versagt wird. Die vollkommene Freiheit stellt sich nicht in der Welt ein, denn diese steht dem Ich als intelligible Welt, d.h. dem Ich als ein zum kosmos intelligibilis dazugehörendes Wesen negativ gegenüber. Plotin schreibt in V 1 dazu: „Wie nun in der Welt diese drei genannten Wesenheiten vorhanden sind, so, muß man annehmen, sind sie auch in uns vorhanden; ich meine nicht in uns als Sinnendingen, denn jene Prinzipien sind transzendent, sondern in uns sofern wir außerhalb des Sinnlichen sind, ,außerhalb' in dem Sinne wie jene oberen Wesenheiten außerhalb des Weltalls sind; so ist es auch beim Menschen, in dem Sinne wie Platon vom ,inneren' Menschen spricht. So ist denn auch unsere Seele ein Göttliches und höheren Wesens, so beschaffen wie das Gesamtwesen Seele; zu ihrer Vollendung aber gelangt die Seele, welche den Geist in sich hat; der Geist aber scheidet sich in einen welcher denkt und einen welcher das Denken verleiht.“34

Sowohl für Plotin als auch für Krause ist die intellektuelle Anschauung oder die Wesenschauung ein spontaner Akt. Durch die Rationalität wird dieses Anschauungserlebnis vorbereitet. Die intellektuelle Anschauung ist ein Akt, der sich unmittelbar selbst einstellt, sobald das Subjekt seine Rationalität aufgibt. Die Schau ist als Sprung oder als Ereignis35 beschreibbar. Plotin und Krause verstehen unter dem Sprung nicht wie beispielsweise Jacobi,36 einen Sprung vom Wissen in den Glauben hinein. Für beide steht unter der erkenntnistheoretischen Prämisse fest, daß nur die intellektuelle Anschauung Wissen überhaupt ermöglicht. Krause bestimmt im Anschluß an die neuplatonische Tradition die intellektuelle Anschauung als Prinzip des Wissens. Erreicht ein Subjekt diese Schau, dann ist es auf der Höhe seines spekulativen Wissens, selbst wenn es dieses Wissen noch nicht versprachlichen kann. Die intellektuelle Anschauung ist kein Akt, den der Mensch vollzieht, sondern vielmehr ein Akt, der ihm von Gott zukommt.

Während für Plotin die henotisch-intellektuelle und anschauliche Vereinigung mit dem Urgrund ein transintellektueller Vollzug ist, begreift Krause die Wesenschauung als einen Akt, der transzendentales Wissen überhaupt erst ermöglicht, denn die Wesenschauung bleibt für Krause nur ein Akt, der als Gewißheit zwar dem transzendentalen Subjekt vorausliegt, es aber seiner transzendentalen Icherschließung nicht beraubt, sondern diese in einem höchsten Wissenspunkt setzt, aus dem sich heraus das transzendentale Ich Wissen erschließt. Anders formuliert: Die Wesenschauung oder Gotteserkenntnis des Menschen sichert diesem erst seine Selbsterkenntnis, da er sein gesamtes Wissen nunmehr im Lichte der Prinzipienerkenntnis spiegelt und dieses Prinzip seines Wissens anerkennt.

Die Selbsterkenntnis, wie sie Krause versteht, und dies ist eine Parallele zu Plotin, bedarf der Gotteserkenntnis, die Krause im Anschluß an Plotin als objektive begreift. Die Gotteserkenntnis ist objektiv, weil jedes Subjekt, das sich zu dieser Erkenntnis erhebt, Gott als das Prinzip von allem schaut. Innerhalb seiner lebensweltlichen und erkenntnisfähigen Ausrichtung vermag jedes Ich sich denkend, dem Absoluten anzunähern. Die Wesenschauung Gottes durch das Ich ist bei Krause wie bei Plotin ein transzendenter Akt. Der Unterschied zwischen Plotin und Krause zeigt sich, wenn man den Transzendenzbegriff untersucht. Für beide bleibt die Transzendenzerkenntnis der höchste Akt, den das Ich erreichen kann – soweit ihre Gemeinsamkeit. Für Krause ist die Transzendenzerkenntnis Gottes nicht nur ein Akt, den jeder Mensch, der sich auch tatsächlich auf den Weg zu Gott hin begibt, erlangt, sondern zugleich ein Akt, der ihn seine Endlichkeit bewußt werden läßt. Der Mensch transzendiert sich weder auf Gott hin noch ist die intellektuelle Anschauung nur auf wenige Menschen einzugrenzen. Krause entgeht letztendlich der Vorstellung von einem exklusiven Gotteserlebnis, das Plotin nur den Auserwählten und nur denen zugesteht, die die geheime Sonderlehre vom Einen durchdrungen haben. Wenn für Krause der intellektuelle, d.h. schauende Vollzug allen offen ist, zeigt sich ein weiterer Unterschied zu Plotin. Krause bestimmt die Transzendenz als einen Gedanken, der das „Ich überschreitend, und dabei nichtsinnliche“ ist,37 denn „er überschreitet das Ich (ist Transiten oder transcendent), weil wir behaupten, daß die unendliche Natur selbständig da ist, unabhängig vom Ich“.38 Mit dieser Bestimmung der Transzendenz folgt Krause mit Sicherheit Plotin. Er setzt sich aber von diesem ab, wenn er schreibt:

„[…] so finde ich, daß der Gegenstand dieses Gedankens keineswegs als vom Ich alleinige (isoliert) gedacht wird, sondern daß das Ich in diesem Gedanken zwar sich selbst übersteigt, aber dann auch zum Ich wieder zurückkehrt (refcendiert). Dieses Verhältniß des Transcendenten zum Immanenten hat in neuerer Zeit vorzüglich Kant betrachtet, und hat für das zuletzt erklärte Verhältnis sich des Ausdruckes des Transcendentalen bedient, also das Transcendente vom Transcendentalen so unterschieden, daß das Transcendente das rein Aeußere, das Ich Uebersteigende ist, daß Transcendentale aber in unserm Erkennen das Aeußere ist in wesentlicher Beziehung zum Innern. So ist z. B. nach Kant der Gedanke: Gott, ansich rein transcendent; wenn aber der Mensch sich seiner Sittlichkeit bewußt wird, daß für die sittliche Freiheit vorausgesetzt wird ein unendliches, unbedingtes, sittliches Wesen, das ist Gott als heiliges Wesen, so wird nach Kant, Gott nicht unmittelbar transcendent, sondern transcendental, d. h. in wesenlicher Beziehung zu dem Ich selbst und zu seiner Selbsterkenntnis des Ich, gedacht.“39

Krause, dies wird durch das Zitat bestärkt, bezieht die Transzendenzerkenntnis zugleich auf ein transzendentales Ich. Die Wesenschauung als Transzendenzerlebnis ist ein Akt, indem sich das Ich Gott übergibt, zugleich sich dieses Gottes als Ich versichert.

