Opernball 2019: Der gesellschaftliche Höhepunkt in Wien

Desirée Treichl-Stürgkh bei einer Aktion am Red Carpet des Wiener Opernballs 2012, Fotocredit © Rainer G. Eckharter

Aus Deutschland reist Gerhard Schröder an. Kanzler Kurz setzt beim österreichischen Staatsball auf Politik aus Nordmazedonien. Strache bringt Ungarn und Serbien. Volksanwalt Fichtenbauer mit dem tschechischen Außenminister in der Loge von Karin Kneissl. Zwei Tage nach dem Opernball tanzt die österreichische Justiz beim Juristenball nochmals heiter auf dem Vulkan.

Desirée Treichl-Stürgkh, die frühere Organisatorin des Opernballs, wurde um ein Interview angefragt. Sie verlor in ihrer Kindheit Schloss Halbenrain.

Desirée Treichl-Stürgkh war von 2008 bis 2016 das Gesicht des Opernballs. Sie war in diesen neun Jahren mit der organisatorischen Leitung des Wiener Opernballs betraut.  Sie wurde in dieser Zeit stark mit dem gesellschaftlichen Ereignis identifiziert und sorgte für ein positives Image des elitären Staatsballs.

Ich fragte Desirée Treichl-Stürgkh um ein Interview an, das zum Opernball 2019 erscheinen sollte. Ein Thema sollte die Zukunft des Opernballs sein, ob das Ereignis noch zeitgemäß sei und die Kinder der Führungsschicht des Landes noch gerne als Debütantinnen und Debütanten für den Ball zur Verfügung stehen? Oder wächst eine neue Generation heran, die andere Formen gesellschaftlicher Events sucht?
Eine weitere Frage war der Zeit von Desirée Treichl-Stürgkh als Leiterin des Opernballs gewidmet und welche Empfindungen sie bei einem solchen Rückblick verspürt?

Auch die aktuellen beruflichen Projekte von Desirée Treichl-Stürgkh sollten ein Thema sein, dabei ging es vor allem um ihre Ziele als Verlegerin, die die Lifestyle-Magazine H.O.M.E und Flair herausgibt.


Aktuelle Fragen zum Leben in Wien

In einem solchen Interview sollte aber auch der Polizeiübergriff auf die ukrainische Aktionskünstlerin Alisa Vinogradova erörtert werden, der im vergangenen Jahr am Red Carpet des Opernballs vor zahlreichen Fotografen, Kamerateams und dem internationalen Publikum ungehemmt vorgeführt wurde. Ob ein solcher Angriff der Polizei tatsächlich erforderlich war und dies überhaupt im Sinne der Organisation ist, da damit doch nur die Atmosphäre des Balls gestört wird? Die Performance von Alisa Vinogradova war zuvor als friedlich erkennbar und die Gäste des Publikums reagierten darauf sichtlich soigniert und gelassen.

Auch das Leben in Wien sollte besprochen werden, ob es sich in den vergangenen Jahren veränderte und der Wandel positiv oder negativ zu bewerten ist? Wie Desirée Treichl-Stürgkh die Zukunft des Landes Österreich sieht?

Als Abschluss des Interviews schließlich die Frage nach aktuellen Problemen in Österreich. Die Berichte der österreichischen Volksanwaltschaft dokumentieren hunderte Fälle von willkürlichen Enteignungen. Es finden Plünderungen von Wohnungen statt. Staatliche Organisationen greifen nicht ein. Dazu die Frage:
Sollten Mitglieder der österreichischen Society darauf reagieren?
Wie könnte ein solcher Einsatz für die Verteidigung der Grundrechte und des Eigentumsrechts erfolgen?

Desirée Treichl-Stürgkh wurden die Fragen in schriftlicher Form vorgelegt und sie wurde um ein Interview ersucht. Es wurde Frau Treichl-Stürgkh dabei zugesichert, dass ihre Antworten ohne jegliche Veränderung erscheinen werden.

