Oskar Lafontaine: Deutschland ist eine Bananenrepublik

Bananen, Reif, Obst, Quelle: PeterG63, Pixabay License, Freie kommerzielle Nutzung

„Man bezeichnet einen Staat, in dem einiges schiefläuft, oft als Bananenrepublik. Eine parlamentarische Demokratie, die keine faire Durchführung einer Wahl hat, kann man auch so bezeichnen. Die Bundestagswahl am 23. Februar hat gezeigt, dass Deutschland unter diesem Gesichtspunkt eine Bananenrepublik ist. Es muss ein gesichertes Verfahren geben, um festzustellen, ob eine Partei im Bundestag vertreten ist oder nicht. Das heißt, ob sie fünf Prozent der Stimmen erreicht hat oder nicht. Ein solches Verfahren hat Deutschland nicht. Beim jetzigen Auszählsystem kann niemand sagen, ob das BSW 4,981 oder 5,001 Prozent der Stimmen hat. Nachdem der Bundeswahlausschuss im amtlichen Endergebnis nach Teilüberprüfungen die Zahl der Zweitstimmen bereits um 4.277 zugunsten des BSW korrigiert hat, müsste jedem Unvoreingenommenem klar sein, dass es sehr wahrscheinlich ist, wohlgemerkt nicht sicher (!), dass fünf Prozent der Wähler das BSW gewählt haben. Eine komplette Neuauszählung liegt auf der Hand.

Vom Bundesverfassungsgericht hätte man erwarten dürfen, dass es im Urteil, in dem es eine vom BSW geforderte Nachzählung abgelehnt hat, wenigstens darauf verweist, dass das jetzige Zählverfahren kein gesichertes Ergebnis liefert, wenn es um wenige Tausend Stimmen Abstand geht. Die Karlsruher Richter verwiesen auf die Prüfung durch den Bundestag. Dem Verfassungsgericht fiel gar nicht auf, dass das Prüfverfahren die Methode einer Bananenrepublik ist: Der Bundestag wird also prüfen und entscheiden, ob es Gründe gibt, neu auszuzählen, um festzustellen, ob das BSW fünf Prozent der Wählerstimmen erreicht hat. Wenn er dies bejahen würde, liefen die Fraktionen Gefahr, Abgeordnetenmandate zu verlieren und die geplante Koalition aus CDU, CSU und SPD hätte keine Mehrheit. Man hätte erwarten dürfen, dass die Verfassungsrichter darauf hinweisen, dass die Parteien im Bundestag in eigener Sache entscheiden und dass dies elementaren Rechtsgrundsätzen widerspricht. Die Richter hätten eine Änderung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen empfehlen müssen.

Wenn der Bundestag erwartungsgemäß die Forderung des BSW nach Neuauszählung angesichts der Vielzahl an Fehlangaben ablehnt, ist wiederum das Bundesverfassungsgericht gefragt. Wiederum entsteht das Problem der Befangenheit, denn die Verfassungsrichter werden von den Bundestagsparteien ausgekungelt – mit dem Ergebnis, dass auch Politiker wie beispielsweise der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stephan Harbarth oder der ehemalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) Mitglied des Bundesverfassungsgerichts werden. Eine Befangenheit der Verfassungsrichter, wenn sie darüber urteilen, ob die Parteien, die sie entsandt haben, im Bundestag bei der Prüfung der Wahl richtig entschieden haben, ist auf jeden Fall gegeben.

Sollte das Bundesverfassungsgericht es trotz der offenkundigen Zählfehler ablehnen, eine erneute Auszählung anzuordnen – nur so kann gesagt werden, ob das BSW fünf Prozent erreicht hat oder nicht –, wäre bewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland, wenn es um eine demokratische Wahl geht, zurecht eine Bananenrepublik genannt werden kann. Und die Wähler wären vier Jahre lang mit einem Parlament und einer Regierung konfrontiert, die unrechtmäßig zusammengesetzt sind. Verantwortlich dafür wären die Parteien, die sich in anmaßender Überheblichkeit immer als „demokratische Mitte“ bezeichnen, denen aber offensichtlich Fairness und Anstand unbekannt sind.“

Quelle: Facebook