Plotin und Krause begreifen die intellektuelle Anschauung als Erweiterung des Wissens. Die Frage, die sich hier stellt, ist die folgende: Handelt es sich um eine qualitative oder um quantitative Wissenserweiterung? Wenn die intellektuelle Anschauung das sinnliche Wissen überschreitet, ist sie ein qualitativ höherwertiges Wissen. Die qualitative Sonderstellung der intellektuellen Schau betonen beide Denker. Plotin interpretiert das in intellektueller Anschauung Geschaute als ein qualitativ-quantitativ höherwertiges Wissen, das sich radikal vom endlichen Wissen unterscheidet. Krause versteht im Gegensatz zu Plotin die Schau nicht als quantitative Erkenntniserweiterung. Durch die Wesenschauung wird nichts erkannt, was nicht schon durch die unmittelbare und mittelbare Erkenntnis des Subjektes gewußt wird. Die Wesenschauung ist keine quantitative Wissenserweiterung, durch die die Gesamtheit des Wissens auf qualitativ höherer Ebene, wie z. B. durch die Nouserkenntnis, gegeben wäre. Qualitative Erkenntnis, so Krause, ist nur gesicherte Erkenntnis von einem Prinzip des absoluten Wissens aus.

4. Der Aufstieg zu Gott

Krause moniert, wenn man seine Schriften zur Philosophiegeschichte analysiert, immer wieder die Einseitigkeit der philosophischen Reflexion. Entweder geht die philosophische Reflexion, wie im Falle der antiken Philosophie, von Gott aus und deduziert die Welt aus diesem, wobei sie das transzendentale Subjekt übergeht. Oder die Metaphysik dient – wie im Falle Kants – nur noch als hypothetisches Ideal in praktischer und religiöser Hinsicht. Krause will die philosophischen Extreme verbinden, denn nur so sieht er den kosmologischen Universalismus gewahrt. Er will den spekulativen und den objektiven Idealismus versöhnen. Hierbei geht Krause einen eigenständigen Weg.

Wenn Krause im „System der Philosophie“ von 1828 die analytische Methode vorstellt, unter der er den Aufstieg des Menschen zu Gott hin begreift, widmet er sich im „Urbild der Menschheit“ 1811 der deduktiven Explikation des Absoluten. Beide Wege – der Aufstieg zu Gott und der Abstieg Gottes in die Welt hinein als die Offenbarung desselben -, werden von Krause in seinem System gleichermaßen berücksichtigt. Das Theorem vom Abstieg verbindet ihn mit antiken Spekulationen, mit dem Aufstiegstheorem steht er in der Tradition von Descartes und Kant.

Nun stehen sich Abstieg und Aufstieg, so Krause, solange unvermittelt gegenüber, solange sie nebeneinander stehen. Zu einer Verbindung zwischen Analyse und Deduktion kommt es erst, wenn sich der Mensch als einheitliches Wesen, d.h. als transzendentales Wesen einerseits und als in Gott und durch Gott begründetes Wesen andererseits erkennt. Sowohl die Selbsterkenntnis als auch die Gotteserkenntnis bieten die Gewähr für eine Orientierung am Göttlichen.

Krause versteht im Anschluß an Platon und Plotin das Göttliche als das Gute, ja als das höchste Gut. Die Realisierung dieses höchsten Gutes ist der Inhalt und das Ziel aller Regionalphilosophien. Unter Regionalphilosophie versteht Krause ein eigenständiges Wissenschaftsgebiet innerhalb der Philosophie. Erkenntnistheorie, Ethik und Moral, Religion, Ästhetik, Recht u. ä. sind eigenständige Wissenschaften, die aus der Einen Wissenschaft – der Metaphysik oder „Grundwissenschaft“ abgeleitet werden. Nicht nur die Potenzen werden aus dem Absoluten abgeleitet, sondern auch die Wissenschaften. Jeder Wissenschaft entspricht ein Attribut oder eine Eigenschaft Gottes, denn Gott ist die Gutheit, die Religion, die Schönheit, das Recht u.ä. In der Erkenntnistheorie wird sich dem Absoluten auf dem Wege der Einbildungskraft, des Verstandes und der Vernunft genähert, bis das Absolute in intellektueller Anschauung erkannt wird. In der Ethik und Ästhetik fungiert das Absolute als das transzendentale Ideal der Annäherung. Diese endet nicht im mystischen Sich-Verlieren, sondern wenn sich der Mensch als zeitliches und endliches Wesen dem Göttlichen annähert.

