Aus Deutschland reist Gerhard Schröder an. Kanzler Kurz setzt beim
österreichischen Staatsball auf Politik aus Nordmazedonien. Strache bringt
Ungarn und Serbien. Volksanwalt Fichtenbauer mit dem tschechischen
Außenminister in der Loge von Karin Kneissl. Zwei Tage nach dem Opernball tanzt
die österreichische Justiz beim Juristenball nochmals heiter auf dem Vulkan.
Desirée Treichl-Stürgkh, die frühere Organisatorin des Opernballs, wurde um ein
Interview angefragt. Sie verlor in ihrer Kindheit Schloss Halbenrain.
Desirée Treichl-Stürgkh war von 2008 bis 2016 das Gesicht des Opernballs. Sie war in diesen neun Jahren mit der organisatorischen Leitung des Wiener Opernballs betraut. Sie wurde in dieser Zeit stark mit dem gesellschaftlichen Ereignis identifiziert und sorgte für ein positives Image des elitären Staatsballs.
Ich fragte Desirée Treichl-Stürgkh um ein Interview
an, das zum Opernball 2019 erscheinen sollte. Ein Thema sollte die Zukunft des
Opernballs sein, ob das Ereignis noch zeitgemäß sei und die Kinder der Führungsschicht des Landes noch gerne als Debütantinnen
und Debütanten für den Ball zur Verfügung stehen? Oder wächst eine neue
Generation heran, die andere Formen gesellschaftlicher Events sucht?
Eine weitere Frage war der Zeit von Desirée
Treichl-Stürgkh als Leiterin des Opernballs gewidmet und welche Empfindungen
sie bei einem solchen Rückblick verspürt?
Auch die aktuellen beruflichen Projekte von Desirée Treichl-Stürgkh sollten ein
Thema sein, dabei ging es vor allem um ihre Ziele als Verlegerin, die die
Lifestyle-Magazine H.O.M.E und Flair herausgibt.
Aktuelle Fragen zum Leben in Wien
In
einem solchen Interview sollte aber auch der Polizeiübergriff auf die ukrainische
Aktionskünstlerin Alisa Vinogradova erörtert werden, der im vergangenen Jahr am
Red Carpet des Opernballs vor zahlreichen Fotografen, Kamerateams und dem
internationalen Publikum ungehemmt vorgeführt wurde. Ob ein solcher Angriff der Polizei tatsächlich erforderlich war und dies
überhaupt im Sinne der Organisation ist, da damit doch nur die Atmosphäre des
Balls gestört wird? Die Performance von Alisa Vinogradova war zuvor als
friedlich erkennbar und die Gäste des Publikums reagierten darauf sichtlich soigniert
und gelassen.
Auch das Leben in Wien sollte besprochen werden, ob es sich in den vergangenen
Jahren veränderte und der Wandel positiv oder negativ zu bewerten ist? Wie
Desirée Treichl-Stürgkh die Zukunft des Landes Österreich sieht?
Als Abschluss des Interviews schließlich die Frage nach aktuellen Problemen in
Österreich. Die Berichte der österreichischen Volksanwaltschaft dokumentieren
hunderte Fälle von willkürlichen Enteignungen. Es finden Plünderungen von
Wohnungen statt. Staatliche Organisationen greifen nicht ein. Dazu die Frage:
Sollten Mitglieder der österreichischen Society darauf reagieren?
Wie könnte ein solcher Einsatz für die Verteidigung der Grundrechte und des
Eigentumsrechts erfolgen?
Desirée Treichl-Stürgkh wurden die Fragen in schriftlicher Form vorgelegt und
sie wurde um ein Interview ersucht. Es wurde Frau Treichl-Stürgkh dabei
zugesichert, dass ihre Antworten ohne jegliche Veränderung erscheinen werden.
Desirée Treichl-Stürgkh antwortete mit einem Email am 21. Februar:
„Bin sehr beeindruckt über ihre
journalistischen Tätigkeiten. Ich hoffe, Sie werden verstehen, wenn ich über
den Opernball keine Auskunft geben werde“.
