Nichts als heiße Luft beim Dieselgipfel im Kanzleramt in Berlin

Dieselauto

Die AfD fährt auf der Überholspur, mit oder ohne Diesel. Die Große Koalition macht das mit ihrem Handlungsstau möglich. Ob bei der Einwanderung oder eben beim Dieselfiasko – Deutschland gleicht einem großen Inszenierungstheater, wo ein Hofnarr dem anderen die Hand gibt. Die Ereignisse bleiben pure Schattenspiele.

Seit Jahren steht das Thema Diesel auf der Agenda der Bundesregierung. Es ist wie ein Hütchenspiel, wo sich nur die Statisten ändern. Herausgekommen ist auch beim jüngsten Dieselgipfel im Kanzleramt wenig. Ob Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) oder Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) – beim Thema Diesel bleiben beide hilflose Statisten, die entweder der Automobillobby hinterherrennen oder dieser hilflos ausgeliefert sind. Scheuer setzt auf Verkaufsprämien, um die Automobilindustrie anzukurbeln, Schulze – sowie die SPD – wollen Hardwarenachrüstungen für ältere Dieselmodelle der Schadstoffklasse 5, was die stattliche Anzahl von 1,8 Millionen Diesel in Deutschland beträfe. Der Einbau von SCR-Katalysatoren würde die Industrie dann im Durchschnitt 2000 bis 3000 Euro kosten.

Merkel scheitert auch beim Dieselthema

Wie wichtig ein Durchbruch in Sachen Diesel wäre, weiß keine besser als die Bundeskanzlerin. Angela Merkel muss nach Monaten des politischen Kleinkrieges mit der CSU endlich einen Erfolg auf den Tisch legen, soll die ohnehin schon freudlose vierte Kanzlerschaft wenigstens einmal im Lichterglanz erstrahlen. Und so hat die CDU-Politikerin auf Hardware-Lösungen gedrängt und eine klare Erwartungshaltung an die Automobilindustrie ausgesprochen. Doch in den Chefetagen von Daimler, BWM und Audi bleibt man beim Thema Hardware einstimmig taub. Bei der Weigerung der Konzerne – und von der allgemeinen Taubheit auch in naher Zukunft kann man wohl ausgehen – riskiert Merkel ein weiteres Waterloo in ihrer eh schon angeschlagenen Kanzlerschaft. Der einst so taktischen Kanzlerin vermag im Augenblick nichts zu gelingen. Nun bekommt sie die Quittung für ihre Politik des Ausharrens und des Hinhaltens ausnahmsweise mal nicht von den rechten Ossis, den Populisten, sondern von ihrer geliebten Wirtschaftslobby.

So sehr also die Politik auf eine Lösung bei der Dieselthematik drängt, passieren wird nichts. Die Autolobby ist einzig dazu bereit, ihre Verkaufszahlen zu erhöhen und Prämien zwischen 5.000 – 10.000 Euro als Kaufanreiz anzubieten. Letztendlich, und darauf läuft das Ganze hinaus, bezahlt die Zeche der Steuerzahler, der schon jetzt für Umrüstaktionen von Fahrzeugen im öffentlichen Nahverkehr zur Kasse gebeten wird. Und Merkels Erwartungshaltung bleibt eine leere Floskel in einer Floskelrepublik, wo Stillstand und Planlosigkeit regieren.

Die Illusion von der Elektromobilität

Über alle Parteigrenzen hinweg, wird die Elektromobilität wie die Verheißung von morgen als Problemlöser bei Fahrverboten, überhöhten CO2-Emmissionen und Feinstaub angepriesen. Die Grünen gar wollen zurück in die Mobilität des 20. Jahrhunderts und das Automobil aus ihrer Welt bunter Vielfalt ganz verbannen. Doch bei aller Zukunftseuphorie bleibt fraglich wie sich die Elektromobilität flächendeckend durchsetzen soll. Ohne Atomkraftwerke ist diese Vision undenkbar, doch der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossene Sache. Ohne eine gravierende Umstrukturierung städtischer Infrastrukturen samt Millionen von Auflade-Stationen bleibt die Elektromobilität reine Illusion, die zugleich bekundet wie unpragmatisch hier die Zukunft gedacht wird. Alfred Gaffal von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft bringt das Mobilitäts-Dilemma genau auf den Punkt. Es fehlt nicht nur ein schlüssiges Gesamtkonzept bei der Mobilitätswende, sondern das Thema „Elektromobilität wird diskutiert ohne zu klären, wo der Strom herkommt und wie er an den Ort des Verbrauchers kommt“ und so wird der Diesel „mittelfristig noch eine wichtige Rolle spielen.“

Das Schweigen der Deutschen

Wie auch immer das Thema Diesel ausgehen wird, bemerkenswert bleibt das Schweigen der Betroffenen. Anstatt lautstark zu protestieren, die Planlosigkeit der Bundesregierung beim Diesel zu attackieren, verweilen die Bundesbürger in einer bemerkenswerten Lethargie. Während in Amerika Milliarden an Entschädigungen für manipulierte Software an Dieselfahrzeugen gezahlt werden, verhalten sich die Bundesbürger wie Lämmer, die zum Schafott geführt werden. Wahrscheinlich gehört der Protest nicht mehr zur Alltagskultur in Deutschland. Dabei waren Stuttgart 21 und die Demonstrationen um die Startbahn West Erfolgsmodelle wehrhafter Bürgerlichkeit. Doch im paternalistischen Wohlfühlstaat überlässt man die Protestkultur lieber den Abgehängten im Osten oder den Grünen im Hambacher Forst und stärkt damit weiterhin die AfD.

 

 

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Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".