Die Erkenntnis Gottes denkt Krause nicht wie Plotin als das Ende der spekulativen Selbstüberschreitung der Vernunft, sondern als Ausgangspunkt praktischen Handelns und Lebens. In concreto bedeutet dies: wird Gott erkannt, dann ist das Subjekt verpflichtet, sittlich zu handeln. Die sittliche Selbstbestimmung orientiert sich dabei an der Idee Gottes als höchstem Gut. Krauses Sittenlehre zählt zu den stärksten Teilen seines philosophischen Programms. Gerade in der Sittenlehre erweist sich Krause als echter Nachfolger und Vollender des kantischen Systems, wie er selbst behauptet. Krause erweitert den Formalismus der Ethik Kants durch eine Güterlehre, denn „Wesen ist das Gute, und das Gut: oder: Gott ist das Eine Gute und das Eine Gut; auch: Gott ist das unendliche, unbedingte Gute, und das unendliche, unbedingte, Gut; oder auch: Gott ist das einzige Gute und das einzige Gut. Man pflegt diese Schauung gewöhnlich so zu bezeichnen: Gott ist das höchste Gute und das höchste Gut […]“.40

Für Krause wie für Plotin spielt die Gotterkenntnis eine wichtige Rolle. Dennoch unterscheiden sich beide, wenn man darauf schaut, wie diese Erkenntnis umgesetzt wird. Plotin rückt Gott als höchstes Gut in die Nähe seiner metaphysischen Erkenntnislehre, denn die Annäherung an das höchste Gut wird nur vom rein sich an der intelligiblen Wirklichkeit ausrichtenden Erkenntnissubjekt erreicht. Krause betrachtet, wenn man seiner Sittenlehre folgt, die Erreichung des höchsten Gutes nicht so sehr unter der Prämisse der rationalen, sondern der sittlichen Vernunft, die dem endlichen Ich gebietet, sich als sittlich-moralisches dem absoluten Grund anzunähern. Der Mensch soll nicht mit Gott zusammenfallen, wie es Plotin fordert, sondern die Idee Gottes in der endlichen Welt abbilden.

Um rein sittlich zu handeln, benötigt man, so Krause, einen Imperativ. Diesen bestimmt er in der Nachfolge Kants als kategorischen. Der kategorische Imperativ als synthetisch-apriorischer Satz, den Krause mit den folgenden Worten beschreibt: „Wolle du selbst und tue das Gute als das Gute“ betont die sittliche Lebenspraxis des Menschen und seine Bestimmung, das Gute als das Gute zu tun. Die Idee des höchsten Gutes, so die Auffassung Krauses, soll lebenspraktisch eingeholt und nicht jenseits des Lebens erlangt werden.

Auch in den plotinischen Enneaden findet sich ein Imperativ. Der Imperativ Plotins lautet: „Aphele panta“ (Tu alles weg). Krause kann Plotin zustimmen, da es sich bei Plotins Imperativ um einen Satz handelt, der nicht aus der Empirie entlehnt ist, er teilt die Radikalität des „Aphele panta“ jedoch nicht, da durch den Imperativ die Loslösung von der sittlichen Handlung geboten wird. Genaugenommen fordert der Imperativ Plotins dazu auf, alle Handlungen, die sittlichen eingeschlossen, in die reine Schau aufzuheben. Plotin schreibt: „[…] vielmehr tu alle andern Dinge fort, wenn du Ihn aussagen oder Seiner innewerden willst. Wenn du nun alles fortgetan hast, dann suche nicht danach, was du Ihm beilegen könntest, sondern danach, ob du vielleicht etwas noch nicht von ihm fortgetan hast in deinem Denken“.41

Krause dagegen geht es um eine Veränderung der sittlichen Welt, die nur zum Tragen kommt, wenn das sittliche Gesetz befolgt wird, denn das Sittengesetz ist die bleibende und unveränderliche Grundlage des praktischen Bewußtseins, das sich dieses Gesetz auferlegt. Plotin fordert, daß das endliche Ich diesen kategorischen Imperativ so gebraucht, daß es ihm hilft, seiner endlichen Lebenswelt zu entfliehen. Die praktische Ethik wird hinfällig. Die Idee des höchsten Gutes soll nicht transzendental, sondern transzendent eingeholt werden. Die Ethik Plotins dient nur als Voraussetzung der sittlich-intelligiblen Läuterung und erhält nur in diesem beschränkten Rahmen Bedeutung. Die sittliche Handlung wird dem intelligiblen Wissen untergeordnet, denn im intelligiblen Kosmos ist Handeln unmöglich.

Eine Parallele zwischen beiden zeigt sich, wenn man die Trias von In-sich-Bleiben, Ausgang und Rückkehr reflektiert. Die Trias geht nicht auf Plotin, sondern auf Proklos zurück. Wenngleich sie Plotin nicht begrifflich und systematisch ausgearbeitet hat, bedient er sich ihrer schon vor Proklos. Krause greift sie auf, um die Annäherung an das Absolute als den Weg des Menschen zu Gott zu begreifen. Zwar findet sich im krauseschen Gesamtwerk nicht der griechische Terminus Anagogé, jedoch scheint Krause, wenn er vom erotischen Streben spricht, dasselbe zu meinen wie Plotin, denn die Liebe des Menschen zu Gott ist die Voraussetzung der Annäherung. In der Liebe, besser: durch die Liebe wird Differentes miteinander verbunden. Mit der Bestimmung der Liebe als eines Vollzuges erweitert Krause die rein erkenntnistheoretische Annäherung durch ein Gefühl. Auch bei Plotin, dessen Philosophie vom rationalen Bestimmungen getragen ist, spielt die Emotionalität des Fühlens eine Rolle, denn im transrationellen Akt ist der Mensch als intellektuell fühlendes Wesen auf das Eine bezogen. Das Gefühl, von dem Plotin und Krause sprechen, ist nicht das sinnliche Gefühl, das vom Gegenstand und von den Affektionen der Sinnlichkeit pathologisch affiziert wird, sondern das Gefühl ist intellektueller Natur. Wenn dieses Gefühl nicht an die unteren Vermögen, d.h. an die Einbildungskraft und die Wahrnehmung gebunden ist, ist es ein geistiges Fühlen, das sich von der gegenständlich-sinnlichen Objektwelt löst. Plotin und Krause – eine weitere Affinität – vereinseitigen den Menschen nicht nur auf seine Rationalität, selbst wenn sich in den „Enneaden“ eine Vielzahl von Belegstellen finden läßt, die den Anschein einer gegenteiligen Position erwecken, sondern sie begreifen den Menschen als ein einheitliches und als ein ganzheitliches Wesen. Plotin, so schreibt Krause, hat die Ganzheitlichkeit des Menschen richtig erfaßt: „Nach Plotinos ist alle echte Erkenntnis Gotterkenntnis. ,Die Seele wird Gottes nicht bloß im Schaun und Denken, sondern im ganzen ungeteilten Gemüte als ganzes Wesen in wahrer Gegenwart […] inne.' Mehrere Stellen des Plotinos zeigen, daß er es eingesehen hat, daß die Gotteserkenntnis des endlichen Geistes nur eine der besonderen Weisen ist, in den derselbe der wesentlichen Gegenwart Gottes in ihm inne ist.“42