Vertrieben aus Schloss Halbenrain
Es ist bedauerlich, dass Desirée Treichl-Stürgkh das Interview nicht gewähren
wollte. Gerade bei der aktuellen Problematik mit den Enteignungen hätte Desirée
Treichl-Stürgkh auch von eigenen Erfahrungen berichten können. Sie stammt aus dem gräflichen Geschlecht der
Stürgkh, die bei Bad Radkersburg in der Steiermark ihre Besitztümer hatten.
Als Desirée Treichl-Stürgkh rund 15 Jahre alt war, starben ihre Eltern
innerhalb eines Jahres und ließen fünf Vollwaisen zurück. Desirée war das
mittlere der fünf Kinder. Sie lebten bis zum Tode der Eltern auf Schloss
Halbenrain, das ihrem Vater Maximillian Stürgkh gehörte. Desiree
Treichl-Stürgkh berichtete für ein Magazinportrait über die weiteren
Ereignisse.
„Davor hatte niemand
gewusst, dass der Vater wirtschaftlich am Ende gewesen
war und praktisch das
gesamte Vermögen verloren hatte. Aus den strahlenden Schlosskindern wurden über
Nacht fünf mittellose Vollwaisen, die von der Großmutter in Wien mühsam
durchgebracht werden mussten“.
(Siehe dazu: Ich habe nur ein einziges Lachen, in: Cover, August 2017).
Angesichts der eklatanten Vorfälle mit Enteignungen in Österreich, die seit
Jahrzehnten zunehmend gegeben sind, muss die Frage gestattet sein: Wieso wusste
zuvor niemand in der Familie, dass der Vater Maximillian Stürgkh: „Wirtschaftlich am Ende gewesen war und
praktisch das gesamte Vermögen verloren hatte“.
Es ist in Österreich eine durchaus übliche Praktik, dass solche Schulden
behauptet und die rechtmäßigen Erben brutal von ihrem Besitz vertrieben
werden. Es müsste geklärt werden, wer
das tatsächliche Vorhandensein von Verbindlichkeiten überprüfte? Es ist auch
möglich, dass nur eine harmlose Vorfinanzierung in geringfügiger Höhe gegeben
war. Oder gar keine Schulden.
Übernahme des wertvollen Schlosses
Eine weiterführende Recherche zu Schloss Halbenrain führt jedenfalls zu einem
Bericht des Finanz-Ausschusses des Landes Steiermark.
Schloss Halbenrain wurde demnach, bald nach der Übernahme, samt 6 Hektar Grund
vom Land Steiermark gekauft. Der Finanzausschuss des Landes Steiermark stellte
für die Abrechnung fest, dass für das Anwesen ein Gesamtpreis von 11,8
Millionen Schilling zu bezahlen wäre:
„Mit einer
umliegenden Fläche von 60.205 Quadratmetern einschließlich sämtlicher auf
dieser Fläche befindlichen Nebengebäude wird zu einem vom gerichtlich beeideten
Sachverständigen Ing. Althaller geschätzten Gebäudewert von 6,506.616
Schilling, Komplex Maierhof 3,081.388 Schilling, 60.205 Quadratmeter, ä 38
Schilling, 2,287.790 Schilling, somit zu einem Gesamtpreis von 11,875.794
Schilling zur Kenntnis genommen“.
Gänzlich verarmt waren die Grafen Stürgkh zu diesem Zeitpunkt demnach nicht,
immerhin wurden fast 12 Millionen Schilling für Schloss Halbenrain bezahlt.
Selbst wenn man annehmen sollte, dass das Land Steiermark das Anwesen zu einem
günstigen Preis kaufen konnte, so wäre dies zu diesem Zeitpunkt noch immer ein
beträchtlicher Vermögenswert gewesen.
