Manche Banken sind zum Sitzen und ausruhen da und kosten ab und zu Geld, weil sie erneuert werden müssen. Andere haben viele Mitarbeiter und sollten Geld verwalten und erwirtschaften und erweisen sich dann doch als Schuldenvermehrungseinrichtungen. Die Krise, es sieht nicht gut aus, um die optimistischere Variante für das Wort „schlecht“ zu benutzen. Wie lange lässt es sich in das Nichts schauen, ohne wahnsinnig zu werden?
Früher ging einer auf den Hof, in den Keller und hackte Holz auf Vorrat für den Winter, bevor seine Untätigkeit sein schlechtes Gewissen inspirierte, sich noch schlechter zu fühlen.
Die relativ anstrengende Zerhack-Arbeit betäubte Gedanken im Kopf. Das weiß, wer heute noch oder wieder (auch wegen der Energiepreise) Holz für den Kamin stückelt. Insgesamt erzeugen Krisen im hochindustrialisierten Teil dieser Welt mehr schlechte Gedanken, krisenhafte Befürchtungen, düstere Mutmaßungen, weil weniger Menschen erschöpft von harter körperlicher Arbeit sind. Weil die Krise heute mehr Zeit und Gelegenheit hat, sich nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch den Köpfen der Menschen auszubreiten. Heute braucht es phantasieanregender Beschäftigungstherapien, Abwrackprämie hieß die eine, die Sache mit den Bad Banks wirkt da schon von anderem Format. Wir sprechen nicht von defekten Parkbänken.
((Wie würden wir reagieren, wenn Sohn oder Enkel plötzlich als Berufswunsch äußern: Mami Pappi, wenn ich groß bin, will ich Bad Banker werden. Oder drohen wir lieber: Wenn Du nicht richtig lernst, musst Du mal zur Bad Bank gehen !)) Schulden ab- und aufsaugen, das Böse, Unnütze, Gefährliche verwalten, kontaminierte Papiere isolieren, damit sie das Gute, Gesunde, Unvergiftete in der Rest-Gesellschaft nicht schädigen können – eine fast heldenhafte Aufgabe für die Chirugen des Finanzmarktes. Funktioniert dieses Prinzip ähnlich dem der Auto-Hypnose? Die Selbst-Hypnose hilft bei 1, 2 Krankheiten zu desensibilisieren – zum Beispiel gegenüber allergischen Reaktionen. Bei Münchhausen klappte es auch, sich am eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zu ziehen – viel mehr plant die Gesellschaft heute mit den Bad Banks auch nicht. Aber eine Bad Bank braucht Menschen, die durch ihre Gehälter erst einmal die Schulden vermehren. Könnte man faule Kredite, Schulden und Altlasten nicht einfach vergraben? Oder ins All schießen? Es müsste ja nicht gleich der Mond sein, auf dem historisches Gerümpel der Großmächte noch herumliegt. ((Wer wollte dann Matthias Claudius noch unbefangen rezitieren: Der Mond ist aufgegangen, Milliarden Schulden prangen, auf ihm – so düster klar… Der Mond kreist zu nahe, die Menschheit hätte ihren rettungslos überzogenen Dispo-Kredit nächtlich vor Augen.)) Nicht umsonst wird in letzter Zeit gern über Mars-Missionen diskutiert. Wieviel menschliche Schulden verträgt unsere Galaxie? Bevor sie als Bad-Galaxie vom Universum einmal ausgesondert und abgekapselt wird…. Zur Schulden-bekämpfung bleibt die Raumfahrt zu teuer, wir brauchen ein einfacheres Modell.
Nicht nur Rundfunkstationen wiederholen im August immer gern den Satz eines ehemaligen DDR-Politikers: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Nein, das war keine Lüge, eine visionäre Halluzination, die Betonung lag auf EINE. Also alle Schulden, kontami-nierten, hässlichen, fehlgebauten und nutzlosen Gebäude und Gebiete einmauern und aus Deutschland ausbürgern. Es entsteht ein Flickenteppich dessen, das wir nie wieder sehen wollen. Als Teil eines Bad Lands, das nicht mehr zu uns gehört – der Name steht aus der jüngeren Geschichte zur Verfügung. Und Menschen, die diese reaktivierte DDR verwalten finden sich, eine Art Hartz-4-Republik. Und vielleicht schaffen sie es, gegen Gebühren die Schulden und Altlasten aus aller Welt sich einzuverleiben: das wahre und hoffentlich nicht zu große Reich des Bösen und der Krise bildend. Es wirbt mit dem Slogan: Schaffen sie Ihr Böses zu uns. Und um das zu isolieren, braucht es viele kleine, große und mittlere Mauern. Das Prinzip Abgrenzung aus DDR-Zeiten als zusätzliche Konjunkturankurbelung heute, die Krise küsst uns wach.
Lutz Rathenow, DDR-Dissident und Schriftsteller, befasst sich in dem Text-Foto-Band OST-BERLIN (Fotos Harald Hauswald, Jaron Verlag, 2008) mit den paradoxen Wirkungen der Grenzanlagen zu DDR-Zeiten und eigentlich auch noch heute.
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.