Was ist unter In-sich-Bleiben (Verharren), Ausgang und Rückkehr zu verstehen und welche Parallelen gibt es zwischen Plotin und Krause? Für beide Denker ist das Absolute der unveränderliche Grund. In der Selbstexplikation wird Gott nicht minimiert, d.h. seine Transzendenz besteht weiter, selbst wenn er sich in die Welt hinein offenbart. Das Eine und Orwesen bleiben in sich. Als Urwesen, Vernunft, Natur und Menschheit und als Nous und Weltseele geht Gott aus sich heraus. Der Ausgang Gottes ist die Offenbarung desselben. Auf die Entfaltung antwortet der analytische Aufstieg des Menschen zu Gott hin. Die Rückkehr oder die Annäherung an den göttlichen Ursprung ist dem Menschen möglich, so Plotin, weil er zur intelligiblen Welt als intelligibles Vernunftsubjekt dazugehört. Die drei Hypostasen, so bemerkt Plotin in der Enneade V 1 „Über die drei ursprünglichen Wesenheiten“, gehören zum Wesen des Menschen, der dann an der intelligiblen Wirklichkeit partizipiert, wenn er sich auf die göttlichen Wesenheiten ausrichtet. Die Möglichkeit, sich auf diese Hypostasen auszurichten, wird durch die Immanenz der Seele, des Nous und des Einen im Menschen ermöglicht. Sobald sich der einzelne Mensch auf seine ihm eigene Intelligibilität richtet, steht er in Beziehung zum absoluten Einen, das sich als Macht in ihm äußert. Der Mensch seinerseits partizipiert an den einzelnen Hypostasen.

Auch Krause denkt den Aufstieg zu Gott hin als einen Prozeß, der ohne die Teilhabe des Menschen an der Idee Gottes unmöglich wäre. Durch die Präsenz Urwesens im Menschen ist der Mensch mit dem Absoluten verbunden. Er hat nicht nur am Absoluten Anteil, sondern das Absolute als omnipotentes und omnipräsentes Wesen ist in ihm als endliches Wesen. Er wird sich der Präsenz Urwesens in sich bewußt, wenn er sich als sittlich-moralisches, religiöses, ästhetisches und rechtliches Subjekt auf das Absolute bezieht. In Übereinstimmung mit Plotin schreibt Krause: „Das Eine, Gott, ist allgegenwärtig, in ihm sind und atmen wir; Gott ist das Vollkommene, das Urbild und der eine Zweck der Dinge, die nur durch Gott sind, leben und bestehen und vollkommen werden können.“43 Die Rückkehr zu Gott sieht Krause ähnlich wie Plotin als Angleichung an den Grund. Ähnlich wie bei Plotin gelingt die Annäherung nur, weil Gott als Urgrund in allem präsent ist und das gesamte Seiende auf sich bezieht. Ein Unterschied zwischen Plotin und Krause wird deutlicher, wenn man die Annäherung analysiert. Bei Plotin kommt das Sich-Gott-Annähern erst zur Ruhe, wenn sich das liebende und strebende Ich mit dem Einen identifiziert. Der transzendente Regreß in den überseienden Urgrund hinein ist das Ziel des Aufstieges. Auch Krause spricht, wenn er von einer liebenden Annäherung redet von Vereinigung. Die Vereinigung, die Krause im Blick hat, ist keine mystische Identifikation, sondern die Vereinigung von Unendlichem und Endlichem. Der Mensch vereinigt sich mit Gott als endliches Wesen und nicht als intelligibles und weltfremdes Wesen. Der liebende Mensch vereinigt sich nicht mit Gott, wenn es seine Endlichkeit dazu aufgeben muß. Analysiert man, was Krause unter Vereinigung versteht, dann zeigt sich, daß Krause unter Vereinigung das harmonische Wechselspiel zwischen Geist und Leib begreift. Sowohl der Geist als ein Teil der unendlichen Vernunft als auch der Leib als ein Teil der unendlich-endlichen Natur werden aus Gott abgleitet. Sie sind als Bestimmungen oder unterschiedliche Erscheinungsformen der unterschiedlichen Potenzen in Gott anzusehen. Der Geist des Menschen steht nicht über dem Leib, denn der Geist ist nicht würdiger oder wertvoller als der Leib. Die Annäherung an den Grund schließt die leibliche Vollendung mit ein, genauer: der Mensch bedarf seiner Leiblichkeit um sich Gott anzunähern. Die Leiblichkeit, genauer: einen Leib zu haben, gehört für Krause zur Wesensbestimmung des Menschen. Würde er diesen negieren, um sich als rein intellektuelles Wesen dem Absoluten anzunähern, destruierte der Mensch seine Bestimmung, ein geistig-leibliches Bild oder Ebenbild Gottes zu sein. Die Bildlichkeit, genauer: die „Gottähnlichkeit“, die zugleich Güte, Tugend, Schönheit und Leben ist, soll im endlichen Leben erlangt werden.

Im Gegensatz zu Krause versteht Plotin unter Vereinigung eine rein intelligible Verbindung, die die Abstraktion von der Leiblichkeit voraussetzt. Den Leib und seine Bedürfnisse klammert Plotin aus dem Aufstiegsprozeß aus. Krause dagegen begreift die Vereinigung als das Aushalten der Differenz zwischen Geist und Leib.