Desirée Treichl-Stürgkh antwortete mit einem Email am 21. Februar:
Bin sehr beeindruckt über ihre journalistischen Tätigkeiten. Ich hoffe, Sie werden verstehen, wenn ich über den Opernball keine Auskunft geben werde“.


Vertrieben aus Schloss Halbenrain

Es ist bedauerlich, dass Desirée Treichl-Stürgkh das Interview nicht gewähren wollte. Gerade bei der aktuellen Problematik mit den Enteignungen hätte Desirée Treichl-Stürgkh auch von eigenen Erfahrungen berichten können.  Sie stammt aus dem gräflichen Geschlecht der Stürgkh, die bei Bad Radkersburg in der Steiermark ihre Besitztümer hatten.

Als Desirée Treichl-Stürgkh rund 15 Jahre alt war, starben ihre Eltern innerhalb eines Jahres und ließen fünf Vollwaisen zurück. Desirée war das mittlere der fünf Kinder. Sie lebten bis zum Tode der Eltern auf Schloss Halbenrain, das ihrem Vater Maximillian Stürgkh gehörte. Desiree Treichl-Stürgkh berichtete für ein Magazinportrait über die weiteren Ereignisse.

Davor hatte niemand gewusst, dass der Vater wirtschaftlich am Ende gewesen

war und praktisch das gesamte Vermögen verloren hatte. Aus den strahlenden Schlosskindern wurden über Nacht fünf mittellose Vollwaisen, die von der Großmutter in Wien mühsam durchgebracht werden mussten“.
(Siehe dazu: Ich habe nur ein einziges Lachen, in: Cover, August 2017).

Angesichts der eklatanten Vorfälle mit Enteignungen in Österreich, die seit Jahrzehnten zunehmend gegeben sind, muss die Frage gestattet sein: Wieso wusste zuvor niemand in der Familie, dass der Vater Maximillian Stürgkh: „Wirtschaftlich am Ende gewesen war und praktisch das gesamte Vermögen verloren hatte“.

Es ist in Österreich eine durchaus übliche Praktik, dass solche Schulden behauptet und die rechtmäßigen Erben brutal von ihrem Besitz vertrieben werden.  Es müsste geklärt werden, wer das tatsächliche Vorhandensein von Verbindlichkeiten überprüfte? Es ist auch möglich, dass nur eine harmlose Vorfinanzierung in geringfügiger Höhe gegeben war.  Oder gar keine Schulden.


Übernahme des wertvollen Schlosses


Eine weiterführende Recherche zu Schloss Halbenrain führt jedenfalls zu einem Bericht des Finanz-Ausschusses des Landes Steiermark.

Schloss Halbenrain wurde demnach, bald nach der Übernahme, samt 6 Hektar Grund vom Land Steiermark gekauft. Der Finanzausschuss des Landes Steiermark stellte für die Abrechnung fest, dass für das Anwesen ein Gesamtpreis von 11,8 Millionen Schilling zu bezahlen wäre:

„Mit einer umliegenden Fläche von 60.205 Quadratmetern einschließlich sämtlicher auf dieser Fläche befindlichen Nebengebäude wird zu einem vom gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. Althaller geschätzten Gebäudewert von 6,506.616 Schilling, Komplex Maierhof 3,081.388 Schilling, 60.205 Quadratmeter, ä 38 Schilling, 2,287.790 Schilling, somit zu einem Gesamtpreis von 11,875.794 Schilling zur Kenntnis genommen“.

Gänzlich verarmt waren die Grafen Stürgkh zu diesem Zeitpunkt demnach nicht, immerhin wurden fast 12 Millionen Schilling für Schloss Halbenrain bezahlt. Selbst wenn man annehmen sollte, dass das Land Steiermark das Anwesen zu einem günstigen Preis kaufen konnte, so wäre dies zu diesem Zeitpunkt noch immer ein beträchtlicher Vermögenswert gewesen.