Der
Erwerb von Schloss Halbenrain wurde so bewertet: „Es handelt sich um einen sehr wichtigen Ankauf“, denn:
„Es handelt sich ja um ein schönes,
baukünstlerisch sehr wertvolles, auch historisch bedeutendes Schloß (…) Nach
den jetzt vorliegenden Schätzungen, die wir haben, ist es möglich, das Schloß
Halbenrain, das sich in einem baulich sehr guten Zustand befindet, günstiger
unter Einberechnung der Ankaufskosten zu adaptieren, als einen Neubau zu
errichten“.
Desirée
Treichl-Stürgkh ist nicht verwandt mit Peter Treichl, dem Vizepräsidenten des
Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien.
Staatsball 2019
Der erste „Ball in der Hofoper“ fand 1869 statt. Damals noch im Gebäude der
Gesellschaft der Musikfreunde. Erst 1877 zog der Ball in die neu gebaute Oper
am Ring ein. Inzwischen ist das gesellschaftliche Ereignis zu einem Staatsball
der Republik Österreich geworden, bei dem internationale Gäste erwartet werden.
Gerhard Schröder, der frühere deutsche Kanzler, tritt in diesem Jahr beim Opernball in Erscheinung. Gemeinsam mit Kim So-yeon. Die Südkoreanerin ist seit Mai 2018 seine fünfte Ehefrau. Man feierte die Hochzeit im Hotel Adlon in Berlin. Am Höhepunkt seiner Popularität war Kanzler Gerhard Schröder, als er in Gummistiefeln durch ein Überschwemmungsgebiet ging und zu den sehr betroffenen Hausbesitzern murmelte: „Da wird es Geld geben müssen“. So das sinngemäße Zitat. Auch im Frack könnte Schröder beliebt werden, wenn er ebenfalls sinnvolle Worte zur aktuellen Situation in Österreich räuspert.
Gerhard Schröder wurde jetzt mit Kim So-yeon eingeladen von der österreichischen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, gemeinsam mit Rainer Seele, dem in Bremerhaven geborenen Topmanager, der seit 2015 Vorstand des österreichischen Ölkonzerns OMV ist. Weitere Gäste in der Loge von Schramböck und ihrem Ehrengast Schröder sind: Harald Krüger, der Vorstand von BMW, Reinhard Ploss, der Vorstand von Infineon Technologies, George Hollingbery, der seit 2018 der britische Handelsminister ist (Minister of State for Trade Policy) und der frühere niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll.
Bundeskanzler Sebastian Kurz kommt mit Zoran Zaev,
dem Ministerpräsidenten von Nordmazedonien. Vizekanzler Heinz-Christian Strache
wird vom ungarischen Kanzleramtsminister Gergely Gulyas und dem serbischen
Außenminister Ivica Dacic begleitet. Der österreichische Bundespräsident
Alexander van der Bellen lud Auma Obama ein, die Halbschwester von Barack
Obama, des früheren Präsidenten der USA. Außenministerin Karin Kneissl
erscheint mit ihrem tschechischen Amtskollegen Tomas Petricek, US-Botschafter
Trevor Traina und dem österreichischen Volksanwalt Peter Fichtenbauer. Für Volksanwalt
Fichtenbauer ist der festliche Abend mit einem tschechischen Minister durchaus
von persönlichem Interesse, stehen doch mehrere seiner zahlreichen
Firmengründungen in Verbindung mit Tschechien.
Auch der österreichische Justizminister
Josef Moser wird am Opernball teilnehmen und kündigte an, gemeinsam mit seiner
albanischen Amtskollegin Etilda Gjonaj aufzutreten.
Michael Ludwig, der Bürgermeister von
Wien, erwartet Yury Fedetov, den Wiener UN-General.