Krause pflichtet Plotin bei, da er dem Geist im Aufstiegsprozeß eine Leitfunktion zuerkennt. Der Geist soll den Menschen als ganzen bestimmen. Nur so ist es möglich, daß sich der Mensch nicht an den niederen Bestimmungsgründen ausrichtet. Die Willkür des Menschen soll durch den sittlichen Willen begrenzt und eingeschränkt werden, d.h. der Mensch soll sich nicht an seinen eigenen und egoistischen Bedürfnissen orientieren, sondern durch den Geist zur Anerkennung der Idee Gottes geführt werden. Krause schreibt: „Es ist vielleicht überflüssig, daß ich es ausdrücklich bemerke, daß hier nicht von dem mit dem Leben des Geistes verbundenen leiblichen Leben, die Rede ist, sondern von dem Leben des Ich als Geistes, von dem innern Selbstbestimmen des ganzen Ich zum Guten nach dem Sittengesetze.“44 Auf der vorhergehenden Seite heißt es: „Diesen ganzen Zustand des Ich nun nennen wir die Sittlichkeit, und diese bleibende Selbstbestimmung nur das Gute zu verwirklichen, nennen wir die sittliche Gesinnung, und sofern das Ich in dieser Gesinnung seine Zeitreihe gestaltet, nennen wir es tugendhaft, und diesen bleibenden Zustand die Tugend. Daraus folgt, daß das Gesetz des Guten und das Gesetz der Sittlichkeit und der Tugend ist, oder das Sittengesetz.“45 Wenn Plotin im anagogischen Aufstieg zum Einen die praktische Sittlichkeit aufgibt, begreift Krause den Aufstieg unter einer sozialphilosophischen Prämisse. Der Mensch soll sich mit den anderen Wesen zu einer großen Gemeinschaft zusammenschließen. Diese Gemeinschaft kann dann als das Reich Gottes auf Erden verstanden werden. Der Aufstieg zu Gott kommt, so Krause, daher nicht an sein Ende, wenn sich das Ich von aller Irdischkeit befreit, selbst wenn es als weltbeschränktes, d.h. endliches und bestimmtes Wesen „mit Begierden befleckt ist“,46 sondern wenn es seine Irdischkeit bejaht. Den Anderen als selbständiges Wesen grenzt Krause nicht wie Plotin aus. Der Aufstieg zu Gott, so Krause, setzt die Erkenntnis der anderen Wesen und die sittliche Vereinigung mit diesen voraus. Der Solipsismus prägt die Ethik Plotins. Man muß „also zurückgehen […] auf das Eine und zwar auf das wahrhaft Eine, das nicht in der Weise Eines ist wie alles andere, das Vieles ist und nur durch Teilhabe an dem Einen Eines – man muß aber das Eine selbst erfassen, das nicht durch Teilhabe Eines ist und nicht ebensosehr Vieles wie Eines […]“,47 Die stoische Autarkieethik Plotins ist mit dem Denksatz Krauses nicht zu verbinden. Kurzum: Der Unterschied zwischen Plotin und Krause ist der folgende: Gerade im Umfeld ethischer Überlegungen wird für Plotin das Eine zum Bezugspunkt des Aufstieges, wobei der Vereinigung eine transzendente Verlagerung der Subjektivität in das Eine vorausgeht. Krause lehnt den transzendenten Regreß vor dem Hintergrund seines transzendentalen Ansatzes ab. Zwar ist Urwesen der transzendente Grund, diesem transzendenten Grund kann sich aber nur transzendental angenähert werden. Nicht die Identifikation mit dem Grund, sondern die Idee Gottes als ethisches Ideal reicht Krause für die Annäherung aus. Der Mensch soll nicht wie Gott werden, er soll sich nur als dessen getreues Bild entwerfen. Ist er ein getreues Bild Gottes, dann ist er schon auf dem Wege zu Gott, denn er verbindet die aus Gott herausgesetzten Potenzen der Vernunft und der Natur zuerst in sich selbst. Gelingt ihm dies, dann hat er die Voraussetzung, sich auf die anderen Wesen zu richten, um mit ihnen gemeinsam die Idee der Menschheit als einer universalen Weltgemeinschaft zu realisieren.

Sicherlich überschätzt Krause Plotin, wenn er in einer Wissenschaftsgeschichte behauptet, daß dieser ein Gesellschaftsideal vor Augen gehabt hätte. „Daher nahm er die Idee des Pythagoras, eine vollkommene menschliche Gesellschaft gemäß den Lehren der Wissenschaft zu gründen, wieder auf und faßte den Entschluß, eine ihm von Kaiser Gallienus überlassene verwüstete Stadt in Kampanien, mit kaiserlicher Unterstützung, wiederaufzubauen und mit deren Bewohnern Platons Ideen vom Staate zu verwirklichen, daher er sie Platonopolis nannte […]“.48 Es ist sicher, daß der späte Plotin einen kleinen Staat gründen wollte, der die Ideen Platons in die Wirklichkeit umsetzen wollte. Diese Idee ist, wenn man die Enneaden analysiert, nicht mit Plotins Metaphysik des Einen zu verbinden, da es Plotin um eine individualistische Ethik ging. An dieser Stelle stellt sich die Frage: hat Krause die Enneaden gelesen? Wenn Krause die Philosophie Plotins in ihren Grundzügen – auf gut drei Seiten – wiedergibt, erscheint es mir unwahrscheinlich, daß Krause Plotin im Orginal gelesen hat. Sein Plotinexzerpt läßt darauf schließen, daß er seine Plotinkenntnisse den gängigen Philosophiegeschichten von Tiedemann, Tennemann und Brucker verdankt. Gegen ein reines Sekundärstudium Plotins scheint jedoch zu sprechen, daß Krause Plotins Denken nicht – wie einige Theoretiker der Philosophiegeschichte – als Schwärmerei und Phantasterei abwertet, sondern als wissenschaftliche „Erkenntnis Gottes“ begreift49, denn „Plotinos betrachtete sehr tief und genau den Geist und besonders genau das Erkenntnisvermögen, daher in seinen Schriften die Erkenntniswissenschaft, die Logik, in vieler Hinsicht weitergebracht wird“.50