Der Erwerb von Schloss Halbenrain wurde so bewertet: „Es handelt sich um einen sehr wichtigen Ankauf“, denn:

„Es handelt sich ja um ein schönes, baukünstlerisch sehr wertvolles, auch historisch bedeutendes Schloß (…) Nach den jetzt vorliegenden Schätzungen, die wir haben, ist es möglich, das Schloß Halbenrain, das sich in einem baulich sehr guten Zustand befindet, günstiger unter Einberechnung der Ankaufskosten zu adaptieren, als einen Neubau zu errichten“.

Desirée Treichl-Stürgkh ist nicht verwandt mit Peter Treichl, dem Vizepräsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien.


Staatsball 2019

Der erste „Ball in der Hofoper“ fand 1869 statt. Damals noch im Gebäude der Gesellschaft der Musikfreunde. Erst 1877 zog der Ball in die neu gebaute Oper am Ring ein. Inzwischen ist das gesellschaftliche Ereignis zu einem Staatsball der Republik Österreich geworden, bei dem internationale Gäste erwartet werden.

Gerhard Schröder, der frühere deutsche Kanzler, tritt in diesem Jahr beim Opernball in Erscheinung. Gemeinsam mit Kim So-yeon. Die Südkoreanerin ist seit Mai 2018 seine fünfte Ehefrau. Man feierte die Hochzeit im Hotel Adlon in Berlin. Am Höhepunkt seiner Popularität war Kanzler Gerhard Schröder, als er in Gummistiefeln durch ein Überschwemmungsgebiet ging und zu den sehr betroffenen Hausbesitzern murmelte: „Da wird es Geld geben müssen“. So das sinngemäße Zitat. Auch im Frack könnte Schröder beliebt werden, wenn er ebenfalls sinnvolle Worte zur aktuellen Situation in Österreich räuspert.

Gerhard Schröder wurde jetzt mit Kim So-yeon eingeladen von der österreichischen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, gemeinsam mit Rainer Seele, dem in Bremerhaven geborenen Topmanager, der seit 2015 Vorstand des österreichischen Ölkonzerns OMV ist. Weitere Gäste in der Loge von Schramböck und ihrem Ehrengast Schröder sind: Harald Krüger, der Vorstand von BMW, Reinhard Ploss, der Vorstand von Infineon Technologies, George Hollingbery, der seit 2018 der britische Handelsminister ist  (Minister of State for Trade Policy) und der frühere niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll.


Bundeskanzler Sebastian Kurz kommt mit Zoran Zaev, dem Ministerpräsidenten von Nordmazedonien. Vizekanzler Heinz-Christian Strache wird vom ungarischen Kanzleramtsminister Gergely Gulyas und dem serbischen Außenminister Ivica Dacic begleitet. Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen lud Auma Obama ein, die Halbschwester von Barack Obama, des früheren Präsidenten der USA. Außenministerin Karin Kneissl erscheint mit ihrem tschechischen Amtskollegen Tomas Petricek, US-Botschafter Trevor Traina und dem österreichischen Volksanwalt Peter Fichtenbauer. Für Volksanwalt Fichtenbauer ist der festliche Abend mit einem tschechischen Minister durchaus von persönlichem Interesse, stehen doch mehrere seiner zahlreichen Firmengründungen in Verbindung mit Tschechien.

Auch der österreichische Justizminister Josef Moser wird am Opernball teilnehmen und kündigte an, gemeinsam mit seiner albanischen Amtskollegin Etilda Gjonaj aufzutreten.

Michael Ludwig, der Bürgermeister von Wien, erwartet Yury Fedetov, den Wiener UN-General.


