Otfried Höffe, Aristoteles, Die Hauptwerke, Ein Lesebuch

Narr Francke Attempto Verlag GmbH Tübingen, Tübingen 2009, ISBN: 978-3-7720-83143-3, Preis: 19.90 Euro, 536 Seiten.

Otfried Höffe ist durch die Vielzahl seiner Schriften dem philosophischen Publikum bestens vertraut. Höffe, der seit 1992 einen Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Tübingen innehat, gilt als ausgewiesener Kenner der kantischen und aristotelischen Philosophie. Bereits in einer seiner ersten Schriften stand die praktische Philosophie des Aristoteles im Zentrum seiner intensiven und international anerkannten Forschungen. Aber nicht nur Kant und Aristoteles sind es, die immer wieder in den Fokus Höffes rückten, sondern auch Themen zum Rechtsdiskurs, zum Naturrecht, zum Strafrecht, zum Glück, zur Demokratie, zum Zeitalter der Globalisierung und zur Medizinethik wurden immer wieder in selbständigen Publikationen bedacht. Fast unzählbar sind die Beiträge und Essays in Sammelbänden sowie in überregionalen Zeitungen.

Besonders eindrucksvoll ist mittlerweile die im Berliner Akademie-Verlag seit 1995 erscheinende Reihe Klassiker Auslegen, in der bis dato bereits 33 Bände erschienen sind. Höffes Klassiker Auslegen sind selbst beim akademischen, studentischen und philosophisch interessierten Publikum zu einem Klassiker geworden.

Nunmehr ist im Tübinger Francke-Verlag erneut ein Buch, ein Lesebuch, zu Aristoteles erschienen, das die reichen Kenntnisse des Forschers in einer verständlichen Sprache dem Leser zugänglich macht. Höffes Aristoteles: Die Hauptwerke, Ein Lesebuch, das aus einer Vorlesungsreihe an der Universität Tübingen entstanden ist, ist ein übersichtliches Kompendium der aristotelischen Hauptwerke, das nicht nur einen sehr guten Einblick in das immense philosophische und naturwissenschaftliche Schaffen des Platonschülers gibt, sondern auch für jene von Interesse ist, die sich dem sonst schwierigen Geschäft der griechischen Philosophie annähern wollen. Höffe liefert nicht nur eine sorgfältige Auswahl zentraler Texte der aristotelischen Schriften, die allesamt aus den fundiertesten deutschen Übersetzungen stammen, sondern nimmt auch kleinere Texte in das Lesebuch mit auf. Den relevanten Themen, wie der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Metaphysik, Ethik, Politik und Rhetorik und Poetik, stellt Höffe eine jeweils gesonderte Einführung vorweg, die über Grundlegendes informiert, die Begrifflichkeiten vorab klärt und, wo nötig, eine historische Einbettung der jeweiligen Themenbereiche mitliefert.

Wie Höffe in seiner Einleitung schreibt, ist Aristoteles „schon deshalb einer der überhaupt größten Denker der Menschheitsgeschichte, weil er in seinem immensen Werk jene Bereiche zusammenführt, die angeblich durch eine Kluft getrennt sind: die Philosophie, die Natur- und die Geistes- oder Kulturwissenschaften. Auch überwinder er die Trennung von umfassender Materialsuche, empirischer Forschung und prinzipienorientierter Theorie.“

Höffes Aristoteles-Lesebuch schließt daher nicht nur eine Lücke auf dem deutschen Buchmarkt, sondern es stellt darüber hinaus auch einen Denker wieder in den Mittelpunkt, dessen Wirkungsgeschichte bis in die heutige Zeit hinein reicht, dessen universales Wissen nicht nur immer wieder ein Staunen auslöst, sondern exemplarisch zeigt, daß Geistes- und Naturwissenschaften keineswegs einander ausschließen.

Mit diesem Lesebuch, aus dem auch der philosophische Laie großen Nutzen zu ziehen vermag, ist ein weiterer Schritt vollzogen, Aristoteles’ Denken, das innerhalb der abendländischen Geistesgeschichte ein einzigartiges Phänomen war, einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, da die Themen, die hier behandelt werden, auch für den modernen Menschen durchaus von nachhaltigem Interesse sind. Faszinationskraft üben nach wie vor die Schriften des 384 vor Christus in Stageira auf der Halbinsel Chalkidike geborenen und 322 vor Christus in Chalkis auf der Insel Euboia verstorbenen Denker aus, in denen er seinem phänomenologischen oder empirischen Interesse Nachdruck verleiht. Denn: „Um den Phänomenen und deren Problemen gerecht zu werden, läßt er sich, durch und durch undogmatisch, zuerst auf die vielfältige Erfahrung ein und sammelt ein nicht nur für damals ungewöhnlich reiches Material.“ Wie die Synthese zwischen diesem analytischem Wissen und dem Prinzip allen Wissens, dem sich selbst denkenden Denken, vollzogen wird, rekonstruiert Otfried Höffe in aller Detailgenauigkeit.

Dem Tübinger Francke-Verlag sei daher für sein Lesebuch gedankt, das auch bequem in jede Jackettasche paßt. So bleibt es dem Interessierten auch auf Reisen möglich, seinen Aristoteles in die spannende Welt des Wissens mitzunehmen. Nach wie vor, auch im Zeitalter der Globalisierung, strahlt Aristoteles mittlerweile auf so gut wie alle Kulturen aus.

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2155 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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