Zum Abschluß unserer Annäherung an „Plotin und Krause“ soll die Stellung und die Bedeutung des Bösen zur Sprache kommen. Sowohl Plotin als auch Krause begreifen das Böse nicht ontologisch. Plotin ordnet das Böse der Materie – dem ontologischen Nichts – zu. Krause versteht das Böse als Verkehrung der guten Maxime sittlicher Selbstbestimmung. Böse, so Krause, wird der Mensch erst, wenn er sich nicht für das Gute entscheidet. Insofern für beide Denker das Böse eine Nichtbestimmung ist, ist das Böse nicht als Prinzip zu bestimmen – wie im gnostischen Denken -, sondern als eines, dessen Macht ausgelöscht wird, wenn sich der Mensch auf das Gute (Krause) oder auf seine intelligible Welt (Plotin) bezieht. Plotin bestimmt das Böse als Seinsmangel, Krause hingegen als Willkür, denn das Böse ist „das Unsittliche, unsittlich Schlechte“.51

„Das Wesenwidrige, das ist das Uebel überhaupt und das Böse insonderheit, hat sein Gebiet nur im Leben vollendet=endlicher Wesen, also nur im Zeitlichen, und ist in keiner Hinsicht an dem Einen selben Leben Wesens, noch an dem Leben Wesens = als = Urwesen, noch an dem Leben der obersten in ihrer Art unendlichen Grundwesenheiten in Wesen. Es gilt also das Wesenwidrige oder das Uebel durchaus nicht von Wesen, als dem Einen, selben, ganzen Wesen, noch von Gott als Urwesen. Das Wesenwidrige ist zwar von Wesen, als eine Wesenheit des endlichen Lebens vollendet=endlicher Wesen, an und in deren Endlichkeit auf unzeitliche Weise mitverursacht, aber weder auf unbedingte und unendliche Weise, noch auf urwesenliche Weise, sondern nur auf ewigzeitliche Weise: ferner ist das Wesenwidrige invon Gott durchaus nicht selbwesenlich oder unmittelbar, sondern nur gegenselbstwesenlich und mittelbar verursacht, so daß das invon Wesen ewigverursachte Wesenwidrige nicht als Selbstbewegliches fürsich besteht, nicht selbständig ist, sondern nur an und in dem selbständigen Lebwesentlichen, das ist nur an und in dem Guten.“52

Das Zitat unterstreicht, daß das Böse unselbständig ist. Krause geht noch einen Schritt weiter. Wenn das Böse keine Substanz, sondern nur eine Akzidenz sein kann, ist es der Möglichkeit nach in Gott. Es ist in diesem nicht als Böses, denn dann wäre das Böse von Gott verursacht, sondern weil es am Guten ist, ist es selbst gut. Auf die schwierige Ableitung des Bösen aus Gott können wir hier nicht näher eingehen.

Beide Denker stimmen überein, wenn sie das Böse als weltliche Erscheinung begreifen, denn das Böse ist eine Wirklichkeit und gehört in die endliche Welt hinein. Der Mensch, so Plotin, wird böse, wenn er sich als endlich menschliches Wesen allein an der materiellen Wirklichkeit orientiert. Verabsolutiert der Mensch seine leiblichen Begierden, wird das Böse Wirklichkeit,

„da die Seelen nun sich selbst nicht und Jenen [das Eine, Herv. S. G.] nicht mehr sahen, achteten sie sich selbst gering aus Unkenntnis ihrer Herkunft, achteten aber das Andere hoch, hatten vor allem mehr Respekt als vor sich selbst, waren von dem Andern hingerissen, staunten es an, hängten daran, und so rissen sie sich soweit als möglich los von dem, dem sie geringschätzig den Rücken gekehrt hatten. Somit ergibt sich, daß der Grund für das gänzliche Vergessen jenes Oberen die Hochachtung vor dem Irdischen und die Mißachtung ihrer selbst ist. Denn ein Wesen, das etwas bewundert und ihm nachjagt, gesteht eben durch diese Bewunderung und dies Nachjagen ein, ihm unterlegen zu sein; indem es sich aber selbst für geringer schätzt als die Dinge die da werden und vergehen, indem es sich für unwerter und sterblicher als alle die Dinge hält die es hochschätzt, kann es niemals den Gedanken von Gottes Wesen und Kraft erfassen“.53

Krause folgt Plotin, da er die Existenz des Bösen mit dem Nicht- bzw. Unwissen in einen Zusammenhang bringt. Wenn ein Mensch nicht weiß, was das Gute ist, obwohl dieses Gute in ihm ist, handelt er unter Umständen böse. Absolut böse handelte er dann, wenn er weiß, was das Gute ist, dem er sich bewußt entgegenstellt. Im Gegensatz beispielsweise zu Kierkegaard, der die bewußte Verfehlung theologisch als Sünde vor Gott begreift, geht Krause davon aus, daß der Mensch, der um das Gute weiß, auch wenn er nicht danach handelt, nicht sündigt, da ihm die Erkenntnis des Guten letztendlich, so der Optimismus Krauses, nur in eine Richtung führt, nämlich zum Guten. Die Erkenntnis des Guten schließt die Bestimmung zum Bösen aus.

Das Böse, und hierbei stimmen Plotin und Krause überein, ist schon überwunden, wenn das Gute gewußt wird. Für beide, und dies ist eine weitere Gemeinsamkeit, ist der Aufstieg zum Absoluten nur möglich, wenn der einzelne Mensch das Gute verwirklicht und nach dem Guten strebt. In beiden Philosophien steht der Bezug zum Absoluten im Mittelpunkt, wenngleich sich der Weg zu diesem hin unterscheidet. Bei Plotin berührt das schauende Ich den Grund und identifiziert sich im unmittelbaren Augenblick des Schauens mit diesem. Bei Krause wird die Idee Gottes als Urwesen zum Vorbild der sittlichen, religiösen, ästhetischen und rechtlichen Lebensbestimmung.

5. Zusammenfassnung

Trotz des unterschiedlichen Philosophieansatzes gibt es eine Vielzahl von Berührungspunkten zwischen Plotin und Krause. Die Deduktion der Welt aus Gott und der Aufstieg der einzelnen Wesen zu Gott finden sich bei beiden Denkern. Für beide steht das Prinzip der Einheit im Mittelpunkt, das sie als Voraussetzung der Vielheit begreifen. Das vielheitlich Seiende vermag nur als einheitliches existieren. Trotz der hervorragenden Stellung, die beide der Einheit in ihren Systemen zuweisen, bedarf es der Differenz, durch die die Entfaltung Gottes in die Welt hinein möglich wird. Krause antwortet auf die aus der Philosophietradition Platons und Plotins stammende Frage nach Einheit und Vielheit mit seinem panentheistischen Denken. Eines und Alles stehen sich nicht als konträre Pole gegenüber, sondern sie sind aufeinander bezogen.

Wenn sich die Einheit in der Vielheit darstellt und die Vielheit als Einheit, sprechen beide Denker von Harmonie. Nicht nur die göttliche Weltordnung ist harmonisch, sondern der endliche Kosmos ist ein harmonisches Ganzes, das dem göttlichen Kosmos nachgebildet ist. Jedes einzelne Teil repräsentiert das Ganze, im Ganzen sind alle Teile miteinander so verbunden, daß ihre Selbständigkeit und Individualität gewahrt wird.

Beide Denker verstehen sich als Wissenschaftstheoretiker. Dies wird deutlich, wenn Krause Plotins „Begriff der Philosophie“ am Ende seiner Referates über Plotin zusammenfaßt: „Sie ist die in reiner Vernunft geschöpfte Wissenschaft von Gott als dem Einen, zugleich als dem einen Sachgrunde und Erkenntnisgrunde, welches das Erkennende und das Erkannte zugleich ist, und die Wissenschaft von der Welt und allen Dingen als in und durch Gott. Sie gibt dem Menschen Anleitung zur Tugend, das ist, zur Gottähnlichkeit im Leben, wodurch die geeinigten Seelen zur Vereinigung mit Gott gelangen.“54

Krause nimmt neuplatonisches Denken auf und integriert es in seine Transzendentalphilosophie. Wenngleich sich der späte Krause intensiver mit dem Kritischen Idealismus Kants auseinandersetzte, geht er mit seiner Metaphysik über diesen hinaus, denn er sucht nach einer Synthese zwischen traditioneller Metaphysik und Transzendentalphilosophie, ohne die Errungenschaften der Aufklärung zu verwerfen. Eine Philosophie vom Ich und die Ableitung desselben aus Gott widersprechen sich bei Krause nicht, da er die Transzendentalphilosophie und die Metaphysik auf zwei unterschiedlichen Wegen entwickelt. Der eine geht von Gott aus, der andere vom Ich.

6. Literatur

6.1. Plotin

Plotins Schriften. Übers. v. R. Harder. Neubearbeitung mit griechischem. Lesetext u. Anmerkungen, Bd. I-VI (ab Bd. II fortgeführt v. R. Beutler und W. Theiler), Hamburg 1956-1971.

6.2. Krause

Vorlesungen über das System der Philosophie, Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Göttingen 1828 mit einem neuen Vorwort und Anmerkungen von S. Pflegerl, Breitenfurt 1981.

Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft zugleich in ihrer Beziehung zum Leben, nebst einer kurzen Darstellung und Würdigung der bisherigen Systeme der Philosophie, vornehmlich der neuesten von Kant, Fichte, Schelling und Hegel, und der Lehre Jacobi's, Dritte vermehrte und vielfach verbesserte Auflage, hg. v. A. Wünsche, Leipzig 1911.

1 Literatur in Auszügen: Beierwaltes, W., Denken des Einen, Studien zur neuplatonischen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte, Frankfurt/Main 1985; Platonismus und Idealismus, Frankfurt/Main 1972; Identität und Differenz, Frankfurt/Main 1980; Plotin, Geist – Ideen – Freiheit, Enneade V 9 und VI 8, Einleitung, Bemerkung zu Text und Übersetzung, bibliographische Hinweise, Hamburg 1990; Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit, Plotins Enneade V 3, Text, Übersetzung, Interpretation, Erläuterungen, Frankfurt/Main 1991; Platonismus im Christentum, Frankfurt/Main 1998.

2 Literatur in Auszügen: Halfwassen, J., Der Aufstieg zum Einen, Untersuchungen zu Platon und Plotin, Stuttgart 1992. Ders.,Geist und Selbstbewußtsein, Studien zu Plotin und Numenios. Abhandlung der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Jg. 10, Stuttgart 1994. Ders.,Idee, Dialektik und Transzendenz, Zur Platondeutung Hegels und Schellings am Beispiel ihrer Deutung des Timaios, in: Platon in der abendländischen Geistesgeschichte. Neue Forschungen zum Platonismus, Hg. v. T. Kobusch und B. Mojsisch, Darmstadt 1997, S. 193-209. Ders.,Hegel und der spätantike Neuplatonismus, Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung, Bonn 1999.

3 Horn, Chr., Plotin über Sein, Zahl und Einheit, Eine Studie zu den systematischen Grundlagen der Enneaden, Stuttgart und Leipzig 1995.

4 Baumgartner, H.M., Die Bestimmung des Absoluten, Ein Strukturvergleich der Reflexionsformen bei J.G. Fichte und Plotin, in: ZphF 35 (1981), S. 321-342.