Schließlich sorgte noch Baumeister Richard Lugner für einen Stargast. Er bringt das australische Topmodel Elle Macpherson in seine Loge. Sie wird der unbestrittene Star des Events sein. Lugner trat früher gerne als eine Art von österreichischen Donald Trump auf. Allerdings kam er bei der Wahl zum österreichischen Präsidenten 1998 nur auf 9,9  Prozent der Stimmen. Im Unterschied zu Trump blieb ihm das Präsidentenamt damit verwehrt. Doch ist Lugner seit 1993 beim Opernball der Garant für die Einladung von Celebrities. Damals war die Filmschauspielerin Joan Collins sein erster prominenter Gast, 1994 holte er Ivana Trump zum Opernball nach Wien.


Justiz tanzt auf dem Vulkan

Wie jedes Jahr wird am Faschingssamstag, zwei Tage nach dem Opernball, weitergefeiert beim Juristenball in der Wiener Hofburg. Justizminister Moser wird dort den Juristenball eröffnen.

Der Ball ist eine Galaveranstaltung der österreichischen Justizbehörde. Es kommen ehemalige Justizminister, der Generalprokurator, der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Verfassungsrichter, der Präsident des Obersten Gerichtshofs, der Präsident der Notariatskammer, der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, der Dekan der Juridischen Fakultät der Universität Wien. Dazu kommen noch die Sektionschefs des Justizministeriums, die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Eva Marek, die zuvor als Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien tätig war und Fritz Wennig, der Präsident des österreichischen Juristenverbandes. Ein Sponsor des Juristenballs sind die Casinos Austria.

Beim Juristenball werden stets auch bekannte Politiker erwartet. 2018 feierten mit der Justiz der ehemalige Vizekanzler Michael Spindelegger, Außenministerin Karin Kneissl, der frühere Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas, der Vorsteher des Bezirks Wien Innere Stadt Markus Figl, der frühere Verteidigungsminister Werner Fasslabend, die Obfrau des Seniorenbundes Ingrid Korosec, der frühere Sozialminister Rudolf Hundstorfer, und die frühere Obfrau der österreichischen Grünen Eva Glawischnig, die nach eigenem Bekenntnis jetzt „zu den Großen gehören möchte“ und dafür mit einem Job beim Glücksspielkonzern Novomatic einstieg.

Im vergangenen Jahr sollten beim Juristenball um Mitternacht die Masken fallen. „The Rats are Back“ sorgten für die Mitternachtseinlage. Dieses Jahr wurde dafür Gregor Glanz ausgewählt.

Das aktuelle Programm von Gregor Glanz trägt den Namen: „Cirque du Vegas“. Gregor Glanz wechselte bereits zwei Mal seinen Namen, damit er nicht erkannt werden kann. Er wurde als  Bernd Brunmayr geboren und wàhlte als Künstlername Bernie Bennings, bevor er mit dem Aliasnamen Gregor Glanz untertauchte. Auf Kreuzfahrtschiffen trat er als Imitator von Elvis Presley auf. Als Bernie Bennings waren seine bekanntesten Songs: „SOS“ und „Zwischen Himmel und Hölle“. Als Gregor Glanz intoniert er: „Bevor die Welt“ und „5 nach 8“.

Der Juristenball ist das letzte große Ereignis der Saison vor dem in die Ballstimmung einbrechenden Aschermittwoch.  Es besteht die Hoffnung, dass es der letzte Tanz der Justiz auf dem Vulkan wird und der Juristenball im kommenden Jahr abgesagt wird.  Aus Gründen der Staatstrauer, weil die Malversationen der Justiz das Land ruinierten.

Link:
Der Bericht vom Opernball 2018
Der Tanz der Justiz: Ballsaison in Wien (Tabula Rasa, 12. 2. 2018)
www.tabularasamagazin.de/der-tanz-der-justiz-ballsaison-in-wien/

Foto:

Desirée Treichl-Stürgkh bei einer Aktion am Red Carpet des Wiener Opernballs 2012,
Fotocredit © Rainer G. Eckharter
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Über Johannes Schütz 108 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel