Ab Dienstag, 27. Januar 2009, sind fünf Gemälde des Malers Otto Modersohn aus der Sammlung der Kunsthalle Bremen zu Gast im Weimarer Schlossmuseum. Bis zur Fertigstellung ihrer umfangreichen Bauarbeiten schickt die Kusthalle Bremen über 200 Meisterwerke aus ihrem Bestand auf Reisen. Diese bereichern und ergänzen als »Noble Gäste« für ca. zwei Jahre die Sammlungen von 21 Museen in ganz Deutschland. Das Schlossmuseum Weimar konzentriert sich in seiner Auswahl aus der Sammlung der Kunsthalle Bremen auf den Maler Otto Modersohn (1865-1943) und zeigt mit fünf Gemälden den Vertreter der Worpsweder Künstlerkolonie, der innerhalb dieses Sammlungsschwerpunkts besonders umfassend repräsentiert ist. Die Beispiele seines Schaffens, die im Schlossmuseum in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Landschaftsbildern der Weimarer Malerschule zu sehen sind, spiegeln Modersohns Faszination für die Natur wider. Ein Beispiel hierfür ist das Gemälde »Blick auf die Worpsweder Kirche« (um 1895), das markanteste Bauwerk des Ortes, das auf dem Weyerberg liegt, einer einzelnen Erhöhung in der sonst flachen Landschaft. Doch obwohl Modersohn das Gotteshaus ins Zentrum seiner Bildkomposition rückt, stellt er es nicht herausgehoben dar, sondern fügt es im Hintergrund harmonisch in die Umgebung ein. Im Gegensatz zu diesem naturalistischen Motiv enthält das Gemälde »Worpsweder Bauernmädchen unter einem Weidenbaum« (1895), ein rätselhaftes Element, das dieses Bild wie die Illustration eines literarischen Stoffs, eines Märchens, wirken lässt. Denn die Natur in der Gestalt der Bäume ist überdimensioniert, übernatürlich und entwickelt ein bewegtes Eigenleben. Die Situation und besondere Haltung des dargestellten Mädchens lässt sich ebenfalls nicht entschlüsseln, es gibt kein nachvollziehbares Motiv für seine Anwesenheit an diesem Ort. Sie wirkt fremd. Demgegenüber erweist sich »Herbst im Moor« (1895) wiederum als naturalistische Umsetzung der Landschaft, gerade wenn man die Wiedergabe der charakteristischen Birken in beiden Werken vergleicht. Das Moor und die Versuche seiner Urbarmachung sind im Gemälde in einer geschickten Bildkomposition aus zwei Teilen gegeben, die sowohl die jahreszeitlichen Veränderungen der Landschaft als auch deren Weite eindrucksvoll deutlich machen. Die Schönheit dieser Natur ist ersichtlich, aber die Bäuerin mit ihrem Karren und die allein weidende Ziege gegenüber den Moortümpeln, den Bäumen und dem unendlichen Himmel zeigen auch die Gewalt in dieser Schönheit, die für die Menschen im 19. Jahrhundert einen täglichen Überlebenskampf bedeutet. Modersohn fasziniert das Sublime der Natur und der typischen Worpsweder Landschaft. Dies belegt auch das Vergleichsbeispiel »Mondaufgang im Moor« (1897) aus dem Besitz der Klassik Stiftung Weimar.
Otto Modersohn wird am 22. Februar 1865 in Soest (Westfalen) geboren. Ab 1884 beginnt er ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf und wechselt 1888 zur Kunstakademie Karlsruhe. Im Juli 1889 trifft er mit den Künstlern Fritz Mackensen und Hans am Ende in Worpswede zusammen, wo sie die Künstlerkolonie Worpswede gründen. Durch Mackensen entstand sehr viel später eine Verbindung zwischen Worpswede und Weimar, nachdem dieser zunächst Lehrer, anschließend von von 1910 -1918 Direktor der Großherzoglichen Sächsischen Kunstschule in Weimar wurde. 1899 verlässt Modersohn die Künstlervereinigung. Ein Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau, Helene Schröder, heiratet er die Malerin Paula Becker. Nach einer vorübergehender Trennung kehren sie 1907 nach Worpswede zurück, wo im selben Jahr ihre Tochter Mathilde geboren wird. Paula Modersohn-Becker stirbt kurz nach der Geburt ihrer Tochter an einer Embolie. 1908 zieht Modersohn ins benachbarte Fischerhude und heiratet 1909 seine dritte Frau, Louise Breling, mit der er zwei Söhne hat. Im Gegensatz zu den Bildern von Paula Modersohn-Becker werden die Werke Otto Modersohns aufgrund ihres Heimatbezugs von den Nationalsozialisten geschätzt. 1937 ist er auf der ersten Großen Deutschen Kunstausstellung im Münchner Haus der Deutschen Kunst vertreten. 1940 erhält er die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. 1942, ein Jahr vor seinem Tod, wird er zum Professor ernannt.
Eine Ausstellung in Kooperation mit der Kunsthalle Bremen.
Weitere Presse-Informationen zu den »Noblen Gästen« sowie zum geplanten Um- und Erweiterungsbau der Kunsthalle Bremen finden Sie unter unter www.kunsthalle-bremen.de/front_content.php?idart=452
Ausstellungsdaten
»Noble Gäste«
Meisterwerke der Kunsthalle Bremen im Schlossmuseum Weimar
Schlossmuseum Weimar (zweites Obergeschoss)
Burgplatz 4 | 99423 Weimar
Öffnungszeiten: Di-So 10-16 Uhr
Preise: Erw. 5 Euro / erm. 4 Euro
Kinder und Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr haben freien Eintritt
Katalog
Noble Gäste. Meisterwerke der Kunsthalle Bremen in 21 deutschen Museen
Hachmannedition, Broschur gebunden, ca. 208 Seiten mit ca. 200 farbigen Abb., 30 x 24 cm,
24,- EUR (2009)
Hrsg.: Wulf Herzogenrath, Ingmar Lähnemann
Grußwort: Georg Abbeg, Wulf Herzogenrath, Ingmar Lähnemann, Vorwort: Wulf Herzogenrath, Autoren: Andreas Kreul, Ingmar Lähnemann, et al.
Der Katalog erscheint voraussichtlich im Februar 2009
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