5 Literatur in Auszügen: Ureña, E.M., El faude de Sanz del Río o la verdad sobre su ,Ideal de la Humanidad', in: Pensamiento 44 (1988), S. 25-47. Ders., K.C.F. Krause, Philosoph, Freimaurer, Weltbürger, Eine Biographie, Mit einem Vorwort von R. Vierhaus, Stuttgart-Bad Cannstatt 1991. Ders., El original alemán de ,Ideal de la Humanidad' de Sanz de Río. Hacia una nueva perspectiva del krausismo español, in: Letras Pensinsulares 4.1. (1991), S. 207-224. Ders., Krause educador de la Humanidad. Una biografia, Madrid 1991. Ders.,La actualidad del krausismo en su contexto europeo, Madrid 1999. Ders.,Algunas consecuencias del panteísmo krausista: ecología y mujer, in: El Basilisco, Segunda Epoca, Nr. 4, (3/4, 1990), S. 51-58. Ders., Cincuenta cartas inéditas entre Sanz del Río y krausistas alemanes (1844- 1869). Con introducción, notas y 3 índices, Madrid 1993. Ders., El krausismo como fenómeno europeo, in: E. M. Ureña / P. Álvarez Lazaro: La actualidad del krausismo en su contexto europeo, Madrid 1999, S. 15-36. Ders., Krause hoy, in: J. O. Casella (Hg.): Las ideas filosóficas que influyeron en la formación del Uruguay contemporáneo, Band II, Montevideo 1988, S. 19-27. Ders., Krause, Karl Christian Friedrich, in: Vinzent, M. (Hg.): Metzlers Lexikon christlicher Denker, Stuttgart 2000, S. 414. Ders.,Krausismo y economía, in: Fuentes Quintana, E. (Hg.): Economía y economistas españoles Band V, Barcelona 2001, S.297- 320. Ders., La recepción de la filosofía de Krause en la Alemania posthegeliana, in: M. Alvarez / Ma. C. Paredes (Hg.): Libertad y Estado en Hegel, Salamanca 2000. Ders., Philosophie und gesellschaftliche Praxis. Wirkungen der Philosophie K.C.F. Krause in Deutschland (1833-1881), Stuttgart-Bad Cannstatt 2001. Ders., Krause (1781-1832), Edidiones del Orto, Madrid 2001. Vgl. ders., (www.uam.es/departamentos/economicas(econucuan/EMU.php)

6 Kodalle, K.-M. (Hg.), K. Chr. F. Krause (1781-1832), Studien zu einer Philosophie und zum Krausismo, Hamburg 1985.

7 Landau, P., Karl Christian Friedrich Krauses Rechtsphilosophie, in: Kodalle (1985), S. 80-92.

8 Landau, P., Karl Christian Friedrich Krause und Christian Wolff, Zu den Wurzeln des ,Krausismo' im deutschen Naturrecht, in: Philipps/Wittmann (Hg.), Rechtsentstehung und Rechtskultur, Heinrich Scholler zum 60. Geburtstag, Heidelberg 1993, S. 473-485.

9 Jonas, H., Das Prinzip Verantwortung, Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt/Main 1984.

10 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 337.

11 A.a.O., S. 336.

12 Lucas, H.-C., Die Eine und oberste Synthesis, Krause in Jena, in: Kodalle (1985), S. 39.

13 Garcia-Mateo, R., Das deutsche Denken und das moderne Spanien, Panentheismus als Wissenschaftssystem bei Karl Chr. F. Krause, Seine Interpretation und Wirkungsgeschichte in Spanien, Der spanische Krausismus, Frankfurt/Main 1982, S. 14f.

14 Wollgast, S., Karl Christian Friedrich Krause (1781-1832), Anmerkungen zu Leben und Werk, Berlin 1990, S. 44.

15 Beierwaltes, W., Reflexion und Einung, Zur Mystik Plotins, in: Grundfragen der Mystik, hg. v. W. Beierwaltes, Hans Urs von Balthasar, Alois M. Haas, Einsiedeln 1974, S. 24.

16 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 380.

17 VI 8, 8, 4-8.

18 III 8, 10, 31.

19 VI 9, 2, 46-47.

20 III 8, 10, 30.

21 VI 8, 10, 37.

22 III 8, 10, 30-31.

23 III 8, 10, 30.

24 III 9, 9, 12-13.

25 VI 9, 2, 45.

26 Dies betonen Szlezák, Volkmann-Schluck, Beierwaltes und Halfwassen, während Schicker anders urteilt. Vgl. Schicker, R., Plotin, Metaphysik und Modalität, Sankt Augustin 1993, S. 16f.

27 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 547.

28 A.a.O., S. 548.

29 Halfwassen, J., Der Aufstieg zum Einen, Untersuchungen zu Platon und Plotin, Stuttgart 1992, S. 13.

30 VI 8, 13, 38-40.

31 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 546.

32 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 25.

33 Hans Jonas hat diese Tendenz der Weltfremdheit gesehen und die plotinische Philosophie und insbesondere die Ethik als „stoische Autarkieethik“ kritisiert. Die neueste Forschung hat gezeigt, daß Plotins Philosophie keine weltfremde ist. Anstatt von Platon und Aristoteles auszugehen, rückte Jonas Plotin allzusehr in die Nähe zur Gnosis. Vgl. ders., Gnosis und spätantiker Geist, Zweiter Teil, hg. v. K. Rudolph, Göttingen 1993, S. 264ff.

34 V 1, 10, 5-15.

35 Vgl. zu Krause: Kodalle, Gewißheit als absolutes Wahrheitsereignis, Das Konzept der „Wesenschau“ in der Metaphysik Karl Christian Friedrich Krauses, in: Kodalle (1985), S. 58-63.

36 Vgl. dazu: Sandkaulen, B., Grund und Ursache, Die Vernunftkritik Jacobis, München 2000, S. 7.

37 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 203.

38 Ebda.

39 A.a.O., S. 203f.

40 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 499f.

41 VI 8, 21, 26-28. (Übers. v. R. Harder)

42 Krause, Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft (31911), S. 335.

43 A.a.O., S. 336.

44 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 137.

45 A.a.O., S. 136.

46 Krause, Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft (31911), S. 336.

47 V 5, 4, 1-4.

48 Krause, Vorlesungen über die Grundwahrheiten der Wissenschaft (31911), S. 337.

49 A.a.O., S. 336.

50 Ebda.

51 Krause, Vorlesungen über das System der Philosophie (1981), S. 520.

52 A.a.O., S. 525.

53 V 1, 1, 11.-22.

54 Krause, Vorlesungen über die Grundwahrheiten (31911), S. 337f.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2157 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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