Schließlich sorgte noch Baumeister Richard Lugner für einen Stargast. Er bringt
das australische Topmodel Elle Macpherson in seine Loge. Sie wird der
unbestrittene Star des Events sein. Lugner trat früher gerne als eine Art von
österreichischen Donald Trump auf. Allerdings kam er bei der Wahl zum
österreichischen Präsidenten 1998 nur auf 9,9
Prozent der Stimmen. Im Unterschied zu Trump blieb ihm das
Präsidentenamt damit verwehrt. Doch ist Lugner seit 1993 beim Opernball der
Garant für die Einladung von Celebrities. Damals war die Filmschauspielerin
Joan Collins sein erster prominenter Gast, 1994 holte er Ivana Trump zum
Opernball nach Wien.
Justiz tanzt auf dem Vulkan
Wie jedes Jahr wird am Faschingssamstag, zwei Tage nach dem Opernball,
weitergefeiert beim Juristenball in der Wiener Hofburg. Justizminister Moser
wird dort den Juristenball eröffnen.
Der Ball ist eine Galaveranstaltung der österreichischen Justizbehörde. Es kommen ehemalige Justizminister, der Generalprokurator, der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Verfassungsrichter, der Präsident des Obersten Gerichtshofs, der Präsident der Notariatskammer, der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, der Dekan der Juridischen Fakultät der Universität Wien. Dazu kommen noch die Sektionschefs des Justizministeriums, die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Eva Marek, die zuvor als Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien tätig war und Fritz Wennig, der Präsident des österreichischen Juristenverbandes. Ein Sponsor des Juristenballs sind die Casinos Austria.
Beim Juristenball werden stets auch bekannte Politiker erwartet. 2018 feierten
mit der Justiz der ehemalige Vizekanzler Michael Spindelegger, Außenministerin Karin Kneissl, der frühere Vizepräsident
des Europäischen Parlaments Othmar Karas, der Vorsteher des Bezirks Wien Innere
Stadt Markus Figl, der frühere Verteidigungsminister Werner Fasslabend, die
Obfrau des Seniorenbundes Ingrid Korosec, der frühere Sozialminister Rudolf
Hundstorfer, und die frühere Obfrau der österreichischen Grünen Eva
Glawischnig, die nach eigenem Bekenntnis jetzt „zu den Großen gehören
möchte“ und dafür mit einem Job beim Glücksspielkonzern Novomatic einstieg.
Im vergangenen Jahr sollten beim Juristenball um Mitternacht die Masken fallen.
„The Rats are Back“ sorgten für die Mitternachtseinlage. Dieses Jahr wurde
dafür Gregor Glanz ausgewählt.
Das aktuelle Programm von Gregor Glanz trägt den Namen: „Cirque du Vegas“. Gregor Glanz wechselte
bereits zwei Mal seinen Namen, damit er nicht erkannt werden kann. Er wurde als
Bernd Brunmayr geboren und wàhlte als Künstlername
Bernie Bennings, bevor er mit dem Aliasnamen Gregor Glanz untertauchte. Auf
Kreuzfahrtschiffen trat er als Imitator von Elvis Presley auf. Als Bernie
Bennings waren seine bekanntesten Songs: „SOS“ und „Zwischen Himmel und Hölle“.
Als Gregor Glanz intoniert er: „Bevor die Welt“ und „5 nach 8“.
Der Juristenball ist das letzte große Ereignis der Saison vor dem in die
Ballstimmung einbrechenden Aschermittwoch.
Es besteht die Hoffnung, dass es der letzte Tanz der Justiz auf dem
Vulkan wird und der Juristenball im kommenden Jahr abgesagt wird. Aus Gründen der Staatstrauer, weil die
Malversationen der Justiz das Land ruinierten.
Link:
Der Bericht vom Opernball 2018
Der
Tanz der Justiz: Ballsaison in Wien (Tabula Rasa, 12. 2. 2018)
www.tabularasamagazin.de/der-tanz-der-justiz-ballsaison-in-wien/
Foto:
Desirée Treichl-Stürgkh bei einer Aktion am Red Carpet des Wiener
Opernballs 2012,
Fotocredit © Rainer G. Eckharter
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